Kurzbeschreibung des LVR-Amts für Denkmalpflege im Rheinland
1982: Bundeskanzler Helmut Kohl (1930-2017, Bundeskanzler 1982-1998) gibt in seiner ersten Regierungserklärung im Oktober den Anstoß für den Bau eines Museums für Zeitgeschichte, eines Hauses der „Geschichte unseres Staates und der geteilten Nation“ 1985: Architektenwettbewerb, 1. Preis Hartmut und Ingeborg Rüdiger 1993: Bau fertig gestellt 1994: Eröffnung des Museums
Architekten: Hartmut und Ingeborg Rüdiger Lichtplaner: Christian Bartenbach, Innsbruck Gestaltung der Ausstellung: Büro für Ausstellungsarchitektur, Klaus Würth & Petra Winderoll, München Einsatz von Film und Ton, Besucherinformations- und Gruppenführungssysteme: TC-Gruppe, Fred Oed GmbH, Ludwigsburg Museumsgarten der 1950er Jahre 1994/2001 unterirdischer Zugang / unterirdischer Platz vor dem Haus der Geschichte, Architekturbüro Busmann und Haberer. U-Bahn-Zugang / Eingang zum Museum im ersten Untergeschoss, Schaukästen und Ausstellungsfläche, Kanzlerwaggon. Im Keller sind die Fundamente einer römischen Villa des „vicus“ freigelegt. Vor dem Objekt an der B 9: Plastik von Wolfgang Mattheuer „Jahrhundertschritt“
Ausstellungs-, Informations- und Dokumentationszentrum, erstes Museum der Geschichte der Bundesrepublik In der Straßenflucht der Bundesstraße B 9, rückwärtig verspringend zeigt sich das Museum in der Breite eines Baublocks als viergeschossiger Baukörper; das statische System beruht auf acht parallel zur B 9, in wechselnden Abständen gestaffelten Wandscheiben aus Sichtbeton, verbunden durch ein flaches Dach über dem Foyer und drei große parallel zur Straße hintereinander liegende Tonnendächer aus 7 Zentimeter starken Weißglas-Sandwichplatten zur Belichtung der Ausstellungsräume; Außenhaut und Innenwände der Eingangszone sind mit gelb-beigem Granit in quadratischen Platten verkleidet. Die Fensteröffnungen sind - den Raumbedürfnissen entsprechend in Größe und Form variierend - in die Außenwände eingeschnitten und zu jeder Seite zu in sich stimmigen Baukörperansichten geordnet. Die Hauptansicht, die Wandfläche zur B 9, bildet in den schräg begrenzten Öffnungen den Verlauf der inneren Erschließung aus Treppen und Rampen ab und unterstützt, indem sie mit der Öffnungsfolge zum Eingang leitet, die Bewegung der Besucher. Im Inneren wirkt der Bau transparent und durchlässig. Auf eine grelle Farbgebung wurde zugunsten von gedämpften Tönen (gelbbeige, hellgrau, dunkelgrau, kombiniert mit einem hellen Holzton) verzichtet. Die Fenster, die seitlichen Eisenträgern der Rampen und die Türen sind flaschengrün gefasst. Das Foyer, dessen Kolonadenreihe sich in das Trottoir zieht, ist mit anthrazitfarbenem Basalt ausgelegt. Für Rampengeländer, Foyerbänke, Theke und Regale des Verkaufsraumes, Wandverkleidung und Fußboden des Vortragsaales wurde helles Holz gewählt, das Violett der Aufzüge und der Stuhlpolsterung im Vortragssaal setzt farbige Akzente.
Die Architekten entwarfen ein Gebäude, das dem wenig kommunikativen Außenraum der B 9 antwortet, sich gestalterisch zwar durch geschlossene Flächen abgrenzt, sich aber über verglaste Einschnitte, Spalten, Schlitze und Zwischenräume öffnet. Durch die Fassade zur B 9 wird das Museum aktiver Teil des öffentlichen Raumes. Der Entwurf bezieht die Straße in den Funktionsablauf ein, taucht mit der Erschließung und sogar mit der Ausstellung (Kanzlerwaggon, Schaufensterfolge) in die mit gelben Keramik- und Kunststoffplatten röhrenähnlich verkleidete Straßenunterführung und führt von hier über weiße Marmorstufen zur darunterliegenden U-Bahnhaltstelle; in der Gegenrichtung fließt der Außenraum über Bodenbelag, aus dem Untergrund über die Rolltreppe und durch die gläsernen Verbindungen zum Trottoir funktional und optisch in das Foyer und das Tageslicht flutet über die transparenten Dächer in die Ausstellungsräume. Seitlich und rückwärtig nimmt der Museumsbau Formen und Bauproportionen der umliegenden Wohnbebauung auf, ist rückwärtig mit der umgebenden kleinteiligen Bebauung verzahnt: so lädt ein Museumsgarten in den Proportionen eines Privatgrundstücks zu einem Rundgang durch seit 1949 zeittypische Gartenanlagen ein. In dieser zu allen Seiten kontrastreichen Umgebung pointiert und gestaltet der Baukörper des Museums den vorhandenen städtischen Raum. Durch Hineinholen des Außenraumes und Heraustreten des Innenraumes verbindet der Entwurf städtebaulich reagierendes Einfügen in eine vorhandene Situation mit der Umsetzung von „Bewegung“ in gebaute Architektur.
Das Museum zeigt Zeitgeschichte, indem Geschichtsdarstellung als Erlebnis von Zeit präsentiert wird. Der Besucher soll die ausgestellten Objekte und das Fortschreitens von Geschichte durch Begehen erleben. Der Weg ist - abgestimmt mit dem architektonischen Entwurf - als Schleife in die Vergangenheit gestaltet. „… der Demokratie in der Sprache der Architektur einen maßvollen und würdigen, einen klaren und repräsentativen Ausdruck verleihen…“ war das Ziel (Bundesbauminister Oskar Schneider). Jedoch sollte das Haus der Geschichte kein Ort staatlicher Repräsentation werden, vielmehr sollte sich die Gesellschaft wieder finden. Entsprechend wurde auf traditionelle Monumentalität konsequent verzichtet.
(Elke Janßen-Schnabel, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2014)
Internet www.hdg.de: Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (abgerufen 02.08.2013)
Literatur
Denk, Andreas; Flagge, Ingeborg (1997)
Architekturführer Bonn. S. 87, Berlin.
Der Bundesminister für Raumplanung, Bauwesen und Städtebau (Hrsg.) (1989)
Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Planung. Bonn.
Die Oberbürgermeisterin der Stadt Bonn (Hrsg.) (2004)
Vom Parlaments- und Regierungsviertel zum Bundesviertel: Eine Bonner Entwicklungsmassnahme 1974-2004. S. 15, 138, Bonn.
Flagge, Ingeborg / Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (Bonn) (Hrsg.) (1994)
Haus der Geschichte: die Architektur des neuen Museums für Zeitgeschichte. Bonn.
Sayah, Amber (1994)
Haus der Geschichte in Bonn. In: Bauwelt 85, Heft 21, S. 1146-1150. o. O.
Steiner, Dietmar (1993)
Gustav Peichl. A Viennese architect. (anläßlich der gleichnamigen Ausstellung im Historischen Museum der Stadt Wien). Tübingen.
Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und U-Bahnstation Heussallee/Museumsmeile
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Empfohlene Zitierweise
„Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und U-Bahnstation Heussallee/Museumsmeile”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-17905-20111006-3 (Abgerufen: 7. Dezember 2024)
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