Die jüdische Gemeinde in Essen seit dem frühen 19. Jahrhundert: Schon im Mittelalter lebten Juden in Essen. Die Ansiedlung wurde in der Frühen Neuzeit zumeist restriktiv gehandhabt. Erst im 19. und vor allem im frühen 20. Jahrhundert wuchs die jüdische Bevölkerung erheblich an. Zur Synagogengemeinde Essen gehörten auch Steele (bis 1879), Kettwig, Werden und Borbeck. Im Mai 1945 gründeten Überlebende eine neue jüdische Gemeinde. Gemeindegröße um 1815: 279 (1816), um 1880: 1053 (1885), 1932: 5045, 2006: 794 (vorstehende Angaben alle nach Reuter 2007).
Die Synagoge 1683 wird erstmals eine Synagoge in Essen erwähnt. 1685, 1808 und 1870 konnten Neubauten errichtet werden.
Am Essener Jahrhundertbrunnen, der an die Inbesitznahme der bis dahin selbständigen Stift und Stadt Essen durch preußische Truppen erinnert (Grundsteinlegung 3. August 1902), entstanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts weitere Bauten, die von der Vielfalt des religiösen Lebens in Essen Zeugnis ablegen sollten: das katholische Hospiz (Umbau der vormaligen Gesellenhauses 1895, Fassade 1912), die Altkatholische Friedenskirche (1916) und die Synagoge.
„1907 fand ein Architektenwettbewerb für den Bau einer neuen Synagoge statt. Die Essener jüdische Gemeinde war mit der Großstadtwerdung Essens gewachsen und benötigte ein größeres Versammlungshaus.“ In Zusammenarbeit mit Gemeinde und Rabbiner entstand mit dem monumentalen Kuppelbau eine der großen Synagogen Deutschlands mit 70 Metern Länge, 30 Metern Breite und einer Kuppelhöhe von 34 Metern (nach: „Bauten am Steeler Tor“). 1913 wurde die Neue Synagoge – zunächst auch „Synagoge am Steeler Tor“ genannt – nach zweijähriger Bauzeit fertiggestellt und eingeweiht. Architekt des Gotteshauses und des unmittelbar benachbarten Rabbinerhauses war das zeitweilige Mitglied der „Darmstädter Künstlerkolonie“ Edmund Hermann Georg Körner (1874-1940). Der in Essen erfolgreiche und angesehene Architekt Körner erhielt nach 1933 wegen seiner Beteiligung an diesen Bauten ein zeitweiliges Bauverbot für den Gau Essen.
Zusammen mit dem Rabbinerhaus wurde die Synagoge in der Pogromnacht vom 9. November 1938 in Brand gesetzt und im Innenbereich zerstört; außen blieb das Gebäude dabei weitgehend intakt. Die zunächst noch kleine jüdische Nachkriegsgemeinde nutzte das Rabbinerhaus – die Synagoge selbst blieb ungenutzt – bis 1959 als Gemeindezentrum, bevor der Umzug in die am 21. Oktober 1959 eingeweihte Neue Synagoge am Sedanplatz erfolgte (zentralratdjuden.de). In der früheren Synagoge wurde dann 1960/1961 ein Museum für Industriedesign eingerichtet, das Haus Industrieform. „Von 1986 bis 1988 wurde der Innenraum mit Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen im Ansatz rekonstruiert, so dass er in seinen früheren synagogalen Konturen wieder erkennbar ist.“ (de.wikipedia.org) Weitere Umbaumaßnahmen mit dem Ziel, die Alte Synagoge zum „Haus jüdischer Kultur“ weiterzuentwickeln, folgten. Seit 1988 wird die Alte Synagoge Essen als historisch-politisches Dokumentationsforum, kommunale Gedenkstätte und kulturelles Begegnungszentrum genutzt. Im ehemaligen Rabbinerhaus der Synagoge residiert seit 2011 das 1986 gegründete Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte, das dort u.a. ein Archiv und eine Bibliothek unterhält.
