Die frühen Anfänge des Bergbaus auf dem Lüderich
Der historische Bergbau
Der industrielle Betrieb
Die Schlussphase als letztes Erzbergwerk im Bergischen Land
Bodendenkmal
Internet, Literatur
Die frühen Anfänge des Bergbaus auf dem Lüderich
Alte Sagen berichten von einem Bergbau „der Heidenzeit“ auf dem Lüderich, der den einst doppelt so hohen Berg zum Einsturz gebracht habe. Tatsächlich befindet sich auf der Kuppe des Berges ein eisenzeitlicher Ringwall und hölzerne Spaten, die noch in vorrömische Zeit datieren und heute im Bergischen Museum in Bensberg aufbewahrt werden. Römischer Bergbau auf Blei und Silber konnte durch Ausgrabungen des Deutschen Bergbau-Museums Bochum sicher nachgewiesen werden.
Keramikfunde von den Halden und weitere Holzgeräte aus alten Schächten und Stollen belegen einen umfassenden hochmittelalterlichen Bergbau im 12. Jahrhundert. Sichere Belege dafür, dass die Kölner Erzbischöfe den Bergbau betrieben haben, um den Bau des gotischen Doms zu finanzieren, existieren nicht. Nachweislich erhielt die dem Erzbistum Köln unterstehende Abtei Siegburg aber im Jahre 1122 vom Kaiser das Bergrecht für ihren gesamten Besitz, zu dem sehr wahrscheinlich auch der Lüderich gehörte. Der intensive Bergbau dieser Zeit dürfte die oberflächennahen Bereiche der Lagerstätte, die den höchsten Silbergehalt aufwiesen, weitgehend ausgebeutet haben und kam deshalb im folgenden Jahrhundert zum Erliegen.
Der historische Bergbau
Nach längerer Unterbrechung lebte der Bergbau am Lüderich erst in der Frühen Neuzeit wieder auf. Am 15. Juli 1518 erteilte der bergische Herzog einem Konsortium von vor allem in Köln ansässigen Gesellschaftern die Erlaubnis „auf unserem Berge Lüderich [..] nach allerlei Erz zu suchen“. Mit fortschrittlichen mechanischen Geräten konnten nun auch tiefe Gruben entwässert und belüftet werden, dafür waren aber viel Kapital und ausgebildete Spezialisten notwendig. Am Lüderich entstand zu dieser Zeit anscheinend ein Großbetrieb, der besonders auf Blei baute. Eine kirchliche Überlieferung besagt, dass dafür Bergleute aus dem Harz angeheuert wurden, die den protestantischen Glauben nach Volberg gebracht hätten. Der Betrieb wird 1538 nochmals ausdrücklich erwähnt, scheint in der zweiten Jahrhunderthälfte aber nicht mehr weiter gefördert zu haben. Die Schächte und Stollen dieser Zeit, die noch von Hand mit Schlägel und Eisen geschlagenen worden waren, wurden noch in mehr als 60 Metern Tiefe beobachtet.
Ab 1738 erfolgten einige Bemühungen, den Grubenbetrieb mit Hilfe von Schießpulver wieder in Gang zu bringen. Diese Versuche waren aber nur von geringem Erfolg gekrönt, da der ältere Bergbau schon bis tief unter den Grundwasserspiegel reichte. Nur am Heidenkeller scheint zu dieser Zeit für einige Jahre ein rentabler Betrieb auf Kupfer stattgefunden zu haben.
Der industrielle Betrieb
Erst die Industrialisierung sorgte für einen neuen, gravierenden Schub, da nun auch die reichlich vorhandenen Zinkerze verwertet werden konnten. Der moderne Bergbau setzte Ende der 1820er Jahre ein, woran auch erfahrene Unternehmer aus dem Siegerland maßgeblich beteiligt waren. Die häufig zitierte Erzählung, man sei zufällig beim Straßenbau auf die Lagerstätte gestoßen, dürfte aufgrund von deren Größe und den deutlichen alten Bergbauspuren überall am Berg nur bedingt zutreffen. 1837 beschlossen die Kleinunternehmer der einzelnen Grubenfelder eine umfassende Zusammenarbeit, deren wichtigstes Ziel die Anlage des Lüderichstollens war. Dieses Jahr wurde deshalb häufig als eigentliches Gründungsjahr der Grube Lüderich betrachtet.
1846 verkauften die Siegener Unternehmer ihren Betrieb an die französische Société d'Antonius in Paris, die das Bergwerk aber schon nach wenigen Jahren weiterverkaufte. Erst mit der schrittweisen Übernahme durch die belgische „Vieille Montagne“ in den Jahren 1852 und 1853 begann das wichtigste Kapitel in der Geschichte des Bergwerks. Der internationale Großkonzern war weltweit in der Zinkgewinnung und -vermarktung führend und baute die Grube, mit Unterstützung der preußischen Regierung, zu seinem wichtigsten Standbein im Königreich Preußen aus. Die regional häufig als „Gesellschaft Altenberg“ bezeichnete deutsche Niederlassung stellte aber keine selbständige Tochtergesellschaft dar, sondern lediglich die „Abteilung Bensberg“ des belgischen Konzerns. Als neuer Hauptbetriebspunkt wurde zu dieser Zeit der bereits 1846 begonnene Auguststollen auf der Nordseite des Berges ausgebaut.
