Den Einstieg in die Unternehmerschaft der Familie Wolf, ursprünglich Landwirte in Frechen, begann Johann Josef Wolf (1851-1913) mit der Produktion von Ziegeln im Jahr 1905 an der Kölner Straße Ecke Bonnstraße. Das Unternehmen vergrößerte sich unter seinen drei Söhnen Peter (30.03.1878-09.07.1941), Heinrich (18.12.1881-30.05.1955) und Johann Josef Wolf (10.04.1887-16.2.1964) nach und nach um weitere Firmen und Geschäftsfelder, so auch in der Steinzeugindustrie (ab 1920) und im Wohnungsbau.
„Der systematische Aufbau einer keramisch-industriellen Unternehmensgruppe und die Vergrößerung unseres Immobilienbesitzes ist das Verdienst von Onkel Heinrich“, ist in der Familienchronik der Wolfs zu lesen (Schliski & Wolf 1983, S. 63). Der im Gegensatz zu seinen beiden Brüdern Peter und Johann Josef risikobereite Unternehmer Heinrich Wolf lebte im Wasserschloss Weißhaus in Köln-Sülz.
Bis zum Ersten Weltkrieg verfügten die Wolfs über zwei Ziegeleien in Frechen, die Landwirtschaft und eine Beteiligung an der Gießerei „Eisen-, Stahl-, Metallgießerei und Metallfabrik Schmidt & Co. GmbH“ in Frechen, und sie hatten zwei Mietshäuser gebaut (Schliski & Wolf 1983, S. 35). 1920 erfolgte mit dem Kauf der Steinzeugfabrik Rhenania der Einstieg in die Steinzeugröhrenproduktion.
Die Zuständigkeiten für die einzelnen Unternehmensbereiche teilten sich die Brüder, deren „Verhalten (…) keineswegs durch gemeinsames Denken, Planen und Handeln gekennzeichnet war“, im Laufe der Zeit auf (Peter Wolf: Ziegeleien und Landwirtschaft; Heinrich Wolf: Immobilien, Aufbau der Unternehmensgruppe, Geschäftliche Aktivitäten; Johann Josef Wolf: Steinzeugfabrik Rhenania). Jedoch wurde bei allen Meinungsverschiedenheiten „die wirtschaftliche Gemeinschaft, das Zusammengehören im Rahmen eines immer größer werdenden industriellen Unternehmens (…) nie in Frage gestellt“ (Schliski & Wolf 1983, S. 62).
Ab 1932 verband die drei Brüder ein Vertrag über die Verwaltung des Nachlasses ihrer verstorbenen Eltern und ihrer Schwester Margareta. Dieser enthielt die Vereinbarung, genannt „Alte Erbengemeinschaft“, „daß der durch Erbschaft und Zukauf erworbene Besitz ungeteilt im Besitz der drei Brüder bleiben und eine Aufteilung infolge weiterer Erbfolge ausgeschlossen sein soll“ (Schliski & Wolf 1983, S. 64). So konnte der Besitz ungeteilt an die Nachkommenschaft weitergegeben werden.
Nach dem Tod Peter Wolfs am 09.07.1941 veranlasste Heinrich (I) Wolf 1943 die Gründung der „Jungen Erbengemeinschaft“. Dieser Vertrag sah vor, den drei Kindern von Johann Josef Wolf „die Steinzeugfabriken Rhenania Frechen und Rhenania Coswig und die Beteiligungen an Weiden & Schaaf und Custodis zu übertragen. Die Alte Erbengemeinschaft - (…) - behielt sich die Verwaltung der übertragenen Vermögensteile bis zu einem Zeitpunkt vor, der von Onkel Heinrich zu bestimmen war“ (Schliski & Wolf 1983, S. 117). Erbschaftssteuern waren auf diese Weise nicht zu zahlen (Familienchronik Wolf 1983, S. 171).
