Eisenbahnstrecke von Alpen nach Büderich

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Alpen
Kreis(e): Wesel
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 35′ 52,93″ N: 6° 30′ 34,03″ O 51,59803°N: 6,50945°O
Koordinate UTM 32.327.507,85 m: 5.719.270,82 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.535.343,77 m: 5.718.302,73 m
  • Ehemaliger Bahnhof in Wesel-Büderich (2014). Aufstellgleise des Salzbergwerkes

    Ehemaliger Bahnhof in Wesel-Büderich (2014). Aufstellgleise des Salzbergwerkes

    Copyright-Hinweis:
    Claus Weber CC BY-SA 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Claus Weber
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  • Ehemaliger Bahnhof in Wesel-Büderich (2014). Salztransportwagen der Fa. ESCO

    Ehemaliger Bahnhof in Wesel-Büderich (2014). Salztransportwagen der Fa. ESCO

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Die Eisenbahnstrecke von Alpen nach Büderich war eine Verbindungsstrecke zwischen der Bahnlinie von Duisburg nach Kleve und der von Wesel nach Venlo. Sie wurde 1904 in Betrieb genommen. Genutzt wurde sie bis 2015.

Geschichte bis 1945
Die Zeit nach 1945
Betriebsstellen
Salzbergwerk Borth und die Solvay-Bahn
Quellen, Literatur und Links

Geschichte bis 1945
Die Bahnstrecke von Wesel nach Venlo, Teil der Pariser Bahn von Venlo nach Hamburg, wurde am 31. Dezember 1874 von der Cöln-Mindener Eisenbahn eröffnet. Im Bereich Menzelen legte man einen Bahnhof an. In Büderich gab es zu dieser Zeit noch keinen Bahnhof. Dieser wurde erst 1881 in Betrieb genommen.
Die neue Bahnlinie von Duisburg nach Kleve wurde am 15. August 1904 von der preußischen Staatsbahn in Betrieb genommen. Im Bereich Menzelen führte sie über eine Brücke über die Bahnstrecke von Wesel nach Venlo hinweg. Zeitgleich mit der Eröffnung der Klever Bahn wurde die Verbindungsstrecke zwischen beiden Bahnstrecken eröffnet, am 15. August 1904. Sie besaß eine Länge von 2,8 Kilometern zwischen den Bahnhöfen Menzelen und Alpen.
Diese Verbindung sollte auch dazu dienen, das überlastete Bahnnetz im Ruhrgebiet nördlich und westlich zu umgehen. Den Bahnhof in Haltern erweiterte man zeitgleich zu einem großen Rangierbahnhof. Damit konnten Waggons, die ins westliche Ruhrgebiet bzw. weiter nach Westen (Aachen, Luxemburg) laufen sollten, in Haltern ausrangiert und über die neue Verbindung Richtung Rangierbahnhof Hohenbudberg geleitet werden. Zur Abwicklung des Verkehrs auf der Verbindungsbahn wurde das neue Stellwerk Menzelen West (tief) ebenfalls 1904 in Betrieb genommen. 1908 verlegte man den alten Bahnhof Menzelen Richtung Westen und eröffnete den neuen Turmbahnhof Menzelen West.
Die Verbindungsbahn erhielt parallel zur Xantener Bahn nördlich vom Bahnhof Alpen ein zweites Gleis unabhängig vom Streckengleis nach Kleve. Das Gleis führte weiter durch den Güterbahnhof in Menzelen bis nach Büderich. In den beiden Endbahnhöfen gab es die Übergänge zu den beiden Hauptbahnen.
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Im Bahnhof Büderich wurde das Salzbergwerk Borth (in Betrieb genommen 1924) an den Bahnhof angeschlossen. Von hier fuhren die Züge mit Salzwagen Richtung Osten und über die Verbindungsstrecke Richtung Süden.
In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg gab es ab etwa 1907 umfangreiche Planungen zur Erweiterung des Streckennetzes. Vorrangig war dabei die Entlastung des Ruhrgebietes, dessen Schienennetze und Rangierbahnhöfe chronisch überlastet waren. Zu den geplanten Strecken gehörte die Bahn von Neuss an die Ahr. Nördlich von Neuss sollte eine weitere Bahnstrecke über Krefeld, Kamp-Lintfort nach Alpen errichtet werden. Von Alpen ging es dann weiter, wie bereits praktiziert, nach Haltern. Der Verbindungsbahn wäre damit eine größere verkehrliche Bedeutung zugewachsen. In Lintfort war eine Kreuzung mit der geplanten Bahnstrecke von Baerl nach Geldern vorgesehen.
Darüber hinaus besaßen die geplanten Bahnstrecken auch eine strategische Bedeutung in den militärischen Plänen zur Vorbereitung des Ersten Weltkrieges. Auf ihnen sollten Menschen und Material Richtung Niederlande bzw. Belgien/Frankreich aus dem Reich an die Front transportiert werden. Während die Bahnstrecke von Baerl nach Geldern auch tatsächlich gebaut, aber nie in Betrieb genommen wurde, sind von der geplanten Strecke von Alpen nach Krefeld nur Brückenbauwerke im Bereich Kamp-Lintfort errichtet worden.

