Die Motorenfabrik ist die Vorläuferin der ab 1872 in Köln-Mülheim ansässigen Gasmotoren-Fabrik Deutz AG und damit der heutigen Deutz AG (Klöckner-Humboldt-Deutz) in Köln-Kalk.
Nicolaus August Otto (1832-1891)
Carl Eugen Langen (1833-1895)
N. A. Otto & Cie. in der Kölner Servasgasse
Bedeutende Automobil-Ingenieure in Köln: Daimler, Maybach und Bugatti
Exkurs: Die Erfindung des Mercedes-Sterns in Köln
Erinnerung und Gedenken
Lage und Objektgeometrie
Quellen, Internet und Literatur
Nicolaus August Otto (1832-1891)
N. A. Otto wurde am 14. Juni 1832 in Holzhausen an der Haide (heutiger Rhein-Lahn-Kreis in Rheinland-Pfalz) geboren. Nach einer Kaufmannslehre zunächst als Handlungsreisender tätig, verschlug es ihn zur Mitte der 1850er Jahre nach Köln, wo bereits sein älterer Bruder Wilhelm in der Pfeilstraße Nr. 14 lebte. Otto war hier u.a. für die Firmen I. C. Altpeter und später Carl Mertens im Kolonialwarenhandel tätig.
Wo auch sonst als im Kölner Karneval lernte N. A. Otto 1858 seine spätere Ehefrau Anna (1839-1914), geborene Gossi kennen, die er allerdings erst zehn Jahre später heiratete. Von sieben Kindern verstarben drei früh. Der einzige Sohn Gustav Otto (1883-1926) wurde Flugzeugbauer.
„Erste Ansätze für die Erfinder- und Entwicklertätigkeit ergaben sich im Spätherbst 1860, als die Gebrüder Otto von einem neuartigen Gasverbrennungsmotor des französischen Ingenieurs Jean Joseph Étienne Lenoir (1822-1900) erfuhren. Diese äußerst viel versprechende, aber mit technischen Mängeln behaftete Neuheit begannen Nicolaus August und Wilhelm Otto weiterzuentwickeln.“ (www.rheinische-geschichte.lvr.de)
Ziel der Experimente, die die Brüder zusammen mit dem Kölner Mechaniker Michael J. Zons unternahmen, war es, eine bessere Alternative zu den seinerzeit gebräuchlichen Dampfmaschinen zu entwickeln: einen kompakten und leichtlaufenden Verbrennungsmotor, der zugleich belastbarer, langlebiger und verbrauchsärmer sein sollte. Bereits jetzt dachten die Erfinder an die „Fortbewegung von Gefährten auf Landstraßen“, hatten also bereits so etwas wie ein Automobil im Sinn.
Der erste Patentantrag für einen Motor, dem bereits „ein Quart Spiritus [genüge, um] bei der Stärke einer Pferdekraft drei Stunden in Tätigkeit zu halten“ (Zitate nach Sittauer 1990, S. 19 ff.), wurde jedoch abgelehnt, woraufhin sich Wilhelm Otto aus den Forschungen zurückzog. Nicolaus Otto und Zons arbeiteten 1862/1863 intensiv an weiteren Verbesserungen, wobei sich das später erfolgreiche Konzept eines in vier Takten arbeitenden Hubkolbenmotors herauskristallisierte: der Viertakt-Motor mit seinen Arbeitsschritten „1. Ansaugen, 2. Verdichten und Zünden, 3. Arbeiten und 4. Ausstoßen“.
Wohl um die Jahreswende 1863/1864 kam schließlich der Kontakt Nicolaus Ottos mit Eugen Langen zustande.
Carl Eugen Langen (1833-1895)
Der Sohn des Zuckerfabrikanten Johann Jakob Langen (1794-1869) trat nach einer umfangreichen technischen Ausbildung 1857 in die Firma seines Vaters ein. Eugen Langen war gleichermaßen Unternehmer, Ingenieur und Erfinder. Er war nachfolgend nicht nur an der Entwicklung des Ottomotors beteiligt, sondern später auch mit seinen Tragwerkskonstruktionen maßgeblich an der Erfindung einer „Schwebebahn“, die dann ab 1898 erstmals in Gestalt der Wuppertaler Schwebebahn realisiert wurde (www.koeln-lotse.de).
Seine erste Frau Henriette (1834-1872), geborene Thurneysen und Tochter eines Papierfabrikanten, starb bei der Geburt des zehnten Kindes. Langens zweite Frau, mit der er weitere drei Kinder hatte, war seine Nichte Hermine (1849-1935), geborene Schleicher.
