Schuhfabrik Rollmann & Mayer in Niehl

zuvor Schuhhandel und -produktion in Nippes

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Köln
Kreis(e): Köln
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 58′ 36,93″ N: 6° 58′ 2,12″ O 50,97693°N: 6,96726°O
Koordinate UTM 32.357.298,65 m: 5.649.225,95 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.567.975,63 m: 5.649.525,29 m
  • Ein "Gutschein über Eine Million Mark" der Firma Rollmann & Mayer in Köln-Nippes aus der deutschen Inflationszeit, zum 8. August 1923 gezeichnet vom Inhaber des Schuhgroßhandels mit Schuhfabrik Hans Rollmann (1877-1940).

    Ein "Gutschein über Eine Million Mark" der Firma Rollmann & Mayer in Köln-Nippes aus der deutschen Inflationszeit, zum 8. August 1923 gezeichnet vom Inhaber des Schuhgroßhandels mit Schuhfabrik Hans Rollmann (1877-1940).

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  • Villa in der Köln-Marienburger Pferdmengesstraße 25 (2015), ehemals Wohnhaus der Familie des Kaufmanns Hans Rollmann (1877-1940), Inhaber der Kölner Schuhfabrik Rollmann & Mayer.

    Villa in der Köln-Marienburger Pferdmengesstraße 25 (2015), ehemals Wohnhaus der Familie des Kaufmanns Hans Rollmann (1877-1940), Inhaber der Kölner Schuhfabrik Rollmann & Mayer.

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Seit 1873 war die Firma Rollmann & Mayer zunächst als Schuhgroßhandel und ab 1882 auch als Produzent von Schuhen in Nippes tätig. Eine 1911/12 in Niehl neu erbaute Schuhfabrik produzierte zeitweise 10.000 Paar Schuhe pro Tag, bevor die jüdische Firma während der NS-Zeit enteignet wurde.

Schuhgroßhandel und -produktion Rollmann & Mayer
Gründung von ROMIKA (1921), Verfolgung und Enteignung während der NS-Zeit
Die Fabrikanlagen bis zur Sprengung 1976
Lage / Objektgeometrie
Quelle, Internet, Literatur

Schuhgroßhandel und -produktion Rollmann & Mayer
Nachdem der jüdische Kaufmann Emil Rollmann (1844-1909, eigentlich Ephraim Rollmann) bereits seit dem 1. Januar 1873 zusammen mit seinem Geschäftspartner David Mayer den Kölner Schuhgroßhandel Rollmann & Mayer geführt hatte, nahm man im Jahr 1882 mit 20 Mitarbeitern die eigene Produktion von Schuhen auf. Hauptsächlich wurden Filzschuhe gefertigt, die für den Export nach Holland und England bestimmt waren (Ganz-Ohlig 2021, S. 24 ff.). Die stetig wachsende Firma war seit 1894 in der Niehlerstraße 94 in Nippes ansässig (vgl. Kölner Adressbuch 1906, S. 574).

Emil Rollmann verstarb 1909 und wurde auf dem jüdischen Friedhof in Deutz bestattet, wo wenig später auch seine Gattin Johanna (1853-1911, geborene Löwengard) ihr Grab fand (beide in Flur K, Reihe 10; nach www.familienbuch-euregio.de, dort vereinzelt Lesefehler Riehler- statt korrekt Niehlerstraße).
Um 1911/12 schied David Mayer aus Altersgründen aus dem Unternehmen aus, das bereits seit dem Tode Emil Rollmanns von dessen einzigem Sohn Hans (1877-1940) geführt wurde. Hans Rollmann hatte nach seiner Lehre im väterlichen Betrieb zuvor zeitweise in Frankreich und in England gearbeitet.

