1139 wurde die Wilstra (Wilstera – Wilsterau) erstmals urkundlich erwähnt. Bereits 1163 wurde zum ersten Mal eine St.-Bartholomäus-Kirche genannt. Sie lag auf einer Erhebung nördlich der Wilsterau und bildete den Mittelpunkt der frühen Siedlung.
Seit dem 9. Jahrhundert gehörte Holstein zum mittelalterlichen Herzogtum Sachsen. Die Grafen von Holstein und Stormarn förderten im 12. Jahrhundert die christliche Missionierung und holten Kolonisten aus Westfalen und den Niederlanden. In Wilster siedelten sich holländische Kolonisten an, die das Land entwässerten und damit urbar machten. 1282 erhielt die Siedlung Lübsches Stadtrecht und gehört damit zu den ältesten Städten Schleswig-Holsteins. Damit war das Stapelrecht auf der Stör verbunden (gültig bis 1846). Kaufleute, die auf der Stör ihre Waren transportierten, mussten diese für eine gewissen Zeit in Wilster zum Kauf anbieten.
Im 15. Jahrhundert entwickelte sich Wilster zu einem regionalen Umschlagplatz für die lokalen Güter, gefördert durch den Getreideanbau auf den trockengelegten Marschlanden. Hierzu gehörte vor allem der Schiffsverkehr auf der Au mit zwei Häfen in Wilster. Verbindungen über Land waren für Transporte von größeren Warenmengen nicht geeignet.
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Im 16. Jahrhundert gab es einen wirtschaftlichen Aufschwung, der durch die Lieferung von Getreide nach Hamburg und den Fernhandel mit eigenen Schiffen bis nach Schottland und Portugal ausgelöst wurde. Ein Beispiel für damalige Bürgerhäuser ist das Hudemannsches Haus in der Schmiedestraße 14 von 1596. Allerdings brachten die Kriege im 17. und 18. Jahrhundert (Dreißigjähriger Krieg, Kriege der Schweden und Dänen) einen wirtschaftlichen Niedergang der Stadt. Eine zweite Blüte erlebte sie in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts. Aus dieser Zeit stammen die neue St.-Bartholomäus-Kirche (erbaut 1775–1780), vornehme Bürgerhäuser wie das Palais Doos, das heutige Rathaus (1785/1786) und das Haus Michaelsen (erbaut 1788; Gartenhaus erhalten).Erst 1854 wurde Wilster an das überregionale Straßennetz angebunden. Im Jahre 1878 erhielt Wilster einen Eisenbahnanschluss, dadurch kam es zur Ansiedlung kleinerer Industrien, vor allem der Lederverarbeitung. Weitere Gewerbe verarbeiteten die lokalen Produkte, wie Milch, Obst (Dörrobst), Getreide (Mühlen) und Ziegeleien. Dank der damaligen Nachfrage nach Agrarprodukten kam es bis zum Ersten Weltkrieg zu einer weiteren Blütezeit Wilsters. Der Neubau der Kasenorter Schleuse (1925) sorgte dafür, dass die Wilsterau schiffbar blieb.
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In der Stadt gab es eine Reihe von Handwerksbetrieben, Fuhrbetriebe und Schiffer, Vieh- und Pferdehändler, Sattler, Schmiede und Stellmacher. Die enge Verbindung zur ländlichen Umgebung zeigte sich in der hohen Bedeutung des Nahrungs- und Genussmittelgewerbes (Zahlen von 1931): 14 Bäcker, 24 Gaststätten, 4 Meiereien, 9 Müller, 22 Schlachter sowie etliche Kolonialwarenhändler, die die Produkte der Wilstermarsch weiterverarbeiteten bzw. zum Verkauf anboten. In der Stadt lebten und arbeiteten 1931 67 Händler, 58 Kaufleute und 265 Handwerker. An öffentlichen Einrichtungen gab es acht Geschäftsstellen von Banken, Amtsgericht, Arbeitsamt, eine Bürgerschule, eine weiterführende Mittelschule sowie eine Berufsschule. Die Stadt war protestantisch geprägt, 1925 lebten in Wilster 4.119 Bürger evangelischen und 19 katholischen Glaubens. 44 Personen gehörten keiner oder einer anderen Glaubensrichtung an. Bürger jüdischen Glaubens gab es nicht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die Stadt damit zu kämpfen, dass zahlreiche Gewerbe eingingen und Bewohner abwanderten. Heute ist Wilster das Unterzentrum für die umliegenden Gebiete in der Wilstermarsch.
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Stadtstruktur
Die Ortschaft entwickelte sich entlang der Au, die hier einen weiten Bogen innerhalb der Marschlandschaft zog. Nördlich davon gab eine Anhöhe, auf der die Kirche St. Bartholomäus mit dem Kirchhof errichtet wurde. Nach Aufgabe der Bestattungen auf dem Kirchhof legte man einen Friedhof westlich der Kirche an, heute Stadtpark. Der aktuelle Friedhof liegt am Bischofer Weg im Südosten der Stadt.
Von der Kirche nach Südosten, zwischen dem Kirchhof und der Au, verläuft die Straße Op den Göten. Hier war der Markt angesiedelt. Im 16. Jahrhundert errichtete man hier, unmittelbar an der Au gelegen, das Alte Rathaus. Neben dem Rathaus gab es den Speicher, der direkt von den Booten auf der Au beliefert werden konnte.
Nördlich der Au gab es zwei Straßen, heute Kohlmarkt nach Osten und Deichstraße nach Westen. Vom Kirchhof zweigten zwei Straße ab: nach Nordosten die heutige Burger Straße und nach Nordwesten die heutige Zingelstraße. Beide stellten die Verbindungen ins Land her.
Die Deichstraße verlief parallel zur Au, hier hatte sich der Hafen am Rosengarten etabliert. Dementsprechend gab es hier zahlreiche kleine Häuschen zu beiden Seiten der Straße.
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Südlich der Au zogen wiederum Straßen nach Westen (heutige Schmiedestraße) und Osten (heute Klosterhof). An dessen östlichen Ende lag in der Auschleife das Kloster (heute Bereich Lange Reihe). Die heutige Rathausstraße stellte wiederum die Verbindung ins Land her. Nahe des Alten Rathauses errichtete der königliche Kanzleirat Johann Hinrich Doos (1738-1804) sein Palais mit Garten in der Auniederung (heute Neues Rathaus und Bürgermeistergarten). Daneben steht das Bürgermeisterhaus von 1784 mit restaurierter Straßenfront.Südlich der Stadt an der Wilsterau liegt der Hafen Wilster, der seit der frühen Neuzeit als Frachthafen und Liegeplatz genutzt wurde. Nordwestlich der Stadt steht seit dem 16. Jahrhundert an der Rumflether Straße die Rumflether Windmühle.
1878 erhielt Wilster Anschluss an das Eisenbahnnetz. Nördlich der Stadt wurden die beiden Bahnhöfe angelegt und mit der Stadt verbunden. In der Umgebung siedelten sich Industrien und Gewerbe an.
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(Claus Weber, LVR-Redaktion KuLaDig, 2024)
Hinweis
Die Kartierung des Stadtumrisses zeigt den Stand der Besiedlung, wie er auf der Topographischen Karte von 1878-1880 dargestellt wurde.
Internet
- alt-wilster.de: Ausführliche Geschichte von Wilster (abgerufen 14.8.2024)
- www.steinburger-geschichte.de: Kreis Steinberg, Kurze Stadtgeschichte (abgerufen 14.8.2024)
- de.wikipedia.org: Wilster, Geschichte (abgerufen 14.8.2024)