Der heute als einer der berühmtesten Büttenredner des Kölner Karnevals geltende Georg Karl Küpper wurde am 2. November 1905 in Düsseldorf geboren. Der gelernte Buchdrucker stieg im Jahr 1927 erstmals als Redner in die „Bütt“ (das Rednerpult) des Kölner Sitzungskarnevals und profilierte sich hier rasch in seiner Rolle als „D'r Verdötschte“ (kölsch für eine verrückte und tölpelhafte Person).
Karl Küpper und der Karneval während der NS-Zeit
Der „Verdötschte“ im Karneval der Nachkriegszeit
Küppers karnevalistischer Ruhestand als Wirt, sein Tod und das Andenken an ihn
Versuchtes Gedenken von der falschen Seite im Jahr 2019 und Karl-Küpper-Preis seit 2020
Quelle, Internet, Literatur
Karl Küpper und der Karneval während der NS-Zeit
Bereits 1934 hatte der so genannte „Palästina-Wagen“ am Kölner Rosenmontagszug teilgenommen, auf dem auswandernde Juden mit dem hämisch-antisemitischen Kommentar „Die letzten ziehen ab“ verunglimpft wurden. Und auch, dass es nach den Novemberpogromen 1938 in der Domstadt teils aussah „wie nach einem Erdbeben“, hielt die Narren keineswegs davon ab, zum 11.11. gewohnt fröhlich die neue Karnevalssession zu eröffnen.
Während sich weite Teile des offiziellen Kölner Karnevals im „Dritten Reich“ mit dem Nationalsozialismus arrangierten, „stellte Küpper seine distanzierte Haltung zum NS-Regime auf der Karnevalsbühne subtil, aber auch offen zur Schau.“ (de.wikipedia.org), indem er sich deutlich über die Nazis lustig machte. Ein Klassiker waren seine Auftritte, die Hand zum Hitlergruß ausgetreckt und die Frage in den Raum rufend „Is et am rääne?“ („Regnet es?“) oder auch „Su huh litt der Dreck bei uns im Keller.“ („So hoch liegt der Dreck bei uns im Keller!“).
Als „Berichterstatter aus Abessinien“ (das seit 1935 vom faschistischen Italien besetzte Gebiet des heutigen Äthiopien und Eritrea) verulkte er das nationalsozialistische Regime und die NS-Gleichschaltung mit dem Spruch (nach www.kölner-karneval.de, Karl Küpper):
„Es stand ein Baum am Waldesrand und war organisiert.
Er war im NS-Baumverband, damit ihm nichts passiert.“
Als Küpper deshalb in Schwierigkeiten geriet, trug er den Reim kurzerhand in einer neuen Fassung vor:
„Es stand kein Baum am Wegesrand, er war nicht organisiert.
Er war nicht im NS-Baumverband, damit mir nichts passiert.“
Seine subversiven Auftritte blieben nicht ohne Folgen, obgleich sich die Verantwortlichen des Nazi-Regimes zunächst offenbar aufgrund seiner immensen Popularität nicht trauten, offen gegen ihn vorzugehen. Trotz seiner respektlosen Haltung wurde er zunächst weiter zu großen Sitzungen eingeladen und noch 1938 als bester Karnevalist Deutschlands ausgezeichnet, während zeitgleich bereits Paragraph 3 der Satzung des Festausschusses Kölner Karneval bestimmte „Nichtarier werden nicht in den Verein aufgenommen.“ (Der Spiegel 1998)
Im Jahr 1939 belegten die Nazis Karl Küpper schließlich mit einem lebenslangen Rede- und Auftrittsverbot. Einer möglichen Verhaftung entging er – vermutlich gewarnt von einem befreundeten Gestapo-Mann – mit seiner freiwilligen Meldung zur Wehrmacht 1941. Das Redeverbot wurde aufgehoben und Küpper spielte fortan vor Soldaten im Fronttheater (www.kölner-karneval.de und www.koeln-lotse.de).
