Die Vennbahnlinie wurde bereits am Ende des 19. Jahrhunderts eröffnet und wegen ihrer großen Bedeutung für den Güter- und Personenverkehr am Anfang des 20. Jahrhunderts zweigleisig ausgebaut. Dies kam auch dem Truppenübungsplatz Elsenborn zugute, da so die Truppentransporte erleichtert wurden. Von besonderer Relevanz war die Vennbahnstrecke in der Zeit des Truppenaufmarsches im Ersten Weltkrieg.
Die Strecke Die Vennbahn ist eine heute nicht mehr befahrene Eisenbahnstrecke zwischen Aachen-Rothe Erde und Troisvierges in Luxemburg. Sie wurde in einen Radweg (RAVel-Route) umgebaut, der am 15.09.2013 eingeweiht wurde. Die Gesamtlänge der Hauptstrecke bis Luxemburg, die 1887 bis zum Bahnhof St. Vith (Belgien) fertiggestellt war, betrug ca. 120 Kilometer. Davon zweigten Verbindungen u.a. nach Stolberg, Malmedy oder Prüm ab. Der tiefste Punkt der Strecke ist gleich am Beginn in Aachen-Rothe Erde mit 175 Meter über NN, der höchste befindet sich in der Nähe des Bahnhofs von Sourbrodt mit 560 Meter über NN. Eine Kuriosität ist die Tatsache, dass bis heute der Bahndamm bzw. der heutige Fahrradweg zwischen Raeren und Kalterherberg auch auf deutscher Seite belgisches Staatsgebiet ist.
Der Bau der Vennbahn hatte mehrere größere topographische Herausforderungen zu bewältigen. Auf der Strecke zwischen Aachen und Troisvierges mussten fünf Viadukte und vier Tunnel gebaut werden. Der längste ist der Tunnel in Wilwerdingen an der belgisch-luxemburgischen Grenze mit 790 m. Außerdem waren Bergsprengungen auf dem Teilstück zwischen Roetgen und Lammerdorf kurz vor dem Lammersdorfer Bahnhof nötig. Bei der Eröffnung des Streckenabschnitts Aachen – Montjoie waren außerdem noch längst nicht alle Bahnhofsgebäude fertiggestellt. Provisorische Hallen bzw. Baracken schützten die wartenden Kunden vor dem Wetter und hatten zumindest einen Raum für die Bahnhofsvorsteher. Der Lammersdorfer Bahnhof ist beispielsweise erst 1905 fertiggestellt worden.
Die an der Strecke der Vennbahn errichteten Bahnhofsgebäude waren – in heutigem Sprachgebrauch ausgedrückt – „genormt“, d.h. sie besaßen eine sich ähnelnde Architektur. Es waren in der Regel massive, aus Ziegelstein gebaute, zwei- und mehrgeschossige Häuser mit Satteldach. Im Obergeschoss befanden sich meist die Beamtenwohnungen, unten waren Büros und die Wartehalle eingerichtet.
Der Streckenverkehr Die Vennbahn gewann zum Ende des 19. Jahrhunderts schnell an Bedeutung. Offensichtlich hatte man noch beim Bau unterschätzt, welche wichtige wirtschaftliche Bedeutung sie in Kürze haben sollte. Nach der Fertigstellung der Anbindungen an Prüm und Luxemburg rollten zunehmend Güterzüge zwischen dem Aachener Kohlerevier und den florierenden Zentren der Eisenindustrie in Luxemburg und Lothringen. Die eingleisige Strecke konnte bald den Anforderungen nicht gerecht werden. Daher entschloss sich die Eisenbahndirektion zum Bau eines zweiten Gleiskörpers, mit dem 1893 begonnen wurde (Läufer 2011, S. 101). Bis 1900 war das zweite Gleis bis Monschau fertig, und 1909 konnte die zweigleisige Strecke bis Lommersweiler eröffnet werden. Dies kam auch dem Ende des 19. Jahrhunderts gegründeten Truppenübungsplatz Elsenborn zugute, da so die Truppentransporte erleichtert wurden. Von besonderer strategischer Bedeutung war dies in der Zeit des Truppenaufmarsches im Ersten Weltkrieg (siehe Punkt 3). Die Zweigleisigkeit währte allerdings nicht sehr lange. Nachdem 1921 Deutschland in Folge des verlorenen Ersten Weltkriegs die Bahnstrecke „de facto“ (der entsprechende Vertrag wurde erst ein Jahr später unterzeichnet) an Belgien abtreten musste, verlor die Vennbahn schnell an Bedeutung. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg war das zweite Gleis wieder abgebaut worden.