Die Verbindungsbahn erfüllte zwischen den beiden Weltkriegen und auch im Zweiten Weltkrieg ihre Funktion als Verbindungsbahn und Umgehungsbahn des nördlichen und westlichen Ruhrgebietes. Außerdem diente sie den Transporten der Produkte des Salzbergwerkes Borth und der Solvay-Werke.
Die zunehmenden Angriffe alliierter Flieger führten zu Zerstörungen an der Verbindungsbahn. Ab September 1944 kam es zu direkten Kampfhandlungen an den niederrheinischen Bahnstrecken. Am 9. März 1945 wurde der linksrheinische Raum von der deutschen Wehrmacht geräumt. Am 23. März 1945 setzten alliierte Truppen über den Rhein, am selben Tag wurde die Weseler Rheinbrücke endgültig zerstört. Der Bahnverkehr war da schon länger eingestellt.
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Die Zeit nach 1945
Nach der Eroberung des Niederrheins durch alliierte Truppen im März 1945 und dem weiteren Vormarsch Richtung Berlin mussten Bahnverbindungen wieder hergestellt werden, um den Nachschub an Truppen und Material zu gewährleisten. Vordringlich war dabei die Querung des Rheins. Es wurde eine provisorische Eisenbahnbrücke südlich von Wesel angelegt, parallel zur vorhandenen, aber zerstörten Straßenbrücke. Über eine Verbindungsbahn wurde die Bahnstrecke bei Büderich angeschlossen. Über diese neue Bahnstrecke mit Rheinbrücke konnten nun alliierte Versorgungszüge aus den Niederlanden über Mönchengladbach und Viersen bis Krefeld fahren. Von Krefeld aus gab es drei Möglichkeiten, auf die rechte Rheinseite zu gelangen (Stand 14. Mai 1945): Zum einen über die Hochfelder Brücke ins zentrale Ruhrgebiet (über die Strecke von Krefeld nach Bochum). Zum anderen über die Strecke nach Kleve bis Geldern, dort über eine Verbindungsbahn zum Bahnhof Geldern Ost und weiter auf der Strecke von Venlo nach Wesel über die provisorische Weseler Bahnbrücke. Oder man fuhr über die Krefelder Kreisbahn von Krefeld nach Moers, dort auf die Strecke Richtung Kleve und über die Verbindungsbahn von Alpen nach Büderich Richtung provisorischer Rheinbrücke nach Wesel.
Durch die Zerstörung der Weseler Bahnbrücke musste sich der linksrheinische Bahnverkehr in der Nachkriegszeit neu organisieren, da die Züge aus dem Westen und Süden nur noch bis Büderich fuhren. Ab 1946 wurde auch der zivile Bahnverkehr wieder aufgenommen. Da noch zahlreiche Abschnitte gestört waren, wurden neue Bahnverbindungen aufgenommen. Für die Verbindungsbahn bedeutend waren die Fahrten von Krefeld über Moers und Menzelen (West) nach Büderich, die ab 1946 eingerichtet wurden. Erstmals gab es damit auf der Verbindungsbahn regelmäßige Personenzüge. Es gab drei Personenzugpaare, die von Krefeld nach Büderich anderthalb Stunden unterwegs waren. In Höhe des Bahnhofes Menzelen West wurde an der Verbindungsbahn eigens ein provisorischer Bahnsteig errichtet.
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In den 1940er Jahren nahm die Zahl der Züge noch zu, 1947 gab es acht Züge zwischen Büderich und Moers. Zusätzlich gab es noch direkte Züge zwischen Geldern und Moers über die Verbindungsbahn, die im Bahnhof Menzelen West die Fahrrichtung wechselten.
Im Herbst 1948 konnte die Bahnstrecke von Duisburg nach Kleve nach Beseitigung der Kriegsschäden den vollständigen Betrieb wieder aufnehmen. Am 3. Oktober 1948 endeten daher die Fahrten zwischen Moers und Büderich über die Verbindungsbahn. Es gab nun wieder Züge zwischen Büderich und Geldern sowie von Duisburg nach Kleve, die sich im Turmbahnhof Menzelen West kreuzten.
Allerdings ging die Zahl der Passagiere in den frühen 1950er Jahren stark zurück; zudem war die Landschaft auch nie dicht genug besiedelt gewesen, um ausreichende Passagierzahlen generieren zu können. Die Personenzüge zwischen Büderich-Ost und Geldern wurden zum 29. Mai 1960 eingestellt.
Auf der Verbindungsbahn verblieben die Güterzüge, vor allem die Güterzüge des Salzbergwerkes und der Solvay-Werke in Rheinberg. Nach dem Ende des Personenverkehrs und des Güterverkehrs auf der Venloer Bahn wurden die Gleisanlagen im Bahnhof Büderich stark zurückgebaut, es blieb der Verkehr zum Salzbergwerk. Die Züge mit Streusalz wurden vom Bergwerk über die Solvay-Bahn bis zum Übergabebahnhof gefahren. Dort holten sie die Lokomotiven der Deutschen Bundesbahn ab und fuhren über die Verbindungskurve auf die Strecke nach Süden.