N. A. Otto & Cie. in der Kölner Servasgasse
Die Geschäftspartnerschaft Nicolaus Ottos und Eugen Langens mündete in der zum 31. März 1864 gegründeten Firma N. A. Otto & Cie. (oft auch ergänzt auf N. A. Otto & Cie. KG). Der abgekürzte Namenszusatz Cie. war bis ins 19. Jahrhundert üblich und steht für Compagnie (heute wird meist Co. verwendet) und das KG (für Kommanditgesellschaft) weist darauf hin, dass es neben der namentlich genannten Person noch weitere Gesellschafter gibt.
„Während Langen als Kommanditist fungierte, war Otto Komplementär, d.h. er haftete mit Einlage und Privatvermögen für die Gesellschaft.“ (www.rheinische-geschichte.lvr.de)
Die Kölner N. A. Otto & Cie. war das weltweit erste Unternehmen, das sich ausschließlich mit dem Bau von Verbrennungsmotoren befasste. Der Durchbruch der Motorenfabrik gelang im Jahr 1867: Der vorrangig in Köln entwickelte „atmosphärische Gasmotor“, der im Gegensatz zu bis dahin genutzten Motoren lediglich ein Drittel des Kraftstoffs verbrauchte, erhielt auf der Pariser Weltausstellung eine Goldmedaille.
Streng genommen ist der als Flugkolbenmotor mit Zahnstangentrieb konstruierte „Gasmotor“ von seiner Weiterentwicklung, dem von Otto 1876 eingeführten Verbrennungsmotor mit Kurbeltrieb (später auch „Ottomotor“ genannt) zu unterscheiden. Bei dem Flugkolben-Gasmotor mit noch „fehlender Kurbelwelle“ wurde in einem stehenden Zylinder ein Kolben durch die Verbrennung von Leuchtgas bewegt. Als Leuchtgas wurde das ab der Mitte des 19. Jahrhunderts übliche Brenngas-Gemisch bezeichnet, welches zur Beleuchtung von Straßen und Wohnungen als auch zum Betreiben von Gasherden und Durchlauferhitzern verwendet wurde.
Auch der 1876 vorgestellte erste Viertaktmotor arbeitete noch mit Leuchtgas, war jedoch deutlich effizienter, leiser und leichter und brachte es bereits auf eine Leistung von drei PS. Hauptunterschied zur vorherigen Konstruktion war die Pleuelstange, die nun die Auf- und Ab-Bewegungen des Kolbens über eine Kurbelwelle in Drehbewegungen übersetzte. Erst 1884 erfand Otto für seine Gasmotoren die elektrische Zündung, was es nun ermöglichte, auch flüssige Brennstoffe zu verwenden.
Innerhalb des knappen Jahrzehnts zwischen den beiden Entwicklungen wurden bereits annähernd 5.000 Flugkolbenmotoren von N. A. Otto & Cie. gebaut oder für andere Hersteller lizensiert, da man die immense Nachfrage mit den eigenen Mitteln gar nicht bedienen konnte.
Der Erfolg brachte nun allerdings auch die Aufgabe des Firmenstandortes in der Kölner Servasgasse mit sich, der offenbar zwischen 1869 und 1872 aufgegeben wurde.
Um 1869 wurde der Hamburger Geschäftsmann Ludwig August Roosen-Runge (1834-1910) zur Finanzierung der notwendigen Expansion von N. A. Otto & Cie. beteiligt. Nach der Liquidierung von N. A. Otto & Cie. entstand im März 1869 zunächst die Firma Langen, Otto & Roosen. Diese wiederum wurde wenig später nach erfolglos verlaufenen Übernahmeverhandlungen unter Beteiligung von Familienmitgliedern der Zuckerindustriellen Pfeifer & Langen in eine Aktiengesellschaft Gasmotoren-Fabrik Deutz AG umgewandelt (nach rheinische-industriekultur.com geschah dies „noch im Kriegsjahr 1871“, hingegen datiert de.wikipedia.org „zum 5. Januar 1872“).
An der Motorenschmiede beteiligt waren unter anderem Emil Pfeifer (1806-1889) und dessen Söhne Valentin Pfeifer (1837-1909) und Eugen Pfeifer (1848-1915) sowie Eugen Langens Brüder Karl Heinrich Gustav Langen (1821-1912) und Jacob Langen (1827-1895) (biographische Angaben nach Langen 1899, S. 30-32 u. 88-89). Diese fungierten teils als Aufsichtsratsmitglieder, während Nicolaus Otto und Eugen Langen als Direktoren der neugeschaffenen AG wirkten.
