Burgsiedlung Heimbach

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Heimbach (Nordrhein-Westfalen)
Kreis(e): Düren
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 37′ 58,97″ N: 6° 28′ 54,9″ O 50,63305°N: 6,48192°O
Koordinate UTM 32.321.928,11 m: 5.612.045,74 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.534.139,42 m: 5.610.936,19 m
  • Blick von der Burg Hengebach auf die Gärten in Überrruhr (2022).

    Blick von der Burg Hengebach auf die Gärten in Überrruhr (2022).

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  • Die Treppenstufen zu den Häusern dienten dem Hochwasserschutz, da früher der Mühlenbach hier entlang floss (2022).

    Die Treppenstufen zu den Häusern dienten dem Hochwasserschutz, da früher der Mühlenbach hier entlang floss (2022).

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  • Blick von der Burg Hengebach auf die Burgsiedlung Heimbach mit ihren Fachwerkhäusern und der Kirche (2022).

    Blick von der Burg Hengebach auf die Burgsiedlung Heimbach mit ihren Fachwerkhäusern und der Kirche (2022).

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Heimbach liegt in einer Gebirgsfalte des Rurtals und ist nordöstlich von den Ausläufern der rheinischen Tiefebene und südwestlich vom welligen Hochplateau des Monschauer Landes umgeben (Bachem 1985). Heimbach liegt im Regenschatten des Hohen Venns und des Zitterwalds und hat damit ein relativ trocken-warmes Klima mit der entsprechenden Vegetation. Unterhalb von Heimbach ist an den Hängen der Rur noch großflächig die frühere Niederwaldwirtschaft erkennbar (Schwickerath 1956, S. 32).

Geschichte
Der Ort wurde erstmals 673 als Heimbecha im Zusammenhang mit Schenkungen des fränkischen Königs Theoderich I. an die Abtei St. Vedastus zu Arras erwähnt. Der Name änderte sich seitdem mehrfach, die Bezeichnung Heimig ist immer noch gängig.
Zahlreiche Funde weisen auf eine noch frühere Besiedlung hin. Östlich von Heimbach wurde ein Altärchen der Sunuci aus römischer Zeit gefunden. Beim Forsthaus Mariawald, auf dem Kruckauel und bei Hasenfeld sind römisch-keltische Siedlungsreste vorhanden. Ein entdecktes germanisches Brandgrab (200 n. Chr.) war mit Geschirr und einem Weinkrüglein ausgestattet, das aus der römischen Töpferei Soller stammte (Reitz 1956, S. 5).
Heimbach entstand in Zusammenhang mit der Burg Hengebach und zeigt bis heute charakteristische Merkmale einer mittelalterlichen Kleinstadt. Dazu gehört vor allem ein kleinteiliges historisches Zentrum mit Kirchen und Fachwerkhäusern, das sich gegen Ende des 13. Jhdts. ausbildete und das u.a. in der Teichstraße erlebbar ist.

Aufgrund seines Bedeutungszuwachses erhielt Heimbach 1343 stadtähnliche Rechte vom Markgrafen von Jülich verliehen, wurde in die Befestigungsanlagen der Burg einbezogen und erhielt 1604 Marktprivilegien (Dehio 2005, S. 460). 1412 erhielt Heimbach die Stadtrechte, die dem Ort am 8.4.1959 durch die Landesregierung erneut verliehen wurden. Seit 1559 gab es in Heimbach eine Schule.
Die Pest betraf Heimbach in den Jahren 1409, 1467, 1583 und 1629. Von den Großbränden am 12.01.1676, im August 1679, am 27.05.1687 und im Jahr 1829 vernichtete derjenige von 1687 Ansiedlung und Burg vollständig. Die Burg verfiel daraufhin (Dehio 2005, S. 460).

