Die Ausrufung einer „Rheinischen Republik“ am 21. Oktober 1923 führte in den folgenden Monaten zu heftigen Aktivitäten und Kämpfen in vielen rheinischen Orten, so auch im Raum Bonn und im Siebengebirge. Einige Orte bewahren markante Relikte oder Erinnerungen an diese Geschehnisse und ihre Nachwirkungen.
Zwei Gräber des Friedhofs Aegidienberg stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit den bewaffneten Kämpfen am Freitag, 16. November 1923. An diesem Tag kam es im Ortsteil Hövel zu dramatischen und folgenreichen Ausschreitungen. Der 65jährige Schuhmachermeister Theodor Weinz wurde vormittags von einem Bauchschuss getroffen und verstarb nachmittags an dieser Verletzung. Seine Beisetzung fand wenige Tage später unter starker Beteiligung eines Großteils der Aegidienberger Bevölkerung statt. Der Grabstein trägt die Inschrift: „Theodor Weinz fiel in den separatistischen Kämpfen von meuchlerischer Kugel getroffen auf seinem Heimatboden für die deutsche Einheit.“ Zu seinem Andenken wurde 1934 die örtliche, am benachbarten Aegidiusplatz gelegene Schule nach ihm benannt.
Wenige Meter von hier, ursprünglich in Randlage des Friedhofareals, wurden die vierzehn Opfer auf Seiten der Separatisten noch am Tag des Geschehens in einem bis heute erhaltenen Massengrab beigesetzt: Diesen meistens jungen Männern war die Flucht nicht mehr gelungen. Sie wurden erschossen oder erschlagen, die meisten von ihnen wurden Opfer spontaner Lynchjustiz. Nur fünf Namen konnten identifiziert werden. Ebenso wenig wie die genaue Identität wurden auch die Todesumstände nie konsequent aufgeklärt.
Die rasche Beisetzung erfolgte mit dem Ziel, weitere spätere Nachforschungen zu erschweren: „Währenddessen waren die Toten begraben und auf meine Anordnung hin mit Kalk eingelegt, damit sie bei evtl. Ausgrabung durch die Franzosen unkenntlich seien.“ (Bericht des Gemeindevorstehers Klein, zit. nach Prost 1927) Das in den folgenden Jahrzehnten mehrfach erneuerte Grabkreuz trägt die Aufschrift: „Hier ruhen vierzehn Separatisten, gefallen am 16.11.1923“.
(Elmar Scheuren, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, 2023)
Literatur
Prost, Peter (1927)
Denkschrift "Reichsdank für Aegidienberg" - Die Separatistenherrschaft am Rhein und die Befreiung des Rheins durch die Abwehrkämpfe der Aegidienberger im Siebengebirge. herausgegeben im Auftrage des Herrn Landrats Dr. Wessel von Hauptlehrer Prost. Aegidienberg.
Scheuren, Elmar (2017)
Besatzung, Not und "Separatisten" - Aufruhr in Aegidienberg.. In: Bürgerverein Aegidienberg e.V. (Hg.): Aegidienberg - Unsere Heimat im Naturpark Siebengebirge, S. 210-220. Aegidienberg.
Scheuren, Elmar; Trapp, Christoph (1993)
Separatisten im Siebengebirge - Die "Rheinische Republik" des Jahres 1923 und die "Schlacht" bei Aegidienberg. zur gleichnamigen Ausstellung des Siebengebirgsmuseums, 16.11.1993 - 20.2.1994. Königswinter.
Opfer der Separatistenkämpfe auf dem Friedhof Aegidienberg
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Empfohlene Zitierweise
Elmar Scheuren (2023): „Opfer der Separatistenkämpfe auf dem Friedhof Aegidienberg”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-345671 (Abgerufen: 18. September 2024)
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