Stadtteil Duisburg-Ruhrort

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Duisburg
Kreis(e): Duisburg
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 27′ 5,17″ N: 6° 45′ 2,78″ O 51,45144°N: 6,75077°O
Koordinate UTM 32.343.717,93 m: 5.702.427,95 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.552.232,15 m: 5.702.137,23 m
  • Museumsschiff Oscar Huber, dahinter die Dammstraße in Duisburg-Ruhrort (2004)

    Museumsschiff Oscar Huber, dahinter die Dammstraße in Duisburg-Ruhrort (2004)

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  • Pegel Ruhrort und Büro des Hafenmeisters (2004)

    Pegel Ruhrort und Büro des Hafenmeisters (2004)

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  • Die bis heute erhaltene Friedhofsmauer des früheren jüdischen Friedhofes in der Rheinbrückenstraße in Duisburg-Ruhrort (1974).

    Die bis heute erhaltene Friedhofsmauer des früheren jüdischen Friedhofes in der Rheinbrückenstraße in Duisburg-Ruhrort (1974).

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  • Die Vickesäule steht auf einem getreppten Sockel in einer Rasenfläche auf einem zentralen Platz in Ruhrort (2020).

    Die Vickesäule steht auf einem getreppten Sockel in einer Rasenfläche auf einem zentralen Platz in Ruhrort (2020).

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  • Der gepflasterte Stadtplatz "Neumarkt" wird beidseitig von einer Straße und überwiegend viergeschossigen Häusern umgeben. Wenige Bäume stehen am rand des Platzes (2020).

    Der gepflasterte Stadtplatz "Neumarkt" wird beidseitig von einer Straße und überwiegend viergeschossigen Häusern umgeben. Wenige Bäume stehen am rand des Platzes (2020).

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  • Die niedrigen, historischen Steinhäuser an der Fabrikstraße stehen traufseitig zur Straße. Am Ende der Straße steht als Blickpunkt ein Kirchturm (2020).

    Die niedrigen, historischen Steinhäuser an der Fabrikstraße stehen traufseitig zur Straße. Am Ende der Straße steht als Blickpunkt ein Kirchturm (2020).

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  • Blick auf Duisburg-Homberg (2006)

    Blick auf Duisburg-Homberg (2006)

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Geographische Lage
Der Stadtteil Ruhrort liegt nördlich der Duisburger Altstadt – an der Mündung der Ruhr in den Rhein.

Geschichte im Überblick
Ruhrort geht zurück auf eine Burgfreiheit der Grafen von Moers zum Zwecke der Zollerhebung (1371). Die Zollrechte wurden kurz darauf an die Herzöge von Kleve und die Grafen von der Mark abgetreten. Seit dem 16. Jahrhundert war Ruhrort Stadt, seine Bewohner waren vorwiegend Schiffer, die durch den Kohlenhandel auf der Ruhr und den Weitertransport auf dem Rhein ihr Geld verdienten. Bis zur Industrialisierung war Ruhrort die einzige Stadt der Emscherzone (Wehling 1998, S. 171).
Der erste Hafen wurde 1716 gebaut; ältere Schiffahrts- beziehungsweise Ankerplätze mussten sich am Verlauf von Rhein und Ruhr und dem weitgehend unveränderten Naturraum orientieren. Es folgte die Entwicklung zu einem wichtigen Handels- und Verkehrsknotenpunkt, vor allem durch den Ausbau der Häfen in Folge der durchgehenden Schiffbarkeit der Ruhr ab 1780. Die große wirtschaftliche Bedeutung der Ruhr wurde zum Motor der Stadtentwicklung im ausgehenden 18. und 19. Jahrhundert (Gelhar / Boldt 2008). Danach folgten die Stahlindustrie und die Logistik als Impulsgeber der Stadtentwicklung; die Kernnutzung der Häfen umfasste nun den Erz- zusätzlich zum Kohlenumschlag (Gelhar / Boldt 2009, S. 73).

Nachdem 1905 die Eingemeindung nach Duisburg stattgefunden hatte, war der Weg für einen nochmaligen Wirtschaftsimpuls frei: 1926 wurde die Duisburg-Ruhrorter Hafen AG gegründet. Das beendete die wenig förderliche Konkurrenzsituation der Häfen in Duisburg und Ruhrort (zur Geschichte vergleiche Achilles 1985). Heute sind die Duisburg-Ruhrorter Häfen geprägt durch eine funktionale Orientierung an globalen Anforderungen. Auch die Stadtentwicklung integriert zunehmend postmoderne Elemente wie Waterfront Development und kulturellen Lifestyle (siehe unten).

