Und obwohl nie größere Stückzahlen erreicht wurden, waren die Priamus-Wagen zu ihren besten Zeiten, zwischen Jahrhundertwende und Erstem Weltkrieg, durchaus renommierte Fahrzeuge für den gehobenen Bedarf und zum Beispiel unter Geschäftsleuten oder auch Ärzten beliebt. Die Priamus-Fahrzeuge leisteten zwischen 10 und 32 PS und hatten bis zu 7,4 Liter Hubraum.
Unternehmensgeschichte bis zum Ersten Weltkrieg
Der Ingenieur Wilhelm Uren
Erste Krisen und Neuorganisation von Priamus
Erster Weltkrieg und Nachkriegsjahre
Der Ingenieur Gustav Röhr
Erneuter Konkurs, Übernahme durch Möllenkamp und Ende von Priamus
Die Priamus-Fahrzeuge
Erhaltene Gebäude, Baudenkmale und und Objektgeometrie
Quellen, Internet, Literatur
Unternehmensgeschichte bis zum Ersten Weltkrieg
1897 gründeten der soeben nach Köln zugezogene Ingenieur Wilhelm Uren (vgl. nachfolgend) und der in der Maybachstraße ansässige Kaufmann Julius Kotthaus das Unternehmen Uren, Kotthaus & Cie. Ob bei der Gründung auch ein nicht weiter benannter Herr Molineus beteiligt war, wie das gewöhnlich gut informierte Braunbecks Sportlexikon 1910 behauptet, muss offen bleiben, da andere Belege für eine Beteiligung der bekannten Barmer Bankiersfamilie noch fehlen.
Sitz des Unternehmens war Lindenthal, wo Uren in der Geibelstraße seinen Wohnsitz hatte. In der eigentlichen Fabrik, wohl eher eine Werkstatt, wurden hauptsächlich Fahrradteile hergestellt. Der Eintrag im Kölner Adressbuch von 1898 führt die Firma unter der Rubrik Fahrrad-Bestandtheile wie folgt:
Uren, Kotthaus & Cie., Weyerthal, kr. Kringsweg 8.
(Anm.: „kr. Kringsweg“ war die übliche Abkürzung für den wohl bis um 1904 „Krummer Kringsweg“ benannten heutigen Kringsweg, vgl. cpoint.stadt-koeln.de.)
Inwieweit man sich auch schon mit dem gerade erwachenden Bau von „Motorfahrzeugen“ beschäftigte (als Lizenzbau der damals führenden De Dion-Bouton-Fahrzeuge aus Frankreich), lässt sich nicht eindeutig sagen. Laut Braunbecks Sportlexikon nahm bereits 1900 ein Motor-Dreirad von Uren, Kotthaus & Cie mit dem Fahrer Christian Kittsteiner am Rennen von Berlin nach Aachen teil (anderen zeitgenössischen Presseberichten nach handelte es sich jedoch um ein Fabrikat von Cudell , Aachen).
1900 bezog das aufstrebende Unternehmen größere Fabrikräume in neu errichteten Gebäuden, im Hof hinter den Wohnhäusern Marsiliusstraße 18 und 20 in Köln-Sülz. Gegenüber lag das Sülzer Eisenwerk, Fremerey & Stammen, dessen Miteigentümer Oscar Stammen Uren auch als Besitzer der nun Kölner Motorenfabrik Köln-Sülz genannten Firma ablöste, in der gleichzeitig auch die ältere Maschinen- und Motorenfabrik Heinrich Brunthaler aufging. Die Werke firmierten zwischen 1901 und 1903 als Kölner Motorwagenfabrik GmbH (vorm. Heinrich Brunthaler).
Bereits 1903 übernahm der Kaufmann Bernhard Bölefahr die Firma, der dann über mehr als 10 Jahre in wechselnder Position in der Führung tätig blieb.