Doch zurück zu den Anfängen des Betriebs: Die Vennbahn spielte nicht nur im Güterverkehr des ausgehenden 19. Jahrhunderts eine bedeutende Rolle in der Region. Sie war auch wichtiges Verkehrsmittel für die Arbeiter aus der Eifel, die nach dem Rückgang der Textilindustrie in Monschau nun in die Textilfabriken nach Aachen pendeln mussten. Gab es zu Beginn des Zugbetriebs 1885 noch drei Fahrten von Aachen nach Montjoie und drei zurück, so stieg die Zahl der Verbindungen mit dem zweigleisigen Ausbau schnell an. 1910 verkehrten zwischen Lammersdorf und Monschau neun Züge im Zeitraum von 6.29 Uhr bis 20.02 Uhr, zwischen Lammersdorf und Aachen gab es acht Verbindungen (Läufer 2012, S. 61).
Als sich um 1900 zunehmend der Eifeltourismus zu entwickeln begann, hatte die Vennbahn nicht unerheblichen Einfluss darauf. Was lag näher, als an Wochenenden von Aachen aus mit der Bahn in die Eifel zu fahren und eine Wanderung zu unternehmen. Bereits im ersten, 1889 erschienen „Eifel-Führer“ des 1882 gegründeten Eifelvereins wird auf die Anreise in die Eifel mit der Bahn hingewiesen (Läufer 2012, S. 64). Auch die Zahl der Gast- und Schankwirtschaften in den Orten mit Bahnanschluss stieg an.
Wie jede Eisenbahnlinie hatte auch die Vennbahn Störungen und Ausfälle im Schienenverkehr, die sich aufgrund der Jahreszeit und der Streckenführung ergaben. So machte sich bereits bei der Eröffnung der Bahnstrecke 1885 die Aachener Zeitung „Echo der Gegenwart“ Sorgen: „Die Strecke zwischen Kalterherberg und Sourbrodt dürfte bei anhaltendem Regenwetter öfters Schwierigkeiten bieten, indem der Moorboden dann nachgibt und ein Rutschen des Bahndammes, wenigstens so lange, bis die Böschungen vollständig bewachsen und dadurch befestigt sind, zur Folge haben kann“ (zitiert nach Marenbach in Läufer 2012, S. 38). Vor allem in der Anfangszeit des Betriebs kam es tatsächlich zu Störungen des Fahrplans insbesondere im Winter, trotz der Schutzvorrichtungen der Lokomotiven gegen Schneeverwehungen.
Die Vennbahn während und nach dem Ersten Weltkrieg Mit der Gründung der Truppenübungsplatzes Elsenborn hatte die Vennbahn zwar schon vor dem Ersten Weltkrieg Truppentransporte zu übernehmen, mit dem Beginn des Krieges änderte sich jedoch die bisherigen Fahrplansituation: „Wochenlang war die Vennbahn, wie viele andere Linien auch, nur den Militärtransporten der verschiedensten Arten vorbehalten. Und es dauerte noch geraume Zeit, bis sich der Verkehr normalisierte und wieder zum Personen- und Güterverkehr übergegangen werden konnte“ (Marenberg 1994, S. 94). Grund dafür war die wichtige strategische Bedeutung der Linie und der Region als Aufmarschgebiet der deutschen Truppen. Im Zeitraum zwischen dem 8. und 15. August 1914 wurden entlang der Vennbahn in Roetgen, Monschau, Kalterherberg und Sourbrodt aber auch in Bütgenbach und Weismes größere Truppenkontingente entladen (Heinzel et al. 2012, S. 16). Einige Jahre später rollten dann die Lazarettzüge und Truppentransporte wieder zurück.
