Skisprungschanze des Wintersportvereins Köln in Hollerath

während der NS-Zeit „Adolf-Hitler-Schanze“

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Archäologie, Landeskunde
Gemeinde(n): Hellenthal
Kreis(e): Euskirchen
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 27′ 50,38″ N: 6° 23′ 55,9″ O 50,464°N: 6,39886°O
Koordinate UTM 32.315.396,13 m: 5.593.454,64 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.528.364,50 m: 5.592.096,19 m
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    Skisprungschanze (Adolf-Hitler-Schanze)

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  • Skisprungschanze bei Hellenthal-Hollerath im digitalen Geländemodell (Laserscan, Geobasis NRW, 2024). Farbliche Ergänzungen von Jost Mergen 2024

    Skisprungschanze bei Hellenthal-Hollerath im digitalen Geländemodell (Laserscan, Geobasis NRW, 2024). Farbliche Ergänzungen von Jost Mergen 2024

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Auf dem Wanderweg EifelSpur Westwall stößt man mitten im Wald bei Hollerath auf ein rechteckiges Bruchsteinmauerwerk, die Überreste der 1934 als „Adolf-Hitler-Schanze“ eröffneten Skisprungschanze des Wintersport-Vereins Köln. Oberhalb dieses einstigen Schanzentisches stand der hölzerne Anlaufturm von 18 Metern Höhe und 90 Metern Länge. Er wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, seine Betonfundamente sind jedoch heute noch gut zu erkennen. Zusammen mit historischen Filmaufnahmen und Fotografien dokumentieren diese Relikte im Wald einen Ausschnitt rheinischer Sportgeschichte aus der NS- und Nachkriegszeit.

Die Skisprungschanze der 1930er-Jahre und ihre Überreste
Historische Grundlagen
Die Skisprungschanze in der Nachkriegszeit
Bodendenkmal
Lage, Objektgeometrie
Hinweise, Links, Literatur