Wilhelm Uren selbst war weiterhin leitender Ingenieur und erlangte 1901 ein Patent auf einen von ihm konzipierten Motorwagen - jenes bis etwa 1903 produzierte Modell, von dem sich ein Exemplar heute in der Sammlung des Kölner Stadtmuseums befindet.
Ab 1903 wurden in Sülz neue, größere Modelle entwickelt und produziert. Die Firma hieß nun Motorfahrzeugfabrik Köln - Uren, Kotthaus & Cie, zeitweise mit dem Untertitel Spezialfabrik für Luxus-Motorwagen. In der Innenstadt wurde ein Verkaufsgeschäft mit Lager eröffnet (zunächst an der Aachener Straße 37, ab 1908 am Hohenzollernring Nr. 50, vgl. Mikloweit 2002, S. 67), und die Produkte bekamen auch einen edleren Namen - ausgerechnet nach dem unseligen letzten König von Troja hießen sie, den Anzeigen nach zu schließen ab 1904, „Priamus“.
Der Eintrag in Greven's Kölner Adressbuch von 1906 (S. 476, vgl. Abb.) führt die Firma wie folgt:
Motorfahrzeug=Fabrik Köln
Uren, Kotthaus & Cie.
(Inh. Bernhard Bölefahr.)
Sülz, Marsiliusstraße 20. [Fernsprech-Nr.] 4519.
Fabrikation von Kraftfahrzeugen, Automobil=
und Fahrrad=Bestandteilen.
Garage, Lager u. Kontor: Aachenerstr. 37 [Fernsprech-Nr.] 511.
Uren, Kotthaus & Cie.
(Inh. Bernhard Bölefahr.)
Sülz, Marsiliusstraße 20. [Fernsprech-Nr.] 4519.
Fabrikation von Kraftfahrzeugen, Automobil=
und Fahrrad=Bestandteilen.
Garage, Lager u. Kontor: Aachenerstr. 37 [Fernsprech-Nr.] 511.
Der private Adresseintrag Brunthalers weist aus, dass dieser seinerzeit in Ehrenfeld lebte (ebd., S. 88):
Brunthaler, Heinrich, Ingenieur, Ehrenf., Leostr. 64.I
Unter den von dem Geschichtsprojekt „Altes Köln“ für das Jahr 1909 aufgelisteten, insgesamt 640 in der Domstadt vergebenen Kraftfahrzeug-Kennzeichen, ist ein „PW. - Wagen der Fabriken und Händler für Probefahrten“ sowie ein weiteres nicht näher spezifiziertes Fahrzeug auf die Firma „Uren, Kotthaus & Co., Automobilfabrik, Cöln, Sülz“ zugelassen (vgl. altes-koeln.de, nach Automobil-Adreßbuch 1909).
Der Ingenieur Wilhelm Uren
Gustav Heinrich Wilhelm Uren (1873-1937), stammte aus Hannover und war in den 1890er-Jahren ein bekannter Radsportler. Er galt als Spitzenfahrer bei „Distanz-Rennen“ in Norddeutschland, u.a. 1894 als Drittplatzierter und 1895 als Sieger einer Distanzfahrt über 250 km von Hadersleben nach Hamburg (Westdeutsche Zeitung vom 05.10.1895 und www.radsportseiten.net). 1897 zog er nach Köln - die Werkstatt seiner dort gegründeten Firma für Fahrradbestandteile am kr. Kringsweg gehörte dem Kaufmann Wilhelm Schaaf, selbst im Fahrradhandel aktiv und Vater des Radrennfahrers Johann „Jean“ Schaaf (1874-1915).
Hier zählte Uren mit zu den ersten Ingenieuren, die sich mit der fabrikmäßigen Produktion von Motorfahrzeugen in Deutschland befassten. Selbst mit den hierfür wenig geeigneten Priamus-Wagen beteiligte sich Uren selbst noch an einigen Rennen und sportlichen Veranstaltungen: so gewann er 1905 ein Bahnrennen für Automobile in Hamburg-Bahrenfeld und nahm 1906 an der bedeutenden Langstreckenfahrt „Herkomer-Konkurrenz“ in Süddeutschland teil.
