Steinbrüche bei Berkum

Steinbrüche am Hohenberg, Domsteinbruch, Hömerich

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Raumplanung
Gemeinde(n): Wachtberg
Kreis(e): Rhein-Sieg-Kreis
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 37′ 21,81″ N: 7° 08′ 22,75″ O 50,62272°N: 7,13965°O
Koordinate UTM 32.368.408,88 m: 5.609.523,35 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.580.690,67 m: 5.610.297,21 m
  • Steinbrüche bei Berkum (2014)

    Steinbrüche bei Berkum (2014)

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    Nicole Schmitz / Landschaftsverband Rheinland
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    Nicole Schmitz
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In den Steinbrüchen südöstlich von Berkum am Vulkan Hohenberg wurde bereits in römischer Zeit Trachyt abgebaut. Im Jahr 1837 Begann der Abbau von Steinen an der Nordostecke des Hohenbergs für die Vollendung des Kölner Doms.

Geologie
Nutzung seit Römischer Zeit
Das 19. Jahrhundert: „Die Tränen des Kölner Doms“
Die Zeit danach
Heutiger Zustand und kulturhistorische Bedeutung

Geologie
Vor etwa 25-28 Millionen Jahren formten die Aktivitäten des Tertiärvulkanismus über eine Dauer von etwa 7 Millionen Jahren das Siebengebirge, aber auch die Kuppenstruktur des Drachenfelser Ländchen (Kremer 1989, S. 91). Zwischen Remagen und Niederbachem sind Trachytlaven und –tuffe verbreitet. „Das größte Trachytvorkommen dieses Gebietes ist der 263 m hohe Hohenberg (Hohenburg) bei Berkum“ (Kremer 1989, S. 91). Auch der Irrberg südlich von Niederbachem ist eine Trachytkuppe (Kremer 1989, S. 91). Markante Basaltkuppen stellen der Stumpeberg (238 Meter), der Wachtberg (258 Meter), der Dächelsberg und die Anhöhe „Auf dem Höchsten“ (242 Meter) dar. In nächster Nachbarschaft befindet sich der etwa 190 Meter hohe Tuffring des Rodderbergs, der jedoch zum Quartärvulkanfeld der Osteifel gehört (Kremer, 1989, S. 92f). Nach Mineralbestand handelt es sich bei dem Trachyt vom Hohenberg um einen Arfvedsonit-Alkalitrachyt (Kremer 1989: 91).
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Nutzung seit Römischer Zeit
Bereits in römischer Zeit wurde am Hohenberg Trachyt für militärische und städtebauliche Zwecke, wie z. B. den Bau von Straßen, abgebaut (Kremer 1989, S. 91 und Hausmanns 2006, S. 91). Auch beim Umbau der Burg Odenhausen 1584 wurde Material vom „Hömerich“ verbaut. „Natürlich wurde das Material des Hohenbergs auch für einheimische Gotteshäuser, Wege- und Grabkreuze im Drachenfelser Ländchen verwendet. Sicher ist wohl auch, dass schon im Mittelalter Berkumer Trachyt im Kölner Kirchenbau beliebt war“ (Hausmanns 2006, S. 91).
Im Laufe der Zeit bildeten sich an der Kuppe des Hohenbergs mehrere Abbauareale heraus:
1) Im Bereich der Kuppe des Hohenbergs, etwa auf Höhe 263 Meter ü NN,
2) Der Domsteinbruch an der Nordostflanke des Hohenbergs mit Abbaukanten von bis zu 20 Metern (laut DGK5) sowie zwei weiteren südöstlich gelegenen Aufschlüssen mit Abbaukanten bis zu 24 Metern,
3) Der „Hümerich“ auf einer Höhe von etwa 236 Metern ü.NN südlich des Domsteinbruches,
4) Westlich des Hümerich, auf einer Höhe von etwa 235 Metern ü. NN weitere Aufschlüsse mit bis zu 14 Meter hohen Abbaukanten (laut DGK 5).
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Das 19. Jahrhundert:„Die Tränen des Kölner Doms“
Ab 1823, kurz nach Wiederherstellung des unter französischer Regierung aufgelösten Kölner Erzbistums, wurden die mittlerweile umfangreichen Instandsetzungsmaßnahmen am vorhandenen Bau des Kölner Doms in Angriff genommen (Hausmanns 2006, S. 88). Mit König Friedrich Wilhelm IV. auf dem Thron fand sich ein Fürsprecher für die Vollendung des Domes, der Kölner Bürgern auch die Gründung des Zentral-Dombauvereins zur Finanzierung des Bauvorhabens genehmigte (Hausmanns 2006, S. 88) und Staatszuschüsse verstetigte. 1842 wurde der Grundstein zum Weiterbau des Kölner Doms gelegt (Hausmanns 2006, S. 88).
Bezog die Dombauhütte anfangs noch Trachytblöcke aus den Steinbrüchen am Drachenfels, mehrten sich hier in den 1820er und 1830er Jahren die Probleme. 1828 stürzten Teile der Burgruine Drachenfels nahe der Steinbruchkante ab, sodass die Provinzialregierung ein Betriebsverbot für die Steinbrüche aussprach. Ein endgültiges Aus bedeutete der Ankauf der Besitzrechte am Drachenfels durch den Preußischen Staat am 26.04.1836 (Scheuren 2004, S. 30).
