Die Gartenstadtidee von Sir Ebenezer Howard (1850-1928) hat ab ca. 1900 die deutlichsten Einflüsse im Werkssiedlungsbau des Ruhrgebiets hinterlassen. Im bewussten Gegensatz zu den uniformen Zeilensiedlungen zeichnen sich die gartenstädtischen Siedlungen durch geschwungene Straßen und einheitliche Konzeption aus. Viele der Siedlungen wurden mit Elementen des Heimatstils ausgestattet und bekamen den Charakter eigenständiger Dörfer, der dem als Ideal verstandenen Bild historisch gewachsener vorindustrieller Dörfer entsprach (vgl. Siedlung Margarethenhöhe, Siedlung Dahlhauser Heide). Variierende Haustypen, -anordnungen und Fassadengestaltungen (farbige Ziegel, Fachwerk, Putz) sowie eingeplante Gemeinschaftsflächen (Plätze) sorgten für größere Individualität. Bis heute zeigen sich deutlich die stärkere Berücksichtigung von sozialen und hygienischen Belangen, die Verbindung von funktionalen und gestalterischen Elementen und die Aufnahme des Landschaftsgedankens in Stadtplanung (allg.: Beierlorzer, Boll & Ganser 1999, Kastorff-Viehmann 2009).
Neben den gartenstädtischen Siedlungen wurden auch Anlagen im Mehrfamilien-Geschosswohnungsbau verwirklicht, vorwiegend dort, wo durch die zunehmende Verstädterung Bauland in der Nähe der Werke knapp wurde. Diese Anlagen bildeten oft durch Torbauten zugängliche, in sich geschlossene Wohnhöfe (z.B. Krupp Siedlung Luisenhof 1910/12, 1916/17 in Essen; Regionalverband Ruhr 2012, S. 23). Generell wurde die Betriebshierarchie auf die Siedlungen übertragen. Bei kleineren Unternehmen wohnten die leitenden Angestellten („Beamten“) mit den Arbeitern in einer Kolonie, aber getrennt in unterschiedlichen Bereichen. Größere Unternehmen leisteten sich eigene Beamtenkolonien, die räumlich von den Arbeitersiedlungen getrennt lagen (z.B. Siedlung Johannenhof in Duisburg, Siedlung Grafenbusch in Oberhausen).
In der Zwischenkriegszeit wurden keine wesentlich neuen architektonischen oder konzeptionellen Einflüsse im Werkssiedlungsbau rezipiert. Einflüsse des Bauhaus („Neues Bauen“) griffen Genossenschaften nur sehr vereinzelt auf (z.B. Cuno-Siedlung in Hagen, Dickelsbachsiedlung in Duisburg). Nach 1918 wurde die Wohnungsbautätigkeit durch gemeinnützige Gesellschaften – auch mit Beteiligung der Industrie –, speziell bei den Zechen ab 1920 durch die Treuhandstelle für Bergmannswohnstätten übernommen (ab 1928: Ruhrwohnungsbau, nach 1958 sozialer Wohnungsbau als Aufgabe der Bundesländer). Mit Gründung der RAG (Ruhrkohle AG) 1968 wurden die Wohnungen von dort verwaltet, blieben aber im Besitz der Muttergesellschaften. Heute sind viele Siedlungen privatisiert.
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