Der finanzstarke Mutterkonzern erweiterte die Grube durch Zukäufe von benachbarten Feldern bis 1861 zur „Consolidierten Grube Lüderich“. Zudem investierte sie erheblich in moderne Förder- und Aufbereitungstechnik auf der Höhe der Zeit. 1870 wurde mit dem Nordschacht der erste Maschinenschacht angelegt. In den folgenden Jahren erfolgte eine effiziente Erschließung der ausgedehnten untertägigen Lagerstätte von Norden nach Süden, wofür drei weitere Schächte über den ganzen Höhenzug des Lüderich abgeteuft wurden. Dies war zunächst der Zentralschacht, der 1876 als neuer Hauptbetriebspunkt angelegt wurde. Es folgte 1883 der Südschacht am Rande der alten Pingenfelder auf der Sommer-Lagerstätte und schließlich 1892 der südlich gelegene Franziskaschacht.
Die alte, bereits 1852 angelegte Aufbereitung in Steinenbrück war den steigenden Fördermengen nicht mehr gewachsen und wurde 1896/97 durch eine neue, hochmoderne Aufbereitungsanlage am Hauptschacht ersetzt. In dieser wurden die über den Hauptschacht geförderten Erze auf mehren Etagen nassmechanisch zerkleinert, sortiert und konzentriert. Damit prosperierte der Betrieb weiterhin, als viele Gruben in der Umgebung bereits schließen mussten. Die harten und gefährlichen Arbeitsbedingungen bei unzureichender Bezahlung führten ab den 1890er Jahren wiederholt zu Arbeitskämpfen und Streiks.
Die Erzaufbereitung am Hang unterhalb des Hauptschachtes wurde 1928 noch um eine moderne Flotationsanlage erweitert. In dieser konnten auch die alten Halden neu aufbereitet und beachtliche Resterze daraus gewonnen werden. Davon profitierte der Betrieb besonders während der Weltwirtschaftskrise, als nur ein Notbetrieb mit geringer Belegschaft das „Absaufen“ des Bergwerks verhinderte.
Die Schlussphase als letztes Erzbergwerk im Bergischen Land
Die Überwindung der Weltwirtschaftskrise ermöglichte in den folgenden Jahren einen neuen Aufschwung, der von den Autarkiebestrebungen des nationalsozialistischen Regimes verstärkt wurde. Dieses verlangte dafür die Neugründung der „AG des Altenbergs“ als selbstständige Tochtergesellschaft der Vieille Montagne nach deutschem Recht. 1936 wurde der alte Förderturm am Hauptschacht durch eine größere und modernere Anlage ersetzt. Während des Zweiten Weltkrieges wurde der Betrieb durch zahlreiche Zwangsarbeiter nicht nur aufrecht gehalten, sondern sogar noch weiter intensiviert. Wie viele von diesen ihr Leben verloren, ist nicht bekannt.
Nach dem Kriegsende kam es ab 1950 nochmals zu einem bemerkenswerten Aufschwung. Während die Weltmarktpreise durch den Koreakrieg stark anzogen, wurde mit dem „Hangender Sommer“ eine zuvor völlig unbekannte, sehr reiche Lagerstätte entdeckt. Der aus diesem Aufschwung resultierende Arbeitskräftemangel war zunächst Anlass für die gezielte Anwerbung von Flüchtlingen und Vertriebenen aus den Ostgebieten und später von „Gastarbeitern“ aus dem Mittelmeerraum. Die Grube wurde weiterhin effizient modernisiert und schloss erst im Ende Oktober 1978 als eine der letzten Blei- und Zinkgruben in der damaligen Bundesrepublik. Sie erreichte zu dieser Zeit eine Teufe von bis zu 450 Metern mit zwar nachlassenden, aber weiterhin vorhandenen Erzmengen.
Mit seiner 2000jährigen Geschichte repräsentiert der Bergbau auf dem Lüderich nicht nur die älteste und zugleich jüngste Erzgewinnung in der Region, sondern auch deren größte Blüte vom Beginn der industriellen Revolution in Preußen bis hin zum „Wirtschaftswunder“ der Nachkriegszeit.
Bodendenkmal
Das Bergbaugebiet Lüderich ist ein eingetragenes Bodendenkmal der Stadt Overath.
(Peter Schönfeld, BGV Rhein-Berg e.V., 2025)
Internet
www.bodendenkmalpflege.lvr.de: Fund des Monats Januar 2022 (abgerufen 24.06.2025)
www.rheinische-industriekultur.de: Die Zeche Lüderich in Overath und Rösrath (abgerufen 24.06.2025)
archive.nrw.de: Zusammenfassung des Bestands zur Aktiengesellschaft des Altenbergs aus dem Bergbau-Archiv Bochum (abgerufen 24.06.2025)