Abschnitt „Geisterautobahn“ der Bundesautobahn 4 zwischen Kerpen und Düren

Teilstück der früheren A 4 mit Photovoltaik-Solarstromanlage „Solarautobahn“

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Elsdorf (Nordrhein-Westfalen), Kerpen (Nordrhein-Westfalen), Merzenich, Niederzier
Kreis(e): Düren, Rhein-Erft-Kreis
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 53′ 14,6″ N: 6° 34′ 27,2″ O 50,88739°N: 6,57422°O
Koordinate UTM 32.329.382,74 m: 5.640.105,40 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.540.450,09 m: 5.639.276,09 m
  • Blick aus dem Flugzeug auf den Tagebau Hambach zwischen Jülich, Bergheim, Kerpen und Düren im Rheinischen Braunkohlerevier (2019). Links im Bild die Abraumhalde Sophienhöhe und rechts der Bereich des Bürgewaldes bei Morschenich / Manheim.

    Blick aus dem Flugzeug auf den Tagebau Hambach zwischen Jülich, Bergheim, Kerpen und Düren im Rheinischen Braunkohlerevier (2019). Links im Bild die Abraumhalde Sophienhöhe und rechts der Bereich des Bürgewaldes bei Morschenich / Manheim.

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  • Ausschnitt aus der topographischen Karte 1:50:000, Blatt L 5104 Düren von 1979 entlang des damaligen Verlaufs der Bundesautobahn A 4 zwischen Düren und Kerpen.

    Ausschnitt aus der topographischen Karte 1:50:000, Blatt L 5104 Düren von 1979 entlang des damaligen Verlaufs der Bundesautobahn A 4 zwischen Düren und Kerpen.

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  • Schaufelradbagger an der Abbaukante des Braunkohletagebaus Hambach im Bereich "An den Waldhöfen" nahe des seit 2012 sukzessive nach Manheim-neu umgesiedelten Kerpener Stadtteils Manheim (2021).

    Schaufelradbagger an der Abbaukante des Braunkohletagebaus Hambach im Bereich "An den Waldhöfen" nahe des seit 2012 sukzessive nach Manheim-neu umgesiedelten Kerpener Stadtteils Manheim (2021).

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  • Karte des Rheinischen Braunkohlereviers (2013).

    Karte des Rheinischen Braunkohlereviers (2013).

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Infolge einer zwischen 2008 und 2014 erfolgten baulichen Umverlegung eines knapp 13 Kilometer langen Streckenabschnittes der Bundesautobahn A 4 aufgrund des Braunkohletagebaus Hambach, entstand zwischen der Anschlussstelle Düren und dem Kreuz Kerpen ein mehrere Kilometer langes Stück „Geisterautobahn“.

Bau und spätere Umverlegung der Autobahn A 4
Zusammenführung der Hambachbahn, der Bahnstrecke Köln - Aachen und der Autobahn A 4
Die verbliebene „Geisterautobahn“ an der Abbruchkante des Tagebaus Hambach
Objektgeometrie
Internet, Literatur

Bau und spätere Umverlegung der Autobahn A 4
Die Autobahnstrecke von Aachen nach Köln wurde bereits 1936 mit einem ersten Spatenstich begonnen und während des Zweiten Weltkrieg eingestellt. In den 1950ern wurden die Bauarbeiten fortgesetzt und bis 1960 abschnittsweise fertiggestellt. Nach der Komplettierung der Kölner Südumfahrung - auch hier befindet sich ein sogenanntner „Geisterbahn“-Abschnitt - wurde die Autobahn zunächst 1957 in westliche Richtung um 4 km bis zum Anschluss Köln-Klettenberg verlängert und dann 1958 um weitere 5 km bis kurz vor Frechen erweitert. Gleichzeitig erfolgte von Düren aus über rund 10 km der Ausbau in Richtung Osten bis zur Anschlussstelle Buir. Im Jahr 1959 wurden dann weitere 11 km bis zur Anschlussstelle Kerpen fertiggestellt und 1960 die 13 km lange Lücke zwischen Kerpen und Frechen geschlossen.
Bereits zu Beginn der Ausbauplanung des Braunkohletagebaus Hambach in den 1990er-Jahren war die Umverlegung des betreffenden Abschnitts der seit 1975 als A 4 benannten Autobahn zwischen Düren und Kerpen nach Süden hin vorgesehen. Der Bau der neuen Trasse begann im September 2008 und folgt einer bereits 2001 beschlossenen neuen Linie.
„Im Zuge des Neubaus wurden 18 neue Brücken errichtet, darunter eine 35 Meter breite Grünbrücke. Als gestalterische Maßnahme entstand auf dem Abschnitt bei Kerpen-Buir die Allee ‚Baum des Jahres' - an der Böschung wurden alle Bäume des Jahres der vergangenen 25 Jahre gepflanzt.“ (de.wikipedia.org)