Die Skisprungschanze der 1930er-Jahre und ihre Überreste
Etwa einen Kilometer nordwestlich des Hollerather Dorfzentrums befinden sich im Wald, am Nordosthang des Thiesberges zum Thiessiefen, die Überreste der Skisprungschanze. Die Anlage wurde zwischen 1932 und 1934 vom Wintersport-Verein Köln (WSV) errichtet. Insgesamt war sie zwischen 200 und 230 Meter lang, 40 Meter breit und zwischen Auslauf und Anlaufplattform bestand ein Höhenunterschied von mindestens 80 Metern.
Unmittelbar am Waldweg liegt der Schanzentisch. Er besteht aus drei massiven Mauern aus lokalem Grauwacke-Bruchstein. Die Frontmauer hat eine Stärke von etwa 0,70 Metern, ist mit rötlichem sandigen Mörtel gemauert und war einst verputz. Die Seitenmauern blieben unverkleidet und sind zum Abfangen des seitlichen Erddrucks des Schanzentisches schwach abgeschrägt. Der hölzerne Anlaufturm aus Fichtenstämmen stand südwestlich oberhalb des Schanzentisches auf 32 Betonfundamenten. Er war zwischen 18 und 20 Metern hoch. Die gesamte Anlauflänge des Holzgerüstes betrug rund 90 Meter. Die übrige Distanz von etwa 30 Metern legten die Springer auf dem natürlichen Hang sowie dem künstlich aufgerichteten Schanzentisch zurück. Durch drei Ablaufkanzeln konnte zwischen Anlauflängen von 75, 105 und 120 Meter variiert werden. Von den in zwei Reihen gesetzten Betonfundamenten sind die meisten noch in situ erhalten und unter dichtem Moosbewuchs deutlich erkennbar. Das Holzgerüst wurde ohne festere Fixierung auf die Betonfundamente gesetzt; offenbar reichte das Eigengewicht des Anlaufturmes aus, um ausreichende Stabilität zu gewährleisten.
Der Anlaufturm endete an einer 4,50 Meter breiten und 0,20 Meter dicken Betonschwelle, die rund 30 Meter oberhalb des Absprungpunktes im Waldboden erhalten ist. Das Gefälle des Anlaufturms betrug 20 Grad, wodurch Absprunggeschwindigkeiten von bis zu 90 km/h erreicht wurden. Der Absprungpunkt der Schanze lag bei 580,30 Meter über NHN. Der K-Punkt (Konstruktionspunkt), früher auch als „kritischer Punkt“ bezeichnet, gibt die maximale Weite an, innerhalb derer eine Landung als ungefährlich eingestuft wird. Vom Absprungpunkt gemessen lag dieser Punkt bei der Hollerather Schanze bei 50 Metern.
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Historische Grundlagen
Der Ursprung des Skispringens liegt in der norwegischen Provinz Telemark. Belege reichen bis in das 18. und 19. Jahrhundert zurück. In Deutschland verbreitete sich der Sport erst am Ende des 19. Jahrhunderts im Zuge der zunehmenden Begeisterung für Wintersport. Olympische Disziplin ist Skispringen seit 1924.
Es gab bereits vor dem Ersten Weltkrieg Bemühungen zur aktiven Förderung des Wintersports und des Wintertourismus in der Nordeifel. Im November 1913 tagte der Wintersportverband Eifel mit mehreren Ortsgruppen zum vierten Mal und beschloss den Bau einer Sprungschanze bei Schleiden und Hollerath. Diese Pläne wurden jedoch nie in die Tat umgesetzt. Ein wichtiger Akteur in den Bemühungen um eine wintersport-touristische Erschließung der Nordeifel war der am 18. Dezember 1907 gegründete Wintersport-Verein Köln (WSV).
Der erste Weltkrieg bedeutete natürlich eine deutliche Zäsur dieser Bestrebungen. Erst 1932 bis 1934 wurde auf Betreiben des WSV eine Sprungschanze in Hollerath errichtet. Den Bau der Schanze leitete der gebürtige Norweger William Arnet (1888–1977), der zwischen 1949 und 1957 auch erster Vorsitzender des Vereins war. Im Zuge der Arbeiten fanden nach Presseberichten auch erwerbslose und sogenannte „Krisenarbeiter“ für eine kurze Zeit Beschäftigung, etwa beim Roden des Hanges, dem Transport der Baumaterialien sowie beim Bau des Schanzentisches und der Errichtung des Anlaufturmes. Die Kölnische Zeitung vom 14. September 1934 berichtet im typisch nationalsozialistischen Presseduktus über die Tagung der Wintersportler Kölns in der Eifel, in deren Anschluss am 16. September die Einweihungsfeierlichkeiten stattfinden sollten. Neben der propagandistischen Aufmachung des Artikels und der hieraus abzulesenden offensichtlich erfolgreichen politischen Gleichschaltung des Kölner WSV enthält der Zeitungsbericht auch technische Details zur Anlage, die aus archäologischer Sicht heute von Bedeutung sind. Der Bau der Gesamtanlage soll insgesamt 15.000 Reichsmark betragen haben.
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Die Schanze wurde am Einweihungstag im Beisein zahlreicher Einwohner umliegender Gemeinden und Wintersportler sowie des damaligen Landrates Josef Schramm (1901–1991) auf den Namen „Adolf-Hitler-Schanze“ getauft. Auf die sportliche Eröffnung mussten die Wintersportler aufgrund von Schneemangel allerdings noch lange warten, denn sie konnte erst im Januar 1936 stattfinden. Der zweifache Olympiasieger und fünfmalige Weltmeister Birger Ruud (1911–1998) aus Norwegen ist wohl der bekannteste Athlet, der die Hollerather Schanze besuchte und hatte sie angeblich für sehr gut erachtet. Den Schanzenrekord stellte Ludwig Volke aus Willingen bei den Westdeutschen Meisterschaften am 27. Februar 1938 mit einer Weite von 42,50 Metern auf.
Letztlich waren jedoch die unsicheren winterlichen Witterungsverhältnisse in der Eifel Hauptgrund für eine ausbleibende Etablierung der Anlage und ihren Niedergang. Mit den Wintersportgebieten im Bergischen Land (vgl. dort etwa die Engelnberg-Schanze) und besonders im Hochsauerland konnte die Anlage aufgrund der unsteten winterlichen Witterungsverhältnisse auch in den 1930er Jahren nicht konkurrieren. Die Schanze war nur selten Austragungsort größerer Wettkämpfe und dementsprechend kaum von überregionaler Bedeutung.
Für 1940 ist in der Presse die Nachricht über eine bauliche Ertüchtigung zu entnehmen, die Gerüchte über eine angeblich marode Anlage entkräften sollten, jedoch wurde in den Kriegsjahren hier kein Sport mehr betrieben. Stattdessen fiel die Schanze den erbitterten Kampfhandlungen des Winters 1944/45 zum Opfer.
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Die Skisprungschanze in der Nachkriegszeit
Nach dem Krieg errichtete man 1953 unmittelbar neben dem ehemaligen steinernen Schanzentisch eine kleinere Schanze und nutzte diese für weitere Jahre. Wie auf einem Foto des Kreismedienzentrums Euskirchen aus dem Jahr 1972 zu erkennen ist, stand zu dieser Zeit zwar noch ein hölzerner Anlaufturm, gesprungen wurde aber nach Zeitzeugenaussagen seit den späten 1960er-Jahren nicht mehr. Der talseitige Rand des Forstweges diente als Absprungpunkt. Einige regionale Wettkämpfe des Westdeutschen Skiverbandes lockten erneut viele Zuschauer nach Hollerath. Planungen zu einem großen Schanzenneubau von 1965 wurden nie realisiert.
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Bodendenkmal
Die „Skisprungschanze Hollerath“ ist mit Eintragung vom 23.11.2023 geschütztes Bodendenkmal. Der Schutzbereich umfasst die im Digitalen Geländemodell sichtbaren Überreste der Anlage sowie das Areal des Anlaufturmes mit im Boden erhaltenen Betonfundamenten sowie den Auslaufhang. Zudem wurde ein Puffer von bis zu 10 Metern veranschlagt, da die genauen Abgrenzungen der Sportanlage aus den verfügbaren Quellen nicht eindeutig zu definieren sind, aber über die heute im Gelände sichtbaren Befunde hinausgingen.