Noch als fast 50-jähriger startete er 1921 beim Eröffnungsrennen der AVUS in Berlin, jetzt als Werksfahrer für die Aachener Firma Fafnir (Aachener Stahlwarenfabrik), zu der er 1907 als „Oberingenieur“ gewechselt war.
Von 1923 bis zu seinem Tod war Uren schließlich Leiter des Motorenwerkes von Basse & Selve in Altena / Westfalen.
Erste Krisen und Neuorganisation von Priamus
Ob der Weggang von Wilhelm Uren, des Gründers und Konstrukteurs der Firma, zum Konkurrenten Fafnir in Aachen Ursache oder Wirkung der Krise war, in die das Unternehmen nach 1907 geriet, lässt sich nicht mehr ergründen. Allgemein geriet die junge Automobilindustrie in Deutschland infolge einer einbrechenden Konjunktur und durch eine spürbare Marktsättigung in diesen Jahren in eine Rezession, die Priamus 1908 in den Konkurs führte (Fersen 1986, S. 332 u. Mikloweit 2002, S. 67).
1909 übernahm eine von einem Kölner Bankenkonsortium geführte Investorengruppe mit Dr. Emil Rehe an der Spitze die Firma, die fortan Priamus Automobilwerk GmbH (PAG) hieß.
Dr. Rehe (1861-1924) firmierte zwar als Arzt und Apotheker; doch sein Grabmal auf Melaten und seine Villa in Königstein/Taunus zeugen eher von einem erfolgreichen Kaufmann und Unternehmer (vgl. Abb. u. denkxweb-denkmalpflege-hessen.de).
Bernhard Bölefahr blieb Mitgesellschafter und Geschäftsführer, die produzierten Typen waren ab sofort kleiner und einfacher, und die Fabrik zog (über eine Zwischenstation in der Sülzburgstraße) um in die nur wenige hundert Meter entfernte Nikolausstraße 69/71 - immer noch in Sülz und auch hier wieder eine Werkstatt im Hinterhof.
Erster Weltkrieg und Nachkriegsjahre
Im Ersten Weltkrieg verlegte man sich bei Priamus auf die Produktion kriegswichtiger Fahrzeuge wie Lastwagen und Reparaturen.
Nach Ende des Krieges hätte es dann beinah noch einmal spektakulär werden können, als mit den Ingenieuren Hans Müllermeister aus Düsseldorf und Gustav Röhr aus Uerdingen abermals zwei großzügig und innovativ denkende Neuerer in die Leitung der Firma eintraten. Sichtbares Zeichen war eine neue Fabrik, die wohl unmittelbar nach Kriegsende in Zollstock, Höninger Weg 115, eingerichtet wurde (erstmals 1920 im Adressbuch), mit der die Zeit der Hinterhof-Werkstätten beendet werden sollte. Müllermeister plante außerdem offenbar, im Bereich des Militärrings eine „Autobahn“ als Übungs- und Einfahrstraße für neue Autos anzulegen (ein Projekt, das er 1924 noch einmal in anderen Zusammenhängen propagierte).
Der Konstrukteur Gustav Röhr (vgl. nachfolgend) konzipierte als technischer Leiter von Priamus neue, durchaus innovative Modelle, doch waren er und sein kongenialer Kompagnon Joseph Dauben gewissermaßen zur falschen Zeit am falschen Ort, denn die Nachkriegs-Notjahre und das schwache finanzielle Polster der Firma standen gegen ihn und seine Visionen.
Der Ingenieur Gustav Röhr
Der im Ersten Weltkrieg zum Jagdpilot ausgebildete Ingenieur Gustav Röhr (1895-1937, eigentlich Hans Gustav, a.a.O. auch Franz Gustav) war der Sohn eines Bleiwalzwerk-Besitzers in Uerdingen.