Nachdem die Richtungsfahrbahn Köln zwischen Düren und Merzenich bereits im April 2014 provisorisch für den Verkehr geöffnet werden konnte, wurde die im Mittel um 1 bis 2 Kilometer nach Süden verlegte Autobahnstrecke zum 16. September 2014 eingeweiht.
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Zusammenführung der Hambachbahn, der Bahnstrecke Köln - Aachen und der Autobahn A 4
Während man in den Jahren der Umverlegung die A 4 zwischen Aachen und Köln von vier auf sechs Fahrstreifen erweiterte, wurden gleichzeitig auch die im Bereich zwischen Düren und Kerpen verlaufenden Gleise der RWE-Tagebau-Werksbahn parallel zu der neuen Autobahntrasse verlegt. Über die Hambachbahn werden u.a. die Kraftwerke Niederaußem, Frimmersdorf I, Frimmersdorf II und Neurath mit Braunkohle aus dem Tagebau Hambach versorgt.
Durch diese Umverlegung konnten die Verkehrsströme der Hambachbahn, der (nicht mit dieser verbundenen) Schnellfahrstrecke Köln - Aachen und der A 4 auf einer gemeinsamen Trasse gebündelt werden. Diese verläuft nun aus Landschafts- und Schallschutzgründen in einem etwa 8 bis 15 Meter tiefen Einschnitt im Gelände.
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Die verbliebene „Geisterautobahn“ an der Abbruchkante des Tagebaus Hambach
Im Zuge der Umverlegung der A 4 wurde die Asphalt-Fahrbahndecke auf den früheren Streckenabschnitten weitgehend abgetragen, einige Teile blieben jedoch erhalten und sind heute noch in zwei Teilstrecken vorhanden: „Teils noch mit alten Straßen, Leitplanken und Überquerungsbrücken. Lediglich die Schilder wurden konsequent entfernt“ (www.merkur.de). Teile der einstigen A 4 wurden noch eine Weile als Zufahrten zum Tagebau genutzt.

