Tagebau Niemtsch

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Senftenberg
Kreis(e): Oberspreewald-Lausitz
Bundesland: Brandenburg
Koordinate WGS84 51° 30′ 11,17″ N: 14° 00′ 23,21″ O 51,5031°N: 14,00645°O
Koordinate UTM 33.431.040,31 m: 5.706.242,24 m
Koordinate Gauss/Krüger 5.431.148,66 m: 5.708.080,29 m
Der im Lausitzer Braunkohlerevier zwischen Senftenberg, Großkoschen, Peickwitz, Brieske und Niemtsch gelegene Braunkohletagebau Niemtsch wurde von 1940 bis 1966 betrieben. Auf einer Gesamtfläche von 1.544 ha wurden insgesamt 311 Mio. m³ Abraum bewegt und ca. 132 Mio. t Rohbraunkohle zur Versorgung der umliegenden Brikettfabriken Marga (später Brieske) und Laubusch sowie dem Kraftwerk Lauta gefördert.
Bereits um die Jahrhundertwende hatte die Ilse Bergbau AG, eine der größten Braunkohlegesellschaften der Lausitz, große Flächen um Senftenberg erworben. 1938 begann die Projektierung des Tagebaus Niemtsch, der als Ersatz für den auslaufenden Tagebau Marga dienen sollte. Zwei Jahre später wurde mit der Absenkung des Grundwassers begonnen; 1941 erfolgten die Abtragung des Abraums, d.h. der Schichten zwischen Erdoberfläche und Lagerstätte, und die erste Kohleförderung im Tagebau Niemtsch durch die Ilse Bergbau AG. Die Aufschlussmassen, d.h. der Abraum der Aufschlussfigur, wurden zum Aufbau der Infrastruktur, z.B. für Bahndämme, genutzt und in ausgekohlte Bereiche des Tagebaus Marga, später auch auf die Hochkippe Brieske und noch offene Kippräume im Hörlitzer Feld verbracht.
Um 1940 wurden v.a. polnische Kriegsgefangene, ab Sommer 1940 flämische Kriegsgefangene und später bis 1941 v.a. französische Kriegsgefangene eingesetzt, die laut eines Betriebsberichts über die Aufschlussarbeiten im Baufeld Niemtsch für die Zeit von September 1939 bis März 1941 einen wesentlichen Teil der in Niemtsch beschäftigten Arbeitskräfte stellen (BLHA 75 Ilse Bergbau 2333).
1945 konnte kriegsbedingt die Grundwasserabsenkung nicht mehr aufrecht erhalten werden. Nach der Reparatur der Stromversorgung, dem Abpumpen des Wassers und der Reparatur der Tagebautechnik wurde noch im selben Jahr wieder mit der Kohleförderung begonnen. Bis 1946 erfolgten Demontagen durch die sowjetische Besatzungsmacht und die Enteignung der Ilse-Werke. Ab 1948 konnte der VEB BKW Franz Mehring die Förderbrücke in der Aufschlussfigur montieren und mit der Verkippung der Abraummassen im ausgekohlten Bereich beginnen, d.h. eine Innenkippe herstellen. Diese wurde in drei jeweils 5 bis 8 m starken Schichten als Pflugkippe aufgebaut. Im März 1949 konnte die Abraumförderbrücke F25-7 in Betrieb genommen werden. Durch den Einsturz der Förderbrücke im folgenden Jahr erfolgte bis zum Wiederaufbau 1952 der Abbau im Nordfeld, wobei der Abraum von hier im Zugbetrieb zur Außenhalde Peickwitz verbracht wurde.
Im Tagebau Niemtsch wurde das zweite Lausitzer Flöz, das sogenannte Unterflöz, abgebaut. Der Abbau erfolgte im Regelbetrieb mit Eimerkettenbaggern, Schaufelradbaggern und einer Abraumförderbrücke, durch die der Abraum von der Abbauseite zur Verkippungsseite verbracht werden konnte.
Der Betrieb des Tagebaus Niemtsch erforderte sowohl Verlegungen von ehemals durch das Tagebaugebiet verlaufenden Infrastrukturen und Gewässern als auch Devastierungen. Bereits um 1940 wurden Ersatzwege für gekappte Wegeverbindungen geschaffen, z.B. zwischen Niemtsch und Peickwitz sowie zwischen Niemtsch und Biehlen. Sowohl der Einschnitt als auch der Verlauf der Großraumbahn erforderte den Bau von Brücken, z.B. um 1940 über die Schwarze Elster und die damalige Reichsstraße Ruhland – Senftenberg. 1952-1954 wurde die Reichsbahnlinie Lübbenau – Kamenz auf dem Abschnitt Senftenberg – Hohenbocka auf 7,5 km, 1954-1955 die heutige B 96 auf dem Abschnitt Koschen – Buchwalde auf 4,5 km und 1955-1957 die Schwarze Elster auf dem Abschnitt zwischen Kleinkoschen und Brieske auf 8 km verlegt. Umgesiedelt wurden 1958/1959 90 Einwohner:innen aus dem Dubinaweg am Südrand von Senftenberg. 1966 war der Tagebau Niemtsch ausgekohlt.
Der Planungszeitraum für das Erholungsgebiet Senftenberger See (ESS) reicht von 1958 bis 1973. Die Planung der Bergbaufolgelandschaft begann beim Tagebau Niemtsch noch während der Auskohlung und griff erstmalig direkt in den Abbauprozess ein. Dadurch konnte die bergbaulich bedingte Grundform bereits so angelegt werden, dass sie an die Rekultivierungsziele angepasst war. So wurde 1957 der Drehpunkt des Tagebaus nach Großkoschen verlegt, um hier möglichst große Strandbereiche auf unverritztem Gelände zu erhalten. Sowohl das Flöz konnte durch diese Maßnahme verlustarm ausgekohlt als auch ein tiefer Randschlauch an der Senftenberger Stadtgrenze vermieden werden. Zudem konnte, auf die Anregung des Landschaftsarchitekten Otto Rindt (1906-1994), der seit 1963 als Mitglied des Büros für Territorialplanung in Cottbus die Vorstellung eines Lausitzer Seenlandes entwickelte, im Rahmen des Auslaufprogramms des Tagebaus die technische Infrastruktur des Tagebaus z.B. für Uferböschungsabflachungen genutzt und der Förderbrückenverband kurz vor Stillsetzung zur Vorbereitung des 2.200 m langen Strandbereiches Großkoschen eingesetzt werden. Die Kippenregulierungen und Böschungsabflachungen erfolgten bis 1966.
Das Erholungsgebiet Senftenberger See (ESS) gehört zu den bedeutendsten Projekten der Erholungsvorsorge der DDR und zeugt von den damaligen gesellschaftspolitischen Ansprüchen.

