Pferdestraßenbahnen und Pferdebahnen im Rheinland

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
  • Historische Aufnahme eines Pferdebahn-Personenwagens in der Bonner Pützstraße am 24. November 1909.

    Historische Aufnahme eines Pferdebahn-Personenwagens in der Bonner Pützstraße am 24. November 1909.

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  • Historische Postkarte "Die letzte Pferdebahn der Stadt Cöln 1907" zur letzten Fahrt auf der Pferdebahnlinie von Nippes zur Flora und dem Zoo.

    Historische Postkarte "Die letzte Pferdebahn der Stadt Cöln 1907" zur letzten Fahrt auf der Pferdebahnlinie von Nippes zur Flora und dem Zoo.

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    Joachim Brokmeier (Sammlung Brokmeier)
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  • Ausschnitt eines Stadtplans von Köln und Deutz mit den Linien der Pferdebahn (1888).

    Ausschnitt eines Stadtplans von Köln und Deutz mit den Linien der Pferdebahn (1888).

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Eine Pferdestraßenbahn oder Pferdebahn - auch Pferdeeisenbahn, Pferderollbahn, Pferdetramway oder Pferdetram - ist ein Vorläufer der heutigen Straßen- und Eisenbahnen. Bei diesen Bahnen werden die auf Schienen fahrenden Wagen nicht von einer Lokomotive oder einem Triebwagen gezogen, sondern werden von einem Pferd oder mehreren Pferden bewegt.
Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden auch zahlreiche Industrie- und Güterstrecken mit Pferden betrieben, bevor sie auf den Betrieb mit Lokomotiven umgerüstet wurden.

Die erste deutsche Pferdestraßenbahn verkehrte ab Juni 1865 zwischen Berlin und Charlottenburg und wurde von der im Mai 1864 gegründeten Berliner Pferdeeisenbahn-Gesellschaft E. Besckow KgaA betrieben. Rasch erfolgten die Gründungen weiterer Pferdebahngesellschaften und -strecken in deutschen Großstädten, so in Hamburg mit der Hamburger Pferde-Eisenbahn-Gesellschaft (1866), Stuttgart (1868), Frankfurt am Main (1872), Leipzig (1872), Dresden (1872) und München (1876). Zeitweise gab es in Deutschland über 90 Pferdestraßenbahnen.

Pferdegüterbahnen im Rheinland
Pferdestraßenbahnen im Rheinland
Pferdebahnen für den Personenverkehr im Rheinland (1874-1909)
Internet, Literatur

Pferdegüterbahnen im Rheinland
Der Transport von Gütern mit Wagen auf Schienen, die von Pferden gezogen wurden, begann im 18. Jahrhundert. Die Technik geht zurück auf die bereits im Mittelalter gebräuchlichen hölzernen Spurenbahnen zum Transport von Erzen oder Kohlen mit kleinen, zweiachsigen Wagen aus Holz, so genannte „Hunde“. Bereits 1535 wird ein solcher Hund abgebildet . Diese Technik wird im 18. Jahrhundert vom englischen Bergbau aufgegriffen und vervollkommnet. 1789 war diese Entwicklung mit der Konstruktion der Schiene in der heute noch gültigen Grundform durch den englischen Bauingenieur William Jessop (1745-1814) abgeschlossen.

  • Die älteste in Deutschland an Schienen gebundene Transportbahn ist der 1787 angelegte Schiebeweg in Hattingen-Baak, im Rauendahl. Bereits 1781 wird hier von einem mit Brettern versehenen Schiebeweg berichtet, auf dem die Kohlen mit Schubkarren zur Niederlage an der Ruhr befördert wurden. 1787 ist dieser Schiebeweg durch eine Transportbahn ersetzt worden. 1827 wird der Rauendahler Schiebeweg durch eine Eisenbahnstrecke vom Rauendahler Kohlenhafen bis zur Hattinger Ruhrbrücke ergänzt.

  • Zu einem ähnlichen Projekt kam es 1829 im Muttental. Hier hatten sich mehrere Gruben zusammengeschlossen, um einen Zechenweg zur Hauptchaussee von Wengern nach Herbede anzulegen. Am 27. April 1829 legten sie den Antrag vor, wonach statt eines Zechenweges eine Eisenbahn durch das Muttental bis an die Kohlenstraße in der Gegend des Herbeder Holzes geführt werden sollte. Anfang Dezember 1829 war die Bahn vollendet und es wurden Kohlen befördert. Bemerkenswert ist, dass diese Bahn nicht ins Ruhrtal, sondern zur Hauptchaussee hoch führte, um hier Anschluss an den Kohlentransport ins Bergische zu erhalten.

