Butterweg zwischen Bad Honnef und Aegidienberg

Historischer Weg „Bottewäch“ im Siebengebirge

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Bad Honnef
Kreis(e): Rhein-Sieg-Kreis
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 39′ 25,45″ N: 7° 16′ 26,35″ O 50,65707°N: 7,27399°O
Koordinate UTM 32.377.999,31 m: 5.613.112,04 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.590.130,66 m: 5.614.272,35 m
  • Gaststätte Jagdhaus im Schmelztal Jagdhaus im Schmelztal in Bad Honnef (2022).

    Gaststätte Jagdhaus im Schmelztal Jagdhaus im Schmelztal in Bad Honnef (2022).

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  • Denkschrift Reichsdank für Aegidienberg von Hauptlehrer Prost , 1927 / Siebengebirgsmuseum (2022)

    Denkschrift Reichsdank für Aegidienberg von Hauptlehrer Prost , 1927 / Siebengebirgsmuseum (2022)

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  • Grabstätte von Theodor Weinz auf dem Friedhof Aegidienberg in Bad Honnef (2010)

    Grabstätte von Theodor Weinz auf dem Friedhof Aegidienberg in Bad Honnef (2010)

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Der von Bad Honnef aus durch das Schmelztal in Richtung Aegidienberg führende Butterweg wie auch der von diesem abzweigende und in Richtung des etwas nördlicher gelegenen Ortsteils Hövel führende Höveler Steig sind zwei der ungezählten historischen Wege, die durch das Siebengebirge führen.

Bedeutung der Wege für den lokalen Wirtschaftsverkehr
Beide Wege haben seit der Besiedlung der Aegidienberger Hochfläche ab etwa 1000 n. Chr. ihre Bedeutung als regionale Verkehrsverbindungen und damit für das Wirtschaftsleben im Raum (Bad) Honnef. Für beide Wege gilt, dass es wohl nicht den üblicherweise genutzten Verlauf gab, sondern sich die Route je nach Witterung, Veränderungen in der Topographie (vgl. Hohlwege), Umfang der Fuhre bzw. Fracht oder im Sinne der Sicherheit des Transports aus den zahlreichen kleineren Pfaden im Umfeld zusammensetzte (Cremer 2020, S. 10).
Der Heimatdichter Franz-Josef Schneider beschrieb 1969 die historische Bedeutung des Butterwegs wie folgt: „Wie alles noch ze Foß leef, woe de 'Bottewäch' de nächste Fluglinie, (un) die minschliche Beziehunge sitt Johehunderte jeregelt.“ (hier zitiert nach Cremer 2020).

Über den Butterweg und andere Wirtschaftswege wurden vermutlich über Jahrhunderte hin z.B. Honnef und der Buttermarkt in Linz „von der Höhe aus ... dorch de Bösch“ mit landwirtschaftlichen Produkten versorgt. Das Tragen von Lebensmitteln auf den holprigen, oft nass-glitschigen Waldpfaden über mehrere Stunden am Tag war körperliche Schwerstarbeit für die Marktfrauen. Diese trugen ihre Güter in Körben oder nutzten ein aus Stroh geflochtenes Tragepolster, die so genannte „Wösch“, auf dem Kopf, auf der die Körbe balanciert wurden. Den Überlieferungen nach kamen offenbar Diebstahl und Betrügereien um die begehrten Waren nicht selten vor. Wohl vor allem Männer trugen die Produkte mittels einem „Tragejoch“ über den Schultern. Hiermit wurde bei Wasserknappheit in den hochlegenen Orten auch Wasser in Eimern auf die Höhe getragen.
Die heutige Landstraße L 144, die Schmelztalstraße ermöglichte ab 1855 eine schnellere Verbindung - zunächst für Kutschen, später dann auch für Kraftfahrzeuge. Ab 1860 wurde an der „Adlerzeche“, dort wo Butterweg und Höveler Steig das Schmelztal erreichen, eine Nutzungsmaut in Form eines „Chausseegeldes“ erhoben (Cremer 2020).
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Separatistenkämpfe bei Aegidienberg 1923
Butterweg und Höveler Steig erlangten auch im Zusammenhang mit den lokalen Separatistenkämpfen im November 1923 und Überfällen der Rheinland-Separatisten traurige Berühmtheit. Die Ausrufung einer „Rheinischen Republik“ am 21. Oktober 1923 hatte in den folgenden Monaten zu heftigen Aktivitäten und Kämpfen in vielen rheinischen Orten geführt, so auch im Raum Bonn und im Siebengebirge - hier gipfelnd in der „Schlacht bei Aegidienberg“ um den 14./16. November 1923 (vgl. Cremer 2020, Bellinghausen u. Tentler 2023 sowie ausführlich im Überblickseintrag zur „Rheinischen Republik im Siebengebirge“).
Beide Wege sind direkte Verbindungen zwischen Honnef und Aegidienberg und wurden von örtlichen Sympathisanten an die völlig ortsunkundigen Separatisten verraten. Diese konnten deswegen im Schutz der dichten Wälder am 16. November 1923 nahezu unbemerkt nach Aegidienberg gelangen, um hier ihr Unwesen zu treiben.