„Auch dort eckte er mit seiner respektlosen Art immer wieder an. Er war auch dort jemand, der sich von niemandem etwas sagen ließ. Doch die Kriegzeit überstand er auf diese Weise letztlich unbeschadet.“
Der „Verdötschte“ im Karneval der Nachkriegszeit
Auch in der Nachkriegszeit konnte Küppers in seinen Auftritten als „D'r verdötschte Funk-Reporter“ das Provozieren und seinen Spott gegenüber der Obrigkeit nicht lassen. So kritisierte er unter anderem hohe Wiedergutmachungsanträge „ehemaliger Großagrarier und Rittergutsbesitzer“ aus den Ostgebieten und die mangelnde Versorgungslage der Zeit – oder er verunglimpfte unverhohlen den hoch angesehenen Bundeskanzler Konrad Adenauer.
Am 1. Januar 1952 kam es schließlich auf der traditionellen Herrensitzung des Kölner Karnevalvereins „Lyskircher Junge“ zum offenen Eklat: Mit zum Hitlergruß erhobener Hand thematisierte Karl Küppers den Einfluss alter Nazi-Eliten auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft der Nachkriegszeit und nicht zuletzt auch auf die Inhalte des Karnevals und der Büttenreden mit „Et ess ad widder am rähne!“ („Es regnet schon wieder!“).
Küppers Ausruf bezog sich nicht zuletzt auch auf den während der NS-Zeit angepasst-konformen Karnelvalsfunktionär Thomas Liessem (1900-1973), der als vermeintlicher Widerständler bei der als „Aufstand der Narren“ bzw. „Narrenrevolte“ beschönigten Selbst-Gleichschaltung des Kölner Karnevals inzwischen längst entnazifiziert war (Der Spiegel 1998).
Liessem stand sowohl dem Festausschuss Kölner Karneval als auch den Bürgerausschusses Kölner Karneval vor und leitete pikanterweise die besagte Sitzung. Nachdem zahlreiche Stadtverordnete – unter diesen der Kölner Bürgermeister Robert Görlinger (1888-1954) – noch während Küppers Auftritt empört den Saal verlassen hatten, verhängte Liessem ein faktisches Auftrittsverbot gegen ihn, indem er Karnevalsgesellschaften davon abriet, ihn als Redner zu verpflichten.
In der Folge entschärfte Küppers seine Reden und feierte in den 1950er Jahren noch große Erfolge als Büttenredner.
Küppers karnevalistischer Ruhestand als Wirt, sein Tod und das Andenken an ihn
Im Jahr 1960 setzte Karl Küppers sich als Karnevalist zur Ruhe und eröffnete mit seiner Frau Sophie Katharina (1913-2014, geborene Hüsgen), mit der er seit 1941 verheiratet war und die ihn um 44 Jahre überlebte, erfolgreich die Gaststätte „Küppers Karl“ in der Kalker Hauptstraße Nr. 215 in Köln-Kalk.
Er starb am 26. Mai 1970 und wurde auf dem Kölner Friedhof Melaten beigesetzt. Sein dortiger Grabstein auf der Flur 69 A zeigte mit „20.6.1970“ lange Zeit ein falsches Todesdatum, bevor dies korrigiert wurde.
Bis heute gilt Karl Küpper für viele Karnevalisten als Vorbild. Bereits 1953 ließ das Kölner Hänneschen-Theater ihm die Ehre zukommen, als Stockpuppe aufzutreten.
Neben der im Mai 2011 erfolgten Benennung des Karl-Küpper-Platzes erinnert seit dem gleichen Jahr auch eine Gedenktafel am Haus Kalker Hauptstraße 215 in Kalk an ihn.
Die Inschrift neben einer zeichnerischen Darstellung des „Verdötschten“ lautet:
KARL KÜPPER
2. November 1905 – 26. Mai 1970
Der Kölner Karnevalist Karl Küpper betrieb an dieser / Stelle, Kalker Hauptstraße 215,
von 1960 bis 1970 die beliebte Gaststätte „Küppers Karl“.
Berühmt wurde er in ganz Deutschland als / „D'r Verdötschte“ in der Bütt. Für Karl Küpper war die
Karnevalszeit die Zeit der Kritik und der Aufmüpfigkeit / gegen die Obrigkeit.
Unangepasst und widerborstig / kritisierte und verhöhnte er als / einziger Kölner Karnevalist die
Nationalsozialisten. Er riskierte / dafür Repression und ein / lebenslanges Redeverbot, das
allerdings erst gegen Ende des / Krieges aufgehoben wurde.