Der Bahntransport des Salzes aus dem Bergwerk wurde 2015 eingestellt. Damit endete auch der Betrieb auf der Verbindungskurve; die Stilllegung wurde am 14. Mai 2019 vom Eisenbahn-Bundesamt genehmigt.
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Betriebsstellen
Die Strecke weist eine Länge von rund sieben Kilometern auf. Die Streckenkilometrierung beginnt in Alpen.
(Bf = Bahnhof, Hp = Haltepunkt; jeweils aktuelle bzw. letzte Bezeichnung)
Bahnkilometer
Name
0,0
Bf Alpen (Übergang zur Strecke von Kleve nach Rheinhausen)
2,6
Bf Menzelen West (1945-1948)
4,5
Hp Menzelen Ost (1908-1960)
6,6
Bf Büderich (Übergang zur Strecke von Venlo nach Wesel und zur Solvay-Bahn)
7,3
Hp Büderich Ost
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Salzbergwerk Borth und die Solvay-Bahn
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gab es auch am Niederrhein geologische Untersuchungen auf abbaubare Steinkohlenvorkommen. Dabei fanden sich im Raum Borth umfangreiche Salzlagerstätten. Die Relikte eines Meeres aus der Perm-Zeit (Werra Serie, Zechstein 1, 2,6 bis 2,5 Millionen Jahre) liegen oberhalb der Kohlenflöze. Die niederrheinische Salzpfanne hat eine Mächtigkeit um 200 Meter und erstreckt sich von Rheinberg bis ins niederländische Winterswijk.
1897 wurde bei Borth die Salzlagerstätte entdeckt, durfte aber zunächst nicht abgebaut werden. Wegen der Nähe zum geplanten Salzbergwerk erbauten bis 1906 die Deutschen Solvay-Werke bei Rheinberg eine Sodafabrik. Soda wird zur Herstellung von Glas und Seifen benötigt. Die Fabrik musste zunächst Salze aus anderen Abbauorten nutzen. Zum Transport der Materialien wurde am 27. Juni 1907 die Werftbahn der Deutschen Solvay-Werke Rheinberg konzessioniert.
Die Salze aus Borth mussten im untertägigen Abbau gefördert werden, so dass zwischen Borth und Wallach die Doppelschachtanlage Wallach I + II abgeteuft wurde. Wegen des stark wasserführenden Deckgebirges brachte man die Schächte im Gefrierverfahren nieder. Dieses erste Bergwerk musste wegen Wassereinbruchs bald aufgegeben werden. Die Schächte verfüllte man in den 1970er Jahren, die Fördergerüste sind demontiert.
Nördlich der alten Anlage wurde die Doppelschachtanlage Borth I + II neu angelegt. Wegen größerer Probleme konnte die Anlage erst 1924 Jahren in Betrieb genommen werden. 1926 erreichten die Borth-Schächte mit 850 Metern die Endteufe. Ebenfalls 1926 konnte der Hafen in Ossenberg und der dortige Bahnanschluss eröffnet werden.
Der Großteil des geförderten Salzes wurde über den Hafen versandt, lediglich ein geringer Teil von rund sechs Prozent (Stand: 1928) lief über Büderich. In Büderich lagen die Gleise der Werkbahn südlich der Ladestraße und waren über zwei Verbindungen am Ost- und Westkopf des Bahnhofs mit dem Netz der Bahn verbunden.
In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Produktpalette des Solvay-Werkes erweitert, sodass mehrere chemische Fertigungsanlagen gebaut wurden. Gleichzeitig nahm die Förderung im Salzbergwerk zu. Auf der Werksbahn mussten nun erhebliche Mengen an Salzen zum Werk transportiert werden als auch Fertigprodukte an die Deutsche Bundesbahn übergeben werden. Dementsprechend wurden auch die Gleisanlagen erweitert. Anfang der 1980er Jahre wies der Borther Teil eine Gleislänge von 19,6 Kilometern, der Rheinberger Teil eine von 31,8 Kilometern auf.
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Zu Beginn der 2000er Jahre strukturierte sich die Salzindustrie neu. Die Solvolyse AC ging in der Europäischen Salz-Cooperative/European Salt Company (ESCO) auf.
Der Transport des Salzes aus dem Bergwerk wurden zunehmend auf Lastwagen verlagert. Insbesondere nach dem Bau der neuen Weseler Rheinbrücke 2009 und der Verlagerung des Binnenschiffsumschlages in den Weseler Stadthafen ging der Bahntransport des Bergwerkes deutlich zurück und wurde schließlich 2015 eingestellt. Damit endete auch der Betrieb auf der Verbindungskurve; die Stilllegung wurde am 14. Mai 2019 vom Eisenbahn-Bundesamt genehmigt. Die Gleisanlagen im Nordteil der Solvay-Bahn zwischen Ossenberg und Büderich wurden abgebaut.
Das Fachwerk-Doppelbockfördergerüst über Schacht II mit viertürmiger Förderanlage wurde 2006 abgerissen und durch ein modernes Vollwandstrebengerüst mit höherer Tragkraft und nur zweitürmiger Förderung ersetzt. Der Stahlbeton-Förderturm über Schacht I von 1964 ist weiterhin in Betrieb (nach wikipdia.org).
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(Claus Weber, LVR-Redaktion KuLaDig, 2023)

