Siedlung Johannenhof in Homberg

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Duisburg
Kreis(e): Duisburg
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 27′ 9,02″ N: 6° 41′ 45,28″ O 51,45251°N: 6,69591°O
Koordinate UTM 32.339.910,24 m: 5.702.665,28 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.548.417,50 m: 5.702.218,43 m
  • Zechensiedlung Johannenhof in Duisburg-Homberg (2012)

    Zechensiedlung Johannenhof in Duisburg-Homberg (2012)

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  • Zechensiedlung Johannenhof in Duisburg-Homberg (2006)

    Zechensiedlung Johannenhof in Duisburg-Homberg (2006)

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  • Zechensiedlung Johannenhof in Duisburg-Homberg (2006) mit benachbarten Hochhäusern der 1960er Jahre.

    Zechensiedlung Johannenhof in Duisburg-Homberg (2006) mit benachbarten Hochhäusern der 1960er Jahre.

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Nachdem zunächst der Arbeitskräftebedarf der Zeche Rheinpreußen I/II aus der ansässigen örtlichen Bevölkerung gedeckt wurde, musste um die Wende zum 20. Jahrhundert der durch zusätzliche Arbeitskräfteanwerbung entstandene Wohnraummangel mit neuen Werkswohnungen behoben werden. In unmittelbarer Nachbarschaft zur Zeche entstanden die vom Gartenstadtprinzip beeinflussten Siedlungen Rheinpreußen mit Viererhäusern im Kreuzgrundriss und die Beamtensiedlung Johannenhof (Architekt Vallentin). Von der Zeche gingen die hauptsächlichen Impulse zur Stadtentwicklung in Homberg aus, bis zum Zusammenschluss von Homberg, Hochheide, Essenberg und schließlich dem Erhalt der Stadtrechte 1921.

Die Siedlung als Gesamtanlage
Der Johannenhof wurde als Ensemble geplant und zeichnet sich durch die orthogonale Straßenführung, den zentralen quadratischen Platz und die nach außen geschlossene, von Torbögen durchbrochene Front aus. 24 Haustypen in spiegelbildlicher Anordnung mit 4-Raum-Wohnungen (101 Wohneinheiten insgesamt) verstärken den Eindruck einer Gesamtanlage (Wehling 1994, S. 180f.).

„Urbanität durch Dichte“
Nach dem Verkauf der Siedlungen Anfang der 1960er Jahre begann vor dem Hintergrund des städtebaulichen Leitbilds „Urbanität durch Dichte“ und als Ausdruck der Spekulation mit Wohnobjekten eine Flächensanierung von zwei Dritteln der Wohneinheiten. 1976 konnte sie durch eine Bürgerinitiative, die mit einem Hungerstreik vor dem Duisburger Rathaus gegen den Verlust der sozialen Bindungen und städtebaulichen Qualität in der Zechensiedlung protestierte, verhindert werden.
Der Hochheider Hochhaus-Wohnpark („Weiße Riesen“), der sich mit heute drei Hochhäusern seit 1972/73 direkt hinter der Siedlung Johhannenhof auf ehemaligem Zechensiedlungsgelände erhebt, blieb damit unvollendet. Zwei der zwischenzeitlich zum sozialen Brennpunkt abgesunkenen Hochhäuser („Blauer Riese“, „Roter Riese“) wurden bislang saniert und vermietet. Dem demographischen Wandel folgend und auf Grund der hohen Sanierungskosten (Stichwort: Asbest) wird hier jedoch zukünftig zurückgebaut. 2019 wurde der erste „Riese“ gesprengt, der letzte soll 2021 abgerissen werden. Momentan (2020) ist geplant, dass bis 2025 eine „multifunktionale Grünfläche“ entstehen soll.

