Die jüdische Gemeinde in Zündorf seit dem frühen 19. Jahrhundert
Die Synagoge in Zündorf
Nachtrag 2022
Quellen, Internet, Literatur
Die jüdische Gemeinde in Zündorf seit dem frühen 19. Jahrhundert
Schon um 1700 sind jüdische Einwohner bezeugt. Seit 1865 gehörte die Spezialgemeinde Zündorf mit den Juden der Bürgermeistereien Heumar, Wahn und Rösrath zur Synagogengemeinde des Kreises Mülheim am Rhein. 1929 Anschluss an Köln.
Gemeindegröße um 1815: o. A., um 1880: 68 (1885: Wahn), 1932: -, 2006: -.
Bethaus / Synagoge: Ein erster Betraum wurde 1713 eingerichtet, 1882 konnte ein Synagogenneubau eingeweiht werden. Die Synagoge musste im Februar 1938 verkauft werden und wurde später zu einem Wohnhaus umgebaut. (Reuter 2007)
Die letzten jüdischen Bürger aus Zündorf wurden 1942 über „Deutz-Tief“ in die Vernichtungslager deportiert (Groten u.a. 2006, S. 612).
Die Synagoge in Zündorf
Das heute noch vorhandene Gebäude der ehemaligen Synagoge in Zündorf wurde 1880 bis 1882 errichtet und besteht aus Ziegelsteinen. Nach Westen befinden sich drei Fenster (1,50 x 2,50 Meter), ausgestattet mit zwei Kreisbogenfenstern. Das Grundstück hatten Lazarus Meyer und Simon Salomon der Spezial-Synagogengemeinde 1883 verkauft bzw. geschenkt. 1882 wurde die Synagoge fertig gestellt, die Weihefeier fand am 18. August 1882 statt. Die Sondersynagogengemeinde des Landkreises Mülheim hatte 1927 in Zündorf 75 Mitglieder.
Am 9. Februar 1938 erfolgte die Veräußerung der Synagoge und der anschliessende Umbau zu einem Einfamilienhaus. Ein Keller, der ostwärts im Hof lag, erhielt 1939 eine Betondecke, möglicherweise handelte es es sich hierbei um die Mikwe. Das heute verputzte Gebäude, etwas von der Straße zurückversetzt, läßt die ehemalige Funktion nicht mehr erkennen.
Zum 9. November 2011 wurde in einer Feierstunde eine Bronze-Plakette an dem heutigen Wohnhaus angebracht, die an dessen Geschichte als Synagoge in den Jahren 1882-1938 erinnert. Die eine Abbildung der Synagoge rahmende Inschrift lautet:
1882 wurde die Zündorfer Synagoge errichtet.
Das Gebäude wurde 1938 verkauft.
Geplant ist ferner, auf dem jüdischen Friedhof in Zündorf eine Gedenkstele zu errichten, auf der die Namen der ermordeten Zündorfer Juden verewigt sind (Kölner Stadt-Anzeiger 2011).
(Klaus-Dieter Kleefeld, LVR-Redaktion KuLaDig, 2011)
Nachtrag 2022
Der Heimatforscher Hans Burgwinkel berichtet in der Dokumentation zur Synagoge Zündorf, dass sich wohl schon vor 1700 Juden in Unterzündorf angesiedelt haben dürften: „So wurde am 2. Juli 1708 ein Jude namens Isachar aus Zündorf auf dem alten jüdischen Friedhof in Deutz beerdigt.“ (hier und nachfolgend nach poller-heimatmuseum.de)
Ferner wird ein Andreas Salomon ab 1713 in Zündorf genannt und Juden erscheinen seit Beginn des 18. Jahrhunderts als Haus- und Grundbesitzer, als Geldgeber bei Immobiliengeschäften wie auch als arme „Betteljuden“: „Um 1810 machten Juden in Zündorf folgende Berufsangaben: Handelsjude, Handelsmann, Händler, Kaufhändler, Kaufmann, Kleinhändlerin, Lotterieeinnehmer, Lumpensammler, Metzger, Rentner, Roßarzt, Roßhändler, Schacherer, Schneider, Schullehrer, Seiler, Viehhändler.“
Nachdem die rechtsrheinischen Juden bislang zur Synagogengemeinde Mülheim gehörten, wurde 1853 wurde die „Spezial-Synagogengemeinde Zündorf“ innerhalb der Jüdischen Gemeinde Mülheim geschaffen.
