1936 verschwanden auf Druck der Stadt Köln die letzten Überreste des mittelalterlichen Friedhofs, der bis Ende des 17. Jahrhunderts von den Deutzer Juden benutzt worden war.
Ende des 17. Jahrhunderts konnte ein jüdischer Friedhof Deutz eingerichtet werden. Im Jahr 1899 wurde der jüdische Friedhof in Ehrenfeld eingerichtet, wo seinerzeit eine eigenständige Gemeinde lebte. 1918 wurde dann der neue, bis heute genutzte jüdische Friedhof in Bocklemünd eröffnet. Ein weiterer Friedhof wird unterhalten von der Austrittsgemeinde Adass Jeschurun in Lindenthal-Deckstein (1910 angelegt), ferner gibt es noch Bestattungsplätze der in Köln-Riehl ansässigen 1996/1997 gegründeten Jüdischen Liberalen Gemeinde Gescher LaMassoret.
Jüdischer Friedhof Deutz
Nach der Ausweisung der Juden aus Köln „up ewige tzyden“ („auf alle Zeiten“) im Jahr 1424 siedelten viele Juden in den rechtsrheinischen Raum um – unter anderem nach Deutz, wo allerdings erst weit später eine eigene Begräbnisstätte entstand. Bis dahin wurde der Judenbüchel im linksrheinischen Süden Kölns auch von Deutz aus genutzt. Das um 1580 angelegte Deutzer Memorbuch verzeichnet für die Jahre 1597 bis 1696 eine Vielzahl von Beerdigungen von Deutzer Juden auf dem Friedhof „auf der Seite von Köln“ (Jellinek 1881, S. 18f.).
Erst Ende des 17. Jahrhunderts konnte ein Friedhof in Deutz eingerichtet werden, der Grundstücksankauf erfolgte 1695. Der Friedhof wurde von 1698 bis 1941 belegt (obgleich die offizielle Schließung bereits 1918 erfolgte). Erweiterungen erfolgten 1859, 1875 und 1895/96.
Ab 1801 wurde der Deutzer Friedhof auch durch die inzwischen wieder begründete Kölner Gemeinde mitbenutzt, die – inzwischen stark angewachsen – im Jahr 1859 dessen Verwaltung übernahm.
Zwischen den Jahren 1859 und 1882 durften auf Anweisung der preußischen Militärbehörden keine Grabstelen aufgestellt werden, da der direkt neben der Deutzer Festungsmauer liegende Friedhof in einer Schußlinie lag – „die Grabsteine mussten liegen“. Seit 1928 gehört der Friedhof der jüdischen Gemeinde Köln, er ist seit 1989 als Denkmal ausgewiesen (Kölner Stadt-Anzeiger 2012).
Im Jahr 1983 wurden „am Tag des Laubhüttenfestes“ (herbr. Sukkot) 63 Gräber zerstört (das siebentägige Fest fiel 1983 auf die Tage vom 21. bis 28. September). Eine weitere Schändung des Begräbnisplatzes erfolgte 1996, als Neonazis Grabsteine umwarfen und mit Hakenkreuzen beschmierten (ebd.).
Heute sind vor Ort noch mehr als 3.350 Grabstätten aus dem späten 17. Jahrhundert bis 1941 erhalten, darunter die von
- Isaac Offenbach (1779/81-1850, auch: Isaac Ben-Juda Eberst), der Vater des deutsch-französischen Komponisten Jacques Offenbach (1819-1880),
- Moses Hess (1812-1875, auch: Moritz Heß), ein deutsch-jüdischer Philosoph, Schriftsteller und Politiker,
- Emil Ephraim Rollmann (1844-1909) und seine Ehefrau Johanna (1853-1911, geborene Löwengard), Mitbegründer der Kölner Schuhfabrik Rollmann & Mayer,
- David Wolffsohn (1856-1914), Kaufmann und führende Persönlichkeit des frühen politischen Zionismus, Präsident der Zionistischen Weltorganisation von 1905 bis 1911,
- Rahel Apfel (1857-1912, auch: Rachel bzw. Rahel Bürger-Apfel), Kölner Lyrikerin, Schriftstellerin, Zionistin und Mitgründerin der National-Jüdischen Vereinigung, sowie von
- Angehörigen der bedeutenden Kölner Familie Oppenheim. Der Bankier und Mäzen Abraham Oppenheim (1804-1878) ließ 1857-1861 die Kölner Synagoge in der Glockengasse erbauen.
Von den Grabsteinen stammen etwa 700-800 aus der Zeit vor 1850. Etliche von ihnen sind allerdings so stark verwittert, dass ein Lesen der Inschriften nicht mehr möglich ist.
Heute sind etwa 18.000 Quadratmeter der Friedhofsanlage von einem Zaun umfasst und eingefriedet. Der gepflegt wirkende Friedhof hat einen großen Florabestand, der in einem absichtlich naturbelassenen Zustand gärtnerisch gepflegt wird. Der Deutzer Judenfriedhof ist nicht durchgehend geöffnet und kann nach Rücksprache mit der Friedhofsverwaltung oder der Synagogen-Gemeinde Köln, die regelmäßig Führungen anbietet, besichtigt werden (ausgenommen am Schabbat und an jüdischen Feiertagen).
(Franz-Josef Knöchel, LVR-Redaktion KuLaDig, 2011/2019 / Pascal Dornes, Geographisches Institut der Universität zu Köln, 2013)
Quellen
„Jüdischer Friedhof in Deutz – Arbeiten für die Ewigkeit“, Kölner Stadt-Anzeiger vom 14./15. Juli 2012, S. 32-33.
Freundliche Hinweise von Herrn Daniel Lemberg, Friedhofsverwaltung der Synagogen-Gemeinde Köln (2015) und vom Friedhofsgärtner vor Ort, Herrn Erich Reichart (2018).
Internet
www.uni-heidelberg.de, Projekt: Jüdische Friedhöfe in Deutschland, Deutz (abgerufen 14.06.2011)
de.wikipedia.org: Jüdischer Friedhof Deutz (abgerufen 14.06.2011 und 31.05.2016)
www.sgk.de: Synagogen-Gemeinde Köln (abgerufen 14.06.2011)