Stadtsanierung mit dem Abrissbagger
Unter dem Dichtepostulat und Flächensanierungswahn der 1960er- und 70er Jahre litten mit den Werkssiedlungen ausgerechnet die Siedlungsbereiche mit der stärksten Identifikationskraft. Mit ihnen verbanden sich soziale Qualität, überschaubare Nachbarschaften und »Heimat«-Assoziationen. Doch die Werkssiedlungen waren beliebte Opfer der renditeorientierten Flächensanierungspolitik, sowohl wegen ihres großen Verbreitungsgrades als auch wegen ihrer oft zentralen Lage und Sanierungsbedürftigkeit. Veränderte wirtschaftsstrukturelle und gesellschaftliche Bedingungen wie sinkende Mitarbeiterzahlen in den Zechen und auf den Hütten, die Schließung von Produktionsstandorten, eine gestiegene Mobilität, ausreichende Angebote auf dem freien Wohnungsmarkt und höhere Wohnqualitätsansprüche kamen als abrissfördernde Motive hinzu. Nur ein Beispiel unter vielen ist die Sanierung von Duisburg-Neumühl (Mertins 1967), ähnlich verfahren wurde wenige Kilometer weiter in Duisburg-Homberg [...]. Die Folge: Bis Ende der 1960er Jahre war mehr als die Hälfte der Arbeitersiedlungen des Ruhrgebiets flächensaniert – das heißt abgerissen (Günter 1995).

Die vordergründigen sozialen Argumente für den Abriss, wie eine geringe sanitäre Ausstattung, kleine Wohnungen oder die alte Substanz, wurden durch die Realität entlarvt, denn die Bevölkerung wehrte sich bald gegen den »verordneten« neuen Lebensstil in Anonymität und Uniformität. Beginnend 1972 in Eisenheim formierte sich gesellschaftlicher Widerstand, der andernorts, wie in der Siedlung Rheinpreußen in Homberg geschehen, bis zum Hungerstreik eskalierte [...].

In etwa parallel fokussierten sich erste Initiativen auf den Erhalt technischer Bauten der Früh- und Hochindustrialisierung, beginnend 1968/69 mit der Maschinenhalle der Zeche Zollern 2/4 [...] und deuteten auch hier einen »industriekulturellen Perspektivwechsel« an. Doch die Diskussion um den kulturhistorischen Wert von Industrieobjekten im weiteren Sinne hatte noch nicht begonnen, auch wenn ihre Bedeutung mit Gründung der Industriedenkmalpflege in Nordrhein-Westfalen (1974) und dem städtebaulichen Leitbildwechsel zur »erhaltenden Stadtsanierung « offiziell anerkannt wurde (Fehn 1999, Föhl 2001). Erst die öffentliche Betonung der industriekulturellen regionalen Wurzeln durch die IBA Emscher Park schuf eine breite öffentliche Perzeption.“
(Boldt/Gelhar 2008: 62)

(Martina Gelhar, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V., 2013, 2020)

Internet
Route der Industriekultur, Siedlung Johannenhof (Abgerufen 24.01.2013)

Literatur

Boldt, Kai-William; Gelhar, Martina (2008)
Das Ruhrgebiet - Landschaft, Industrie, Kultur. 61f., Darmstadt.
Fehn, Klaus (1999)
Historisch-geographische Kulturlandschaftsforschungen in Industrie- und Bergbaulandschaften mit besonderer Berücksichtigung des Ruhrgebiets. In: Koblenzer Geographisches Kolloquium, Sonderheft 2, Koblenz.
Föhl, Axel (2001)
The Palace of Projects oder Was ist Industriekultur im Revier? In: Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, 2, S. 49-54. o. O.
Günter, Roland (2001)
Besichtigung unseres Zeitalters - Industrie-Kultur in Nordrhein-Westfalen. Ein Handbuch für Reisen. 271f., Essen.
Günter, Roland (2000)
Im Tal der Könige. Ein Reisebuch zu Emscher, Rhein und Ruhr. Essen.
Mertins, Günther (1967)
Die Totalsanierung eines Stadtteils infolge Zechenstillegung. Das Neuordnungsprogramm Duisburg-Neumühl. In: Raumforschung und Raumordnung 1, S. 11-17. o. O.
Stadt Duisburg (Hrsg.) (2008)
Gestaltungsfibel Denkmal Siedlung Johannenhof. Duisburg. Online verfügbar: http://www.duisburg.de/micro2/pbv/medien/bindata/rubrik_Fibel_Johannenhof.pdf, abgerufen am 21.01.2013
Wehling, Hans-Werner (1994)
Werks- und Genossenschaftssiedlungen im Ruhrgebiet 1844-1939, Band II: Duisburg-Rheinhausen, Duisburg-Homberg/Ruhrort. 180f., Essen.

Siedlung Johannenhof in Homberg

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Johannenhof
Ort
47119 Duisburg - Homberg
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn 1914

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Martina Gelhar, 2020: „Siedlung Johannenhof in Homberg”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-59557-20130124-2 (Abgerufen: 24. April 2024)
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