  • Die erhalten gebliebenene und noch gut sichtbare einstige Autobahntrasse beginnt heute (Stand Ende 2023) im Westen bei Niederzier-Ellen mit der so genannten „Solarautobahn“. Im Jahr 2017 wurde hier auf einer Länge von 620 Metern auf nicht entferntem Asphalt der ehemaligen Autobahntrasse mit dem „Solarpark Alte A4 Tagebau Hambach“ eine Photovoltaik-Solarstromanlage installiert. Die von der Energiepartner Niederzier GmbH unter Beteiligung der Gemeinde Niederzier und den RWE- bzw. E.ON-Tochterunternehmen Innogy betriebenen insgesamt 2.820 Solarmodule haben eine maximale Leistung von knapp 750 kWp (Kilowatt peak). Mit täglich gelieferten 2000 Kilowattstunden können seitdem 210 Haushalte CO2-frei mit elektrischer Energie versorgt werden. Hierfür wurden „282 Betonplatten, 5800 Stahlprofile, 1128 ehemalige Bahnschwellen und 10 Kilometer Kabel verbaut. Die Solaranlage ruht auf 500 Tonnen Kies, der aus dem Tagebau stammt, und ist von 1200 Metern Zaun umgeben, der 20 cm Bodenfreiheit für Kleinsäuger lässt.“ (www.energie-experten.org)
  • Etwa 350 Meter vor der heutigen - und damit möglicherweise endgültigen - Abbruchkante des Braunkohletagebaus befand sich westlich des zwischen 2015 und 2020 wüstgefallenen Umsiedlungsorts Morschenich ein Park- und Rastplatz der Autobahn. Hier endet die erste Teilstrecke nach rund 2,2 km an der Abbruchkante des Tagebaus.
  • Unmittelbar östlich der Abbruchkante sind im Gelände noch gut die Zu- und Abfahrten der einstigen Anschlussstelle Buir im Waldgebiet der Blatzheimer bzw. Manheimer Bürg(e) auszumachen, die im Zuge der Umverlegung durch die Autobahnanschlüsse bei Merzenich und Kerpen-Geilrath (Elsdorf) ersetzt wurde. Heute endet die einstige Autobahnabfahrt an einem nördlichen Abzweig der Straßen L 257, L 276 und K 4, vom dem aus die Forsthausstraße zu dem seit 2012 in Etappen umgesiedelten Ort Manheim führt.
  • Im Nordosten des Bürgewalds Steinheide ist ein weiterer früherer Park- und Rastplatz der Autobahn noch deutlich im Gelände des damaligen Manheim-Blatzheimer Erbwalds (Steinheide) zu erkennen. Nur wenige hundert Meter östlich davon endet die die östliche Teilstrecke der heutigen „Geisterautobahn“ nach knapp 6 km im Bereich der Anschlussstelle der Landstraße L 477 an die heutige A 4.
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Objektgeometrie
Die hier eingezeichnete Objektgeometrie zeigt die Trasse der „Geisterautobahn“ im Erhaltungsstand von Sommer / Herbst 2023; der Verlauf der übrigen zwischen Düren und Kerpen verlegten Trasse der A 4 ist über Punkte angedeutet. Der ursprüngliche Verlauf der A 4 lässt sich anhand von zeitgenössischen topographischen Karten (hier z.B. Blatt 5104 der TK 1:50.000 von 1979, vgl. Abb.) oder des Luftbilds / Orthofotos NRW 1988-1994 nachvollziehen (vgl. Kartenansicht).

(Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2024)

Internet
de.wikipedia.org: Bundesautobahn 4, Streckenverlegung Düren-Kerpen (abgerufen 10.10.2023)
www.energie-experten.org: Niederzier: Erste Solarautobahn Deutschlands eröffnet (abgerufen 10.10.2023)
www.merkur.de: In NRW gibt es eine Geisterautobahn: Warum hier niemand mehr fährt (Text Oliver Schmitz, 09.10.2023, abgerufen 10.10.2023, Inhalt nicht mehr verfügbar 17.01.2024)
www.focus.de: Vor den Toren Kölns - Mitten im dichtbesiedelten NRW befindet sich Deutschlands gruseligste Autobahn (Text Matthias Trzeciak, 18.10.2023, abgerufen 19.10.2023)
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Literatur

Groten, Manfred; Johanek, Peter; Reininghaus, Wilfried; Wensky, Margret / Landschaftsverband Rheinland; Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Hrsg.) (2006)
Handbuch der Historischen Stätten Nordrhein-Westfalen. (HbHistSt NRW, Kröners Taschenausgabe, Band 273.) S. 271-279 u. 543-548, Stuttgart (3. völlig neu bearbeitete Auflage).
Wilhelm, Jürgen (Hrsg.) (2008)
Das große Köln-Lexikon. S. 41, Köln (2. Auflage).

Abschnitt „Geisterautobahn“ der Bundesautobahn 4 zwischen Kerpen und Düren

Schlagwörter
Ort
50170 Kerpen / Elsdorf
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn 1958 bis 2014

Empfohlene Zitierweise

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„Abschnitt „Geisterautobahn“ der Bundesautobahn 4 zwischen Kerpen und Düren”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-345806 (Abgerufen: 4. Mai 2024)
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