Die unmittelbar nach der NS-Zeit 1945 wieder begründete jüdische Synagogen-Gemeinde Köln führt im Zündofer Nachbarstadtteil seit 2004 das Begegnungszentrum Porz, das 2005 als interkulturelles Zentrum der Stadt Köln anerkannt wurde. Vorrangiges Ziel dieser Einrichtung ist es, Migranten bei deren Integration zu unterstützen. Dies geschieht durch Beratung und Unterstützung, etwa bezüglich Bildung und Ausbildung, sowie durch kulturelle Angebote und solchen zur Freizeitgestaltung (www.sgk.de).
Nachrichten zu einem ersten Zündorfer Bethaus, das 1784 bei dem Jahrhunderthochwasser des „Großen Eisgangs“ zerstört worden sei, gelten als unsicher.
Das Doppelgrundstück für den Neubau einer Zündorfer Synagoge stellten die jüdischen Handelsleute Lazarus Meyer und Simon Salomon zur Verfügung, erst 1883 wurde es förmlich an die Judengemeinde übertragen.
Im Jahr 1938 wurde das Gotteshaus an einen Zündorfer Privatmann „verkauft“ - dies geschah offenbar, um der NS-Zwangsmaßnahme einer Enteignung im Sinne der „Arisierung“ zuvorzukommen: Als Preis wurden Ende 1937 gerade einmal 800 Mark zwischen der in der Roonstraße ansässigen Kölner Synagogengemeinde und dem Kaufinteressenten verhandelt... Bereits 1938 hatte der Kaufmann Salomon versucht, einen Widerspruch zum Umbau der Wohnraumfenster einzulegen. Dieser wurde mit einer Stellungnahme des Bauamts der Stadt Porz vom 8. März abgelehnt, „da sich die vorgenannten Juden gänzlich außerhalb der Volksgemeinschaft stellen und sie durch den Umbau der Synagoge in keiner Weise geschädigt werden“.
Die Umstände des „Verkaufs“ und der nachfolgenden Aufteilung des Grundstücks wurden erst lange nach der NS-Zeit um 1960 gerichtlich geklärt.
Nach einem Besitzerwechsel wurde das als Wohnhaus genutzte, nur 8,9 x 6,7 Meter Grundfläche einnehmende Gebäude von 2020 bis Ende 2021 umfassend renoviert und umgestaltet. Dabei wurde behutsam vorgegangen, so dass die Architektur der vormaligen Synagoge erkennbar blieb bzw. teils auch erst wieder aufzeigbar wurde. Bei den Arbeiten wurde u.a. die ursprüngliche Fenstergliederung wieder hergestellt und zuvor vermauerte Rundbogenfenster im oberen Geschoss freigelegt (vgl. Abb.).
Vermutet wird, dass sich im Inneren der kleinen Synagoge einst eine Frauenempore befunden hatte; die ursprüngliche Lage des Thoraschreines ist aufgrund fehlender Spuren unklar.
Der südöstlich angrenzende kleine Vorbau mit einer Grundfläche von etwa 4 x 8 Meter wurde offenbar erst später zwischen 1882 und 1938 ergänzt. Im dortigen Keller befindet sich ein seitlicher Zugang zu einem Brunnen, der jedoch offenbar keine Mikwe war. Für die Existenz eines solchen religiös-rituellen Tauchbads liegen auch keine sonstigen Hinweise vor und der Schacht wäre dafür wohl auch zu schmal gewesen.
In Zusammenarbeit mit der Webseite und Ausstellung Poller Heimatmuseum wurde der ortsgeschichtliche Kontext der Synagoge zu ihrem dörflichen Umfeld im Bereich der Marktstraße dokumentiert, darunter auch zu dem benachbarten Haus des jüdischen Metzgers Salomon (vgl. umfassend unter poller-heimatmuseum.de).
(Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2022)
Quellen
- Porz, „Vergessenes und Verborgenes sichtbar machen“, in: Kölner Stadt-Anzeiger vom 10. November 2011.
- Freundliche Hinweise des Eigentümers Raimund Hamacher, der Mieterin Doris Offermann und von Hans Burgwinkel, Poller Heimatmuseum (24.09.2022).
Internet
poller-heimatmuseum.de: Synagoge Zündorf (abgerufen 26.09.2022)
www.future-history.eu: Ansicht der Synagoge Zündorf 1939 (abgerufen 20.01.2020)
de.wikipedia.org: Synagoge Zündorf (abgerufen 24.01.2013)
www.zentralratderjuden.de: Synagogen-Gemeinde Köln K.d.ö.R. (abgerufen 27.09.2022)
www.sgk.de: Synagogen-Gemeinde Köln, Begegnungszentrum Porz, Theodor-Heuss-Straße 43-45 (abgerufen 27.09.2022)
synagogen.info: Porz-Zündorf (abgerufen 24.01.2013, Inhalt nicht mehr verfügbar 07.04.2021)