  • Es folgten 1827 die Schienenbahn von 1,5 Kilometern Länge von der Zeche Carl Friedrich Erbstollen in Bochum-Weitmar zur Ruhr; 1830 wurde diese Bahn von den Zechen General, Hasenwinkel und Engelsburg in Bochum auf 10,5 Kilometer Länge erweitert. 1830 erbaute man die Schienenbahn von Schlebusch nach Harkort als Verbindung der Schlebuscher Erbstollen in Silschede Richtung Ennepetal oberhalb von Hagen-Haspe, auch Harkort-Bahn genannt, da sie im Besitz der Familie von Harkort war.
  • In den 1820er Jahren bemühten sich die Elberfelder Kaufleute um eine Schienenverbindung von Velbert-Nierenhof im Deilbachtal zum Himmelfürster Stollen in der Gemarkung Überruhr (heute Kupferdreh). Die so genannte Deilbachtalbahn wurde im September 1831 als schmalspurige Eisenbahn von elf Kilometern Länge eröffnet, anfangs wurden die Wagen von Pferden gezogen. Der Betrieb einer Dampflokomotive war jedoch ausdrücklich vorgesehen. Die Bahn erhielt den Namen „Prinz-Wilhelm-Bahn“. Die Dampfkraft kam dauerhaft erst 1846/47 mit der Erweiterung der Strecke nach Vohwinkel.

  • Die Eisenhütte „Phoenix“ richtete ab 1853 ein neues Hüttenwerk in Essen-Kupferdreh ein, da sowohl die zur Herstellung von Eisen erforderlichen Rohstoffe in der Nähe vorhanden waren als auch günstige Verkehrsverhältnisse durch die Ruhrschifffahrt und die Prinz-Wilhelm-Bahn gegeben waren. So kamen Kohlen aus der unmittelbaren Umgebung, Kalk aus Velbert-Hefel und Eisenerze aus Kupferdreh und dem Großraum Velbert. In Velbert gab es seit dem 16. Jahrhundert einen beständigen Erzbergbau auf Blei, Eisen und Alaun; intensiv um 1850 wieder aufgenommen. Wegen der großen Entfernung der Velberter Grubenfelder bis Kupferdreh stellte der Abtransport des gewonnenen Materials ein großes Problem dar. Schon 1852/53 wurde daher ein erster Abschnitt der schmalspurigen Pferdeschleppbahn errichtet. Bald danach entschloss sich die Phoenix AG, die Pferdebahn durch das Hespertal bis zur Hütte in Kupferdreh zu verlängern (die spätere Hespertalbahn). Diese gesamte Bahn war 1857 vollendet und besaß nun eine Länge von rund 15 Kilometern. Nachdem der untere Abschnitt an der Ruhr 1877 auf Dampfbetrieb umgestellt war, wurden letzte Abschnitte der Pferdeschleppbahn noch bis 1879 betrieben.

  • 1862 eröffnete die Brölthaler Eisenbahn-Kommandit-Gesellschaft Friedlieb Gustorff & Co. die Bahnstrecke von Hennef-Warth nach Ruppichteroth mit einem Abzweig ins Saurenbacher Tal auf einer Länge von über 20 Kilometern. Zweck der Bahn war der Transport von Erzen, Kalk und Holzkohlen aus dem Bergischen Land zur Friedrich-Wilhelms-Hütte in Troisdorf. Die Pferdebahnen wurden bereits im April 1863 durch Dampflokomotiven ersetzt.
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Pferdestraßenbahnen im Rheinland
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und vor allem in der Zeit nach der Reichsgründung 1871 kam es zu einem wirtschaftlichen Aufschwung, der dazu führte, dass sich zunehmend Industrien, Fabriken, Handwerksbetriebe und Handelsgesellschaften in den Städten etablierten. Die Erschließung des Ruhrgebietes mit seinen Zechen und Hütten und anderen Industrien dehnte sich flächenmäßig aus. Es wurde daher ein zunehmendes Problem, die Mobilität der arbeitenden Bevölkerung in den Städten zu ermöglichen. Die Wohnungen lagen immer weiter von den Fabrikstandorten entfernt, so dass tägliche Fußwege von ein bis zwei Stunden nicht unüblich waren.
Die Städte suchten auch verstärkt nach günstigen Verbindungen von den neu angelegten Bahnhöfen in die Innenstädte mit ihren wirtschaftlichen und kulturellen Zentren. Die Bahnhöfe lagen meist weit außerhalb der Innenstädte und waren ebenfalls nur mit langen Fußwegen zu erreichen.

