Aufgrund des Waffenstillstandsabkommens von Compiègne zum Ende des Ersten Weltkriegs zogen am 6. Dezember 1918 die ersten britischen Truppen über die Aachener Straße in Köln ein. Um 12 Uhr trafen sich der damalige Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer und der Kommandeur der englischen Truppenverbände General Algernon Lawson. Die Besetzung des „Brückenkopfs Köln“ sollte durch ca. 50.000 britischen Soldaten erfolgen und hatte auch eine direkte Auswirkung auf Riehl. Die damals größten Kasernenanlagen von Köln, die Artilleriekaserne Barbarastraße und die Kasernenstadt Boltensternstraße, wurden in „Alexandria Barracks“ und „Minden Barracks“ umbenannt und mit ca. 3.500 englischen Soldaten belegt.
Natürlich reichten diese Unterkünfte für die Soldaten, die Riehl zugewiesen wurden, nicht aus. So wurden zwischen dem Riehler Gürtel und dem Riehler Tal, sowie Garthestraße und Barbarastraße 25 Baracken für weitere Soldaten errichtet. Da die mittleren und höheren Dienstgrade des Militärs das Recht hatten, außerhalb der Kaserne zu wohnen, wurden Wohnungen in Köln und somit auch in Riehl beschlagnahmt. Für die höheren Dienstgrade wurden in Köln ca. 300 Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäuser errichtet. Alleine in Riehl entstanden über 100 Bauten rund um den Botanischen Garten und an der Tiergartenstraße. Für die mittleren Dienstgrade wurden Mehrfamilienhäuser am Riehler Gürtel 74-82 und in der Slabystraße 18-28 gebaut. Erfreulich ist aus heutiger Sicht, dass die Stadt Köln damals nicht so viele Architekten hatte, so dass die Aufträge an freie und zum Teil renommierte Architekten übergeben wurden, wodurch eine große bauliche Vielfalt entstand, die bis heute erhalten ist.
Die Kölner Bevölkerung litt anfänglich sehr unter den Anordnungen der Besatzung. Es bestand eine Grußpflicht und in Köln wurde die englische Zeit eingeführt. Die Versammlungs- und Pressefreiheit wurde eingeschränkt und eine Ausgangssperre verhängt. Ein Architekt hat den Frust an dem Haus Slabystraße 28 zum Ausdruck gebracht. Über der Eingangstüre ist dort heute noch ein Drache zu sehen, der das Kölner Wappen erdrückt (vgl. Abb.). Der derzeitige Hausbesitzer hat diese plastische Darstellung sehr schön farblich unterstützt.
Ein besonderes Ereignis für die britischen Soldaten in Riehl war sicherlich das Rheinhochwasser zum Jahreswechsel 1919/1920. Bei Pegelständen von über 10 Metern waren damals große Teile von Riehl überflutet, darunter die westliche Fahrbahn der Boltensternstraße und Riehler Straße. Die Soldaten bauten Stege oder setzten Menschen mit Kähnen über. Dieses Ereignis war offensichtlich so interessant, dass viele Ansichtskarten vom Hochwasser gemacht und nach England an die Angehörigen verschickt wurden. Natürlich war auch die Freizeit der Soldaten geregelt. Es gab eine Liste der Lokale, die die englischen Soldaten betreten durften. Der Luna-Vergnügungspark gab die Preise bei den Vergnügungen auch in englischer Sprache an. Am Rhein wurden sportliche Aktivitäten angeboten und die Tennisplätze in der Flora standen den Besatzungskräften zur Verfügung.
Am 31. Januar 1926 verließen mit dem Ende der Rheinlandbesetzung infolge der 1925 abgeschlossenen Verträge von Locarno die letzten britischen Soldaten Köln. Die offizielle Kölner „Befreiungsfeier“ fand am 21. März 1926 in der großen Halle des Deutzer Rheinparks statt. Die nun frei gewordenen Wohnungen und Häuser halfen die Wohnungsnot der stark angewachsenen Kölner Bevölkerung zu lindern. Die vielen Villen im Bereich des Botanischen Gartens begründeten das gehobene Wohnniveau von Riehl, das bis heute andauert. Diese Häuser haben weitgehend den Krieg überstanden und stehen zum Teil unter Denkmalschutz.
Lage Aufgrund der im Einzelenen nicht mehr rekonstruierbaren Beschlagnahmen von Wohnungen und des Umfangs der Neu- und Umbauten weist die Objektgeometrie hier exemplarisch erhaltene Wohngebäude der Zeit im Bereich des Riehler Gürtels Nr. 74-82 und in der Slabystraße Nr. 18-28 aus. Ferner sind Siedlungsbauten nördlich der Barabarastraße sowie zwischen Schacht- und Hildegardisstraße dargestellt, wie diese als rot umrandete Militärbaracken im Plan für um 1920/29 (K.H. Klein, vgl. Abb.) dargestellt sind, respektive sich auf den historischen topographischen Karten der TK 1936-1945 erkennen lassen (vgl. Kartenansicht).
(Joachim Brokmeier, Bergisch Gladbach, 2022)
Internet www.rheinische-geschichte.lvr.de: Die Rheinlandbesetzung (1918-1930) (Text Martin Schlemmer, abgerufen 03.01.2022) unser-quartier.de: Die englischen Soldaten verlassen Köln (Text Joachim Brokmeier, 28.01.2022, abgerufen 31.01.2022) www.riehler-geschichten.koeln: Hochwasser von 1919/1920 in Riehl (Text Joachim Brokmeier, abgerufen 03.01.2022) unser-quartier.de: Gaststätten für die englischen Soldaten (Text Joachim Brokmeier, 09.02.2023, abgerufen 27.02.2023)
Literatur
Brokmeier, Joachim (2021)
Köln-Riehl - alte Ansichtskarten erzählen. Herbstein.
Brokmeier, Joachim (2013)
Köln-Riehl, Geschichte(n) aus dem Veedel. (Heimatarchiv.) Erfurt.
Meier, Wolfgang F.; Schäfke, Werner (2020)
Kölns Weg in die Gegenwart. Vom Ende des Kaiserreichs bis ins 21. Jahrhundert. S. 13-15, Wien, Köln, Weimar.
Wohnbauten für englische Besatzungssoldaten in Riehl
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