Heimbach ist eng verbunden mit der oberhalb in einer Rodungsinsel inmitten des Kermeterwalds gelegenen Abtei Mariawald, da der Standort der Abtei durch den Heimbacher Strohdachdecker Heinrich Fluitter vorgezeichnet wurde. Dieser hatte dort 1471 ein Gnadenbild in einem Baumstamm aufgestellt, das sich nach und nach zu einem Wallfahrtsort entwickelte. Daraufhin ließ der Pfarrer von Heimbach 1480 eine hölzerne Kapelle errichten, und fortan zog samstags eine Prozession von Heimbach zum Gnadenbild in der Kapelle. Als die Pilgerschar weiter zunahm, bat der Pfarrer die Mönche von Bottenbroich, in der Nähe ein Kloster zu bauen.
Der Prozessionsweg von Heimbach zur Abtei Mariawald erhielt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kapellenartige Kreuzwegstationen (Schiffer 2008, S 73). Er zweigt in Heimbach in Höhe der Vorburg von der Straße nach Gemünd ab und führt bergauf zur Abtei (Reitz 1956, S. 37). An der Stelle, an der ursprünglich das Gnadenbild im Wald stand, befindet sich heute ein Heiligenhäuschen mit einer Nachbildung der Pietà (Schiffer 2008, S 44-46).
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Katholische Kirche St Clemens und Wallfahrtskirche St. Salvator
Bei dem Großbrand von 1687 wurde auch die Pfarrkirche von Heimbach aus dem 15. Jhdt. vernichtet. Die Trappisten der Abtei Mariawald erbauten daraufhin die neue Pfarrkirche St. Clemens, die 1725 durch den Abt von Steinfeld eingeweiht wurde. Diese hochgewölbte einschiffige Kirche zeichnet sich durch ihre reiche Barockausstattung aus. Der Hauptaltar ist aus Eichenholz geschnitzt und reichlich mit Blattsilber verziert (Reitz 1956, S. 14-16). Wesentliche Teile der Innenausstattung stammen aus der Abtei Mariawald, von wo sie im Zuge der Säkularisierung ausgelagert wurden. Erwähnenswert ist vor allem der Schnitzaltar aus Antwerpen, der um 1502 entstand und vermutlich das bedeutendste Kunstwerk seiner Zeit in der ganzen Nordeifel ist, sowie die Marienstatue (Pietà) (Schiffer 2008, S 44-46). Seit 1804 pilgern die Gläubigen nun jährlich statt nach Mariawald nach Heimbach zur „Schmerzhaften Mutter“. 1953 erfolgte eine umfassende Restaurierung der Kirche. Dabei wurde die gesamte Barockausstattung überarbeitet und entsprechend der ursprünglichen Fassung wieder hergerichtet (Hoffmann 1956, S. 16).
An die Pfarrkirche St. Clemens wurde die moderne Wallfahrtskirche Christus Salvator angebaut und 1981 eingeweiht. Der Altar mit dem Gnadenbild ist seitdem dort untergebracht (Schiffer 2008, S 28). Die starke religiöse Prägung der Gegend um Heimbach erkennt man auch an den im Gemeindegebiet zahlreichen historischen Wegkreuzen und Bildstöcken (Schiffer 2008, S 67).
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Touristische Entwicklung
Zwei infrastrukturelle Entwicklungen waren für die Entwicklung des Ortes wesentlich: 1864 wurde die Provinzialstraße zwischen Embken und Witzerath gebaut und am 01.09.1902 erfolgte der Anschluss an die Rurtalbahn. Die Rurtalbahn war lange für Heimbachs touristische Entwicklung bedeutsam, ermöglichte sie doch den Besuch der ebenfalls 1904 eröffneten Urfttalsperre und der in den 1930ern erbauten Rurtalsperre.