Im Jahr 1912 konnte eine außerhalb der Kölner Stadtgürtels gelegene Fabrikanlage in der Nesselrodestraße Nr. 26-30 in Niehl bezogen werden. Diese war ab 1911 mit zugehörigen Wohnbauten nach Plänen des Kölner Architekten Peter Gaertner und dessen Mitarbeiter Jacob Berns neu erbaut worden. Hier waren auf rund 12.000 Quadratmetern Fläche zeitweise weit über 1.000 Mitarbeiter tätig; genannt werden 850 für 1923, dann 1.200 für 1933 (mit einer Produktion von 10.000 Paar Schuhen pro Tag!) und für das Jahr 1936 immerhin noch 600 Arbeiter und Angestellte (Ganz-Ohlig 2021).
Im Jahr 1929 erfolgte die Umwandlung des Unternehmens in eine Aktiengesellschaft, in der Hans Rollmann Vorstand wurde und auch nachfolgend für die Geschäftsführung bestimmend blieb. Der Aufsichtsrat der AG wurde u.a. mit seiner Ehefrau Maria Mia (1889-1940, geborene Hertz) besetzt, ferner mit dem Rechtsanwalt Dr. Oskar Eliel (1878-1939) und dem Fabrikanten Dr. Eduard Issac (1882-?) von der Firma Siebenborn & Co., einem Zulieferergeschäft für Schumacher-Waren in Zollstock (biographische Angaben hier nach Kruse u.a. 2015).
Aktien des Unternehmens wurden auch auf die Namen der beiden ältesten Söhne Ernst Emil (1910-1988, später Ernest E.) und Heinz (1911-1983) ausgestellt. Ihre Flucht während der NS-Zeit führte beide Brüder über den Umweg Brasilien 1939 in die USA nach Waynesville in North Carolina, wo sie eine Schuhfabrik Wellco gründeten (Ganz-Ohlig 2021, S. 29 u. 249 ff.). Die Spur des dritten Sohnes Klaus Hans Rollmann (*1919) verliert sich nach dessen Ankunft 1942 in New York bzw. 1944 ebenfalls in Waynesville - er soll später nach Europa zurückgekehrt sein (ebd. und www.familienbuch-euregio.de).
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Gründung von ROMIKA (1921), Verfolgung und Enteignung während der NS-Zeit
Bereits Ende 1921 hatte Hans Rollmann zusammen mit zwei Partnern in Gusterath im Ruwertal bei Trier die Schuhfabrik RO MI KA gegründet (heutige Romika GmbH in Trier-Nord). Der Firmenname setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der drei Gründer Hans Rollmann, Carl Michael und Karl Kaufmann zusammen (Ganz-Ohlig 2021). Ab 1925 war dort auch Hans' jüngerer Bruder Paul Simon Rollmann (1879-1941) tätig, der im Jahr zuvor mit seiner in Dellbrück ansässigen Fox Automobilwerke AG geschäftlich gescheitert war.
Die Kölner Schuhfabrikanten-Familie lebte in einer zwischen 1921 und 1923 erbauten Villa in Marienburg (Ganz-Ohlig 2021, S. 25).

Ab 1933 war die jüdische Familie Rollmann von den üblichen Repressalien und der Verfolgung durch die Nationalsozialisten betroffen. Das NS-Hetzblatt „Der Stürmer“ veröffentlichte 1936 einen groß als „Riesenskandal“ aufgemachten Artikel über den als „Konkursverbecher“ geschmähten Hans Rollmann. Die in diesen Jahren aus Deutschland vertriebene Familie verlor ihren kompletten Besitz.
Hans Rollmann und seine Gattin Maria Mia flohen im Sommer 1935 zunächst in die Schweiz und emigrierten später über Belgien in das zunächst noch sichere Frankreich. Während des am 10. Mai 1940 begonnenen Westfeldzugs der deutschen Wehrmacht, der über die Niederlande, Belgien und Luxemburg Frankreich als Hauptziel hatte, versuchte das Paar über den Ärmelkanal nach England zu gelangen. Als dies nicht gelang, wählten beide offenbar aus Verzweiflung am 27. Mai 1940 in der französischen Hafenstadt Calais den gemeinsamen Freitod (ebd. und www.familienbuch-euregio.de).
In Köln erinnern seit 2009 Stolpersteine in der heutigen Pferdmengesstraße 25 in Marienburg an beide sowie seit 2016 ein weiterer am Gymnasium Kreuzgasse in Neustadt-Nord an Hans Rollmann, der dort zur Schule ging (Ganz-Ohlig 2021, S. 212 u. 274 und museenkoeln.de).

