In Roetgen wurde ein typisches Bahnhofsgebäude errichtet. Es war ein zweistöckiger Zentralbau, der mit rhombischen Platten verkleidet war. Im Erdgeschoss befanden sich die Betriebsräume, im Obergeschoss Wohnungen. Auf dem Hausbahnsteig gab es ein Vordach mit Zugang zum Gebäude. Seitlich schloss sich ein Güterschuppen an (vergleichbar der Bahnhof Walheim). Am Güterschuppen gab es einen Wasserkran zur Befüllung der Dampflokomotiven. Zur Straße hin stand das Stellwerksgebäude, ähnlich dem in Walheim. Die Gleise des Güterbahnhofes erstreckten sich nach Westen Richtung Raeren.
In den ersten Jahren entwickelte sich der Verkehr auf der Vennbahn erheblich. Vor allem die durchgehenden Züge mit Kohlen und Erzen aus dem Aachener Revier und dem Ruhrgebiet fuhren in die Industrieregionen im Elsass, Luxemburg und Frankreich. Die Strecke wurde bis 1891 zweigleisig ausgebaut, auch der Bahnhof in Roetgen wurde entsprechend erweitert.
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurden gemäß dem Versailler Vertrag von 1919 die Eisenbahn und somit auch der Bahnhof am 1. November 1921 an das Königreich Belgien abgetreten. Den Betrieb übernahmen die Belgische Staatsbahn (Chemins de fer de l’État belge, ab 1926 Société nationale de chemin de fer belges / Nationale Maatschappij der Belgische Spoorwegen – SNCB/NMBS). Der Verkehr sank auf ein Minimum ab, da die Kohlen- und Erzzüge nun über die Rheinschiene abgefahren wurden. Auf der Strecke wurde das zweite Gleis wieder abgebaut, sie wurde zur Nebenbahn mit den entsprechenden Vereinfachungen im Betrieb und beim Personal.
Am 10. Mai 1940 eroberte die deutsche Wehrmacht Belgien und auch die Vennbahn. Den Betrieb übernahm nun die Deutsche Reichsbahn. Diese Phase endete, als am 12. September 1944 amerikanische Truppen in Roetgen einmarschierten. Roetgen war der erste Ort im Westen des damaligen Deutschen Reiches, den alliierte Truppen betraten.
Die Bahn und der Bahnhof kamen wieder an Belgien zurück. Es fand jedoch zunächst kein Verkehr mehr statt, da die Anlagen durch Kriegseinwirkungen zerstört waren.
Die Anlagen wurden durch amerikanische Eisenbahnpioniere wieder instand gesetzt. Ein erster Nachschubzug fuhr am 16. Februar 1945 mit amerikanischer Lokomotive und Wagen, dem ein Abwehrgeschütz voranfuhr.
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Das im Krieg zerstörte Empfangsgebäude trug im Januar 1958 eine belgische Baufirma ab. Zugleich wurde in einfaches Empfangsgebäude durch die belgische Bahnverwaltung errichtet, das noch heute – in veränderter Form – existiert.
Personenverkehr wurde nach dem Krieg auf dem Teil der Vennbahn, der deutsches Gebiet berührte, nicht mehr angeboten. Der spärliche Güterverkehr auf der Vennbahn wurde 1989 eingestellt. Es wurde eine Museumseisenbahn eingerichtet (Vennbahn V.o.E.), die bis 2001 in Betrieb war. 2010 wurden die Reste der Bahnanlagen beseitigt. Auf der ehemaligen Bahntrasse wurde der Vennbahnradweg gebaut, der in das RAVeL-Netz (Réseau Autonome de Voies Lentes, L 48) integriert ist. Der Bahnhof in Roetgen ist einer der Einstiegspunkt für den Radweg.
(Claus Weber, Redaktion KuLaDig, 2014, 2025)
Hinweis
Der Text wurde im Rahmen des Projektes „Vennbahn“ 2025 erstellt.
Quellen
- Roetgens Bahnhof wird abgerissen. 1885 hielt der erste Zug – Ein Stück Gemeindegeschichte geht zu Ende. Aachener Volkszeitung vom 25. Januar 1958 (online Heimat- und Geschichtsverein Roetgen e.V., abgerufen 23.02.2025)
- Michael Heinzel, Der Krieg in der Eifel vor 80 Jahren. 5 Teile (online www.drehscheibe-online.de, abgerufen 03.02.2025)
Internet
fr.wikipedia.org/wiki/Gare_de_Roetgen: Gare de Roetgen (französisch; abgerufen 23.02.2025)
www.garesbelges.be/roetgen.htm: Roetgen (französisch; abgerufen 23.02.2025)
nrwbahnarchiv.bplaced.net: NRW Bahnarchiv von André Joost: Bahnhof Roetgen (abgerufen 23.02.2025)
www.raeren-tourismus.be: Der Vennbahnradweg - in Belgien RAVeL - führt von Aachen bis Troisvierges in Luxemburg (abgerufen 13.02.2025)
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