Lage Die Beamtensiedlung trägt den Namen der vorindustriellen Bauernschaft Bliersheim, die dem Krupp Stahlwerk „Friedrich-Alfred-Hütte“ weichen musste. Sie wurde 1903-10 unter der Leitung des Architekten Robert Schmohl (Leiter des Kruppschen Baubüros seit 1893) im englischen Landhausstil erbaut. Sie liegt räumlich getrennt von der Arbeitersiedlung „Margarethensiedlung“, südlich angrenzend an das Werk und wurde später von diesem umschlossen. Die Nähe zum Werk, die aus heutiger Sicht keine ideale Wohnlage darstellt, ist durch die „Residenzpflicht“, die für leitende Angestellte bis in die 1950er Jahre galt, erklärbar. Im Fall von Betriebsstörungen mussten die Führungskräfte schnell auf der Hütte präsent zu sein. Erst mit zunehmender Individualmotorisierung in den 1950er Jahren wurde diese Pflicht aufgehoben. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde der ehemals hoch eingestufte Wohnwert in der Siedlung nicht mehr als solcher empfunden, da die Emissionen der Hütte (Lärm, Luftschadstoffe) als massiver Wohnstandortmangel angesehen wurden.
Grund- und Aufriss Charakteristisches Kennzeichen des Siedlungsgrundrisses ist der zentrale Straßenring (Villenstraße), in dessen Mitte (Nr. 2) die Direktorenvilla einschließlich Kutscherhaus (Nr. 2a) und Wagenremise steht. Verwirklicht wurden 9 verschiedene Haustypen (Doppel- und Einfamilienhäuser), wobei sich in Lage und Ausstattung die betriebliche Hierarchie der Beamten widerspiegelte. Die Größe der Wohnfläche erreicht teilweise 400 Quadratmeter mit repräsentativen Räumen. Die aufwändig gestalteten, verputzten Fassaden sind durch Holzkonstruktionen variantenreich gestaltet, zum Beispiel mit Fachwerkgiebeln, Holzloggien und Erkern. Für betriebliche Repräsentationen und als Gasthaus für die leitenden Angestellten diente das Casino (erbaut 1903, Bliersheimerstr. 83-87).
Nutzungswandel Seit den 1970er Jahren standen die Villen leer. Entsprach die Kolonie hinsichtlich der betriebshierarchischen Bedeutung und dem Sozialgefüge der Bewohner 1929 noch den Verhältnissen zu ihrer Entstehungszeit, so waren in den 1950er und 1960er Jahren bereits starke Veränderungen sichtbar. Zum Teil waren Wohnungen aufgeteilt, der Villenbestand ergänzt worden und die Zahl der Hausangestellten war zurückgegangen. Für 1966 ist verzeichnet, dass bereits alle Direktoren in bessere Wohngegenden gezogen waren, zumal das südlich an die Kolonie angrenzende Gärtnereigelände durch ein Zementwerk aufgezehrt worden war (Wehling 1994, S. 26, nach Scholten 1969).
Heutiger Zustand Ursprünglich gruppierten sich 17 Villen einschließlich Casino auf dem Gelände, 9 sind davon noch erhalten. Das ehmalige Direktionscasino wird als Restaurant und Eventlocation genutzt. Der heutige Zustand der denkmalgeschützten Villen ist dagegen noch immer zum Teil ruinös, lediglich Dachsanierungen wurden im Zuge der IBA Emscher Park zwischen 1989 und 1999 überall durchgeführt. Drei Gebäude befinden sich noch im Besitz der NRW Urban, die 1996 (damals als Landesentwicklungsgesellschaft) den kompletten Baubestand übernommen hatte. Die übrigen Gebäude wurden privatisiert und befinden sich in unterschiedlichem Renovierungs- und Nutzungszustand. Die ehemalige Direktorenvilla gehört der „Linh Kieu Projektentwicklung” aus Krefeld. Durch ihre Lage mitten in einem Gewerbegebiet (Logport) dürfen die Gebäude nur gewerblich genutzt werden.
(Martina Gelhar, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V., 2013)
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