Bei einem Anschlag bewarfen am 7. Oktober 2000 ca. 250 Randalierer nach einer Demonstration libanesischer Palästinenser die Alte Synagoge mit Steinen und verursachten Schäden in Höhe von rund 100 000 DM. Einer der Haupttäter wurde dafür später zu 30 Monaten Haft verurteilt.
Hinweise Das als Baudenkmal ausgewiesene Synagogengebäude gehört heute zu den größten, besterhaltenen und architektonisch beeindruckendsten Zeugnissen jüdischer Kultur der Vorkriegszeit in Deutschland. Das Objekt „Alte Synagoge Essen“ ist wertgebendes Merkmal des historischen Kulturlandschaftsbereiches Essen (Kulturlandschaftsbereich Regionalplan Ruhr 279). Die Synagoge Essen ist Teil der interaktiven Online-Ausstellung der Vereinten Nationen „7 Places - Sieben Orte in Deutschland“, die mit Hilfe eines Zeitstrahls die Erinnerung an den Holocaust, die Shoah, ebenso lebendig hält wie den laufenden Diskurs über die Erinnerungskultur (www.7places.org).
Quelle Text der Informationstafel „Bauten am Steeler Tor im 20. Jahrhundert“ vor Ort (2014).
Internet www.alte-synagoge.essen.de: Haus jüdischer Kultur (abgerufen 15.01.2010 und 27.01.2014) www.baukunst-nrw.de: Alte Synagoge Essen (abgerufen 15.06.2017) www.essen.de: Alte Synagoge Essen, Haus jüdischer Kultur (abgerufen 15.06.2014, Inhalt nicht mehr verfügbar 31.08.2021) www.sprachkasse.de: Chajms Sicht, „Als die Alte Synagoge Essen noch nicht alt war“, historische Fotos von Architekt Edmund Körner, Synagoge und Gemeindehaus (abgerufen 11.03.2016) www.zentralratdjuden.de: Synagoge und Gemeindezentrum Sedanplatz (abgerufen 27.01.2014, Inhalt nicht mehr verfügbar 31.08.2021) de.wikipedia.org: Alte Synagoge Essen (abgerufen 15.01.2010 und 27.01.2014) de.wikipedia.org: Liste von Anschlägen auf Juden und jüdische Einrichtungen im deutschsprachigen Raum nach 1945 (abgerufen 19.08.2019, Inhalt nicht mehr verfügbar 06.01.2022) de.wikipedia.org: Liste von antisemitischen Anschlägen und Angriffen im deutschsprachigen Raum nach 1945 (abgerufen 06.01.2022) www.rheinischemuseen.de: Alte Synagoge Essen (abgerufen 10.03.2020) www.7places.org: Online-Ausstellung „7 Places - Sieben Orte in Deutschland“ (abgerufen 17.08.2021)
Literatur
Pracht-Jörns, Elfi (2000)
Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen, Teil II: Regierungsbezirk Düsseldorf. (Beiträge zu den Bau- und Kunstdenkmälern im Rheinland 34.2.) S. 105-118, Köln.
Reuter, Ursula (2007)
Jüdische Gemeinden vom frühen 19. bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, VIII.8.) S. 39, Bonn.
Der hier präsentierte Inhalt ist urheberrechtlich geschützt. Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Möchten Sie dieses Objekt in der Kuladig-App öffnen?
Wir verwenden Cookies
Dies sind zum einen technisch notwendige Cookies,
um die Funktionsfähigkeit der Seiten sicherzustellen. Diesen können Sie nicht widersprechen, wenn
Sie die Seite nutzen möchten. Darüber hinaus verwenden wir Cookies für eine Webanalyse, um die
Nutzbarkeit unserer Seiten zu optimieren, sofern Sie einverstanden sind. Mit Anklicken des Buttons
erklären Sie Ihr Einverständnis. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Datenschutzseite.