Bad Godesberger Tunnel mit Zivilschutzbunker

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Bonn
Kreis(e): Bonn
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 41′ 12,02″ N: 7° 09′ 13,23″ O 50,68667°N: 7,15368°O
Koordinate UTM 32.369.577,93 m: 5.616.608,79 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.581.572,08 m: 5.617.426,06 m
  • Das Nordportal des Bad Godesberger Tunnels (um 2004).

    Das Nordportal des Bad Godesberger Tunnels (um 2004).

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Der Bad Godesberger Straßentunnel (auch Tunnel Bad Godesberg) führt als Teil der Bundesstraße B 9 unter der Innenstadt von Bonn-Bad Godesberg hindurch. Im Durchschnitt fahren täglich bis zu 40.000 PKW, LKW und Motorräder durch die unterirdische Verkehrsader. Der Tunnel verfügt über zwei nach Fahrtrichtungen getrennte Hauptröhren, die an den beiden Enden in jeweils zwei gemeinsame Ausfahrten münden.
Ein Abschnitt des Tunnels lässt sich als Zivilschutzbunker für bis zu 7.200 Schutzsuchende nutzen.

Planung und Bau
Erste Pläne zum Bau eines Tunnels stammen aus den 1970er-Jahren. Im Zuge des Ausbaus der Verkehrsinfrastruktur der damaligen Bundeshauptstadt (man rechnete seinerzeit noch mit einem längeren Verbleib in Bonn) sollte der Verkehr der vielbefahrenen Bonner Straße unter die Erde verlegt werden und die Durchgangsstraße entlastet werden. Da der örtliche Einzelhandel Nachteile befürchtete, war das Vorhaben nicht unumstritten.
Nachdem der Bund die Übernahme von 86 % der Gesamtbaukosten zugesagt hatte, beschloss der Bonner Stadtrat am 17. Dezember 1985 den Bau des Tunnels. Das Planfeststellungsverfahren dauerte von 1989 bis 1992. Der Baubeginn erfolgte mit dem ersten Rammschlag am 13. September 1992 an der Startbaugrube am Von-Groote-Platz. Von dort ausgehend wurden in bergmännischer Weise insgesamt fünf Tunnelröhren durch den Bad Godesberger Boden verlegt. Zum 28. August 1999 erfolgte die Fertigstellung und feierliche Eröffnung des Tunnelbauwerks, die Freigabe für den Verkehr geschah am Folgetag.
Die zunächst mit 280 Millionen Euro angesetzten Baukosten wurden mit letztlich „nur“ 250 Millionen Euro deutlich unterschritten. Die Lüftergebäude Nord und Süd an den beiden Tunneleingängen entstanden nach Plänen des Bonner Architekten Karl-Heinz Schommer (*1953).

Da bei der Planung Wert darauf gelegt wurde, dass die Tunnelröhren in dem dicht bebauten Gebiet der damaligen „Diplomatenstadt“ unter öffentlichem Grund entlang führen, mussten lediglich vier private Gebäude vor dem Bau des Tunnels erworben und abgerissen werden. Die beiden über eine Strecke von insgesamt rund 1.600 Meter führenden Hauptröhren verlaufen daher auch nicht parallel. Längenangaben zum Tunnel von 1.900 bzw. 1950 Metern (so auf Verkehrsschildern vor Ort und de.wikipedia.org) beziehen offenbar die Abzweigung im Norden mit ein. Der Tunnel unterquert die Bahnstrecke der Linken Rheinstrecke der Deutschen Bahn und die Linie Bonn-Bad Godesberg der Bonner Stadtbahn.
Die Tunnelröhre in Richtung Süden führt unterhalb der vormals oberirdischen B 9 entlang und mündet auf die Koblenzer Straße. Innerhalb des Tunnels gibt es eine separate, auf die Friedrichallee bzw. Theodor-Heuss-Straße mündende Ausfahrt in Richtung der Stadtteile Muffendorf und Heiderhof.
Das nördliche Portal mündet auf die Godesberger Allee. Vor dem nördlichen Ende des Tunnels zweigt unterirdisch noch eine etwa 450 Meter lange Ausfahrt auf die Godesberger Straße nach Bonn-Friesdorf ab.

Der im Schnitt von täglich bis zu 40.000 Fahrzeugen genutzte Tunnel musste in den 2010er-Jahren den erhöhten Sicherheitsrichtlinien für Straßentunnel baulich angepasst werden. Ein erster Bauabschnitt erfolgte von April bis November 2012 mit Kosten von 2,3 Millionen Euro, ein zweiter zwischen Juli 2018 und Februar 2020 für 9,35 Millionen Euro (de.wikipedia.org).

Der Tunnel als Zivilschutzbunker
Obgleich zum Zeitpunkt des Baubeginns 1992 die Epoche des Kalten Krieges infolge der politischen Umwälzungen seit 1989 eigentlich als beendet galt, wurde der bereits seit den 1970ern geplante Ausbau des Tunnels als Schutzbau für die Zivilbevölkerung weiter verfolgt und zu Ende ausgeführt. Der Godesberger Tunnel ist somit einer der letzten vom Bund bezuschussten Schutzbunker.
Zu Beginn der 1990er mag dies als überflüssige Investition angesehen worden sein - „Aber als der Tunnel geplant wurde, schätzte man die globale Gefährdungslage noch anders ein“, so Stefan Pieper, der in diesen Jahren zuständige Sachgebietsleiter im Amt für Tiefbau und Verkehrstechnik der Stadt Bonn (zitiert nach ga.de).

