Hintergrund 1896 hatte der kapitalstarke Unternehmer Ferdinand Mülhens (Parfümerie 4711, Hotel Petersberg, Zahnradbahnen Siebengebirge, Gut Wintermühlenhof) große Teile der Wolkenburgkuppe gekauft, um dort ein Hotel zu errichten. In diesem Zusammenhang entstand die Idee eines ausgefeilten Wegekonzeptes rund um die Wolkenburg. Die Hotelpläne mussten bald aufgegeben werden; alte Bergrechte, aber auch der Verschönerungsverein Siebengebirge (VVS) verhinderten den Ausbau. Mit Erwerb des Getrudenhofs (Milchhäuschen) im Elsigerfeld 1903 von den Erben Paul Sarters (Schloss Drachenburg) richtete sich sein Interesse nun auf den Ausbau des Wegenetzes zwischen Wintermühlenhof und seinem neuen Projekt. Dabei sah er den Wegebau immer als Teil eines Gesamtkonzeptes zur Tourismusförderung und der Verschönerung der Landschaft. Schon zu Beginn der Bauarbeiten am Gertrudenhof 1904 macht sich eine fehlende Zufahrt schmerzhaft bemerkbar. Der VVS verweigert die Nutzung seiner Wege. Das benötigte Baumaterial muss anfangs von der Drachenfelsbahn mit Eseln bis zur Baustelle gebracht werden.
Ferdinandstraße Zur Erschließung des Gertrudenhofs plant er dann den Bau von zwei neuen Fahrwegen. Der erste soll als neuer „Pottscheider Weg“ von seinem Familiensitz, dem Wintermühlenhof, in langen Schleifen durch seine Ländereien bis zum Gertrudenhof führen. Der zweite soll rund 1,5 Kilometer oberhalb des Wintermühlenhofs von der Landstraße abbiegen und in engen Serpentinen ebenfalls den Gertrudenhof erreichen. Die Arbeiten an der nach Ferdinand Mülhens benannten „Ferdinandstraße“ beginnen 1909. Geplant ist die Fortführung des Fahrwegs am Gertrudenhof vorbei in Richtung Drachenfels und dann in zahlreichen Serpentinen bis zum Gipfel der Wolkenburg, zu dem die Hotelpläne immer noch nicht ganz aufgegeben wurden. In einem Wanderführer für die Gäste des Petersberghotels (Mülhens´scher Besitz) wird die Straße empfohlen: „Diese schöne, aber wenig begangene Waldstraße führt in großen Serpentinen in 20 min. zur Siebengebirgsstraße [Ittenbacherstraße] in das Mirbesbachtal.“
„Dicker Stein“ Am Abzweig des Fahrwegs von der Ittenbacher Landstraße lässt Mülhens 1911 bei Fertigstellung der Straße in Erinnerung an die geplatzten Wolkenburger Planungen und als Manifest seiner Macht einen riesigen Steinblock aufstellen - den „Dicken Stein“. Der 500 Zentner schwere Block stammt aus dem Westerwälder Bruch der Firma Peter Bachem Erben bei Wölferlingen und wurde durch die Firma Spindler in acht Tagen hierher transportiert. 16 Pferde waren dazu nötig, sieben unterbaute Brücken, Flaschenzüge und Winden. Die Transportkosten waren fast zehnmal so hoch wie der Wert des Steins. Das Echo des Siebengebirges schreibt, dass der Stein ein Geschenk Jean Bachems an Mülhens gewesen sei (Bachem hatte zuvor Teile des Wolkenburgplateaus an Mülhens verkauft), als „ewiges Wahrzeichen an der zur Wolkenburg führenden von Herrn Mülhens Wintermühlenhof erbauten neuen Straße nach der Wolkenburg“ (Echo des Siebengebirges 12. 9.1911). Der Stein trägt die Inschrift: „Mülhenssche Anlagen. Ferdinand Strasse. Gestattet auf Widerruf für Fussgänger, Reiter und Personenfuhrwerk. Verboten für Automobile.“
Allee Die als Allee ausgeführte Fahrstraße wird beidseitig mit Platanen bepflanzt. Mülhens hatte ein ästhetisches Konzept, welches sich kaum vom VVS unterschied. Straßen und Wege werden aufwendig bepflanzt. Der Wert seiner umliegenden Besitzungen sollte dadurch gesteigert werden. Und auch wenn seine Wege ausdrücklich als Privatwege gekennzeichnet waren, so standen sie doch den Spaziergängern offen und sollten den Besuchenden das Siebengebirge erschließen. Reste der Allee sind vor allem im unteren Abschnitt der Straße am „Dicken Stein“ sowie in den folgenden Serpentinen erhalten. Die enormen, ehemals freistehenden Bäume sind heute meist von dichtem Wald umgeben. Der Bestand leidet an fehlendem Licht, Überalterung und mangelnder Pflege. In den letzten Jahren sind einige der stattlichen Bäume umgestürzt. Auf der Hochfläche in Richtung des Milchhäuschens ist ein Großteil der Platanenallee schon seit längerem abgängig und es hat sich nur ein Teilstück kurz vor Erreichen des Gasthofs erhalten.
Zustand 2021 lässt Fiona Streve-Mühlens Achenbach, eine Nachfahrin der 4711-Dynastie und heute Geschäftsführerin der Gut Wintermühlenhof GbR sowie der Bergbahnen im Siebengebirge GmbH, den Dicken Stein fachgerecht restaurieren. So ist die in den Stein gravierte Inschrift nun wieder deutlich zu lesen: „Mülhens'sche Anlagen“, Ferdinand Strasse„. “Gestattet auf Widerruf für Fußgänger, Reiter und Personen-Fuhrwerke - Verboten für Automobile„.
Datierung 1908-1911
Zugang frei, öffentlicher Weg
Hinweis Das Objekt “Ferdinandstraße in Königswinter„ ist Element des historischen Kulturlandschaftsbereiches Siebengebirge (Kulturlandschaftsbereich Regionalplan Köln 446).
(Jörn Kling, 2024)
Internet www.rheinische-geschichte.lvr.de: Familie Mülhens (Portal Rheinische Geschichte, Text: Gabriele Oepen-Domschky, abgerufen 12.08.2025) de.wikipedia.org: Ferdinand Mülhens (abgerufen 12.08.2025) ga.de: Der “Dicke Stein wurde restauriert (Artikel im General-Anzeiger, abgerufen 12.08.2025)
Quellen Echo des Siebengebirges 1.12.1908, 9.9.1911, 12.9.1911
Literatur
Biesing, Winfried (1989)
Der Hirschberg und die Hirschburg im Siebengebirge. In: Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises, S. 47-61. S. 44, Siegburg.
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