Die Poller Köpfe sind eine Mitte des 16. Jahrhunderts begonnene und über 250 Jahre fortgeführte Uferbefestigungsanlage am rechtsrheinischen Ufer gegenüber von Köln. Möglicherweise geht der Ortsname „Poll“ über alte Bezeichnungen wie „Polder“, „Pähl“ oder „Pöhl / Pohl“ (Pfahl oder Pfuhl) auf historische Regulierungsmaßnahmen des Rheins zurück.
Die „Poller Köpfe“- Köln ohne Rhein? Es wäre für die Stadt Köln eine Katastrophe gewesen! Der Rhein fließt nicht im gewohnten Flussbett, sondern sucht sich einen neuen Verlauf. Statt westlich verläuft der Fluss auf einmal ab Poll östlich an Deutz vorbei, um dann erst in Mülheim ins alte Flussbett zurückzukehren. Klingt aberwitzig - aber diese Gefahr drohte ab ca. dem 12. Jahrhundert. Und es passierte bereits vereinzelt bei Hochwasser und Eisgängen: In Köln kam nur noch ein flaches Rinnsal an, der Fluss suchte sich ein neues Bett. Höchste Alarmstufe für die Stadt, denn damit war die grundsätzliche Schiffbarkeit des Rheins gefährdet und somit Kölns Wohlstand. Ohne den Handel, welcher zum größten Teil über den Rhein abgewickelt wurde, und ohne das äußerst lukrative Stapelrecht wäre Köln bedeutungslos geworden.
Köln ohne Rhein? Undenkbar! Daher wurde bereits seit dem 12. Jahrhundert das Poller Rheinufer befestigt, um eine solche „Umleitung“ zu verhindern. Durch Anpflanzungen und Dämme entlang der heutigen Poller Wiesen sollte verhindert werden, dass Köln vom Rheinstrom abgeschnitten würde. Problematisch war allerdings, dass Poll damals noch nicht zur Stadt gehörte, sondern zu den Besitztümern des Erzbischofs, mit dem die Kölner regelmäßig im handfesten Streit lagen. Doch auch der Erzbischof war nicht daran interessiert, dass Köln seinen Rang als Handelsmetropole verlieren könnte. Großzügig erlaubte der Kirchenmann, dass die Kölner Weiden zur Uferbefestigung auf seinem Grund pflanzen durften - allerdings auf Kosten der Kölner Bürgerschaft.
Das Mammutprojekt „Poller Köpfe“ Doch diese Uferbefestigung war nicht stark genug, um bei Hochwasser nachhaltig eine mögliche Veränderung des Flussbettes zu unterbinden. Daher nahm die Stadt Köln im Jahr 1557 das Poller Ufer in Erbpacht, um ein Mammutprojekt in Angriff zu nehmen: Die „Poller Köpfe“. Auch hier bat der Erzbischof die Kölner kräftig zur Kasse: Die Pachtzahlung bestand in zwei Tonnen Heringen pro Jahr und zusätzlich in einem vergoldeten Geschirr - und für jeden neuen Erzbischof auch ein neues Goldgeschirr. Ab 1560 begannen die Bauarbeiten. Es wurden schwere Uferbefestigungen („Köpfe“) angelegt. Dafür wurden massive Eichenstämme mit Querbalken im Flussgrund befestigt. Die so entstanden Kästen wurden mit Basaltbrocken gefüllt. Die Dimensionen dieser Anlage waren gewaltig: Mehrere Hundert Meter lange und etwa acht Meter breite Konstruktionen, welche bis zu 3 Meter aus dem Wasser herausragten. Zur Beschaffung des nötigen Bauholzes erwarb die Stadt Köln ein eigenes Waldgrundstück. Um das Bollwerk gegen die Kräfte des Rheins noch weiter zu sichern, wurden alte und beschädigte Rheinschiffe angekauft und - beschwert mit Steinen und gesichert durch in den Boden getriebene Eichenpfähle - gezielt unmittelbar vor den Poller Köpfen versenkt. Damit die Pflege des Bauwerks gesichert war, stellte die Stadt eigens einen „Weidenhüter“ ein: Ein städtischer Beamter mit Wohnsitz auf der Anlage, der diese ständig im Blick hatte. Im Jahr 1641 wurde ein steinernes Wehr zur Unterstützung der Anlage eingebaut. Aber erst mit Bau des Deutzer Hafens ab 1895 wurden die weit in den Rhein ragenden Bestandteile der Poller Köpfe entfernt und durch moderne Befestigungsanlagen ersetzt. Die Halbinsel „Poller Werth“ wurde zum Deutzer Hafen.