Die Fabrikanlagen bis zur Sprengung 1976
Die Kölner Fabrik wurde nach der Vertreibung der Familie geschlossen und von den Nationalsozialisten „verwertet“, d.h. in „arischen“ Besitz überführt (ebenso die ROMIKA-Werke).
Die Kölnische Rundschau berichtet Anfang 1976 anlässlich der Sprengung der Industrieruine, dass in dieser später eine Familie Neubeck einen Woll- und Strickgarnbetrieb Rheinlandwolle eröffnet hatte. Nach dessen Schließung „bezogen zahlreiche bekannte Kölner Industrie- und Handwerksbetriebe sowie die Post mit zwei Dienststellen die Fabrik.“
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Lage / Objektgemetrie
Die südliche der beiden hier verzeichneten Geometrien folgt für den vormaligen Standort des Schuhgroßhandels Rollmann & Mayer in der Nippeser Niehlerstraße 94 den historischen Karten der Preußischen Neuaufnahme (1891-1912) und den topographischen Karten TK 1936-1945. Diese weisen Fabriken („Fbr.“) im Bereich der Kreuzung von Mauenheimer Straße bzw. Florastraße und der heutigen Niehler Straße aus. Möglicherweise sind damit aber auch Teile der benachbarten Clouth-Werke und nicht die Schuhfabrik bezeichnet (vgl. Kartenansicht).
Die nördliche Geometrie für die frühere Fabrikanlage ab 1912 in der Niehler Nesselrodestraße 26-30 folgt der TK 1936-1945, wo die Betriebsstätte recht gut im Bereich der heutigen DRK-Begegnungsstätte Pohlmanstrasse auszumachen ist. Ein auf um 1938 datierter Plan von Köln zeigt das Areal hingegen völlig unbebaut (www.landkartenarchiv.de).

(Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2021)

Quellen
  • „Sprengung legt einen Zeugen der Niehler Geschichte nieder“, Kölnische Rundschau vom 10. Januar 1976.
  • Freundliche Hinweise von Herrn Heinz Ganz-Ohlig, Trier, 2020.

Internet
www.familienbuch-euregio.de: Familienbuch Euregio (nichtkommerzielle Genealogie-Website mit biographischen Angaben zur Mitgliedern der Familie Rollmann, abgerufen 07.09.2021)
archiv.16vor.de: Die dunklen Kapitel der Romika-Geschichte (16vor, Nachrichten aus Trier vom 16.12.2012, abgerufen 07.09.2021)
www.landkartenarchiv.de: Plan von Köln 1938, Werbebeigabe des Kaufhauses Carl Peters in Köln, Verlag Ernst Moißl sen., Köln (abgerufen 07.09.2021)
de.wikipedia.org: Schuhfabrik Rollmann & Mayer (abgerufen 07.09.2021)
de.wikipedia.org: Romika (abgerufen 07.09.2021)
museenkoeln.de: Stolperstein Marie Rollmann, Pferdmengesstraße (abgerufen 08.09.2021)
museenkoeln.de: Stolperstein Hans Rollmann, Pferdmengesstraße (abgerufen 08.09.2021)
museenkoeln.de: Stolperstein Hans Rollmann, Gymnasium Kreuzgasse (abgerufen 08.09.2021)
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Literatur

Ganz-Ohlig, Heinz (2021)
ROMIKA – „Eine jüdische Fabrik“. Die Schuhfabrik in Gusterath-Tal sowie Rollmann & Mayer in Köln. (Schriften des Emil-Frank-Instituts 16.) Trier (2. erweiterte und überarbeitete Auflage).
Kruse, Reinhold; Postert, André / DAV-Sektion Rheinland-Köln e.V. (Hrsg.) (2015)
"Wer Mitglied werden will, muß arischer Abstammung sein." Der Antisemitismus in der Sektion Rheinland-Köln des Alpenvereins. Köln.
von Greven's Kölner Adressbuch-Verlag (Hrsg.) (1906)
Adreßbuch von Köln und Umgebung 1906 insbesondere auch Mülheim am Rhein und Kalk. Köln. Online verfügbar: Greven's Adressbuch Köln 1906, abgerufen am 14.08.2019

Schuhfabrik Rollmann & Mayer in Niehl

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Nesselrodestraße
Ort
50735 Köln - Niehl
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Auswertung historischer Karten
Historischer Zeitraum
Beginn 1873 bis 1912, Ende 1976

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Empfohlene Zitierweise
„Schuhfabrik Rollmann & Mayer in Niehl”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-339936 (Abgerufen: 19. April 2024)
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