Dombaumeister Zwirner suchte dringend nach Alternativen. „Der Mineraloge und Oberbergrat Johann Jakob Noeggerath aus Bonn (…) machte ihn in dieser Not auf den Trachyt aus Berkum (…) aufmerksam“ (Hausmanns 2006, S. 87). „Als Ersatz für den Drachenfels nahmen die Steinlieferanten im Siebengebirge verstärkt die ebenfalls schon alten Brüche am Stenzelberg und auf der Wolkenburg in Anspruch“ (Schumacher 2004, S. 50).
Zwirner beziehungsweise die Dombauhütte kaufte die Steinbrüche bei Berkum 1938 und beauftragte den dortigen Pächter und Steinhauermeister Johann Adam Pauly mit den Arbeiten (Hausmanns 2006, S. 87). Doch zunächst musste der bisher betriebene Steinbruch an der Nordostecke des Hohenbergs, um passend große Steinquader gewinnen zu können, aufwendig vorbereitet werden: „Der Bruch lag zu hoch im Berg und hatte deshalb zu niedrige Stollen, um sehr ergiebig zu sein. (…) Die Lösung für Zwirners Problem war so einfach wie zeitraubend: Von einem tieferen Punkt des Berghangs aus sollte ein ca. 80 Meter langer Einschnitt auf den Bruch zugetrieben werden. Die neue Sohle wäre dann knapp 16 Meter tiefer als die alte und würde die gewünschten großen Blöcke freigeben“. Außerdem sollte der Steinbruch durch einen Abfuhrweg erschlossen werden (Hausmanns 2006, S. 89).
Die Erschließungsarbeiten am Steinbruch zogen sich in die Länge - erst 1841 konnten die ersten Steine vom Hohenberg Verwendung auf der Dombaustelle finden (Hausmanns 2006, S. 90).
Der Transport der großen Steinquader vom Hohenberg nach Köln stellte sich aufgrund der schlechten Wegezustände zwischen Abbaustelle und Rheinufer bei Bonn-Lannesdorf oder Mehlem als sehr aufwändig dar. Abhilfe verschafften Straßenarbeiten in der Gemeinde Villip ab 1847, der Bau der Bezirksstraße zwischen Mehlem und Essig (Swisttal) 1855/1857 sowie der Anschluss Mehlems an die Eisenbahnstrecke Köln-Bonn ab 1856 (Hausmanns 2006, S. 92).
Aus den Gesteinen vom Stenzelberg, von der Wolkenburg und aus Berkum „wurden die Strebebögen im Chorbereich, die Strebepfeiler der 1842 begonnenen Querhausfassaden und fast alle Horizontalgesimse sowie die meisten Maßwerkbrüstungen hergestellt“ (Hausmanns 2006, S. 93). Im Laufe der Zeit stellte sich heraus, dass dieses Material nicht sehr beständig war und die Steingewinnung für den Kölner Dom wurde 1872 beendet (Schumacher 2004, S. 50). Der Berkumer Trachyt, der sich unter Witterungs- und Umwelteinflüssen (hauptsächlich ab den 1980er Jahren) schalenförmig von der Fassade ablöste, erhielt den Namen „Tränen des Kölner Doms“ (Hausmann 2006, S. 93). Aufgrund der mangelnden Verwendbarkeit des Materials, sinkendem Bedarf an Trachyt und hoher Betriebskosten war der Steinbruch am Hohenberg bald nicht mehr konkurrenzfähig. Zwischen 1874 und der endgültigen Schließung des Steinbruches 1907 gehörte das Gelände dem Zementfabrikant Hermann Bleibtreu (Hausmann 2006, S. 94).
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Die Zeit danach
In der Folgezeit stellte das Steinbruchgelände einen in der Bevölkerung beliebten Veranstaltungsort mit einer Naturbühne dar. „Neben stimmungsvollen Musikveranstaltungen und Festumritten gab es ausgelassene Sommer-, Bürger- und sogar Pfarrfeste“ (Hausmann 2006, S. 94). Bis zum Ersten Weltkrieg wurde auch eine Sommerwirtschaft betrieben; die Veranstaltungen wurden bis 1944 durchgeführt (Blick aktuell).
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Heutiger Zustand und kulturhistorische Bedeutung
Die Steinbrüche am Hohenberg liegen innerhalb alter Bestände aus krautarmen Ilex-Eichen-Buchen-Mittel- bzw. Niederwäldern (Naturschutzinformationen NRW). Heute ist das Steinbruchgelände nicht mehr öffentlich zugänglich und als Bodendenkmal ausgewiesen. Aufgrund seiner 2000jährigen Persistenz als Steinbruchgebiet in Verbindung mit der Nutzung des Materials für sowohl lokale Kleindenkmale und Kirchenbauten als auch zur Vollendung des Kölner Doms haben die Steinbrüche bei Berkum eine sehr hohe kulturlandschaftliche Bedeutung.
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Hinweise
Das Objekt „Steinbrüche bei Berkum“ ist wertgebendes Merkmal des historischen Kulturlandschaftsbereiches Steinbrüche bei Berkum (Kulturlandschaftsbereich Regionalplan Köln 272) sowie ein eingetragenes Bodendenkmal (Untere Denkmalbehörde der Gemeinde Wachtberg, laufende Nr. 1).

