Baumotive Als die Firma Schulz-Knaudt im Jahr 1909 im Duisburger Süden den Bau des neuen Hüttenwerks begann, plante sie bereits in unmittelbarer Nähe eine Werkssiedlung für die Arbeiter. Denn Werkssiedlungen waren in der Hochphase der Industrialisierung ein wichtiger Bestandteil der Unternehmenspolitik in der Montanindustrie. Zum einen, weil im dörflichen Umfeld nicht genügend Wohnraum zur Verfügung stand, zum anderen waren sie durch qualitative Ausstattung und günstige Mietpreise Anreiz für die Arbeiter, nicht bei der Konkurrenz anzuheuern. Im Falle Schulz-Knaudt sollte den Arbeitern die Umsiedlung vom Stammsitz in Essen erleichtert werden. Ein ganz wesentliches Motiv jedoch war die Möglichkeit, unternehmensseitig mit den Siedlungen eine Kontrolle über die Arbeiter auszuüben; die Werksaufseher führten ihre „Aufsicht“ hier auch nach Feierabend weiter und Mietvertrag und Arbeitsvertrag waren bis nach dem Ersten Weltkrieg aneinander gekoppelt. Verlor ein Arbeiter den Arbeitsplatz, musste er oft noch am selben Tag mit seiner Familie aus der Werkswohnung ausziehen. Die enge Verbindung von Arbeit und Alltag symbolisiert in Hüttenheim besonders der zentral gelegene Uhrenturm, aber auch in der Namensgebung der Siedlung drückt sich diese aus. Mit der Kommunalreform 1929 wurde Hüttenheim als Duisburger Stadtteil eingemeindet.
Grund- und Aufriss Die Siedlung Hüttenheim I wurde „auf der grünen Wiese“ im altdeutschen Heimatstil in städtischer Bauweise errichtet (Architekt H. W. Eggeling, Essen). Sie besteht aus fünf Wohnhöfen mit großen, durch Torbauten erschlossenen Innenhöfen für alle Mieter. Zwei mehrflügelige dreigeschossige vorgelagerte Trakte bilden den Abschluss. Die zweieinhalb geschossigen Häuser sind verputzt, die Fassaden gegliedert. Errichtet wurden 513 zur Bauzeit vorbildlich ausgestattete Wohnungen. Das Zentrum der Siedlung bildet ein rechteckiger Platz, dessen optischen Mittelpunkt ein Uhrenturm bildet. Der Grundriss ist durch leicht gekrümmte Straßen gekennzeichnet. Innovativ ist, dass in der Siedlung der Geschosswohnungsbau mit dem Gartenstadtprinzip kombiniert wurde.
Weitere Entwicklung Die Sozialstruktur der Siedlung veränderte sich nach dem Zweiten Weltkrieg grundlegend. Durch den Zuzug von Gastarbeitern erhöhte sich der Anteil der Bewohner mit Migrationshintergrund bis in die 1980er Jahre auf über 90%. Notwendige Sanierungsarbeiten blieben aus, so dass zwar die Mietpreise vergleichsweise niedrig blieben, gleichzeitig aber besser Verdienende wegzogen, da auch die Nahtlage zur Hütte durch die vorherrschenden Westwinde bis heute starke Emissionsbelastungen des Wohnumfelds mit sich bringen. Nachdem in den 1980er Jahren fast die Hälfte der Wohnungen leer standen, wurde ein Abrissantrag gestellt, der sich auf die unzumutbar hohen Sanierungskosten stützte. Eine Bürgerinitiative konnte 1984 den Erhalt und die Sanierung der Siedlung durchsetzten, die bis 1987 erfolgte. Durch die Modernisierung ist die soziale Zusammensetzung heute wieder gemischter.
Kulturhistorische Bedeutung Die Siedlung Hüttenheim gehört mit zu den bedeutendsten Arbeitersiedlungen des Ruhrgebiets. Bemerkenswert ist, dass sie entgegen dem Zeittrend im städtischen Stil und nicht im „Koloniestil“ errichtet wurde. Möglicherweise sollte damit den Arbeitern das aus Essen gewohnte Wohnumfeld geboten werden (Stadt Duisburg 2010, S. 17).
(Martina Gelhar, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V., 2013)
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