Bei Himberg wurden am Freitag, dem 16. November 1923 Einheiten der separatistischen „Rheinlandschutz-Armee“ von der Bürgerwehr zurückgeschlagen, während eine andere Separatisteneinheit vermutlich über den Höveler Steig vom Schmelztal aus in den Ort Hövel gelangte. Im nachfolgenden Schusswechsel zwischen den plündernden Separatisten und der örtlichen Bürgerwehr wurde der 65jährige Höveler Schuhmachermeister Theodor Weinz tödlich getroffen und andere schwer verletzt.
Nur wenige Jahre später in nationalsozialistischer Zeit wurden die Vorgänge zu einem patriotischen Abwehrkampf gegen französische Machtinteressen umgedeutet. Ein Höhepunkt dieser NS-Verherrlichung war die Einweihung des Separatistendenkmals in Hövel am Samstag, dem 28. September 1935.
An die Ereignisse und die Opfer erinnert daneben auch das auf dem Friedhof in Aegidienberg ebenfalls bis heute erhaltene Massengrab für Opfer der Separatistenkämpfe.
Hingegen scheiterte die von höchsten NS-Machthabern und lokalen Parteigenossen um 1933 betriebene Errichtung eines „Separatisten-Abwehrdenkmal“ auf dem Berg Himmerich südlich des Schmelztals am mangelnden Rückhalt in der Bevölkerung. Nach der als feierlicher Festakt begangenen Grundsteinlegung 15. Oktober 1933, an der sogar der Reichspropagandaminister Joseph Goebbels höchstpersönlich teilnahm, wurde dieses Projekt beigelegt: „Selbst der Grundstein war eines Tages verschwunden.“ (Bellinghausen u. Tentler 2023, S. 57-59)

Auch noch in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg und bis weit in die 1950er dienten beide Wege der einheimischen Bevölkerung als überlebenswichtige Handelswege zum Austausch von landwirtschaftlichen Produkten gegen Handelswaren und umgekehrt.
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Jüngere Entwicklungen
Ein Ziel des um 2007/09 geplanten, letztlich aber nicht verwirklichten Nationalparks Siebengebirge war es, dessen dichtes und ursprünglich 285 Kilometer umfassendes Wegenetz auf nurmehr noch 56 Kilometer zu reduzieren. In der Folge sah der 2010 beschlossene Wegeplan auch den Rückbau von insgesamt 12 Wanderwegen im Naherholungsgebiet Siebengebirge vor. Bei der Verabschiedung des Wegeplans für das Naturschutzgebiet Siebengebirge durch die Bezirksregierung in Köln im Jahr 2010 wurden die beiden Wege Butterweg und Höveler Steig dann nicht mehr übernommen. Hierfür lagen neben der grundsätzlich zu hohen Wegdichte in der Region auch naturschutzfachliche Gründe vor, da sich in diesem Bereich die Wildkatze und der Schwarzstorch wieder ansiedeln sollten.
Der Wegeplan trat zum 1. März 2013 in Kraft; durch den Rückbau einer Fußgängerbrücke infolge der Umsetzung wurde die Überquerung des Logebachs deutlich erschwert. Der Bürgerverein Aegidienberg e.V. ist seit der Herausnahme des Butterwegs aus dem Wegeplan bestrebt, den historischen Weg wieder als zentralen Wanderweg vom Aegidiusplatz quer durch das Logebachtal und über den Erlenbruch ins Einsiedlertal zu öffnen (Cremer 2020, S. 30-33).

Verlauf und Objektgeometrie
Auf den historischen Karten der Topographischen Aufnahme der Rheinlande (1801-1828) sind bereits einzelne Abschnitte des Butterwegs auszumachen (vgl. Kartenansicht, technisch bedingt etwas nach Süden verschoben). Der Weg endet an einer Kleinsiedlung Hubbel, was offenbar einer der zeitgenössischen Schreibungen für Hövel im Sinne von „Hügel“ entspricht (zuvor zeitweise auch Höffel benannt).
In den jüngeren Werken der zwischen 1836 und 1850 erarbeiteten Preußischen Uraufnahme und der Preußischen Neuaufnahme (1891-1912; hier die Zeichgrundlage der Geometrie) lässt sich der Verlauf des Wegs dann recht gut nachvollziehen.
Bei Cremer (2020, S. 16-29) und Bellinghausen u. Tentler (2023) finden sich Darstellungen zum Verlauf des Butterwegs auf weiteren historischen und modernen topographischen Karten.

(Bürgerverein Aegidienberg e.V., 2024)
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Literatur

Bellinghausen, Gert; Tentler, Erich (2023)
November 1923. Die Separatisten Im Siebengebirge. Der Abwehrkampf in Aegidienberg. Ein Beitrag zur Heimatgeschichte. (Schriftenreihe als Ergänzung zum Heimatbuch, Bd. 2, hrsg. vom Bürgerverein Aegidienberg e.V..) Bad Honnef.
Cremer, Rolf D. (2020)
Der Butterweg. Aegidienberg - Honnef. Wege und Bindungen zwischen Berg und Tal.. Ein Beitrag zur Honnef - Aegidienberger Heimatgeschichte. (Schriftenreihe als Ergänzung zum Heimatbuch, Bd. 1, hrsg. vom Bürgerverein Aegidienberg e.V..) Bad Honnef.
Scheuren, Elmar (2017)
Besatzung, Not und "Separatisten" - Aufruhr in Aegidienberg. In: Bürgerverein Aegidienberg e.V. (Hg.): Aegidienberg - Unsere Heimat im Naturpark Siebengebirge, S. 210-220. Aegidienberg.
Scheuren, Elmar; Trapp, Christoph (1993)
Separatisten im Siebengebirge - Die "Rheinische Republik" des Jahres 1923 und die "Schlacht" bei Aegidienberg. zur gleichnamigen Ausstellung des Siebengebirgsmuseums, 16.11.1993 - 20.2.1994. Königswinter.

Butterweg zwischen Bad Honnef und Aegidienberg

Schlagwörter
Ort
53604 Bad Honnef - Aegidienberg
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger

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„Butterweg zwischen Bad Honnef und Aegidienberg”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-355613 (Abgerufen: 26. März 2025)
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