Denkmalrechtliche Begründung (Auszug)
Das Bodendenkmal „Skisprungschanze Hollerath“ erfüllt die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 DSchG NRW zur Aufnahme als ortsfestes Bodendenkmal in die Liste der Bodendenkmäler. An der Erhaltung besteht ein öffentliches Interesse, weil das Bodendenkmal bedeutend ist für die Geschichte des Menschen. …
Als einzige Skisprungschanze im linksrheinischen Nordrhein-Westfalen ist die Schanze ein einzigartiges Zeugnis der Sportgeschichte des Landes. Im rheinland-pfälzischen Teil der Eifel existierten mit der 1938 eröffneten Schanze an der „Hohen Acht“ und den jüngeren Schanzen an der Nürburg und Langenfeld bei Mayen drei weitere Anlagen.
Neben dem sportlichen Alleinstellungsmerkmal zeigt die Anlage aufgrund ihrer Historie auch die politischen Dimensionen des Sports und seine Vereinnahmung und Gleichschaltung durch bzw. seine proaktive Eingliederung in die NS-Ideologie. …
Die Presseberichte anlässlich der Eröffnung der Sportanlage sind in ihrem Duktus jedenfalls eindeutig und messen der Sportanlage in der „Grenzlandregion“ Eifel nicht etwa eine grenzübergreifende und das verbindende Element des Sports betonende, sondern eine abgrenzende und das eigene „Volk“ gegenüber Bedrohungen stärkende Bedeutung zu.
Als besonderes Merkmal für die Geschichte des Ortes Hollerath ist der erhoffte Aufschwung durch den Wintersporttourismus anzuführen.