2. November 1905 – 26. Mai 1970
Der Kölner Karnevalist Karl Küpper betrieb an dieser / Stelle, Kalker Hauptstraße 215,
von 1960 bis 1970 die beliebte Gaststätte „Küppers Karl“.
Berühmt wurde er in ganz Deutschland als / „D'r Verdötschte“ in der Bütt. Für Karl Küpper war die
Karnevalszeit die Zeit der Kritik und der Aufmüpfigkeit / gegen die Obrigkeit.
Unangepasst und widerborstig / kritisierte und verhöhnte er als / einziger Kölner Karnevalist die
Nationalsozialisten. Er riskierte / dafür Repression und ein / lebenslanges Redeverbot, das
allerdings erst gegen Ende des / Krieges aufgehoben wurde.
Versuchtes Gedenken von der falschen Seite im Jahr 2019 und Karl-Küpper-Preis seit 2020
Im November 2019 stellte die Kölner Ratsfraktion der rechtspopulistischen und in Teilen rechtsextremen politischen Partei Alternative für Deutschland (AfD) den Antrag, für Karl Küpper anlässlich seines 50. Todestages 2020 ein Denkmal zu errichten. Ferner schlug die AfD vor, einen durch Mittel aus einem Antirassismus-Projekt finanzierten und mit 11.111 Euro dotierten Karl-Küpper-Preis für die beste politische Büttenrede der Session auszuloben.
Beide Vorschläge stießen auf empörten Widerstand, nicht nur seitens der Politik. Küppers Sohn Gerhard lehnte die Vorhaben als „Frechheit“ und als „Schlag ins Gesicht meines Vaters“ ab, sein Vater habe die NSDAP als „Vorgängerpartei“ der „faschistoiden“ AfD „bis aufs Messer“ bekämpft – und das unter Einsatz seines Lebens. Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker nannte den Vorstoß der AfD „infam“.
Der Antrag wurde auf der Ratssitzung vom 7. November 2019 mit großer Mehrheit abgelehnt (www.ksta.de).
Unabhängig davon wurde am 26. Mai 2020 zum 50. Todestag Karl Küppers im Kölner Gürzenich eine Gedenkplatte zu seinen Ehren enthüllt.
Von der Stadt Köln, den Freunden und Förderern des Kölnischen Brauchtums, dem Festkomitee Kölner Karneval und der Familie Karl Küpper wurde ferner ein Karl-Küpper-Preis initiiert, der jährlich an Personen oder Einrichtungen vergeben werden soll, die sich für den Schutz der Demokratie und gegen Rassismus, Antisemitismus und jede Form der Diskriminierung engagieren. Erste Preisträgerin des mit 10.000 Euro dotierten Preises ist 2020 die Kapitänin und Menschenrechts- und Klimaaktivistin Carola Rackete (*1988) (www.rundschau-online.de). 2022 wurde der Kölner Lehrer, Texter und Musiker Rolly Brings (*1943) mit dem Preis ausgezeichnet.
(Uli Kievernagel, Köln, 2019 / Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2020/2022)
Quelle
Heil Hitler und Alaaf, in: Der Spiegel 9/1998, S. 80-81.
Internet
www.kölner-karneval.de: Karl Küpper (De Verdötschte) (abgerufen 17.03.2020)
www.kölner-karneval.de: 1933 bis 1945 – Karneval im Nationalsozialismus (abgerufen 18.03.2020)
www.ksta.de: AfD-Antrag abgelehnt. Kein Denkmal für verstorbenen Büttenredner Karl Küpper (Kölner Stadt-Anzeiger vom 08.11.2019, abgerufen 17.03.2020)
www.rundschau-online.de: Verleihung in Köln – Carola Rackete erhält ersten Karl-Küpper-Preis (Kölnische Rundschau vom 23.10.2020, abgerufen 02.11.2020)
www.koeln-lotse.de: „Is et am rääne?“ – Büttenredner Karl Küpper (Uli, der Köln-Lotse vom 02.11.2019, abgerufen 16.03.2020)
www.koeln-lotse.de: Karl-Küpper-Preis für Rolly Brings – „Rebell mit Beamtenstatus“ (Uli, der Köln-Lotse vom 03.12.2022, abgerufen 12.12.2022)
de.wikipedia.org: Karl Küpper (abgerufen 16.03.2020)
de.wikipedia.org: Narrenrevolte (abgerufen 18.03.2020)