Der Geusenfriedhof in Köln-Lindenthal ist der erste und gleichzeitig älteste protestantische Friedhof der Domstadt Köln.
Namensherkunft - das Wort „Geusen“ Die Bezeichnung ist auf niederländische Protestanten zurückzuführen, die als Glaubensflüchtlinge nach Köln kamen und als Geusen bezeichnet wurden. Geusen (abgeleitet aus französisch gueux, „Bettler“) nannten sich die niederländischen Freiheitskämpfer während des Achtzigjährigen Krieges (1568-1648) (altes-koeln.de u. de.wikipedia.org).
Geschichte Im 16. Jahrhundert wurden in Köln Anhänger der damals aufkommenden neuen protestantischen Glaubensausrichtung von der katholischen Kirche verfolgt. Protestanten mussten ihren Glauben im Geheimen ausleben. Ab 1570 wurden Personen verhaftet, mussten Verhöre über sich ergehen lassen oder wurden der Stadt verwiesen, wenn sie beschuldigt worden waren, zum Beispiel nicht am katholischen Gottesdienst teilgenommen zu haben. In einigen aufsehenerregenden Fällen wurden protestantische Aufklärer sogar hingerichtet: So die Märtyrer Adolf Clarenbach (um 1497-1529) und Peter Fliesteden (hingerichtet 1529) auf der Kölner Richtstätte Rabenstein bei Melaten. „An Leben und Hinrichtung Clarenbachs erinnert eine 1992 am Kölner Rathausturm angebrachte Steinfigur“ (rheinische-geschichte.lvr.de). Später, vor allem als Folge des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) und durch die Besetzung der Niederlande durch Spanien, flohen viele protestantische Gläubige nach Köln. Diese wurden in Köln zwar toleriert, genossen jedoch keine vollen Bürgerrechte.
Unter diesen Bedingungen ist nicht verwunderlich, dass Bestattungen von Protestanten auf den katholischen Friedhöfen der Stadt Köln untersagt waren. Das Begräbniswesen war zu jener Zeit an die zahlreichen kleinen Pfarreien der Stadtquartiere gebunden. Solche Personen, die diesen nicht zugehörig waren, konnten nicht in Köln bestattet werden. Nur auf den drei sogenannten „Elendsfriedhöfen“ der Stadt fanden Fremde und Heimatlose die Möglichkeit einer letzten Ruhestätte. Auch wurden hier „Ehrlose“, Selbstmörder und Hingerichtete begraben, oder ab dem 16. Jahrhundert Angehörige des evangelischen Bekenntnisses. Einer dieser Elendsfriedhöfe liegt an der Kirche Sankt Gregorius in der südlichen Altstadt. Dort wurden nachweislich Protestanten bestattet.
Die Tochter des kaiserlichen Kammermeisters Ailf von Wyenhorst, die Katholikin Ursula von Gohr zu Kaldenbroek, schenkte im Jahr 1576 der Stadt Köln ein rund 2.700 m2 großes Grundstück im damaligen Weyertal südwestlich der Stadt. Auf diesem Gelände wurde am 24. Juni 1576 ein protestantischer Friedhof eröffnet. Jedoch fanden dort aus Misstrauen gegenüber dem katholischen Klerus erst ab 1584 Bestattungen statt. Die Trauerfeiern unterlagen dann auch strengen Auflagen, was zum Beispiel die Anzahl der Trauergäste betraf (de.wikipedia.org).
Der Friedhof ist auf der Tranchot-Karte von 1801-1828 mit nunmehr bereits rund 6.500 m2 Fläche unter der Bezeichnung „Cimetiere“eingezeichnet (vgl. Kartenansicht).