In den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges übernahm Heinrich (I) Wolf die alleinige Führung der Wolf'schen Betriebe; so oblag ihm auch die Verantwortung für den Wiederaufbau bzw. Neubeginn in der Landwirtschaft, der Ziegelei- und Steinzeugindustrie sowie im Wohnungsbau. Seine Neffen Heinrich (II) (1926-2010) und Peter Josef (1923-1969) stiegen nun mehr und mehr in die Unternehmensverwaltung ein (Schliski & Wolf 1983, S. 129f und 143f). Nach dem Tode von Peter Josef Wolf 1969 übernahmen dessen beiden Söhne Johann Josef (1946) und Heinrich jun. (1947) mit 50%-Beteiligung zusammen mit Heinrich (II) die Unternehmensführung (Schliski & Wolf 1983, S. 203). Seit etwa Anfang der 1970er Jahre konzentriert sich die Wolf'sche Wohnungsbaugesellschaft auf die Erhaltung und Modernisierung der Bestandswohnungen (Schliski & Wolf 1983, S. 204) sowie seit der Reduzierung der industriellen Unternehmerschaft auf die Entwicklung, Verwaltung und Vermarktung eigenen Familienbesitzes in der Region Köln, Frechen sowie Eschweiler/Weisweiler. Seit 2010 führen Heinrich Wolf jun. und Peter-Josef Wolf in dritter bzw. vierter Generation das Unternehmen (www.wolf-immobilien-gruppe.com).
Die Ziegelei- und Steinzeugwerke der Wolf'schen Unternehmensgruppe
Im Laufe ihrer unternehmerischen Tätigkeit bestanden Eigentums- oder Beteiligungsverhältnisse der Unternehmensgruppe Wolf zu den folgend gelisteten Betrieben (die Liste ist nicht abschließend). Teilweise sind die Unternehmensgeschichten der Werke als KuLaDig-Einträge verlinkt.
- Ringofenziegelei Johann Josef Wolf (Frechen)
- Ziegelei Hunzinger (ehemals Baumann, Frechen)
- Eisen-, Stahl-, Metallgießerei und Metallfabrik Schmidt & Co. GmbH (Frechen)
- Steinzeugfabrik Rhenania (Frechen)
- Ziegelei in Köln-Fühlingen
- Ringofen-Ziegelei Josef Dahmen in Köln-Zollstock
- Ringofen-Ziegelei Priel in Efferen
- Klinker- und Plattenwerk Geschwister Wolf oHG (Eschweiler-Weisweiler)
- Steinzeugfabrik Weiden & Schaaf KG (Frechen)
- Steinzeugwerk Alphons Custodis KG (Satzvey)
- Steinzeugfabrik J. Kalscheuer (Frechen) (umbenannt in Rhenania Frechen, ab 1998 Steinzeug KERAMO GmbH)
- Volkmuth & Co. GmbH (Vermögensverwaltungsgesellschaft in Frechen)
- Overather Säge- und Holzbearbeitungswerk GmbH
- Rheinische Glashütten AG in Ehrenfeld
- Fabrikgebäude der Elektrowerke an der Kölner Straße in Frechen
- Atca-Steinzeugwerke Ehrhardt Wilkendorf„ in Coswig/Anhalt (umbenannt in Rhenania Coswig)
- Deutsche Ton-und Steinzeugwerke AG in Berlin-Charlottenburg
- Steinzeugwerk Friedrich Chr. Fickentscher (Zwickau)
- Steinzeugwerke Hermülheim
- Steinzeugfabrik H.&J. Geusgen (Frechen)
- Steinzeugwerk Nic. Grosman in Kalscheuren
Die Frechener Ziegeleien wurden im Laufe der 1960er Jahre stillgelegt, da das Unternehmen bei dringend notwendigen Modernisierungen zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit den Fokus auf die Steinzeugwerke setzte (Schliski & Wolf 1983, S. 148). Aus der Steinzeugproduktion zog sich die Unternehmensgruppe 1998 zurück; das Werk wurde von der Steinzeug KERAMO GmbH bis zum 31.12.2018 betrieben. Mit Schließung dieses Werkes endete die Ära der Keramikproduktion in Frechen.
Der Wohnungsbau der Wolf'schen Unternehmensgruppe
Große Siedlungsbereiche Frechens wurden insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Unternehmensgruppe Wolf geprägt: Im Norden Frechens entstand zwischen 1951 und 1960 ein neuer Stadtteil mit Wohnsiedlungen, vor allem zur Bekämpfung der großen Wohnungsnot.
Wohnungsbau unter Heinrich Wolf (I) (bis 1955)
Insbesondere in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg expandierte der Wolf'sche Unternehmensbesitz: “Das anderthalbe Jahrzehnt nach dem Ersten Weltkrieg war die eigentliche Gründerzeit unserer Firmengruppe. Die Landwirtschaft umfaßte inzwischen fast 500 Morgen mit Ländereien in Frechen, Bachem, Uesdorf, Heppendorf, Sindorf und Beuel. In Frechen wurden bis 1932 11 Mietshäuser gebaut (…). Fast alle geschäftlichen Aktionen wurden von Onkel Heinrich bewirkt„ (Schliski & Wolf 1983, S. 69).
