Synagoge Glockengasse in Altstadt-Nord

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Köln
Kreis(e): Köln
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 56′ 17,69″ N: 6° 57′ 7,85″ O 50,93825°N: 6,95218°O
Koordinate UTM 32.356.120,95 m: 5.644.954,68 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.566.972,40 m: 5.645.208,81 m
  • Historische Aufnahme der Kölner Synagoge in der Glockengasse (1896).

    Historische Aufnahme der Kölner Synagoge in der Glockengasse (1896).

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  • Historische Chromolithographie: Außenansicht der Kölner Synagoge in der Glockengasse (etwa 1861).

    Historische Chromolithographie: Außenansicht der Kölner Synagoge in der Glockengasse (etwa 1861).

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  • Die Bronzeplatte an der Oper am Offenbachplatz erinnert an den Standort der alten Synagoge in der Kölner Glockengasse (2011).

    Die Bronzeplatte an der Oper am Offenbachplatz erinnert an den Standort der alten Synagoge in der Kölner Glockengasse (2011).

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  • Zeitgenössisches Porträt des Isaac Offenbach (1779-1850), wohl aus der Mitte des 19. Jahrhunderts

    Zeitgenössisches Porträt des Isaac Offenbach (1779-1850), wohl aus der Mitte des 19. Jahrhunderts

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Die Synagoge in der Glockengasse wurde 1857-1861 nach Plänen des Dombaumeisters Ernst Friedrich Zwirner (1802-1861) auf dem Grundstück eines früheren Klosters errichtet. Finanziert wurde der Bau von dem Bankier Abraham Oppenheim. Während der Novemberpogrome 1938 wurde das Gotteshaus zerstört.

Nach der Vertreibung 1424 konnten sich Juden erst wieder in der französischen Zeit ab 1798 in Köln niederlassen. Die Zahl der jüdischen Bewohner stieg schon im 19. Jahrhundert rapide an. Erst 1861 erhielt die Gemeinde Korporationsrechte (Reuter 2007, zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Köln seit dem frühen 19. Jahrhundert vgl. den Eintrag Synagoge an der Roonstraße).

Das erste Bethaus in der Glockengasse
Der Synagogen-Neubau 1857-1861
Die Zerstörung des Gotteshauses 1938/1943
Gedenken
Quelle, Internet, Literatur

Das erste Bethaus in der Glockengasse
Zunächst benutzten die 1801 wieder gegründete Kölner jüdische Gemeinde ein Bethaus, das sich auf dem Grundstück des säkularisierten Klarissenklosters Maria im Tempel in der Glockengasse Nr. 5–7 befand (vormals in der Pfarrei St. Columba, die Nr. 41 auf dem Kartenausschnitt „Kirchliche Organisation… c. 1610“, vgl. Abbildung). Dieses Gebetshaus war aber rasch durch das stetige Anwachsen der jüdischen Gemeinde überlastet.
Wohl seit den 1820ern übte hier Isaac Ben-Juda Eberts (1779-1850, auch Eberstadt) das Amt des Kantors (hebräisch Chasan = Vorbeter) der Synagogengemeinde aus und nahm vertretungsweise auch Aufgaben des Rabbiners wahr (Kaufmann 1998, S. 58). Der als Musiker und Komponist tätige Eberts änderte 1806 seinen Familiennamen nach seinem Geburtsort in „Offenbach“. Sein in Köln geborener Sohn Jakob, der spätere Komponist Jacques Offenbach (1819-1880), gilt als Begründer der modernen Operette. Isaac Offenbachs Grab auf dem Judenfriedhof Deutz ist bis heute erhalten.
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Der Synagogen-Neubau 1857-1861
Ein großzügige Spende von 600.000 Talern des jüdischen Bankiers Abraham Oppenheim (1804-1878) aus der bedeutenden Kölner Familie Oppenheim, ermöglichte den Bau eines neuen Gotteshauses der Kölner Synagogengemeinde in der Glockengasse.
Der Mäzen Oppenheim bekundete am 10. Juni 1856 seine Absicht, „auf dem ganzen Terrain in der Glockengasse eine der Stadt Köln würdige Synagoge auf seine alleinigen Kosten erbauen zu lassen, um sie der jüdischen Gemeinde als Geschenk zu übergeben“. (de.wikipedia.org, Glockengasse)

Für die Planung konnte der Architekt und Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner gewonnen werden. Der Grundstein für das im Maurischem Stil entworfene Gebäude auf dem vormaligen Klostergrundstück Glockengasse Nr. 5-7 wurde am 30. Juni 1857 gelegt. Die Einweihung erfolgte nach vier Jahren Bauzeit am 29. August 1861 ohne den nur wenige Wochen später verstorbenen Architekten. Der Kölner Verwaltungsbericht 1861 berichtet dazu: „Die Synagoge, ein Prachtbau, welchen die jüdische Gemeinde der Freigiebigkeit des Herrn Geh. Commercienrathes A. Oppenheim verdankt, ist fertig und im August mit angemessener Feierlichkeit geweiht worden. Auch bei ihr wurde des Meister des Baues, E. Zwirner, schmerzlich vermißt.“

Die Synagoge in der Glockenstraße gilt als frühestes Beispiel für einen überkuppelten Zentralbau über einem griechischen Kreuz. „Die neue Synagoge hatte eine mit glänzenden Kupferplatten gedeckte Kuppel und eine helle Sandsteinfassade mit roten Querstreifen. Die Ornamentik des Inneren war der Alhambra Granadas nachempfunden. Das neue Haus, das auch von den Kölnern positiv bewertet wurde, bot im Gebetsraum Sitzplätze für 226 Männer und 140 Frauen.“ (de.wikipedia.org, Jüdische Geschichte in Köln)

