Schleusen der Lahn

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
  • Kammer der Schleuse Fürfurt bei Villmar (2017)

    Kammer der Schleuse Fürfurt bei Villmar (2017)

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    Schultheiß, Jörn / Landesamt für Denkmalpflege Hessen
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  • Geschlossenes Tor der unteren Kammer der Schleuse Weilburg (2017)

    Geschlossenes Tor der unteren Kammer der Schleuse Weilburg (2017)

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Seit dem 16. Jahrhundert wurden wasserbauliche Maßnahmen zur Schiffbarmachung der Lahn unternommen. Dies beinhaltete unter anderem den Bau von Leinpfaden und das Freiräumen des Flussbetts von großen Steinen. Desweiteren wurden in die den Fluss durchziehenden Mühlwehre Durchlässe gebaut. Diese Durchlässe bestanden aus einer etwa 6,5 Meter breiten Vertiefung im Wehrrücken, in die eine circa acht bis zehn Meter lange, geneigte hölzerne Rinne eingesetzt war. Diese Öffnung wurde durch einige hochkant gestellte Bohlen abgesperrt, um den Mühlen nicht zu viel Wasser zu entziehen. Die Bohlen konnten vor der Schiffspassage entfernt werden.

Die ersten Schleusen der Lahn
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nahm der Schiffsverkehr stark zu, weshalb weitere Ausbaumaßnahmen der Lahn geplant wurden. Der Kurtrierische Wasserbaudirektor und Ingenieur-Oberrat Johann Jakob von Kirn (1767 bis 1850) empfahl im Jahre 1796 erstmals den Bau von Schleusen an schwer befahrbaren Flussbereichen. Die Schleusen sollten insbesondere an den schwer passierbaren Mühlwehren erbaut werden.
Aus Kostengründen unterließ man zunächst den Schleusenbau und ergriff Maßnahmen wie das Freiräumen des Flussbetts und die Vergrößerung und Neuanfertigung von Wehrdurchlässen. Bis zum Jahre 1809 konnte so der Fluss bis Runkel schiffbar gemacht werden. Das Runkeler Mühlenwehr war jedoch besonders groß, weshalb dieses nicht mit einem ausreichenden Durchlass ausgestattet werden konnte. Aufgrund dessen wurde 1808 in Runkel die erste Schleuse der Lahn, eine Kammerschleuse, erbaut.

In Vorbereitung des dritten Lahnausbaus (1816 bis 1860) wurde im Juli 1817 der Fluss durch den preußischen Geheimen Oberbaurat Funk, den Regierungsrat Schauß sowie den nassauischen General-Chaussee-Inspektor Wolff bereist. Die preußischen Beamten empfahlen die Errichtung von Kammerschleusen an sämtlichen Wehrlücken des Flusses, da bestehende Wehrdurchlässe sich in Anbetracht des wachsenden Verkehrsaufkommens und den immer größer werdenden Schiffen schnell als zu klein herausstellten. Zusätzlich war das Befahren der Durchlässe mit großen Schwierigkeiten verbunden. Der nassauische Beamte sprach sich jedoch aus Kostengründen gegen einen verstärkten Schleusenbau aus.

In der zweiten Hälfte der 1820er Jahre setzte ein starker Aufschwung des Warenumsatzes auf der Lahn ein, insbesondere der Eisenerz-Bergbau wuchs stark. Infolgedessen intensivierte sich der Schiffsverkehr; die Schleuse Runkel passierten 1828 278 Schiffe pro Jahr, 1835 bereits 762. Die preußischen Prognosen traten ein und das Herzogtum Nassau sah sich gedrängt, den von Preußen seit Jahren erwarteten Schleusenbau voranzutreiben.

Im Rahmen des dritten Lahnausbaus erfolgte der erste Schleusenbau in den Jahren 1838 bis 1839 in Limburg, an einer besonders schwer zu passierenden Stelle. Nach dem Bau reisten die verantwortlichen nassauischen Beamten im Juli 1840 an die Ruhr, um die für die damalige Zeit neuste, preußische Schleusenbautechnik zu studieren.

Im August 1841 fand eine Bereisung der Lahn von Marburg bis Lahnstein statt. Dabei kam es zur Festlegung der Flussabschnitte, an denen Schleusen erbaut werden sollten. Daraufhin wurde die Runkeler Schleuse als zu klein betrachtet und durch einen Neubau ersetzt.

Am 16. Oktober 1844 erhielt ein Vertrag zwischen Nassau, Preußen und Hessen-Darmstadt Gültigkeit, der den Bau weiterer Lahnschleusen festlegte. Fast alle in der Folgezeit angefertigten Schleusen dienten der Überwindung der Mühlwehre.