Die Ruhrorter Häfen: wirtschaftsfördernd und identitätsstiftend
Die stets hochmodernen Hafenanlagen waren zu jeder Zeit ein mächtiger Standortvorteil: Den Anfang der heute noch sichtbaren Anlagen hatte der Werfthafen (auch: Inselhafen) gemacht (1820-25). Sein Name leitet sich davon ab, das er ein Oval mit einer Insel in der Mitte bildete. Anlieger waren Kohlenhändler und Werften, unter anderem Jacobi, Haniel & Huyssen von 1829, die später als Rheinwerft der Gutehoffnungshütte in den Südhafen Walsum verlegt wurde. Restbauten sind in Ruhrort erhalten. Das Gleiche gilt für das Stammhaus der Firma Haniel von 1756. Später kamen immer mehr Spediteure dazu.
Halbkreisförmig um den Werfthafen herum lag seit 1842 der Schleusenhafen. Kanäle und Schleusen sicherten die Verbindung mit der Ruhr. Später schlossen sich der Nord- und Südhafen an (1860-67), beide durch den steigenden Massengutumschlag der Hütte Phönix induziert. Den vorläufigen Abschluss bildete der Kaiserhafen (1872-1890), auch er war ein Resultat der geforderten Kapazitätserweiterung der Häfen durch die Eisen- und Stahlindustrie.

Für den Kohlenumschlag ging die Bedeutung der Ruhrorter Häfen schließlich zurück, basierend auf der Einstellung der Ruhrschifffahrt 1890 infolge der Verlagerung des Kohlentransports auf die Schiene (Gelhar 2005, S. 122 ff.). Dennoch erfolgte ein weiterer Ausbau der Hafenanlagen, der unter anderem im Zusammenhang mit der Logistik und der weiter expandierenden Stahlindustrie zu interpretieren ist: Das Schienennetzes wurde erweitert und die Becken A bis C entstanden als Resultat bis 1908. Dazwischen liegen die Öl-, Kohlen- und Schrottinsel (von Westen nach Osten), deren Namen bezeichnend für die Hauptumschlaggüter sind (Boldt / Gelhar 2010, Abbildung 1). Noch war die Verfüllung von Hafenbecken ein eher marginales Phänomen: Teile des inzwischen veralteten Werft- und Schleusenhafens wurden aber schon jetzt aufgegeben, um Bauland zu erhalten. Das allerdings war auch das Gebot der Stunde. Die flächenmäßige Ausdehnung der Stadt war bereits 1892 am Limit – eingeschnürt zwischen den Hafenanlagen im Süden und Osten sowie den Stahl- und Bergbaustandorten im Norden (Hütte Phönix 1854, Rheinische Stahlwerke 1871, Zeche Ruhr & Rhein 1857) und der Anschlussbahn der Köln-Mindener-Eisenbahn an den Bahnhof Oberhausen 1849 (Preußische Neuaufnahme 1894).
Viele dieser infrastrukturellen Veränderungen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts haben im Duisburger Stadtbild Spuren hinterlassen (vergleiche unten, kulturhistorische Bedeutung): Der Eisenbahnhafen (1845; Bau durch die Köln-Mindener-Bahngesellschaft) ist Zeugnis des Trajektübergangs (1852-1912) der Ruhrort-Krefeld-Kreis Gladbacher Bahn (Streckeneröffnung 1840er Jahre) über den Rhein zwischen Ruhrort und Homberg. Auf Homberger Seite sind der Trajektturm und das Hafenbecken sowie der Verlauf der Bahnlinie persistent. Auf Ruhrorter Seite erhalten ist das Hafenbecken. Interessant ist, dass diese kulturlandschaftlichen Elemente schon relativ früh einen Bedeutungsverlust hatten und trotzdem erhalten geblieben sind. Denn ab 1873 erfolgte der Rheinübergang im Süden von Duisburg über die neue Eisenbahnbrücke bei Hochfeld, was ein Downgrading des Trajekts Ruhrort bedeutete. Ähnliches gilt für den Fährverkehr, der mit der Eröffnung der Eisenbahnbrücke in Duisburg-Baerl 1912 (Haus-Knipp-Brücke endgültig eingestellt wurde (route-industriekultur.de).

Als sich die Verkehrstechnik des ausgehenden 20. Jahrhunderts änderte, wurden Hafenbecken verstärkt verfüllt – zunächst der Kaiserhafen und dann das Becken des Nordhafens. Das Credo ist seit dem: Containerumschlag statt Massengutumschlag; die Folge ist ein größerer Lagerflächenbedarf an Land. Die Ruhrorter Häfen sind die Keimzelle des heutigen Duisburger Binnenhafens, der mit 1350 Hektar, 21 Hafenbecken, 21 Hektar Wasserfläche und 40 km Uferlänge sowohl flächenmäßig als auch bezogen auf die Umschlagmengen der größte Binnenhafen der Welt ist (Boldt / Gelhar 2010: 30).