Zwischen 1869 und 1872 entstand die Gründungsanlage der Motorenfabrik im neuen Industriegebiet in der Rheinuferzone zwischen Deutz und Mülheim. Die Familien Otto und Daimler lebten dort in einem Doppelwohnwohnhaus, das gleich neben dem Fabrikgelände stand (Mikloweit 2002, S. 9 mit Abb.).
Bedeutende Automobil-Ingenieure in Köln: Daimler, Maybach und Bugatti
Eugen Langen war es, der in diesen Jahren auch „um die Produktion zu sichern“ die beiden Mechaniker Gottlieb Daimler (1834-1900) als obersten Leiter der Werkstätten und des Zeichenbüros sowie zuständig für Personal und Material und Wilhelm Maybach (1846-1929) als Chef des Konstruktionsbüros verpflichtete. Beide entwickelten um 1872/73 den von Nicolaus Otto konstruierten Viertaktmotor zur Serienreife weiter und wurden damit zu mindestens ebenso bedeutenden Pionieren des Automobilbaus wie Otto und Langen.
Im Nachfolgebetrieb der Gasmotoren-Fabrik Deutz war später von 1907-1909 auch der legendäre Konstrukteur Ettore Bugatti (1881-1947) tätig und führte die Tradition des Wirkens bedeutender Automobil-Ingenieure in Köln fort.
Exkurs: Die Erfindung des Mercedes-Sterns in Köln
So ganz nebenbei „erfand“ Gottlieb Daimler in seinen Kölner Jahren als Technischer Direktor der Gasmotorenfabrik Deutz eines der bekanntesten Markenzeichen der Welt: den seit 1910 als Kühlerfigur für Automobile eingeführten Mercedes-Stern.
Auf einer Postkarte an seine Frau Emma Pauline mit einer Ansicht des rechtsrheinischen Köln markierte der Ingenieur 1872 sein damaliges Wohnhaus in Mülheim mit einem Stern und schrieb dazu „Von hier aus wird ein Stern aufgehen und ich will hoffen, dass er uns und unseren Kindern Segen bringt.“ (Auto-Bild Klassik 2019, S. 135, veedelsgedanken.de und Abbildung)
In Greven's Adreßbuch von 1877 findet sich sein privater Wohnsitz im damals noch eigenständigen Mülheim am Rhein wie folgt verzeichnet „Daimler Gottl., Direktor der Gasmotorenfabrik, Deutzerstr. 31.“
Nach einem Streit mit Nicolaus Otto verließ Daimler im Jahr 1882 die Deutz AG und gründete in Cannstatt (heute ein Stadtbezirk von Stuttgart) eine Versuchswerkstatt mit Wilhelm Maybach als technischem Direktor. Ihr im November 1890 gemeinsam begründetes Unternehmen Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG) war eine der beiden Vorläuferfirmen der späteren Daimler-Benz AG, die 1926 durch den Zusammenschluss mit Carl Benz‘ Mannheimer Rheinische Automobil- und Motorenfabrik AG (bis 1911 Rheinische Gasmotorenfabrik Benz & Cie.) entstand.
Bei der DMG, die bereits seit 1902 den geschützten Markennamen Mercedes verwendete, erinnerten sich später Daimlers Söhne Paul (1869-1945) und Adolf (1871-1913) an den in Köln aufgegangenen Stern ihres Vaters und ließen sich diesen 1909 als dreizackiges Symbol für die Motorisierung „zu Lande, zu Wasser und in der Luft“ als Warenzeichen schützen.
Erinnerung und Gedenken
Nicolaus August Otto starb am 26. Januar 1891 in seinem Wohnhaus am Kölner Heumarkt und Eugen Langen am 2. Oktober 1895 auf seinem Landsitz Haus Etzweiler bei Elsdorf (heutiger Rhein-Erft-Kreis). Beide fanden ihre letzte Ruhestätte auf dem Kölner Melatenfriedhof.
In Köln-Deutz ist der Ottoplatz nach N. A. Otto benannt und in Bergisch Gladbach, Elsdorf, Karlsruhe, Köln-Marienburg, Schwerin und Wuppertal gibt es nach diesem benannte Eugen-Langen-Straßen. Ferner ist in Elsdorf und in Wuppertal jeweils eine Schule nach Eugen Langen benannt.