Hochzeit und Ende der Schleusenbautätigkeit
In den folgenden Jahren wurde ein Großteil der zwischenzeitlich 23 Lahnschleusen erbaut. Die Bautätigkeit war in den 1840er und 1850er Jahren am größten. 1859 waren an allen Mühlwehren zwischen Lahnstein und Gießen Schleusen errichtet worden, außerdem waren vormalige Stromschnellen mit neuen Wehren gezähmt und dort ebenfalls Schleusen erbaut worden. Der Villmarer Steinmetzmeister (Marmorierer) Johann Peter Leonhard (1793-1873) arbeitete mit seinen Gesellen und Söhnen beim Schleusenbau mit. In der Regel wurde die Seitenwände, Drempel und zum Teil der Boden der Schleusenkammern mit dem in der Region vorkommenden Kalkstein (Lahnmarmor) verkleidet. Hierzu wurden Quader in Steinmetzarbeit gefertigt.
Die Transportschifffahrt auf der Lahn hatte zu dieser Zeit bereits ihren Zenit überschritten, da im Jahre 1856 das größte Transportaufkommen mit 200.000 Tonnen Fracht erreicht war. Trotzdem wurden ab den 1920er Jahren abermals Schleusen aus- und neugebaut. In den 1930er Jahren intensivierte sich von Lahnstein aus der Ausbau bestehender Schleusen, um den Fluss für 300-Tonnen-Schiffe schiffbar zu machen. Die Transportschifffahrt auf der Lahn hatte zu dieser Zeit keine nennenswerte Bedeutung mehr und in den 1950er Jahren wurde der Ausbau eingestellt. Nach der Schließung der Steinbrüche an der Lahn im Jahre 1971 sank das Transportaufkommen abermals und 1981 endete die Ära der Transportschifffahrt.
Der Hauptgrund für den Bedeutungsverlust der Transportschifffahrt auf der Lahn war die seit 1858 erbaute Lahntalbahn, die bereits 1863 Weilburg an das Schienennetz anschloss.

Heute sind noch 22 der zwischenzeitlich 23 Schleusen in Nutzung, der Betrieb der Schleuse Balduinstein wurde 1927 eingestellt. Sie dienen ausschließlich der Sportschifffahrt. Die Höhe der Staustufen beträgt zwischen zwei und sechs Meter.

Aufbau des Schleusenkomplexes
Für die Schiffbarmachung der Lahn wurden fast ausnahmslos Kammerschleusen erbaut, die heute größtenteils erhalten sind. Der Schleusenkomplex besteht aus Schleusenkanal, Schleusenkammer und Schleusenwärterhaus. Der schnelle Bau der Schleusen, insbesondere Mitte des 19. Jahrhunderts, führte bei fast allen Lahnschleusen zu vergleichbaren Bautechniken.
Die Basis der späteren Schleuse bildete der Schleusenkanal, der dem Gewässer parallel folgend, in einer trockenen Baugrube ausgehoben wurde. Da der Kanal in das Festland gelegt wurde, entstand nach dessen Flutung eine künstliche Schleuseninsel.
Das Herzstück der Schleuse, die Schleusenkammer, wurde ebenfalls in Trockenbauweise im ausgehobenen Kanalbett errichtet. Sie besteht aus Bruchsteinmauerwerk, welches meist mit eng verfugtem Marmor verkleidet wurde. An einigen Schleusen besteht diese Verkleidung aus Trachyt oder rotem Sandstein. Die Schleusenkammer schließt nach außen mit zweiflügligen, hölzernen Toren ab. Diese Tore wurden im Laufe der Zeit durch stählerne ersetzt. Torschütze dienen dem Leeren und Füllen der Schleusenkammer. Zum Bewegen der Tore nutzt man einerseits einen Drehbaum, der mit dem Schleusentor verbunden ist. An den schwer beweglichen Untertoren dient hierfür ein Antrieb mit Zahnstange, Ritzel und Drehsäule. Das Öffnen und Schließen der Tore ist Handarbeit.

Die Mitte des 19. Jahrhunderts erbauten Schleusenkammern waren 34 x 5,34 Meter groß, was die Aufnahme eines damals genormten Lastkahns ermöglichte.

An die Stemmtore schließen Vorhäfen an, in denen die zu schleusenden Schiffe warten können.
Neben der Schleuse erbaute man ein Schleusenwärterhaus, welches mit einem achteckigen Erker ausgestattet war, was den Blick auf die Wasserstraße gewährte. Das Schleusenwärterhaus stand dabei immer auf dem Festland, nie auf der Schleuseninsel.
Zusätzlich finden sich am Kanalufer Leitwerke, die der Führung des einfahrenden Schiffs dienen und Buhnen, um die Fahrrinne zu vertiefen. Leinpfade dienten dem Ziehen der Schiffe durch Mensch und Tier. Der Straßenname „Leinpfad“ findet sich heute noch an einigen Lahnschleusen, etwa in Runkel.

(Jörn Schultheiß, hessenACHÄOLOGIE, 2017; Rudolf Conrads, Lahnmarmor Museum, 2021)

Internet
bernd-scholl.de: An der Lahn (abgerufen am 27.02.2017)
de.wikipedia.org: Schiffsschleuse (abgerufen am 27.02.2017)
heimatforschung-villmar.de: Johann-Peter Leonhard (abgerufen 06.07.2021)
lgb-rlp.de: Rohstoffgeologische Untersuchungen an Lahnmarmor (abgerufen 06.07.2021)
wsd-west.de: Das Prinzip der Kammerschleuse (abgerufen am 27.02.2017)
zeno.de: Kammerschleuse (abgerufen am 27.02.2017)

Literatur

Bremer, Eckhard (2003)
Zur Nutzbarkeit der Lahn zwischen der Marburg und der Mündung in den Rhein als Wasserstraße in der Frühen Römischen Kaiserzeit. Angefertigt im Auftrage des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen. S. 35. Bonn.
Eckoldt, Martin (1979)
Die Geschichte der Lahn als Wasserstraße. In: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung, S. 99-123. Wiesbaden.
Lehmann, Falko (1994)
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Hessen: Landkreis Limburg-Weilburg I. Bad Camberg bis Löhnberg. Wiesbaden.

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„Schleusen der Lahn”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/SWB-265363 (Abgerufen: 12. Dezember 2024)
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