Ende der 1920er Jahre wurden an den Wochenenden extra zusätzliche Personenzüge eingesetzt, um die Erholungssuchenden zu befördern. Mit der Individualmotorisierung ab den 1960er Jahren erreichten die Städter den Ort dann auch zunehmend über die Straße. Heute ist der Nationalpark Eifel ein wesentlicher Attraktionsfaktor (Nationalparktor im alten Bahnhof). In den 1920er Jahren war Heimbach Etappenort auf der Eifelrundfahrt, einem historischen Event des Motorsports, das ab 1927 auf dem Nürburgring stattfand. Dort, wo die Teichstraße in die Hengebachstraße mündet, steht vor dem Gasthaus „Eifeler Hof“, das Ende des 19. Jhdts. die Poststation des Ortes war, eine Infotafel zum Eifelrennen.
Seit 1974 ist Heimbach Luftkurort. Die Stadt reiht sich damit ein in die Eifelorte, die seit den 1960er Jahren den Kurtourismus für sich entdeckten. Zu erwähnen sind zum Beispiel Bad Münstereifel, das 1967 die Bezeichnung „Bad“ erhielt oder Gemünd, das 1978 Kneippkurort wurde. Um das Prädikat Luftkurort zu erhalten, müssen Orte Kurparkanlagen und Erholungsmöglichkeiten vorhalten. Sie dürfen aber keinen stationären Kurbetrieb betreiben. Daher hat die Stadt Heimbach zwar einen Kurpark, aber eben nicht die für Bäderorte üblichen baulichen Anlagen für medizinisch-therapeutische Anwendungen. Der heute naturnah gestaltete Kurpark beinhaltet neben Kunstinstallationen („Labyrinth“, Skulpturen) viele Informationsmedien im Kontext „Mensch und Natur“. Hier wird auch auf historische Nutzungen in Heimbach hingewiesen, zum Beispiel mit einem „Lehrweinberg“ und einer Obstwiese. Der Kurpark befindet sich im Ortsteil „Überrur“, wie die Gleithanglage unterhalb der Burg Hengebach bezeichnet wird. Da der untere, rurnahe Bereich von „Überrur“stark hochwassergefärdet war bzw. ist, hat sich die städtiche Bebauung dorthin nie ausgedehnt. Für eine Parknutzung war hier also genügend Raum. Historisch befanden sich hier die Gärten, Äcker, Wiesen und Weiden der Stadt. Die heute noch existenten Gärten sind von persistentem Grünland umgeben und zeugen von diesen traditionellen Nuzungen.
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Heutiger Zustand und kulturhistorischer Zeugniswert
Die Burgsiedlung Heimbach verfügt trotz erheblicher Kriegsschäden durch Bombenangriffe vom 08.12.1944 und 15.12.1944 (Reitz 1956, S. 8-11) über ein ausgesprochen umfangreiches Ensemble aus historischen Gebäuden in gutem Erhaltungszustand. Die Ablesbarkeit der historischen Gegebenheiten ist hoch. Eine große Anzahl der Gebäude steht unter Denkmalschutz. Die Kulturlandschaft um Heimbach ist geprägt von Waldbereichen auf den Höhen und Wiesen in Tallage. Die historische Wald-Offenland-Verteilung ist seit der Topographischen Aufnahme der Rheinlande durch Tranchot / v. Müffling nahezu unverändert.
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Hinweis
Die „Burgsiedlung Heimbach“ ist wertgebendes Merkmal des historischen Kulturlandschaftsbereiches Heimbach, Abtei Mariawald (Kulturlandschaftsbereich Regionalplan Köln 222).

