Der alte Bonner Bahnhof und der Streit um seine Lage
Die Verlängerung der Eisenbahnstrecke in Richtung Süden
Der neue Bonner Bahnhof
Baudenkmal
Quellen, Internet, Literatur
Der alte Bonner Bahnhof und der Streit um seine Lage
Nachdem 1825 die erste Dampfeisenbahnlinie der Welt zwischen Stockton und Darlington in England ihren Betrieb aufgenommen hatte, gewann die Eisenbahn in Europa immer mehr an Bedeutung. Mit der Gründung der Bonn-Kölner Eisenbahngesellschaft im Jahr 1836 wurden auch im Rheinland zwischen Bonn und Köln die ersten Weichen für den Bau einer Eisenbahnlinie gestellt. Durch die Erteilung der Konzession im Juli 1840, durch den preußischen König, schienen nun endgültig alle Wege für den Bau einer Eisenbahnlinie zwischen Köln und Bonn frei zu sein.
Doch galt es noch eine essentiell wichtige Frage zu klären: Wo sollten die beiden Endbahnhöfe der Eisenbahn errichtet werden? Wurde in Köln noch eine relativ zeitnahe Lösung gefunden, so wurde in Bonn umso heftiger um die Lage des Endbahnhofes diskutiert und gestritten.
Es bildeten sich zwei große Interessensgruppen heraus. Es gab die Überlegung den Bahnhof entweder im Bonner Norden enden zu lassen oder ihn dicht außerhalb der immer noch vorhandenen alten Stadtmauer, auf dem ehemaligen Mülheimer Feld nahe der Poppelsdorfer Allee zu errichten. Für die Lage an der Poppelsdorfer Allee sprach die Möglichkeit einer Verlängerung der Strecke in Richtung Süden. Gegner dieser Variante hielten dies jedoch für unnötig und nicht im Interesse Bonns. Vielmehr sei man an einer Entwicklung der Bonner Nordstadt interessiert, die damals noch so etwas wie das Armenviertel war. Letztendlich musste sich der preußische Staat in den Streit einschalten. Das Königliche Finanzministerium zu Berlin bestimmte, dass der Bahnhof, mit Rücksicht auf eine eventuelle Fortsetzung der Bahn nach Koblenz, auf das Mühlheimer Feld an der Poppelsdorfer Allee gebaut werden soll.
Das Bahnhofsgebäude wurde im Rahmen der Streckeneinweihung der Bonn-Kölner Eisenbahngesellschaft am 13. Februar 1844 eröffnet. Der im schlichten „preußisch sparsamen“ Fachwerkstil als zweistöckiges Gebäude errichtete Bahnhof war ursprünglich nur als Endbahnhof gedacht. Von hier aus sollten die Passagiere ihre Weiterreise in Richtung Süden auf dem Rhein fortsetzen und auf Schiffe umsteigen. Dem einfachen Volk gab beim Warten die hölzerne Einstiegsbühne des Bahnhofes Schutz vor Sonne und Regen, dagegen fanden Wartende der gehobenen Schichten im Wartesaal des Erdgeschosses Platz.
Der neue Verkehrsweg brachte Bonn eine wesentliche Belebung des Fremdenverkehrs und, wenn zunächst auch nur bescheiden, eine Förderung des Wirtschaftslebens, das erst nachhaltiger und wirkungsvoller wurde, als die Bonn-Kölner Eisenbahn sich über Bonn hinaus in Richtung Süden erweiterte.
Die Verlängerung der Eisenbahnstrecke in Richtung Süden
Am 15. Oktober 1855 konnte die erste Erweiterung der Strecke über Godesberg und Mehlem feierlich eröffnet werden. Der zweite Teilabschnitt, eine Ergänzung der Strecke bis nach Rolandseck wurde am 21. Januar 1856 fertig gestellt. Zuvor galt es vor allem im Bereich der Stadt Bonn zahlreiche Probleme zu lösen. Durch die Erweiterung würden fortan die Gleise der Eisenbahnlinie die Poppelsdorfer Allee durchtrennen. Dies stieß in der Bevölkerung auf erheblichen Widerstand. Durch die Eisenbahnstrecke würde einem Passanten die uneingeschränkte Sicht vom Poppelsdorfer Schloss auf die Universität genommen. Auch die Universität selbst, als Eigentümer der Poppelsdorfer Allee, versuchte diese Pläne zu verhindern. Schließlich entschied wieder der preußische König und ließ den Bahndamm auf die gleiche Höhe bauen wie die Allee. Die Verlängerung der Bonn-Kölner Eisenbahnlinie verlief durch die noch nicht bebaute, sumpfige Gumme, einen Altarm des Rheines.
An eine Weiterführung der Eisenbahn bis nach Koblenz war erst nicht gedacht. Den meisten Kölner Investoren genügte eine Strecke bis Rolandseck. Denn auf diesem Wege gelangten sie zu ihren Sommerresidenzen im Rheintal vor der anmutigen Kulisse des Siebengebirges. Aus Angst vor einer schnellen Invasion französischer Truppen durch das Rheintal, im Falle eines Deutsch-Französischen Krieges, favorisierte auch der preußische Staat die bestehende Situation. Doch setzte sich letztlich der Gedanke eines gesamtdeutschen Eisenbahnnetzes durch. Wirtschaftliche Motive sowie die Entdeckung des „romantischen Rheintals“ durch den Tourismus ließen eine Streckenverlängerung bis Koblenz immer attraktiver erscheinen. Schließlich wurde am 11. November 1858 auch die Strecke von Köln über Bonn nach Koblenz eingeweiht.