Quellen
Beiträge diverser Autoren im Online-Portal drehscheibe-online.de.

Hinweis
Der Text wurde im Rahmen des Projektes „Eisenbahnen am Unteren Niederrhein“ 2023 erstellt.

Internet
nrwbahnarchiv.bplaced.net: NRW Bahnarchiv von André Joost, Alpen - Büderich (Abgerufen: 06.10.2023)
de.wikipedia.org: Bahnhof Büderich (Abgerufen: 06.10.2023)
de.wikipedia.org: Solvay-Werksbahn (Abgerufen: 06.10.2023)
de.wikipedia.org: Salzbergwerk Borth (Abgerufen: 06.10.2023)
www.drehscheibe-online.de: Besichtigung der Solvay-Werksbahn 2007, geschrieben von: stefan p. am 05.03.2017 (mit Bildern vom Bahnhof Büderich, Hafen Ossenberg, der Solvay-Bahn) (Abgerufen: 10.10.2023)
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Literatur

Swoboda, Rolf (2010)
Die Venloer Bahn. Von Haltern über Wesel nach Venlo. Berlin.

Eisenbahnstrecke von Alpen nach Büderich

Schlagwörter
Ort
Alpen
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten, Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn 1904, Ende 2019

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Urheberrechtlicher Hinweis
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Claus Weber: „Eisenbahnstrecke von Alpen nach Büderich”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-345812 (Abgerufen: 28. April 2024)
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