Die Situation der Protestanten und die Bestattungskultur in Köln änderte sich schlagartig während der Franzosenzeit. Unter der französischen Herrschaft galt die Glaubensfreiheit. Um 1802 herum lebten etwa 60 Gläubige, die sich an den Lehren des Schweizer Reformators J. Calvin (1509-1564) orientierten und 160 lutherische Christen in Köln. Ihnen wurde in diesem Jahr die Antoniterkirche von der französischen Stadtverwaltung als erstes eigenes Kirchengebäude in Köln zugesprochen. Zudem wurde es aus hygienischen Gründen verboten, Verstorbene innerhalb der Stadtmauern Kölns zu begraben. Deshalb wurde 1810 vor den Toren der Stadt ein überkonfessioneller Friedhof eröffnet, der heutige Friedhof Melaten. Trotzdem dauerte es noch bis ins Jahr 1929, bis der erste Protestant auf Melaten beigesetzt wurde. Der Geusenfriedhof wurde in Einzelfällen noch bis 1875 als evangelische Begräbnisstätte genutzt (Beines, Geusenfriedhof, 2008). „Auf dem Geusenfriedhof wurde 1875 die letzte Bestattung durchgeführt. Und danach geriet diese Fläche in Vergessenheit – bis 1981. Der Friedhof wurde unter Denkmalschutz gestellt und die evangelische Gemeinde hat sich der verwilderten Fläche angenommen, Grabsteine wieder aufgerichtet und die Wege wieder hergestellt.“ (altes-koeln.de)
Heute Heute liegt der Geusenfriedhof etwas versteckt und oft übersehen hinter dem Bibliotheksgebäude der Universität zu Köln und neben dem Evangelischen Krankenhaus Köln-Weyertal an der Ecke Kerpener Straße/Weyertal in Köln-Lindenthal. Der Friedhof wird von einem kleinen ehrenamtlichen Team betreut und gepflegt.
Kulturhistorische Bedeutung Der Geusenfriedhof ist nicht nur ein stadtgeschichtliches und konfessionsgeschichtliches Zeugnis, er ist auch kunsthistorisch interessant. Die erhaltenen Grabmale unterscheiden sich von den katholischen zu jener Zeit. Grabsteinkreuze sind hier fast nicht zu finden, stattdessen eine klassizistische Architektur der Gräber, die flache sarkophagähnliche Grabstellen bevorzugt. Auch ist die Bildsprache auf den Grabplatten anders: Heilige sind seltener zu finden, mehr Bibelzitate, Metaphern für Tod und Vergänglichkeit sowie Bezüge zum Leben der Verstorbenen durch Hauswappen und Darstellungen von Berufen (de.wikipedia.org). Der Geusenfriedhof ist mit seinen rund 224 erhaltenen Grabstellen (de.wikipedia.org) ein beeindruckend großes Zeugnis für die frühe Bestattungskultur evangelischer Christen bis ins 19. Jahrhundert hinein. Detaillierte Beschreibungen einzelner Grabstellen finden sich bei Leitner, 2003.
Sonstiges Der Geusenfriedhof steht seit dem 14. Dezember 1981 unter der laufenden Nummer 866 als ortsfestes Denkmal unter Schutz (stadt-koeln.de).
(Katharina Grünwald, LVR-Redaktion KuLaDig, 2021)
Internet www.ev-gemeinde-koeln.de: Geschichte (abgerufen 29.06.2023) koeln-magazin.info: Der Geusenfriedhof (abgerufen 27.05.2021) altes-koeln.de: Geusenfriedhof (abgerufen 16.06.2023) de.wikipedia.org: Geusenfriedhof (abgerufen 27.05.2021) www.koeln-lotse.de: Der Geusenfriedhof (abgerufen 01.06.2021) www.kirche-koeln.de: Köln Engagiert 2005 (abgerufen 01.06.2021) www.stadt-koeln.de: Suche in der Denkmalliste (abgerufen 27.05.2021, Inhalt nicht mehr verfügbar 18.01.2024) www.stadt-koeln.de: Interaktive Denkmalkarte Köln (abgerufen 18.01.2024) koelnisches-stadtmuseum.de: Bauzaun Kölnisches Stadtmuseum - Abschnitt 1515-1688 (abgerufen 14.06.2021, Inhalt nicht mehr verfügbar 19.06.2024)
Literatur
Beines, Johannes Ralf / Wilhelm, Jürgen (Hrsg.) (2008)
Geusenfriedhof. In: Das Grosse Köln Lexikon, S. 173. Köln.
Beines, Johannes Ralf / Wilhelm, Jürgen (Hrsg.) (2008)
Fremdenfriedhöfe. In: Das Grosse Köln Lexikon, S. 153. Köln.
Beines, Johannes Ralf / Wilhelm, Jürgen (Hrsg.) (2008)
Friedhöfe. In: Das Grosse Köln Lexikon, S. 153-155. Köln.
Leitner, Günter (2003)
Friedhöfe in Köln. Mitten im Leben. Neumarkt.
Schmidt, Klaus / Wilhelm, Jürgen (Hrsg.) (2008)
Evangelisches Köln. In: Das Grosse Köln Lexikon, S. 136-138. Köln.
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