(Nicole Schmitz, LVR-Abteilung Kulturlandschaftspflege, 2018)

Internet
Naturpark Rheinland: Domsteinbruch Hohenberg (abgerufen am 12.11.2014)
Blick aktuell: Die Tränen des Kölner Doms (Artikel vom 20.09.2013, abgerufen am 17.08.2016)
Naturschutzinformationen NRW: Schalpirsbachtal, Buchen-Niederwälder und Domsteinbrüche bei Berkum (BK-5308-141) (abgerufen am 06.02.2018)

Literatur

Hausmanns, Barbara (2006)
Die Tränen des Kölner Doms. Geschichten vom Domsteinbruch in Wachtberg-Berkum. In: Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises, S. 86-95. Siegburg.
Kremer, Bruno P. (1989)
Das Drachenfelser Ländchen. Natur und Landschaft im linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis. (Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises 1989.) S. 88-93. o. O.
Scheuren, Elmar (2004)
Kölner Dom und Drachenfels. (Steine für den Kölner Dom (Meisterwerke des Kölner Domes 8).) S. 22-45. Köln.
Schumacher, Thomas (2004)
Steine für den Dom. In: Steine für den Kölner Dom, (Meisterwerke des Kölner Doms 8.) S. 46-77. Köln.

Steinbrüche bei Berkum

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Domsteinbruch
Ort
53343 Wachtberg - Berkum
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Ortsfestes Bodendenkmal gem. § 3 DSchG NW
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Raumplanung
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn -27 bis 476

Empfohlene Zitierweise

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Empfohlene Zitierweise
Nicole Schmitz (2018): „Steinbrüche bei Berkum”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-248559 (Abgerufen: 25. April 2024)
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