Röhr hatte bereits 1912 - im Alter von gerade einmal 17 Jahren als Praktikant bei den Rheinischen Aerowerken in Düsseldorf-Oberkassel und wie zumeist unterstützt von Joseph Dauben (1889-1960) - ein Flugzeug mit neuartiger Rahmenkonstruktion entwickelt. Im letzten Kriegsjahr 1918 konstruierte Röhr einen Sternmotor mit sagenhaften 31 Litern Hubraum für Großflugzeuge (nach Puthz 2022 bereits für Priamus). Bei Kriegsende entschied man sich, das mit rund 600 PS extrem leistungsstarke und fortschrittliche Flugzeug-Aggregat zu zerstören, um es nicht in feindliche Hände gelangen zu lassen. Durch die Einschränkung der deutschen Rüstung infolge des Versailler Vertrags wechselte Röhr schließlich vom Flugzeug- zum Autobau über.
Bei der Kölner Priamus fungierte der auch finanziell an der Firma beteiligte Röhr zwischen 1919 und 1921 als Geschäftsführer sowie als technischer Leiter. Als solcher konzipierte er neue Modelle - darunter den Prototypen eines leichten, zweisitzigen Kleinwagens, der nicht umsonst den Beinamen „Flugzeug der Landstraße“ bekam. Sein an moderne Monocoque-Bauweisen erinnerndes Konstruktionsprinzip stammte doch eindeutig aus dem Flugzeugbau, den Röhr zuvor schon in seiner Heimatstadt Uerdingen betrieben hatte (Puthz 2022, S. 57, Schollenberger 2019, Mikloweit 2002, S. 69, und www.lagis-hessen.de).
Gustav Röhr gründete 1926 im südhessischen Ober-Ramstadt (Odenwald) mit der Röhr Auto AG eine Automobilfabrik unter eigenem Namen, die zeitweise 800 Mitarbeiter beschäftigte. 1931 verließ er zusammen mit Dauben seine wirtschaftlich angeschlagene und noch bis 1935 als Neue Röhrwerke AG bzw. Neue Röhr Werke AG produzierende Firma in Richtung der Adler-Werke und Daimler-Benz.
Röhr verstarb „nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 42 Jahren“ in Koblenz, er hatte sich nur Tage zuvor bei einer Fahrt im offenen Cabriolet eine Lungenentzündung zugezogen. Zum Zeitpunkt seines Todes war er als „Technischer Direktor der Daimler-Benz A.G.“ Leiter des dortigen PKW-Konstruktionsbüros (deutsche-biographie.de und Todesanzeigen in der Niederrheinischen Volkszeitung vom 12.08.1937).
Gustav Röhr gilt heute als einer der innovativsten Konstrukteure im Automobilbau seiner Zeit.
Erneuter Konkurs, Übernahme durch Möllenkamp und Ende von Priamus
Im Dezember 1920 wurde das Konkursverfahren über die Priamus Automobilwerk GmbH eröffnet.
Der immer noch gute Ruf der Firma und die Fabrikgebäude am Höninger Weg (5000 m2 Hallen auf 14000 m2 Grundstück) dürften der Hauptgrund dafür gewesen sein, dass die Priamus-Geschichte jedoch immer noch nicht zu Ende war.
Der Automobilhistoriker Immo Mikloweit führt dazu an: „Ein durch die schwierige Nachkriegslage bedingter Zwangsvergleich wendete einen neuen Konkurs ab. 1921 ging es mit dem neuen Namen ‚Delta Fahrzeug- und Fahrzeugsbedarf GmbH' weiter. … Doch als sich im Verlaufe des Jahres 1921 erneute Zahlungsschwierigkeiten einstellten, wurde der Fahrzeugbau an die Karosseriefabrik C. W. Möllenkamp abgegeben.“ (ders. 2002, S. 67 u. 69)
Nach anderer Lesart verhielt es sich hingegen so, dass der Betrieb seinerzeit zwischen Fahrzeughandel und -bau aufgespalten wurde. Die Delta Fahrzeug- und Fahrzeugbedarfsartikel GmbH wurde zum 1. Juli 1921 zur „Fortsetzung der Gesellschaft nach Aufhebung des Konkursverfahrens durch rechtskräftig bestätigten Zwangsvergleich“ aus der Konkursmasse von Priamus heraus gegründet und im August des Jahres zwecks „An- und Verkauf von Fahrzeugen und Fahrzeugbedarfsartikeln jeder Art“ unter der Nr. 1247 ins Handelsregister eingetragen (Kölnische Zeitung vom 23.08.1921).
