Der Braunkohlenbergbau als zentraler Industriezweig in Mitteldeutschland war dabei ein wichtiger Abnehmer und Motor der Produktion. Zwar hatte schon vor 1956 im Unternehmen eine Abteilung für Konstruktion und Montage bestanden, doch für das Ziel der technischen Weiterentwicklung und Effektivitätssteigerung in der Bergbauindustrie im Speziellen und der Industrie im Allgemeinen, wurde es notwendig diese Aufgaben in einem eigenständigen Institut zu bündeln, das »… zur wissenschaftlichen Zentrale für alle auf diesem Gebiet produzierenden Betriebe in der DDR werden.« sollte. Nach der Gründung des Instituts durch das Ministerium für Schwermaschinenbau 1956 wurde drei Jahre später ein umfassender Entwicklungsplan zur baulichen Erschließung des Geländes erarbeitet, der u.a. ein zweiflügeliges Institutsgebäude sowie mehrere Prüfstandhallen vorsah. Eine solche Gesamtkonzeption wurde jedoch nicht umgesetzt, sondern schrittweise Umbauten vorgenommen bzw. das Gelände etappenweise um Neubauten, vor allem Leichtbauhallen, ergänzt. Auch die Errichtung eines zentralen Büro- bzw. Forschungsgebäudes blieb aus. Insgesamt ergibt sich so ein baulich sehr heterogenes Bild des Institutsgeländes.
Trotz der räumlich unbefriedigenden Situation stabilisierte und erweiterte sich der Aufgaben- und Geltungsbereich des Instituts für Fördertechnik seit den 1950er Jahren stetig. Bestand zu Beginn die »… Hauptaufgabe des Instituts ... darin, die Entwicklung und Produktion von Fördermitteln und Bergbaumaschinen so zu beeinflussen, dass sie den höchsten technischen Stand erreichen und mit dem geringsten ökonomischen Aufwand hergestellt werden«, war es in der Folgezeit auch für die Einführung industrieller Normen und Richtgrößen zuständig. In den drei Hauptabteilungen Bergbauausrüstung, Förderanlagen und Allgemeine Technik erfüllte das Institut für Förderanlagen Aufgaben der Entwicklung, Prüfung, Standardisierung, Gütesicherung und erfüllte darüber hinaus auch eine beratende Funktion. Die Braunkohlenindustrie war dabei maßgebliches Feld der Forschung und Entwicklung. Zur zielgerichteten Verbesserung der Kohlengewinnung und -Verarbeitung koordinierte das Institut die DDR-weiten Anstrengungen in diesem Bereich. Beispielhaft dafür seien die Standardisierung schwerer Tragrollen für Tagebaugroßgeräte sowie die stationären und rückbaren Bandanlagen und die Entwicklung eines Mehrzweckgleisgerätes sowie einer Einheitsstrecken-Vortriebsmaschine genannt. Darüber hinaus verfügte das Institut über eine feinmechanische Werkstatt, in der Messgeräte für die eigenen, speziellen Anwendungsbereiche angefertigt wurden. In einem spannungsoptischen Labor konnten u.a. Schneidkraftmessungen an Schaufelradbaggern vorgenommen sowie Rückkräfte an Bandanlagen simuliert werden. Zwar standen neben den speziell für den Anwendungsbereich des Braunkohlentagebaus entwickelten Maschinen und Geräte auch solche, allgemeinen Industriebedarfs wie Hebezeuge, Flurförderzeuge, Aufzüge, Stetigförderer, Bagger, Absetzer, Hilfs- und Bohrgeräte im Portfolio. Der Braunkohlenbergbau war für die Tätigkeit des Instituts und sein Innovationsprofil jedoch ein zentraler Bezugspunkt. Das Institut, dessen privatunternehmerischer Nachfolger seit 1992 besteht und der weiterhin (die neueren) Gebäude des ehemaligen Geländes nutzt, ist Zeugnis des von der Braunkohlenindustrie ausgehenden Innovationspotentials einerseits wie von ihrer Bedeutung für die Wirtschaft der DDR andererseits.
(Isabell Schmock-Wieczorek, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, 2022)
Datierung:
- Erbauung 1956–1992
Quellen/Literaturangaben:
- Institut für Fördertechnik Leipzig: 5 Jahre Institut für Fördertechnik Leipzig; Leipzig 1961.
- Heinker, Helge-Heinz: Wirtschaft und Verkehr; In: Hehl, Ulrich von (Hg.): Geschichte der Stadt Leipzig. Vom Wiener Kongress bis zum Ersten Weltkrieg, Bd. 3, Geschichte der Stadt Leipzig. Leipzig 2018, S. 337-345, S. 338-339.
- zeitläufer. Agentur für Ausstellungen: Institut für Fördertechnik in Leipzig IFF; In: Schichtwechsel. Porträts aus dem insdustriellen Alltag des Leipziger Westens. URL: https://schichtwechselleipzig.wordpress.com/category/firmen/institut-fur-fordertechnik-in-leipzig-iff/ (26.09.2022).
- Bauaktenarchiv Leipzig, Anton-Zickmantel-Str. 50, Band I.
- Bauaktenarchiv Leipzig, Anton-Zickmantel-Str. 50, Band XVII.
- Bauaktenarchiv Leipzig, Anton-Zickmantel-Str. 50, Band XX.
Bauherr / Auftraggeber:
- Bauherr: Leipziger Bandfabrik K. Grötzsch
- Bauherr: Leipziger Gummi-Waaren-Fabrik Vorm. Julius Marx, Heine & Co. (GND: 5055497-9)
- Bauherr: Allgemeine Transportanlagen-Gesellschaft Maschinenfabrik (Leipzig) (GND: 3053248-6)
- Bauherr: Institut für Fördertechnik Leipzig (GND: 2013930-5)
BKM-Nummer: 30500143