In den Jahren 1933 bis 1939 profitierte die Unternehmensgruppe von den staatlichen Maßnahmen zur Förderung der Wirtschaft, so vor allem von der Neubelebung der Bauwirtschaft, die den Absatz der Ziegeleien begünstigte (Schliski & Wolf 1983, S. 96). Insbesondere Heinrich (I) Wolf “fand ein weites Feld für seine Lust am Bauen. Rund um das Weißhaus wuchsen die Klinkerbauten„ (Schliski & Wolf 1983, S. 96).
Auf dem zum Weißhaus gehörenden Gelände in der Unkelner Straße, Aegidienberger Straße und am Gottesweg hatte Heinrich (I) Wolf 22 Häuser mit 140 Wohnungen in einer Bauherrengemeinschaft gebaut. Die Leistungen der Handwerker bei der Errichtung der Gebäude wurden mit Hausbesitz abgegolten. “In Frechen gehörten uns in der Uesdorfer Straße 13 Häuser, davon waren zwei in der gleichen Weise wie am Weißhaus gebaut worden, der Rest wurde käuflich erworben„ (Schliski & Wolf 1983, S. 134).
Nachdem bis 1948 die kriegszerstörten Ziegeleien und Steinzeugwerke wieder in Betrieb genommen worden waren, konnte der beschädigte Immobilienbesitz instandgesetzt (Schliski & Wolf 1983, S. 144) und auch neu gebaut werden. Das Unternehmen Wolf profitierte dabei erheblich aus der glücklichen Lage, das Baumaterial für Bauvorhaben selbst in den eigenen Ziegeleien und Steinzeugwerken produzieren zu können: “Gegen die Lieferung von Mauersteinen haben wir unseren Grundbesitz vergrößert. Die Stadt Köln überließ uns ein Gelände von 80 Morgen an der Fühlinger Ringofenziegelei. 40 Morgen erwarb der Onkel auf gleiche Weise vom Baron Fürstenberg. Bis zur Währungsreform wurden in den Ziegeleien über 60 Millionen Hintermauer- und Vordermauersteine hergestellt. Die Steinzeugwerke produzierten 70.000 Tonnen Steinzeugmaterial„ (Schliski & Wolf 1983, S. 136).
“Bis Ende der sechziger Jahre nahm der Wohnungsbau aus verschiedenen Gründen eine bevorzugte Stellung ein„ (Schliski & Wolf 1983, S. 144). So entstand in Frechen zu Beginn der 1950er Jahre die Heinrich-Wolf-Siedlung mit 47 Häusern (mit 282 Wohnungen) (Familienchronik Wolf 1983, S. 144). Weitere 25 Mehrfamilienhäuser wurden in Köln-Sülz und 13 in Weisweiler errichtet (Schliski & Wolf 1983, S. 144).
Die für ein Unternehmen dieser Größe ungewöhnliche rege Bautätigkeit gründete vor allem auf steuerlichen Vorteilen. So werden das Motiv und die Vorgehensweise in der Familienchronik der Wolfs (Schliski & Wolf 1983, S. 145f) beschrieben:
“Auf Veranlassung des Wirtschaftsministers Erhard hatte die Bundesregierung im Jahre 1949 zur Behebung der Wohnungsnot und zur Förderung des Wohnungsbaus den §7c des Einkommensteuergesetzes geschaffen. Dieser Paragraph besagte, daß Gelder, die von Unternehmen zum Bau von Wohnungen an Dritte gegeben wurden, beim Geber bis 1950/51 voll wertberichtigt und danach in bestimmter Höhe je nach Laufzeit bis zu 75% abgeschrieben werden konnten. Sie minderten also beim Geber den Gewinn ganz bzw. bis zu 75%. Darlehensgeber waren bei uns die Steinzeugwerke und die Ziegeleien, die ab 1949 Gewinn erbrachten. Da die Gelder in unserem Unternehmensbereich verbleiben sollten, wurde die „Köln-Fühlinger Ringofenziegelei-GmbH“ im Jahre 1949 in die „Wolf'sche Wohnungsbaugesellschaft mbH“ umgewandelt. Ihr flossen die Gelder der Jungen Erbengemeinschaft - also der Steinzeugwerke - zu, mit denen sie Häuser in Frechen und Köln baute. Im gleichen Jahr wurde die „Wolf'sche Hochbaugesellschaft mbH“ gegründet, die ihre Gelder von der Alten Erbengemeinschaft - also den Ziegeleien - erhielt und damit Häuser in Weisweiler, Köln und Prüm baute. Die Summen, die unsere Betriebe an die Baugesellschaften abgaben, waren beträchtlich. Dem Charakter nach sind diese §-7C-Darlehen unverzinslich. Wir haben die vom Gesetzgeber vorgesehenen Möglichkeiten voll ausgeschöpft und die Darlehen mit einer sehr langen Laufzeit ausgestattet. Da aus handelsrechtlichen Gründen eine jährliche Zuschreibung verboten ist, stehen die Darlehen in den Bilanzen der Steinzeugwerke und Ziegeleien mit einem sehr geringen Wert zu Buche. Bei Rückzahlung bzw. Rückfluß führt dies zu erheblichen außerordentlichen Erträgen„ (Schliski & Wolf 1983, S. 145f).