Gleichzeitig - der Gesellschaftsvertrag datiert ebenfalls auf den 1. Juli 1921 - war aber auch schon durch ein Investorenkonsortium um den Düsseldorfer Kaufmann Friedrich Wilhelm Möllenkamp eine neue Priamus-Werk AG, für Fahrzeugbau in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft mit 1 Million Mark Grundkapital zur „Uebernahme und Fortführung der unter der Firma Priamus Automobilwerk, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, bestehenden Automobilfabrik“ gegründet worden:
„Gegenstand des Unternehmens ist Bau von Fahrzeugen jeder Art, insbesondere Automobilen, Booten sowie Motoren usw. Die A.-G. übernimmt von der frühern Priamus, Automobilwerke G.m.b.H. den gesamten Bestand an Maschinen, Werkzeugen, Materialien und Wagen, und wird auch in dem Fabrikgrundstück dieser Firma in Köln-Zollstock das neue Unternehmen betreiben.“
Als Gründer der AG werden neben der vormaligen Priamus GmbH „die Firma Möllenkamp & Co., Düsseldorf, und die Herren Max Rehe, Ingenieur, Fehmer und Ingenieur Volkhart“ genannt. Die erste Besetzung des Aufsichtsrats bestand aus „Dr. Emil Rehe, v. Einem, gen. Rothmaler, und Rechtsanwalt Dr. Nelte in Köln.“, Vorstand war Friedrich Wilhelm Möllenkamp, der auch, „solange [er] Mitglied des Vorstands ist, ... zur alleinigen Vertretung der Gesellschaft berechtigt“ war. Die neue AG wurde unter Nr. 3790 im Handelsregister eingetragen (Kölnische Zeitung vom 02.07.1921 und 29.08.1921).
Dr. Emil Rehe gehörte somit weiter der Priamus-Geschäftsleitung an. Der unter den Gründern der AG angeführte Ingenieur Max Rehe war sein Sohn. Der ebendort genannte Ingenieur Volkhart war der bekannte Konstrukteur und Rennfahrer Kurt C. Volkhart (1890-1959), Gesamtsieger des ersten Eifelrennens 1922 rund um Nideggen für den Automobilhersteller Steiger AG und wenige Jahre später der erste Fahrer eines raketengetriebenen Autos, des legendären Opel RAK von 1928.
Möllenkamp versuchte in Zollstock, sowohl unter dem alten Namen Priamus bzw. PAG als auch unter dem eigenen (Mölkamp) noch einmal Automobile für den gehobenen Bedarf zu bauen; zwei Priamus-Wagen nahmen 1922 noch am ersten Eifelrennen teil, allerdings unter „ferner liefen“. Doch die Jahre der Weltwirtschaftskrise ließen auch diese letzte Wiederbelebung der Kölner Traditionsmarke scheitern. 1923 wurden Name und Sitz der Firma in Möllenkamp-Werk, AG für Fahrzeugbau, Sitz Düsseldorf geändert - Priamus war Geschichte.
Am 3. Februar 1926 wurde endgültig das Konkursverfahren über die Möllenkamp AG eröffnet, die wenig später infolge Insolvenz aufgelöst wurde. Das bis dahin u.a. noch als Lager und Reparaturwerkstatt genutzte Firmengelände am Höninger Weg in Zollstock („Größe 14000 qm, davon 4000 qm bebaut“) wurde mit der kompletten Einrichtung zum Verkauf oder zur Vermietung angeboten (Verkaufanzeige in der Kölnischen Zeitung vom 24.07.1926, vgl. Abb.).