Heute Bodendenkmal - auch dank dem Papst Als Uferbefestigung sind heute nur noch die in den Rhein ragenden Buhnen auf den Poller Wiesen zu sehen, die Reste der „Poller Köpfe“ liegen unter den Poller Wiesen. Diese sind nicht nur ein beliebtes Erholungsgebiet, sondern auch als Bodendenkmal geschützt. Im Jahr 2003 wurden dort bei Niedrigwasser zwei im 16. Jahrhundert gezielt zur Verstärkung der „Poller Köpfe“ versenkte „Niederländer“ gefunden (ein spezieller Schiffstyp zum Frachttransport auf dem Rhein). Doch die Archäologen kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus: Bei Probegrabungen stellte sich heraus, dass bis zu 100 weitere Schiffe dort gezielt versenkt wurden. Als dann noch Kampfmittelräumer die Poller Wiese für den Papstbesuch anlässlich des Weltjugendtags 2005 in Köln - Papst Benedikt XVI. hielt vom Schiff aus eine Ansprache für die auf den Poller Wiese versammelten Gläubigen - auf eventuell im Schlick verborgene Weltkriegsbomben untersuchten, fanden sie auch mit Hilfe der dabei eingesetzten Metalldetektoren Teile der alten Befestigungsanlagen der „Poller Köpfe“, wie Eisenschuhe zur Verankerung der Eichenbalken. Daher wurden die Poller Wiesen am 24. Oktober 2005 in die Bodendenkmalliste eingetragen.
Und wenn man sich heute bei gutem Wetter auf den Poller Wiesen sonnt und den Drachen, die dort regelmäßig steigen, zusieht, ahnt man kaum, dass genau hier massive Uferbefestigungen gestanden haben. Ohne diese wäre Köln eventuell vom Rhein abgeschnitten worden. Und dann wäre es aus gewesen mit „Köln am Rhein“.
Objektgeometrie Die hier für die Poller Köpfe eingezeichnete Geometrie folgt mit aller Vorsicht dem Bild, wie es sich noch auf den historischen Karten der zwischen 1836 und 1850 erarbeiteten Preußischen Uraufnahme im Bereich zwischen Westhoven und Deutz zeigt (vgl. Kartenansicht).
(Uli Kievernagel, Köln, 2023)
Internet www.koeln-lotse.de: Die „Poller Köpfe“- Köln ohne Rhein? (Uli, der Köln-Lotse vom 08.0(.2024, abgerufen 26.08.2024) www.koeln-lotse.de: Die „Poller Köpfe“- Köln ohne Rhein? (Uli, der Köln-Lotse vom 20.05.2023, abgerufen 22.05.2023, Inhalt nicht mehr verfügbar 26.08.2024) rheinische-geschichte.lvr.de: Der Kölner Stapel (Text Christian Hillen, Köln/Bonn, abgerufen 22.05.2023) de.wikipedia.org: Poller Köpfe (abgerufen 22.05.2023) www.stadt-koeln.de: Poll (abgerufen 22.05.2023) www.stadt-koeln.de: Suche in der Denkmalliste (abgerufen 22.05.2023)
Handbuch der Historischen Stätten Nordrhein-Westfalen. (HbHistSt NRW, Kröners Taschenausgabe, Band 273.) S. 610, Stuttgart (3. völlig neu bearbeitete Auflage).
Wilhelm, Jürgen (Hrsg.) (2008)
Das große Köln-Lexikon. S. 353-354, Köln (2. Auflage).
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