Der neue Bonner Bahnhof
Nicht nur der überörtliche Verkehr nahm in der Folge zu, auch der lokale Verkehr war gestiegen. Durch die Eröffnung der Ahrtalbahn und der neuen Bahnlinie von Euskirchen nach Bonn 1880 und durch die Inbetriebnahme des Trajekts Bonn-Oberkassel und dessen Verbindungsgleis zum Bonner Bahnhof im Jahr 1870, wurde das alte Bahnhofsgebäude in Bonn zu klein. Es konnte dem erhöhten Verkehrsaufkommen nicht mehr gerecht werden.
Eine Erweiterung des alten Bahnhofsgebäudes wurde von der Stadt schnell abgelehnt. Nach der Verstaatlichung der einzelnen Eisenbahngesellschaften entschloss sich die preußische Staatsbahn zu einem Neubau des Empfangsgebäudes. Um den aktuellen betrieblichen Ablauf nicht zu stören, sollte dieser wenige Meter nördlicher als der alte Bahnhof errichtet werden. Der Grundstein zum Neubau des Bahnhofes wurde am 1. März 1883 gelegt. Fertiggestellt und eröffnet wurde der heutige Bonner Hauptbahnhof am 22. April 1885.
Es entstand ein repräsentatives Gebäude, mit dem Werte geschaffen werden sollten, an denen auch künftige Generationen Nutzen und Freude haben würden. Der dem Stil der Zeit entsprechende Repräsentationsbau ist dem Schlossbau sehr ähnlich. Solche Bauformen wurden zuvor nur für Rathäuser, Theater oder Gerichtsgebäude übernommen. Der Eingangsbereich wurde gar an antike Triumphbögen angeglichen, wenn auch in freier Formgebung. Der Eingangsbereich übernimmt somit die Funktion des Stadttores, an dem Reisende empfangen und verabschiedet werden. Zu dieser Zeit erbaute Bahnhöfe, wie die in Mannheim oder Trier wurden ähnlich gestaltet. Die Fassade des heutigen Empfangsgebäudes des Bonner Hauptbahnhofes wurde von Carl Schellen im Stil der italienischen Renaissance aus gelben Ziegelsteinen zur Gestaltung der Flächen und roten Sandsteinen zur Gliederung der Fassade entworfen. Im Südflügel des Bonner Hauptbahnhofes waren Warteräume für die erste und zweite Klasse installiert. Im Nordflügel des Bahnhofes befanden sich dagegen die weniger prunkvolleren Warteräume für die dritte und vierte Klasse. Am südlichen Ende des Bahnhofes befand sich ein extra eingerichtetes Fürstenzimmer mit einem separaten Zugang. Für hohe Gäste oder in Bonn studierende Prinzen wurde dieses Zimmer häufig bei der Ankunft oder Abfahrt genutzt.
Seine Glanzzeit erlebte der Bonner Hauptbahnhof nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der Ernennung Bonns zur Bundeshauptstadt. Zusehend entwickelte sich Bonn zu einem wichtigen Knotenpunkt im Eisenbahnverkehr. Verkehrten anfangs nur drei Züge täglich zwischen Bonn und Köln, passierten Anfang der 1930er-Jahre bereits 230-240 Züge den Bahnhof Bonn täglich. Mitte der 1980er Jahre durchfuhren annähernd 300 Reisezüge und 90 Güterzüge das Bonner Stadtgebiet. Der Bonner Bahnhof galt seinerzeit nicht umsonst als der meist befahrene Bahnhof in ganz Europa.
Baudenkmal
Das Objekt „Hauptbahnhof“ in Bonn, Am Hauptbahnhof 1, ist ein eingetragenes Denkmal (Denkmalliste Bonn, Stand 1. August 2006, Lfd. Nr. A 986). Das Gebäude einschließlich der Bahnsteigüberdachung ist als Zeugnis des Eisenbahnwesens bedeutend für die Geschichte der Menschen, kunsthistorisch, städtebaulich und wissenschaftlich wertvoll.
(Kevin Hengsberg, Geographisches Institut der Universität Bonn, 2012)
Quellen
Stadtarchiv Bonn:
- General Anzeiger vom 02.09.1933, Signatur: 100/470.
- Zeitungsartikel vom 20.04.1935, Signatur: 100/470.
- Zeitungsartikel vom 06.09.1940, Signatur: 100/470.
- General Anzeiger vom 15.03.1983, Signatur: 135/775.
- Informationsdienst der Stadt Bonn vom 29.03.1983, Signatur: 135/775.
- Seniorenecho September/Oktober 1983, S. 16-18, Signatur: 135/775.
- Rhein Sieg Anzeiger vom 05.01.1984, Signatur: 136/65.
Internet
www.bahnhof.de: Deutsche Bahn AG, Bonn Hbf (abgerufen 26.09.2018)