Schupbacher Marmorsteinbrüche im Kerkerbachtal

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
  • Übersichtsplan der Schupbacher Marmorbrüche

    Übersichtsplan der Schupbacher Marmorbrüche

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  • Historische Luftaufnahme des Bereichs der Schupbacher Lahnmarmorsteinbrüche (1953)

    Historische Luftaufnahme des Bereichs der Schupbacher Lahnmarmorsteinbrüche (1953)

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Dreißig Steinbrüche im Kerkerbachtal bei Schupbach wurden in die Dokumentation der Lahnmarmorsteinbrüche von Prof. Thomas Kirnbauer aufgenommen, nummeriert und beschrieben. Dabei werden die Steinbrüche gekennzeichnet mit der Nummer des Messtischblattes und mit einer fortlaufenden Steinbruchnummer. Von den erfassten Schupbacher Steinbrüchen dienten einige überwiegend oder ausschließlich der Branntkalk- oder Terrazzo-Rohmaterialgewinnung.

Von besonderer Bedeutung für die Entwicklung des Lahnmarmors waren die „Schupbacher Schwarzmarmor-Steinbrüche“. Die ersten Werke aus Schupbacher schwarzem Marmor sind bereits 1599 nachweisbar. In der Barockzeit von 1600 bis 1800 wurde dieses Material gerne für Altäre und Denkmäler in Domen und Kirchen verwendet.

Der berühmte schwarze Schupbacher Marmor kam im Laufe der 400-jährigen Geschichte aus mehreren Steinbrüchen. Die frühesten Verwendungen dürften aus Marmor aus der „Roten Kaut“ (Übersichtsplan Nr. 12) stammen. Im 17. bis 19. Jahrhundert waren der „Wiedische Steinbruch“ (Übersichtsplan Nr. 18a) und zwei weitere Steinbrüche (Übersichtsplan Nr. 14 und 18b) am Klesberg die wichtigsten Lieferquellen für den schwarzen Marmor und wurden lange Zeit von unterschiedlichen Eigentümern und Pächtern betrieben. Der schwarze Marmor entstand im Rückriffbereich. Die Farbe ist auf organische Reste in den Kalkablagerungen zurückzuführen. In den Domen von Trier, Worms und Mainz ist er wesentliches Denkmalsmaterial. Balthasar Neumann war in Schupbach, um Marmor für Arbeiten in Würzburg zu kaufen.

Im Bereich dieser Brüche entstand auch der letzte große Schupbacher Marmorbruch (Übersichtsplan Nr. 19), dessen Material in mehreren Grautönen gewonnen wurde und unter der Bezeichnung „Famosa S“ von der Firma Dyckerhoff und Neumann verkauft wurde. In diesem Steinbruch wurde mit modernen maschinellen Abbaumethoden gearbeitet. Reste der ursprünglichen maschinellen Ausstattung, die durch private Initiative zum Teil restauriert wurden konnte, sind noch erhalten. Die Marmorsorte Famosa S wurde im 20. Jahrhundert verkauft. Beim Wiederaufbau zerstörter Kirchen nach dem Zweiten Weltkrieg kam sie zum Einsatz. Die Innenausstattung des wiederaufgebauten Würzburger Domes ist die bedeutendste Anwendung von Famosa S.

Etwas weiter nördlich, nahe am Kerkerbach liegt der Steinbruch „Korallenfels“ (Übersichtsplan Nr. 10), dessen Marmor eine ganz andere Entstehungsgeschichte hat. Große Kalkstein Trümmerbrocken wurden mit im Laufe der Gesteinsbildung mit leuchtend rotem Hämatit-haltigem Zement verfüllt. Auf der östlichen Seite des Baches liegt auf Gaudernbacher Seite in der Flur breite Heck ein Steinbruch, in dem ebenfalls Marmor vom Typ Korallenfels gewonnen wurde (Übersichtsplan Nr. 8).

Der größte und gut einsehbare Steinbruch ist die „Rote Kaut“ (Übersichtsplan Nr. 12), in dem wahrscheinlich Ende des 16. Jahrhunderts bereits Marmor gewonnen wurde. Seinen Namen erhielt der Steinbruch jedoch von einem rot gesprenkeltem Material. Die heutigen Ausmaße hat der Steinbruch im 20. Jahrhundert durch die Gewinnung von Zuschlagstoff für die Terrazzo-Herstellung erhalten.

In der Nähe der Mündung des Dernbachs in den Kerkerbach entstand Ende des 19. Jahrhunderts ein Kalkofen zur Erzeugung von Branntkalk, der vor allem für die Stahlerzeugung benötigt wurde. Der Kalkofen der später in ein Schamottwerk umgerüstet wurde, steht nicht mehr. Einer der Steinbrüche (Übersichtsplan Nr. 5) in der Nähe des Kalkofens ist vom Weg aus gut einsehbar. Ganz in der Nähe liegt der Marmorbruch „Goldader“ (Übersichtsplan Nr. 7), von dem Teile der maschinellen Ausrüstung erhalten sind. Er wurde nach dem Zweiten Weltkrieg erschlossen.

Östlich des Kerkerbachs auf Gaudernbacher Gemarkung liegen mehrere Steinbrüche, die erst nach dem Bau der Kerkerbachbahn (1884-1888) angelegt wurden. Darunter auch der „Orania-Steinbruch“, in dem Marmor und später auch Terrazzozuschlag gewonnen wurde (Übersichtsplan Nr. 9).

Auf halbem Weg nach Wirbelau liegen in der Flur Kölken zwei Steinbrüche, in denen von der Firma Jörissen ein stark gemusterter, von Fossilien durchsetzter Marmor gewonnen wurde. Trümmer des Vorriffs, der dem Meer zugewandten Teile des Riffs, wurden zu einem Marmor, der ausschließlich Grautöne hat. Dieser Marmor wurde besonders nach dem Krieg für die Ausstattung von Kirchen und Bildhauerarbeiten verwandt (Übersichtsplan Nr. 15 und 16). Beide Brüche sind gut in der Landschaft erkennen.

(Willi Wabel, 2021)

Literatur

Kirnbauer, Thomas (o.J.)
Nassauer Marmor oder Lahnmarmor. Ein weltweit bekannter Naturwerkstein aus Deutschland. In: SDGG, Heft 59 – Denkmalgesteine: Festschrift – Wolf-Dieter Grimm, 2008.
Wabel, Willi; Becker, Axel (2021)
Vom Tropenriff zum Denkmal. 400 Jahre Schupbacher Marmor. o. O.

Schupbacher Marmorsteinbrüche im Kerkerbachtal

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Willi Wabel, „Schupbacher Marmorsteinbrüche im Kerkerbachtal”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/SWB-343094 (Abgerufen: 26. April 2024)
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