Datierung:
  • Abbau: 1940-1966
  • Planung: 1958-1973
  • Flutung: 1967-1972
  • Sanierung: ab 1992
  • IBA Fürst-Pückler-Land: 2000-2010

Quellen/Literaturangaben:
  • LMBV 1998: Abschlussbetriebsplan Pflug- und Innenkippe Tagebau Niemtsch.
  • LMBV (Hrsg.) 2013: Niemtsch. Wandlungen und Perspektiven 24.
  • http://100-jahre-landschaftsarchitektur.de/ausstellung/projekte/details/81
  • MEYER, Torsten / ZUTZ, Axel 2010: Auf dem Weg zum Senftenberger Seengebiet. Protagonisten und Institutionen der Rekultivierung von Braunkohlentagebauen in der Niederlausitz (1920-1960). In: BETKER, Frank / BENKE, Carsten / BERNHARDT, Christoph (Hrsg.): Paradigmenwechsel und Kontinuitätslinien im DDR-Städtebau neue Forschungen zur ostdeutschen Architektur- und Planungsgeschichte. Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS).
  • JOCHINKE, Ute; JACOB, Ulf 2004: Unsere Heimat DDR. Das Erholungsgebiet Senftenberger See als sozialistische Freizeitoase. In: Internationale Bauausstellung Fürst-Pückler-Land: Zeitmaschine Lauitz. Oasen der Moderne. Stadt und Landschaftsgestaltungen im Lausitzer Revier. S. 86-117.
  • Naturschutzbund (NABU) Regionalverband Senftenberg e.V. & Erholungsgebiet Senftenberger See (ESS) 2003: Eine Chronik vom Senftenberger See.

BKM-Nummer: 32001394

(Erfassungsprojekt Lausitz, BLDAM 2023)

Tagebau Niemtsch

Schlagwörter
Ort
Niemtsch
Alternativer Ortsname
Nimjesk
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
Keine Angabe
Erfassungsmethode
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„Tagebau Niemtsch”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BKM-32001394 (Abgerufen: 28. März 2025)
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