Nach Baubeginn in Lübbenau im Jahr 1957 erfolgte die Grundsteinlegung für das Kraftwerk Vetschau am 19.08.1960. Die Planungsbefugnis oblag dem 1959 gegründeten ORGREB-Institut für Kraftwerke, das mit der Organisation für Abnahme, Betriebsführung und Rationalisierung von Energieanlagen der VVB Kraftwerke betraut wurde. In Vetschau entstand ein Kraftwerk mit zwei Werken und insgesamt zwölf Blockeinheiten mit je 100 MW (Werk I mit den Blöcken 1-6, Werk II mit den Blöcken 7-12), die parallel zum Kraftwerkbau in Lübbenau errichtet wurden.
Am 20.11.1964 wurde in Vetschau der Probebetrieb im Block 1 aufgenommen, ab 03.04.1965 der Dauerbetrieb. Am 14.04.1967 setzte mit Inbetriebnahme von Block 12 die Maximalleistung ein. Am 26.04.1967 fand die feierliche Festveranstaltung zur Fertigstellung des gesamten Kraftwerks statt.
Nach Zusammenlegung der Kraftwerke zum VEB Kraftwerke Lübbenau-Vetschau behielten die Werke in Lübbenau ihre Bezeichnung. Die Blöcke in Vetschau wurden fortan mit Nr. IV-V nummeriert. Der VEB erzeugte zu dieser Zeit ca. 25 Prozent der Elektroenergie der DDR und war somit das größte Kraftwerk der DDR, wobei die Kraftwerke Jänschwalde und Boxberg später noch größere Nennleistungen erzielten.
Nach 1990 und mit Einführung der Großfeuerungsanlagenverordnung wurde die Stilllegung der Kraftwerke Lübbenau-Vetschau beschlossen. Nach Umwandlung des VEB in eine Kapitalgesellschaft am 01.03.1990 setzten im Januar 1992 erste Flächensanierungen auf dem Kraftwerkgelände ein. Am 30.09.1994 wurden die Kraftwerkblöcke 1, 2, 5 und 6 in Vetschau stillgelegt, es folgte die Stilllegung aller anderen Kraftwerkblöcke bis zum 30.06.1996.
Im Zuge dessen wurden technische Anlagen vollständig und bauliche Bereiche weitestgehend zurückgebaut. Wenige Restgebäude sind als letzte Zeugnisse des Kraftwerks auf dem ehemaligen Werksgelände erhalten (Hauptwerkstatt, Fischzuchtanlage, Werkfeuerwehr, Fernmeldegebäude, Werkstätten, Bürogebäude des ORGREB-Instituts). Sie bilden neben infrastrukturellen Relikten, auch außerhalb des Kraftwerkgeländes (Gleisanlagen, Fernwärmeleitungen und Gewächshäuser), letzte Dokumente des Kraftwerkkomplexes.
Zu vermerken ist außerdem, dass die Rückbildung der städtischen Maximalausdehnung Vetschaus mit einem einsetzenden Strukturveränderungsprozess und der Stilllegung der Kraftwerke in Lübbenau und Vetschau in Verbindung steht. Neu angesiedelte Firmen im Industriepark deckten den Bedarf an Fachkräften aus den Kraftwerken und Bergwerken zunächst nicht, wobei heute wirtschaftliche Neuausrichtungen auf dem Kraftwerkgelände innerstädtisch den Strukturwandel kennzeichnen.
Datierung:
- Grundsteinlegung: 19. August 1960
- Stilllegung: 1995-1996
- Inbetriebnahme: 20. November 1964 (Werk IV)
- Entstehung: ab 20. Oktober 1959
- Inbetriebnahme: 26. Februar 1967 (Werk V)
Quellen/Literaturangaben:
- Dieter Kahl (et al.): Braunkohlenverstromung im Lausitzer Revier. Die Geschichte ehemaliger Braunkohlenkraftwerke, in: Förderverein Kulturlandschaft Niederlausitz e.V. (Hg.): Beiträge zur Geschichte des Bergbaus in der Niederlausitz, Bd. 10, Cottbus 2009, S. 121-136.
- BLHA: Rep. 901 VEB Kraftwerke Lübbenau-Vetschau.
- Christian Bedeschinski: Unsere Wurzeln. Die alten Kohlekraftwerke, Berlin 2011, S. 89-90.
- Hans-Jürgen Kaiser, Matthias Horst: Schlabendorf, in: LMBV (Hg.): Wandlungen und Perspektiven, Nr. 20, Senftenberg 2016, S. 10.
BKM-Nummer: 32002593
(Erfassungsprojekt Lausitz, BLDAM 2023)