Die Priamus-Fahrzeuge
In den ersten Jahren wurden bei Priamus in Sülz motorgetriebene Dreiradfahrzeuge in Lizenz für den zwischen 1883 und 1968 bestehenden und zu Beginn des 20. Jahrhunderts weltgrößten Automobilhersteller De Dion-Bouton mit Sitz im französischen Städtchen Puteaux (unmittelbar westlich von Paris) gefertigt (Mikloweit 2002).
Ab 1900 wurden dann - ebenfalls noch für De Dion-Bouton, nun aber bereits unter dem eigenem Markennamen Kölner Motorwagen - vierrädrige Kleinwagen (Voiturettes) des Typs Vis-à-vis mit einem 6 bis 8 PS (4,4 bis 5,9 Kilowatt / kW) starken Viertakt-Einzylindermotor produziert. Wie seinerzeit häufig noch üblich, saßen sich die Passagiere in den offenen Vis-à-vis-Wagen auf zwei Sitzbänken gegenüber (vgl. Abbildung). Konstruiert wurden die Eigenentwicklungen von Brunthaler und Uren (ebd.).
„Das Zweiganggetriebe wurde mit einem Hebel am Lenkstock geschaltet und die Motorkraft vom Getriebe an die Hinterräder über einen Riemen geleitet.“ (de.wikipedia.org)
Ein selbst entwickelter Kleinwagen erschien schließlich 1903 erstmals unter dem Namen Priamus. Dieser wurde bis 1904/1905 als Zweizylinder in den Versionen 6/10 PS bzw. 8/10 PS bis 16/18 PS bzw. 15/28 PS mit Hubräumen zwischen 1.525 und 2.700 Kubikzentimetern (ccm) angeboten. Die Wagen erreichten Geschwindigkeiten zwischen 45 und 70 km/h (Zusammenstellung nach de.wikipedia.org und Mikloweit 2002 mit teils voneinander abweichenden Angaben).
Für das Jahr 1905 ist ferner ein recht imposanter und 90 km/h schneller Typ 24/40 PS mit offenliegendem Kettenantrieb belegt (Abb. bei Mikloweit 2002, S. 65).
Die jeweils zweite Zahl der damals üblichen Modellbezeichnungen weist in der Regel die eigentliche Motorleistung aus (hier also 10 bis 18 PS, d.h. 7,4 bis 13,2 kW), während die erste Ziffer die Hubraum-PS für die Steuereinstufung ausweist.
Mit kriegsbedingter Unterbrechung von 1914-1918 wurden zwischen 1903 und 1923 aber vor allem Wagen vertrieben, die mit von Heinrich Bruthaler konstruierten Vierzylindermotoren ausgestattet waren. Diese Automobile verfügten über 16 bis 32 PS Motorleistung (11,8 bis 23,5 kW) und Hubräume zwischen 1.592 und 5.900 ccm.
Ein bis 1908 angebotenes Vierzylinder-Luxusmodell hatte einen Hubraum von sage und schreibe 7.400 ccm, was knapp 1,9 Liter pro Brennraum des Hubkolbenmotors entspricht!
„Ein Sechszylindermodell mit 10/50 PS wurde entwickelt, dann aber vor der Übernahme durch Möllenkamp 1923 nicht mehr herausgebracht“ (de.wikipedia.org, Abb. bei Mikloweit 2002, S. 66). Der Motor des Wagens besaß einen aufwendigen Königswellen-Antrieb zur Steuerung der Nockenwelle und der Ventile. Der 10/50 PS wurde schließlich in Düsseldorf gefertigt und zwischen 1923 und 1926 als erster Mölkamp vertrieben, während die Modelle 8/24 PS und 9/30 PS weiter unter dem Namen Priamus und zeitweise auch PAG produziert und vertrieben wurden.