Diese Wohnungen konnten nun in einer Zeit großer Wohnungsnot und Wohnungsraumprogrammen Werksmitarbeitern und Wohnungssuchenden preisgünstig zur Verfügung gestellt werden (Stadtarchiv Frechen 2002, S. 85).
Angesichts der Materialknappheit in der Nachkriegszeit bestand der weitere große Vorteil der Wohnungsbaugesellschaft darin, unmittelbar auf die benötigten Baumaterialien zugreifen zu können: Ziegelsteine und Kanalrohre konnten aus den eigenen Frechener Betrieben bezogen werden. Im Gegenzug konnten die Einnahmen für den Neubau und technische Modernisierungen zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit in den Werken eingesetzt werden.
In der Öffentlichkeit wurde der Wohnungsbau als eigentliches Lebenswerk des Heinrich (I) Wolf gewürdigt, welches in einem neuen Stadtteil auf dem Weißhausgelände sowie zahlreichen Häusern in “Frechen, Kendenich, Köln-Sülz, Kölnehrenfeld, Weisweiler und Niederprüm„ (Schliski & Wolf 1983, S. 165) bestand. “Pfarrer Kaiser von Herz Jesu betonte, daß er es ablehnte, Baukostenzuschüsse zu erheben oder übersetzte Mieten zu fordern, weil nach seiner Meinung der Arbeiter nach schwerer Arbeitsleistung Anspruch auf Erholung in einem gemütlichen Heim habe„ (Schliski & Wolf 1983, S. 165).
Wohnungsbau ab 1955
Mit Heinrich Wolfs' Tod ging die Unternehmensführung der Sparten Landwirtschaft, Wohnungsbau, Steinzeug- und Ziegelproduktion über auf seine beiden Neffen, die Brüder Heinrich (II) (20.01.1926-2010) und Peter Josef Wolf (29.11.1923-1969).
Im Bereich des Mietwohnungsbaus realisierten sie, obwohl die steuerlichen Vergünstigungen des §7c des Einkommensteuergesetzes mittlerweile erheblich eingeschränkt worden waren, weitere umfangreiche Maßnahmen: “Der Onkel hatte bis zu seinem Tod geplant und gebaut. Wir setzten das in seinem Sinne fort„ (Schliski & Wolf 1983, S. 178). Bis Anfang der 1960er Jahre wurden in Frechen in den Straßen “Am Lindchen, An der Mergelskaul, An der Fischmaar, An der Waidmaar, Matthias-Straße, Albert-Schweitzer-Straße, Im Klarenpesch, im Gelände um das Weißhaus in Köln, in Kendenich und Prüm noch 71 Häuser mit 670 Wohnungen gebaut, teilweise freifinanziert, teilweise zweckbestimmt mit öffentlichen Mitteln. Ihren Abschluß fand unsere Mietwohnungsbautätigkeit in den Jahren 1969 bis 1971 in der Kapfenberger Straße in Frechen mit dem Bau von sechs großen Wohnblocks mit 50 Wohnungen„ (Schliski & Wolf 1983, S. 178).
Mit dem Bau in der Kapfenberger Straße endete der Mietwohnungsbau; das Unternehmen legt den Fokus nun auf die Instandhaltung, Modernisierung, Entwicklung und Vermarktung des Immobilienbestandes.
(Nicole Schmitz, LVR-Abteilung Kulturlandschaftspflege, 2025)
Quellen / Internet:
wolf-immobilien-gruppe.com (abgerufen am 09.04.2025)
Totenzettelsammlung Rhein-Erft-Geschichte:
- Totenzettelsammlung Heinrich Wolf (Totenzettel Nr. 16704) (abgerufen am 09.04.2025)
- Totenzettelsammlung Peter Josef Wolf (Totenzettel Nr. 11588) (abgerufen am 09.04.2025)
- Totenzettelsammlung Johann Josef Wolf (Totenzettel Nr. 11587) (abgerufen am 09.04.2025)