Nur sechs Jahre nach ihrer Eröffnung brannte die Synagoge 1867 aus und wurde nach alten Plänen rekonstruiert.
Bei 1925 notwendig gewordenen Sanierungsarbeiten an der Synagoge war Robert Stern (1885-1964), einer der bedeutendsten jüdischen Architekten Kölns, führend beteiligt. Auf den später in die USA emigrierten Stern gehen für die Jahre 1909 bis 1935 nicht nur zahlreiche Kölner Wohn- und Geschäftshäuser zurück - neben vielen viele Grabdenkmälern und Grabstätten auf den jüdischen Friedhöfen der Domstadt schuf er auch die 1926/27 erbaute Synagoge Ehrenfeld.
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Die Zerstörung des Gotteshauses 1938/1943
Wie die anderen Kölner Synagogen wurde auch das Gotteshaus in der Glockengasse im Zuge der nationalsozialistischen Novemberpogrome 1938 geschändet und teilweise niedergebrannt.
Dem katholischen Priester Bernhard Friedrich Gustav Meinertz (1873-1959) gelang es, die aus dem Jahr 1902 stammende Tora aus der brennenden Synagoge zu retten. Er versteckte die Schriftrolle in seinem Haus und übergab sie nach dem Krieg der wiedergegründeten Kölner Synagogengemeinde. Als Motivation für seine Tat gab Meinertz an: „Hier wird nicht nur die Bibel der Juden zerstört, sondern auch die Bibel der Christen. Es ist die gleiche, nämlich das Alte Testament.“ (de.wikipedia.org, Gustav Meinertz)
Die Tora wird heute an einen Ehrenplatz in einer Vitrine in der Synagoge an der Roonstraße verwahrt.

Die Synagoge befand sich unter der Anschrift Glockengasse Nr. 5-7 etwa auf halber Strecke zwischen den damaligen Straßen Kreuzgasse und Herzogstraße (vgl. landkartenarchiv.de). Das Trümmergrundstück der bei dem „Peter-und-Paul-Bombenangriff“ auf Köln am 29. Juni 1943 vollständig zerstörten Synagoge und des ehemaligen Stadttheaters ging 1943 in den Besitz der Stadt über. Zwischen 1955 und 1957 entstand hier die Oper an dem nach dem Komponisten Jacques benannten Offenbachplatz.
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Gedenken
An den ehemaligen Standort der Synagoge erinnert heute eine Bronzetafel an der Fassade des Opernhauses. Die von dem Bildhauer und Maler Jürgen Hans Grümmer (1935-2008, auch Hansjürgen) gestaltete Tafel zeigt die Lage des früheren Gotteshauses auf einem Plan des Viertels und darunter die Inschrift:

An dieser Stelle stand die 1857-61 / nach Entwürfen von Dombaumeister /
E. Zwirner erbaute Synagoge / ein Geschenk von A. Oppenheim /
zerstört am 9. Nov 1938

(Franz-Josef Knöchel, LVR-Redaktion KuLaDig, 2018/2022)

Quelle
Verwaltungsberichte der Stadt Köln 1857-1996 (hier: 1861, S. 3), online unter Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, Digitale Sammlungen (www.ub.uni-koeln.de, abgerufen 08.07.2022).

Internet
www.sgk.de: Synagogengemeinde Köln (abgerufen 24.04.2018)
www.koelner-offenbach-gesellschaft.org: Kölner Offenbach-Gesellschaft e.V. (abgerufen 24.04.2018)
www.future-history.eu: Ansicht der Synagoge Köln Glockengasse 8, 1895/2018 (abgerufen 20.01.2020)
www.koeln-lotse.de: Peter-und-Paul-Bombenangriff am 29. Juni 1943 (Uli, der Köln-Lotse vom 22.06.2019, abgerufen 27.06.2022)
miqua.lvr.de: Spaziergang „Zwischen den Häusern“, Synagoge in der Glockengasse (abgerufen 13.10.2022)
www.landkartenarchiv.de: Plan der Stadt Köln (um 1900), hrsg. von der Kölner Verlags-Anstalt u. Druckerei A.G. (und weitere dortige Kölner Stadtpläne, abgerufen 13.10.2022)
de.wikipedia.org: Synagoge Glockengasse (abgerufen 24.04.2018)
de.wikipedia.org: Jüdische Geschichte in Köln (abgerufen 24.04.2018)
de.wikipedia.org: Glockengasse (abgerufen 24.04.2018)
de.wikipedia.org: Gustav Meinertz (abgerufen 24.04.2018)
de.wikipedia.org: Robert Stern (abgerufen 21.11.2019)
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Literatur

Kaufmann, Jacobo (1998)
Isaac Offenbach und sein Sohn Jacques oder "Es ist nicht alle Tage Purim". (Conditio Judaica 21.) Tübingen.
Pracht, Elfi (1997)
Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen, Teil I: Regierungsbezirk Köln. (Beiträge zu den Bau- und Kunstdenkmälern im Rheinland 34.1.) Köln.
Reuter, Ursula (2007)
Jüdische Gemeinden vom frühen 19. bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, VIII.8.) S. 56, Bonn.
Wilhelm, Jürgen (Hrsg.) (2008)
Das große Köln-Lexikon. S. 438-439, Köln (2. Auflage).

Synagoge Glockengasse in Altstadt-Nord

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Glockengasse
Ort
50667 Köln - Altstadt-Nord
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn 1857 bis 1861, Ende 1938

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„Synagoge Glockengasse in Altstadt-Nord”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-277991 (Abgerufen: 20. April 2024)
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