Versuche mit Droschkenkutschern und Pferdeomnibussen brachten immer nur kurze Erfolge (Köln). Infolge der schlechten Wegeverhältnisse (Kopfsteinpflaster) konnten vor allem Pferdeomnibusse keinen dauerhaften Beitrag zur Mobilität erzielen. Zudem waren die Fahrpreise sehr hoch, so dass sich die arbeitende Bevölkerung diese Dienste nicht leisten konnten oder wollten.
Auch Versuche mit Dampfeisenbahnen (Duisburg 1882-1897, Krefeld 1883-1901, Remscheid mit der Wermelskirchen-Burger Eisenbahn 1890-1900 und Bonn-Godesberg-Mehlem 1892-1911) und anderen Antriebsarten (Monheim, gleislose elektrische Bahn 1904-1908 - an den Endpunkten wurden die Wagen mit Hilfe von Pferden gewendet; Aachen, Natronbahn 1883) waren unter den damaligen Verhältnissen auf Dauer nicht erfolgreich. Rühmliche Ausnahme ist die Schwebebahn in Wuppertal.

Nachdem erste Pferdebahnen in den Jahren 1865 bis 1868 in Berlin, Hamburg und Stuttgart eröffnet worden waren, zeigten sich schnell die Vorteile dieses Systems. Auf den Schienen war ein ruhiger Lauf gewährleistet (zumindest im Vergleich zu den Pferdeomnibussen auf Kopfsteinpflaster), das oder die Zugpferde konnten große Lasten transportieren und ein stabiler Fahrplan konnte angeboten werden. Nachteilig wirkten sich die weiterhin hohen Fahrpreise aus. Und die Verschmutzung der Straßen durch den Pferdekot darf auch nicht unterschätzt werden. Somit waren die Pferdebahnen ein erster Erfolg für den öffentlichen Nahverkehr in den Städten, ihnen war aber kein dauerhafter Erfolg gegönnt. Wegen der allgemeinen Elektrifizierung des öffentlichen Nahverkehrs blieben Pferdebahnen nur eine Episode der städtischen Verkehrsgeschichten (Schadow 2002).
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Pferdebahnen für den Personenverkehr im Rheinland (1874-1909)
Im Rheinland (Landesteil von Nordrhein-Westfalen) gab es zwischen 1874 und 1909 in den folgenden Städten Pferdebahnen:

Stadt
Betrieb
Wuppertal1874-1896
Düsseldorf1876-1900
Köln1877-1907
Aachen1880-1895
Duisburg1881-1898
Mönchengladbach/Rheydt1881-1900
Stolberg/Rheinland1881-1897
Krefeld1883-1901
Bonn1891-1909


(Claus Weber, LVR-Redaktion KuLaDig und Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2021, 2022)

Internet
www.kvb.koeln: KVB-Geschichte von 1877 bis 1949 (abgerufen 28.04.2021)
www.hsk-koeln.de: Historische Straßenbahn Köln e.V., Straßenbahn-Museum Thielenbruch (abgerufen 28.04.2021)
www.swb-konzern.de: Stadtwerke Bonn GmbH, Pferdebahn (abgerufen 28.04.2021)
de.wikipedia.org: Düsseldorfer Pferdebahn (abgerufen 28.04.2021)
de.wikipedia.org: Pferdebahn (abgerufen 28.04.2021)
www.lvr.de: Fachbeitrag Kulturlandschaft zum Regionalplan Ruhr - Textteil, zur Geschichte der Eisenbahnen im Ruhrgebiet, S. 70ff. (PDF, 7,97 MB, abgerufen 29.05.2021)
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Literatur

Jacobi, Richard; Zeh, Dieter (1986)
Die Geschichte der Düsseldorfer Straßenbahn. Von der Pferdetram zur Rheinbahn. Freiburg.
Nauroth, Karl-Heinz (1989)
Straßenbahnen in Bonn. Nordhorn.
Reinhardt, Winfried (2017)
Geschichte des Kölner Verkehrs. 3000 Jahre Mobilität im Rheinland. Wiesbaden.
Schadow, Sebastian (2002)
Strom oder Hafer: die Geschichte der Bonner Pferdebahn. In: Berichte des Institutes für Didaktik der Biologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, S. 105-122. Münster. Online verfügbar: repositorium.uni-muenster.de, Schadow, Bonner Pferdebahn, abgerufen am 06.05.2022

Pferdestraßenbahnen und Pferdebahnen im Rheinland

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Kulturlandschaftspflege, Landeskunde

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„Pferdestraßenbahnen und Pferdebahnen im Rheinland”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/SWB-331601 (Abgerufen: 20. April 2024)
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