Erhaltene Gebäude, Baudenkmale und Objektgeometrie
Weder die historischen Karten der Preußischen Neuaufnahme (1891-1912), noch die aus der Zeit nach dem Priamus-Ende stammenden topographischen Karten TK 1936-1945 weisen die Priamus-Werkstätten aus (vgl. Kartenansicht).
Von den verschiedenen Fabrikstandorten in Lindenthal (kr. Kringsweg 8), Sülz (hinter Marsiliusstraße 18-20; hinter Nikolausstraße 69/71) und Zollstock (Höninger Weg 115) ist in der Marsiliusstraße noch ein wesentlicher Teil der 1900 erbauten Gebäude erhalten. Nach Umbau und Sanierung 1993 ist das Fabrikgebäude seitdem Sitz des ausführenden Architektenbüros (www.boesl-eck.de).
Ein Büro- und Lagergebäude (Werkstatt) und die Hoffassaden der beiden ehemaligen Fabrikhallen sind seit 22. Juli 1999 als Baudenkmale in die städtische Denkmalliste eingetragen: „Gewerbebau u. Fassade eines Gewerbebaus, Marsiliusstraße 18-20, Baujahr 1900, Denkmalnummer DE_05315000_A_8413“ bzw. Nr. 8413 (vgl. www.stadt-koeln.de).
Die verschiedenenen historischen Kölner Standorte der Priamus Automobilwerke sind hier stellvertretend mit der Geometrie der Hintergebäude in der Marsiliusstraße 18-20 in Sülz verzeichnet.
(Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2019/2024 und Marco Kieser, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2024)
Quellen
- Historische Zeitungen aus den entsprechenden Jahrgängen im Zeitungsportal zeit.punktNRW, online unter zeitpunkt.nrw (abgerufen 2023/24).
- Martin Puthz: „Wie modern ist der denn!?“ (zu Hans Gustav Röhr und Fahrzeugen der Röhr Auto AG), in: Auto-Bild Klassik, Nr. 9/2022, S. 54-61.
Internet
de.wikipedia.org: Priamus-Automobilwerke (abgerufen 17.09.2019)
de.wikipedia.org: De Dion-Bouton (abgerufen 18.09.2019)
de.wikipedia.org: Möllenkamp-Werke AG für Fahrzeugbau (abgerufen 18.09.2019)
de.wikipedia.org: Knut C. Volkhardt (abgerufen 15.02.2024)
de.wikipedia.org: Hans Gustav Röhr (abgerufen 22.08.2022)
www.radsportseiten.net: Wilhem Uren (abgerufen 15.02.2024)
altes-koeln.de: Kölner Kraftfahrzeugbesitzer 1909 (abgerufen 16.06.2023)
www.stadt-koeln.de: Interaktive Denkmalkarte Köln (abgerufen 15.02.2024)
cpoint.stadt-koeln.de: Historische Stadtkarten Köln (abgerufen 05.03.2024)
www.lagis-hessen.de: Zeitgeschichte in Hessen, Gründung des Automobilherstellers „Röhr Auto AG“ in Ober-Ramstadt, 30. Oktober 1926 (abgerufen 22.08.2022)
www.deutsche-biographie.de: Hans Gustav Röhr, Automobilkonstrukteur und -Unternehmer (abgerufen 08.03.2024)
dnb.de: Hans Gustav Röhr im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek (abgerufen 22.08.2022)
dnb.de: Joseph Dauben im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek (abgerufen 22.08.2022)
www.wikiwand.de: Priamus-Automobilwerke (abgerufen 17.09.2019)
denkxweb-denkmalpflege-hessen.de: Villa Rehe, Reichenbachweg 25 in Königstein im Taunus (abgerufen 15.02.2024)
www.boesl-eck.de: Bösl + Eck Architekten Partnerschaft, Werkliste (abgerufen 05.03.2024)
www.gtue-classic.de: GTÜ Classic, Fahrzeugarchiv, PRIAMUS (abgerufen 17.09.2019, Inhalt nicht mehr verfügbar 31.01.2020)