In der Ecke der beiden Straßen Servasgasse und Johannisstraße befand sich einst eine inzwischen verschwundene Gedenktafel an Otto und Lagen. Die Inschrift unter der Darstellung eines Gasmotors lautete:
1864 / An dieser Stelle schufen / im Jahre 1864 / Nikolaus Aug. Otto / 1832- und -1891 /
Eugen Langen / 1833- -1895 / die atmosphär. Gasmaschine /
Diese schöpferische Tat war der / Beginn für den Siegeszug des /
Verbrennungsmotors durch die Welt
Eugen Langen / 1833- -1895 / die atmosphär. Gasmaschine /
Diese schöpferische Tat war der / Beginn für den Siegeszug des /
Verbrennungsmotors durch die Welt
Als „um die Stadt verdiente Persönlichkeiten der Künste und der Wissenschaft“ sind Otto und Langen an der Südseite des Kölner Ratsturmes im dritten Obergeschoss mit zweien der insgesamt 124 Kölner Ratsturmfiguren dargestellt. Die beiden von der Klöckner-Humboldt-Deutz AG gestifteten Figuren Nr. 82 und 83 wurden von dem Bildhauer Theo Heiermann (1925-1996) geschaffen und am 5. November 1990 übergeben.
Lage und Objektgeometrie
Bedingt durch Kriegszerstörungen ist die frühere Lage des Motorenwerks N. A. Otto & Cie. längst überbaut und heute im Straßenbild nicht mehr ersichtlich. Eine undatierte und nicht näher beschriebene Zeichnung (vgl. Abb.) stellt das bescheidene Fabrikationsgebäude inmitten der umgebenden Bebauung der Servasgasse mit der Hausnummer 2 an seinem Eingang dar.
Auch über die historischen Karten der zwischen 1891 und 1912 erarbeiteten Preußischen Neuaufnahme lässt sich die historische Firma nicht präzise lokalisieren (vgl. die historischen Karten in der Kartenansicht). Hier verzeichnet ist daher eine Geometrie an der Ecke Johannisstraße / Servasgasse, wo in verschiedenen Stadtplänen aus der Zeit eine „Garnison Mühle“ eingetragen ist (vgl. landkartenarchiv.de) und wo sich offenbar auch die vorgenannte Gedenktafel befand.
(Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2019/2022)
Quellen
- „Logo! Von Kampffliegern und Wasserkastanien“, in: Auto-Bild Klassik, Nr. 9/2019, S. 132-138.
- „Schon gewusst, … dass der berühmte Mercedes-Stern in Köln erfunden wurde?“, in: Stadtmagazin KölnerLeben, 1/2020, S. 47.
Internet
www.rheinische-geschichte.lvr.de: Nikolaus August Otto, Erfinder (1832-1891) von Christoph Kaltscheuer (abgerufen 10.01.2019)
www.rheinische-geschichte.lvr.de: Eugen Langen, Unternehmer (1833-1895) von Gabriele Oepen-Domschky (abgerufen 10.01.2019)
rheinische-industriekultur.com: Gasmotoren-Fabrik Deutz (abgerufen 14.01.2019)
www.deutz.com: Technikum - DEUTZ Motoren-Museum (abgerufen 10.01.2019)
www.deutz.com: Meilensteine (abgerufen 10.01.2019)
www.gemeinde-holzhausen.de: Nicolaus August Otto Museum (abgerufen 11.01.2019)
veedelsgedanken.de: Als in Deutz ein Stern aufging (abgerufen 19.08.2019)
www.koeln-lotse.de: Nicolaus Otto und der Ottomotor: Eine kölsche Erfindung (Uli, der Köln-Lotse vom 17.08.2019, abgerufen 19.08.2019)
www.koeln-lotse.de: Kölsche Erfindungen, Teil II: Der Türschließer „Imperator“, die Schwebebahn und Afri Cola (Uli, der Köln-Lotse vom 01.01.2021, abgerufen 14.01.2021)
www.landkartenarchiv.de: Plan der Stadt Köln (um 1900), hrsg. von der Kölner Verlags-Anstalt u. Druckerei A.G. (und weitere dortige Kölner Stadtpläne, abgerufen 23.05.2022)
de.wikipedia.org: Deutz AG (abgerufen 10.01.2019)
de.wikipedia.org: Kunibertsviertel (abgerufen 10.01.2019)
de.wikipedia.org: Étienne Lenoir (Erfinder, 1822-1900) (abgerufen 11.01.2019)
de.wikipedia.org: Gustav Otto (Flugzeugbauer, 1883-1926) (abgerufen 11.01.2019)
de.wikipedia.org: Flugkolbenmotor (abgerufen 14.01.2019)