Die strategische Bedeutung der Bahnlinie wurde ihr schließlich auch zum Verhängnis. Zum einen wurde nach dem Krieg zügig das zweite Gleis wieder abgebaut. Außerdem kamen mit dem Abtreten der Kreise Eupen und Malmedy an Belgien auch die entsprechenden Bahnstrecken unter belgische Hoheit. Dies betraf auch größere Streckenabschnitte der Vennbahn. Doch damit nicht genug. Bereits 1919 beanspruchte Belgien ebenfalls den Streckenabschnitt zwischen Raeren und Kalterherberg für sich. Trotz heftiger Proteste der deutschen Bevölkerung, die um ihre wichtige Verbindung nach Aachen fürchtete – unter anderem fanden in Monschau 1920 ein Generalstreik und Protestversammlungen statt (Marenberg 1994, S. 98f) –, bekam Belgien 1922 die Bahnlinie sowie noch ca. 55 Quadratkilometer Fläche westlich des Bahndamms vertraglich zugesprochen. Damit ergab sich die seltsame Situation, dass der Bahndamm der Vennbahn belgisch wurde, obwohl er über weite Strecken durch deutsches Gebiet führt. Dadurch entstanden auch kleine deutsche „Enklaven“ wie beispielsweise Ruitshof bei Kalterherberg. Deren Bewohner mussten Jahrzehnte lang die offizielle Grenzstation passieren, um dann einige Meter weiter wieder auf deutsches Gebiet zu kommen. Heute spielt diese Situation zumindest im alltäglichen Leben keine Rolle mehr, da die deutsch-belgische Grenze so gut wie gar nicht mehr in der Landschaft in Erscheinung tritt. Juristisch allerdings befindet sich der RAVel-Radweg auf der ehemaligen Vennbahntrasse nach wie vor auf belgischem Gebiet, was gelegentlich zu kleinen Verwicklungen hinsichtlich der Rechtsprechung bei Unfällen usw. kommen kann.
(Gabriele Harzheim, 2013, erstellt für den LVR-Fachbereich Umwelt im Rahmen des Projektes „1914 – Mitten in Europa. Das Rheinland und der Erste Weltkrieg“)
Internet de.wikipedia.org: Vennbahn (mit weiteren Links zur Vennbahn, abgerufen 23.02.2014) www.vennbahn.de: Die ehemalige touristische Museumseisenbahn im Hohen Venn (abgerufen 23.02.2014)
Das englische und italienische "Gutachten" über die Monschauer Bahn. In: Das Monschauer Land Jahrbuch 1988, S. 109-111. Monschau-Imgenbroich.
Bremm, Klaus-Jürgen (2013)
Armeen unter Dampf. Die Eisenbahnen in der europäischen Kriegsgeschichte 1871-1918. Paderborn.
Heinzel, Michael; Klauser, Klaus-Dieter; Marganne, Roland (2013)
Hommage à la Vennbahn. Prüm (2. verbesserte Auflage).
Heinzel, Michael; Klauser, Klaus-Dieter; Marganne, Roland (2012)
Hommage à la Vennbahn. Prüm.
Hoppe, Wiebke; Wegener, Wolfgang (2014)
Archäologische Kriegsrelikte im Rheinland. (Führer zu archäologischen Denkmälern im Rheinland, 5.) S. 190-195, Essen.
Läufer, Bernd (2012)
„Ebenso wie in der Schweiz. Wunderschön!“ Wie mit der Vennbahn der Tourismus nach Lammersdorf kam. In: Das Monschauer Land Jahrbuch (ML) 40, S. 60-78. o. O.
Läufer, Bernd (2011)
Zwischen Verzweiflung und Hurra. Der Bau der Vennbahn am Beispiel Lammersdorfs. In: Das Monschauer Land Jahrbuch (ML) 39, S. 88-113. o. O.
Marenberg, Günter (1994)
Die Geschichte der Vennbahn. (Heimatblätter des Kreises Aachen 49. Jg., Heft 1-2.) Aachen.
Meyer, Lutz-Henning (1989)
150 Jahre Eisenbahnen im Rheinland. Köln.
Schweers, Hans (2011)
Eisenbahnatlas Deutschland. 8. Auflage. S. 62, 74, Aachen.
Der hier präsentierte Inhalt ist urheberrechtlich geschützt. Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Möchten Sie dieses Objekt in der Kuladig-App öffnen?
Wir verwenden Cookies
Dies sind zum einen technisch notwendige Cookies,
um die Funktionsfähigkeit der Seiten sicherzustellen. Diesen können Sie nicht widersprechen, wenn
Sie die Seite nutzen möchten. Darüber hinaus verwenden wir Cookies für eine Webanalyse, um die
Nutzbarkeit unserer Seiten zu optimieren, sofern Sie einverstanden sind. Mit Anklicken des Buttons
erklären Sie Ihr Einverständnis. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Datenschutzseite.