An der Erhaltung und Nutzung besteht wegen seiner wissenschaftlichen Bedeutung, insbesondere aus historischen und sporthistorischen Gründen ein Interesse der Allgemeinheit. …
Nicht überprägte, aufgelassene Sportanlagen wie die Skisprungschanze in Hollerath mit ihrer guten Erhaltung bilden eine seltene Ausnahme und den physischen Überresten verleiht diese Tatsache einen besonderen Denkmalwert als eigenständige archäologische Quelle. Archäologische Untersuchungen können dazu beitragen, die Geschichte der Anlage besser zu verstehen und neue bislang unbekannte Quellen zu erschließen. Datierende Funde und Befunde aus der Zeit der Errichtung, Nutzung, Aufgabe sowie aus der Nachnutzungszeit enthalten wertvolle Informationen, die nur mithilfe archäologischer Methoden gewonnen werden können. ... Durch Kleinfunde können Hinweise auf die Erbauer, die Sportler und die Zuschauer gewonnen werden.
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Lage, Objektgeometrie
Auf den historischen topographischen Karten TK 1936-1945 findet sich das Areal mit „Sprungschanze“ angeführt (vgl. Kartenansicht, technisch bedingt etwas verschoben zur eigentlichen Lage). In gleicher Weise ist die Wintersportanlage in den Messtischblättern 1939 und 1955 verzeichnet (vgl. landkartenarchiv.de).

(Jost Mergen, LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, 2024 / Ergänzungen von Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2024)

Hinweise
Die Skisprungschanze ist eingetragenes Bodendenkmal (Gemeinde Hellenthal, UDB-Nr. Bo/0019; LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, Nr. EU 358).
Die Skisprungschanze in Hollerath war Station der Archäologietour Nordeifel 2024.

Quellen
Historische Zeitungen im Zeitungsportal zeit.punktNRW, online unter zeitpunkt.nrw (abgerufen 2023, Suchbegriffe „Skisprungschanze Hollerath“, „Adolf-Hitler-Sprungschanze Hollerath“ in den entsprechenden Jahrgängen).
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Internet
www.skisprungschanzen.com: Skisprungschanzenarchiv, Datenbank zu Skisprungschanzen weltweit, Hollerath (abgerufen 12.01.2024)
wsv-koeln.de: Wintersportverein WSV Köln (mit einem Kurzfilm und einigen Sequenzen zum Bau und Betrieb der Hollerather Sprungschanze, abgerufen 12.01.2024)
landkartenarchiv.de: Topographische Karte 1:25.000 (5504) Hellenthal, Meßtischblatt 1939 und Meßtischblatt 1955 (abgerufen 12.01.2024)
de.wikipedia.org: Adolf-Hitler-Schanze (abgerufen 12.01.2024)
de.wikipedia.org: Liste der Bodendenkmäler in Hellenthal (noch ohne die Skisprungschanze Hollerath, abgerufen 12.01.2024)
www.volksfreund.de: Als Kölner zum Skispringen in die Eifel kamen (Text Stephan Everling, Volksfreund vom 20.01.2016, abgerufen 12.01.2024)
www.eifel.info: Ein Spaziergang durch die Geschichte – EifelSpur „Westwall“ (abgerufen 22.9.2024)

Skisprungschanze des Wintersportvereins Köln in Hollerath

Schlagwörter
Ort
53940 Hellenthal - Hollerath
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Ortsfestes Bodendenkmal gem. § 3 DSchG NW
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Archäologie, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Schriften, Auswertung historischer Karten, Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, Vor Ort Dokumentation, Übernahme aus externer Fachdatenbank
Historischer Zeitraum
Beginn 1932 bis 1934, Ende 1970 bis 1980

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Jost Mergen (2024): „Skisprungschanze des Wintersportvereins Köln in Hollerath”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-346097 (Abgerufen: 3. Dezember 2024)
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