Kulturhistorische Bedeutung
Die kulturhistorische Bedeutung ergibt sich aus der bis ins Mittelalter zurückreichenden Tradition der Ansiedlung Ruhrort und ihrer Kontinuität als erfolgreicher Handels- und Hafenstandort bis heute. Die für das 19. Jahrhundert charakteristische kulturlandschaftliche Situation und die Hafenfunktion sind persistent und ablesbar, allerdings beeinträchtigt durch eine lückenhafte substanzielle Überlieferung der historischen Altstadt infolge der Flächensanierungen der 1960er und 70er Jahre. Die großflächigen, direkt an den Siedlungskern angrenzenden Hafenareale unterschiedlichen Alters sind das prägende visuelle Element.

Prägnante Beispiele innerhalb des kulturlandschaftlichen Ensembles sind Teile der Hafenanlagen (Werfthafen, Bunkerhafen) und das Tausendfensterhaus. Bedeutungsvoll sind des weiteren die von der Flächensanierung in den 1960er und 70er Jahren verschonten historischen Gebäude (z.B. Schifferbörse 1901, Haus Ruhrort 1922, Haniel-Stammhaus 1756). Hinzu kommen Bauten aus dem Funktionsbereich Verkehr wie der Eisenbahnhafen mit Bahnhof (1845), die Friedrich Ebert-Brücke (1907/1953), die Hafenbrücke Ruhrort sowie industrielle Funktionsbauten wie das Kraftwerk Ruhrort (ThyssenKrupp Steel) und schifffahrtstechnische Einrichtungen: unter anderem Ruhrschleuse und Ruhrwehr Duisburg (1942-56).

Der Hafen hat heute trotz des Strukturwandels und des Niedergangs der Montanindustrie eine internationale Bedeutung, vor allem durch erfolgreiche strukturelle Anpassungen an Globalisierungsbedingungen (Container, Trimodalität). Die in der Industrialiserungsepoche günstigen Standortvorteile an der Schnittstelle von Ruhr und Rhein haben sich zu günstigen Lageparametern im europaweiten Logistikgeschäft weiter entwickelt: Funktion als Hinterland-Hub der ZARA-Seehäfen Zeebrügge, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam. Der Funktionszusammenhang zwischen Siedlung und Häfen ist gegeben und gut erkennbar, da viele Firmen aus logistikaffinen Bereichen ansässig sind. Das kleinstädtische Gesamtbild mit niedrigen Gebäuden, Plätzen und engen Straßen ist im Kernbereich zwar beeinträchtigt, aber noch erlebbar und wurde durch die Internationale Bauausstellung Emscher Park wieder in Szene gesetzt.
Der kulturhistorische Stellenwert ist aktuell gefährdet durch mögliche privatwirtschaftliche Gebäudeabrisse und die Umgestaltung des Eisenbahnhafens in ein Luxusquartier.

(Kai-William Boldt, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V., 2015)

Internet
www.route-industriekultur.de: Route der Industriekultur (abgerufen 22.01.2015)

Literatur

Achilles, F. W. (1985)
Rhein-Ruhr Hafen Duisburg. Duisburg.
Boldt, Kai-William; Gelhar, Martina (2010)
Duisburg: Von der Stadt Montan zum Drehkreuz des Westens. In: Geographische Rundschau 2, S. 26-33. o. O.
Boldt, Kai-William; Gelhar, Martina (2009)
Schlagadern des Reviers: Eisenbahnen und Wasserstraßen. In: Prossek, Achim u.a.: Atlas der Metropole Ruhr, S. 72-75. Essen.
Boldt, Kai-William; Gelhar, Martina (2008)
Das Ruhrgebiet - Landschaft, Industrie, Kultur. Darmstadt.
Dünnwald, Wilhelm (Red.) / Evangelische Kirchengemeinde Ruhrort; Katholische Kirchengemeinede St. Maximilian Ruhrort (Hrsg.) (1989)
500 Jahre Kirche in Ruhrort: 1489-1989. Geschichte, Kunst und Architektur, Vereine, Verbände und Gemeinschaften. Ruhrort.
Gelhar, Martina (2005)
Industrietourismus am südlichen Niederrhein. Analyse von Grundlagen, Angebotsstrukturen und Entwicklungspotentialen unter Berücksichtigung räumlich-historischer Aspekte. Bergisch Gladbach.
Schallow-Gröne, Bärbel (2016)
Duisburg-Ruhrort - eine Zukunft ohne Vergangenheit? In: Denkmalpflege im Rheinland 33, Heft 3, S. 131-137. Köln.
Wehling, Hans-Werner (1998)
Montanindustrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet. Raumzeitliche Entwicklung im regionalen und europäischen Kontext.. In: Siedlungsforschung. Archäologie-Geschichte-Geographie 16, S. 167-190. Bonn.

Stadtteil Duisburg-Ruhrort

Schlagwörter
Ort
47119 Duisburg - Ruhrort
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Schriften, Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, Fernerkundung
Historischer Zeitraum
Beginn 1371

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Kai-William Boldt: „Stadtteil Duisburg-Ruhrort”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-113554-20150124-2 (Abgerufen: 13. Oktober 2024)
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