Untersuchungen des LVR-Amts für Bodendenkmalpflege im Rheinland und des Deutschen Bergbau-Museums in Bochum lieferten in den folgenden Jahren zahlreiche weitere Funde, die einen kurzzeitigen, aber dennoch sehr umfassenden römischen Bergbau auf dem Lüderich in den Jahren um Christi Geburt belegen.
Der archäologische Fundplatz erstreckt sich über ein Wiesengelände südlich des 1883 abgeteuften Sommerschachts sowie den angrenzenden Waldgebieten. Weiter nördlich schließt eine bis zu zweihundert Meter lange und bis zu 3 Meter tiefe Geländemulde an, die wahrscheinlich den Überrest eines alten Tagebaus darstellt. In wie weit diese „Pinge“ noch aus römischer Zeit oder erst aus dem Mittelalter stammt, konnte bislang noch nicht geklärt werden.
Legionäre als Bergleute
Bei den Ausgrabungen auf dem Wiesengelände wurde ein gut sechs Meter tiefer Schacht untersucht, der den Erzgang aber nicht getroffen hatte und anschließend mit römischen Siedlungs- und Verhüttungsabfällen verfüllt worden war. Weitere Schächte im näheren Umfeld konnten nicht vollständig ausgegraben werden. Etwas weiter östlich wurde ein römischer Verhüttungsplatz untersucht. Die charakteristischen Abfälle belegen hier die Gewinnung von Blei und Silber. Damit konnte erstmals die frühe Silbergewinnung im Bergischen Land sicher archäologisch nachgewiesen werden.
Der Fundplatz lieferte eine verblüffende Menge an römischen Keramikfunden, die eine für diese Zeit eher ungewöhnliche „Wegwerfkultur“ erkennen lassen. Zahlreichen Amphoren für Wein, Öl und mediterrane Fischsaucen sowie Reibschalen für Küchenkräuter spiegeln großen Wohlstand, aber auch eindeutig mediterrane Essgewohnheiten der „Bergleute“ wider. Dies ist sonst nur aus den römischen Militärlagern dieser Zeit bekannt, weswegen angenommen werden kann, dass der Bergbau hier von römischen Legionären betrieben wurde. Die Bodenschätze in der neu eroberten Provinz gehörten grundsätzlich dem römischen Kaiser.
Die Gewinnungsarbeiten fanden wahrscheinlich nur saisonal in den Sommermonaten statt. Trotz der großen Mengen an Siedlungsabfällen konnten keine Gebäudestandorte ermittelt werden. Der römische Bergbau wurde anscheinend direkt oder kurz nach der verheerenden römischen Niederlage in der sogenannten Varusschlacht 9 nach Christus eingestellt. Die römische Armee zog sich in der Folge der Schlacht hinter die Rheingrenze zurück.
Weitere Funde
Weitläufige archäologische Prospektionen durch ehrenamtlich Helfende der LVR-Bodendenkmalpflege haben in den letzten Jahren weitere Funde von römischen Werkzeugen und Keramikscherben auch im weitern Umfeld erbracht. Diese lassen erkennen, dass großflächig und in weiteren Bereichen des 4 km langen Lüderich-Gangzugs mit römischem Bergbau zu rechnen ist.
Ungefähr aus dem Bereich des Südschachtes sollen auch über 30 alte Werkzeuge aus Holz, Leder und Eisen stammen, die heute im Bergisches Museum für Bergbau Handwerk und Gewerbe in Bensberg aufbewahrt werden. Leider ist deren genauer Fundort heute nicht mehr feststellbar. Moderne naturwissenschaftliche Datierungen erbrachten für diese Geräte überwiegend hochmittelalterliche Daten, eine eiserne Keilhaue und ein Fäustel können aber dem römischen Bergbau zugeordnet werden.
Zwei hölzerne Spaten stammen demnach sogar aus der vorrömischen Eisenzeit und zeigen, dass am Lüderich noch weitere spannende Entdeckungen möglich sind.
(Peter Schönfeld, BGV Rhein-Berg e.V., 2025)
Internet
bodendenkmalpflege.lvr.de: Fund des Monats Januar 2022 (abgerufen 26.06.2025)
bergbaumuseum.de: Römische Blei-Silbergewinnung am Lüderich (abgerufen 26.06.2025)