Im Notfall bietet der Godesberger Tunnel in den beiden über zwei Querstollen miteinander verbundenen Röhren auf jeweils fast 900 Metern Schutz für bis zu 7.200 Menschen. Zum Verschließen der Bunkerschutzräume befinden sich an beiden Enden der Hauptröhren massive Schwenktore mit einem Gewicht von jeweils 60 Tonnen. Die wie massive Tresortüren aussehenden Tore können im Notfall per Hydraulik von Hand aus ihrer Wandnische gehoben und zugeklappt werden. Ein Zugang ist dann nur noch über Schleusen und Notausgänge möglich.
Im Bereich zwischen den Tunnelröhren sind Sozial- und Technikräume eingerichtet und der Bunker verfügt über entsprechende Einrichtungen zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung: „Ein Bezug dieser Schutzeinrichtung erfordert allerdings einige Vorbereitungszeit, da z. B. Lebensmittel erst eingelagert werden müssen.“ (de.wikipedia.org)

Zivilschutzbunker und -schutzräume in Bonn
Da die zahlreich erbauten Bonner Weltkriegsbunker heute in der Regel nicht mehr als Schutzbauten nutzbar sind, würde dem Godesberger Tunnel als größtem der Bonner Zivilschutzräume im Notfall - d.h. bei einem militärischen Verteidigungsfall, aber auch im Falle einer Naturkatastrophe oder einer anderen Großschadenslage, etwa nach einem größeren Terroranschlag oder Atomunfall - eine besondere Bedeutung zukommen. Die Interessengemeinschaft für historische Militär-, Industrie- und Verkehrsbauten führt in Bonn insgesamt 13 öffentliche Großschutzräume mit in der Summe 30.451 Plätzen an (Stand 2008 nach geschichtsspuren.de, eigene Ergänzungen):

  • Tiefgarage Friedensplatz (Zentrum), 3.750 Schutzplätze
  • Tiefgarage Oxfordstraße (Zentrum), 2.486 Schutzplätze
  • Tiefgarage Adenauerallee 250 am Haus der Geschichte (Gronau), 785 Schutzplätze
  • Tiefgarage Josef-Wirmer-Straße 1 (Hardtberg), 850 Schutzplätze
  • Tiefgarage Südstraße 123, Reservistenverband der Bundeswehr (Godesberg-Nord), 531 Schutzplätze
  • Tiefgarage Koblenzer Straße 109 (Pennenfeld), 317 Schutzplätze
  • Tiefgarage Hans-Böckler-Straße 17 (Beuel-Mitte), 1.362 Schutzplätze
  • U-Bahn-Station Hauptbahnhof (Zentrum), 4.500 Schutzplätze
  • U-Bahn-Station Wurzerstraße (Plittersdorf), 2.000 Schutzplätze
  • U-Bahn-Station Plittersdorfer Straße (Godesberg-Villenviertel), 2.000 Schutzplätze
  • U-Bahn-Station Bahnhof Bad Godesberg Mitte, Moltkestraße 43 (Alt-Godesberg), 2.310 Schutzplätze
  • U-Bahn-Station Bad Godesberg Stadthalle, Koblenzer Straße 80 (Alt-Godesberg), 2.360 Schutzplätze
  • Straßentunnel Bad Godesberg, Bundesstraße B 9 (Alt-Godesberg und Godesberg-Villenviertel), 7.200 Schutzplätze

(Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2024)

Internet
www.geschichtsspuren.de: Der Großschutzraum in der U-Bahnstation Bonn Hauptbahnhof (Text Christoph Lubbe, 07.10.2008, abgerufen 13.03.2024)
ga-bonn.de: Der bombensichere Tunnel (Text Marcel Dörsing, General-Anzeiger Bonn vom 04.12.20214, abgerufen 13.03.2024)
de.wikipedia.org: Bad Godesberger Tunnel (abgerufen 13.03.2024)
deu.archinform.net: Karl-Heinz Schommer, Architekt (abgerufen 13.03.2024)

Literatur

Groten, Manfred; Johanek, Peter; Reininghaus, Wilfried; Wensky, Margret / Landschaftsverband Rheinland; Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Hrsg.) (2006)
Handbuch der Historischen Stätten Nordrhein-Westfalen. (HbHistSt NRW, Kröners Taschenausgabe, Band 273.) S. 156-159, Stuttgart (3. völlig neu bearbeitete Auflage).
Pötzl, Norbert F.; Traub, Rainer (2010)
Der Kalte Krieg. Wie die Welt den Wahnsinn des Wettrüstens überlebte. München.

Bad Godesberger Tunnel mit Zivilschutzbunker

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Bundesstraße B 9
Ort
53229 Bonn - Bad Godesberg
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn 1992 bis 1999

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„Bad Godesberger Tunnel mit Zivilschutzbunker”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-276727 (Abgerufen: 27. April 2024)
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