(Martina Gelhar / Annette Schwabe, LVR-Abteilung Kulturlandschaftspflege, 2023)

Internet
de.wikipedia.org: Liste der Baudenkmäler in Heimbach (Efel) (abgerufen 16.10.2019)
Rheinischer Städteatlas: Heimbach (abgerufen: 28.10.2022)

Literatur

Bachem, Georg Andreas (1985)
Hengebach. Eine städtebauliche Untersuchung nach gegenwärtigem Befund und vor dem Hintergrund der urkundlichen Überlieferung. (NEMUS INTACTAE VIRGINIS - Historisch-diplomatische Reihe für den Bereich der Edelherrschaft Hengebach und des Kermeters, der Grafschaft Jülich und des frühen Erzstifts Köln. Band I.) Abtei Mariawald.
Dehio, Georg (2005)
Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Nordrhein-Westfalen 1 Rheinland. 460-461, Berlin (neubearbeitete Auflage).
Hoffmann, P. (1956)
Entstehungsgeschichte des Klosters Mariawald. Führer durch Heimbach und Umgebung - Geschichte, Geologie, Flora - Talsperrenbauten der Nordeifel - Wanderungen durch die Umgebung Heimbachs - Übersichtskarte des Seengebietes der Nordeifel - Herausgegeben vom Eifelverein. In: Heimbach mit den Seen der Nordeifel, (Die schöne Eifel.) S. 12-16. o. O.
Reitz, Wilhelm A. (1956)
Die Geschichte Heimbachs. Führer durch Heimbach und Umgebung - Geschichte, Geologie, Flora - Talsperrenbauten der Nordeifel - Wanderungen durch die Umgebung Heimbachs - Übersichtskarte des Seengebietes der Nordeifel - Herausgegeben vom Eifelverein. In: Heimbach mit den Seen der Nordeifel, (Die schöne Eifel.) S. 5-11. o. O.
Reitz, Wilhelm A. (1956)
Wanderwege um Heimbach. Führer durch Heimbach und Umgebung - Geschichte, Geologie, Flora - Talsperrenbauten der Nordeifel - Wanderungen durch die Umgebung Heimbachs - Übersichtskarte des Seengebietes der Nordeifel - Herausgegeben vom Eifelverein. In: Heimbach mit den Seen der Nordeifel, (Die schöne Eifel.) S. 37-41. o. O.
Schiffer, Hans Peter (2008)
Kirchen, Kapellen und Kreuze im Stadtgebiet Heimbach. Geschichte - Bauart - Ausstattung. (10. Band der Buchreihe "Kirchen und Kapellen im Bistum Aachen".) Weilerswist.
Schmidt, Wolfgang (1956)
Die Geologie der Umgebung Heimbachs. Führer durch Heimbach und Umgebung - Geschichte, Geologie, Flora - Talsperrenbauten der Nordeifel - Wanderungen durch die Umgebung Heimbachs - Übersichtskarte des Seengebietes der Nordeifel - Herausgegeben vom Eifelverein. In: Heimbach mit den Seen der Nordeifel, (Die schöne Eifel.) S. 25-31. o. O.
Schramm, Josef (1956)
Die Talsperren der Nordeifel. Führer durch Heimbach und Umgebung - Geschichte, Geologie, Flora - Talsperrenbauten der Nordeifel - Wanderungen durch die Umgebung Heimbachs - Übersichtskarte des Seengebietes der Nordeifel - Herausgegeben vom Eifelverein. In: Heimbach mit den Seen der Nordeifel, (Die schöne Eifel.) S. 17-24. o. O.
Schwickerath, M. (1956)
Das Pflanzenkleid der Umgebung Heimbachs. Führer durch Heimbach und Umgebung - Geschichte, Geologie, Flora - Talsperrenbauten der Nordeifel - Wanderungen durch die Umgebung Heimbachs - Übersichtskarte des Seengebietes der Nordeifel - Herausgegeben vom Eifelverein. In: Heimbach mit den Seen der Nordeifel, (Die schöne Eifel.) S. 32-36. o. O.

Burgsiedlung Heimbach

Schlagwörter
Ort
52396 Heimbach - Heimbach
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, Auswertung historischer Karten
Historischer Zeitraum
Beginn 673

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Martina Gelhar / Annette Schwabe (2023): „Burgsiedlung Heimbach”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-298087 (Abgerufen: 30. April 2024)
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