Selbst viele Urkölsche kennen dieses auch „Rosa Winkel“ genannte Denkmal nicht – obwohl sie schon hundertmal daran vorbeigelaufen sind. Die Rede ist von dem „Mahnmal für die schwulen und lesbischen Opfer des Nationalsozialismus in Köln“. Dabei steht dieses Denkmal an sehr prominenter Stelle: direkt am Rhein, fast unterhalb der Hohenzollernbrücke. Und trotzdem laufen fast alle achtlos daran vorbei. Und das bereits seit dem 24. Juni 1995. Damals wurde das Denkmal feierlich im Rahmen des Christopher Street Day in Köln enthüllt. Der CSD ist ein seit 1970 international begangener Fest-, Gedenk- und Demonstrationstag von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern (engl. Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender, kurz LGBT). In Deutschland hat der CSD traditionell einen Schwerpunkt in Köln, wo er am 30. Juni 1979 erstmals gefeiert wurde – u.a. auf dem auf dem wenig später besetzten Stollwerck-Gelände.
Aus heutiger Sicht erstaunlich: Der damalige Oberbürgermeister der Stadt Köln Norbert Burger (1932-2012, Oberbürgermeister von 1980-1999) hatte bei der feierlichen Enthüllung des Mahnmals seinen ersten Auftritt im Rahmen eines CSD. Heute ist die Teilnahme an den Feierlichkeiten des CSD (seit 2003 Cologne Pride) Pflichtprogramm für die Vertreter der Politik. So hat in diesem Jahr unsere Oberbürgermeisterin Henriette Reker die Regenbogen-Flagge enthüllt und die Parade eröffnet.
Streit um den Aufstellungsort Die Vorgeschichte des Denkmals beginnt bereits 1990. Die Initiative ging von Jörg Lenk, aktiv im Arbeitskreis Lesben und Schwule der Gewerkschaft ÖTV in Köln, aus. Drei Jahre später gab es eine Ausschreibung zur Gestaltung des Denkmals. Kritisch diskutiert wurde vor allem der sehr prominente Aufstellungsort. Dabei ist gerade dieser Platz für die homosexuellen Kölner von besonderer Bedeutung. Hier stand bis zum Zweiten Weltkrieg ein Pissoir, welches zum beliebten Treffpunkt schwuler Männer wurde. Nach der Zerstörung des Pissoirs verlagerte sich die Szene in die (heute geschlossenen) Treppentürme der Hohenzollernbrücke. Nicht vergessen: Bis 1994, also gerade einmal vor 25 Jahren, galt noch der „Schwulen-Paragraph 175“. Dieser Paragraph stellte homosexuelle Handlungen unter Strafe. Anonyme Treffpunkte für Schwule waren daher von besonderer Bedeutung.
Der „Rosa Winkel“ Das Mahnmal ist dem „Rosa Winkel“ nachempfunden, der homosexuelle Männer in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern kennzeichnete. In den KZ musste jeder Häftling eine spezielle Kennung als Aufnäher an der Jacke oder am Hemd tragen. Zwei gegenläufige Winkel, die den „Judenstern“ ergaben, kennzeichneten Juden. Ein roter Winkel stand für politische Gefangene. Einen lila Winkel mussten Zeugen Jehovas tragen. Weitere Aufnäher standen z.B. für Sinti und Roma oder für Berufsverbrecher. Der „Rosa Winkel“ war die Kennzeichnung homosexueller Männer. Schätzungen zufolge wurden in den Konzentrationslagern des NS-Regimes etwa 10.000 bis 15.000 homosexuelle Männer inhaftiert und mehr als die Hälfte davon ermordet. Der „Rosa Winkel“ wurde später international zum Symbol der Homosexuellen. Heute hat allerdings die Regenbogenflagge eine wesentlich größere Popularität in der LGBT-Szene.
Das Gedenk- und Mahnmal Das aus rosa und grauem Granit geschaffene Denkmal hat eine Höhe von 120 Zentimetern und eine Kantenlänge von 69 Zentimeter. Dargestellt ist der „Rosa Winkel“, welcher links und rechts von grauen Keilen gehalten wird. Der Künstler Achim Zinkann (*1960), der das Mahnmal gestaltet hat, dazu: „… In der Skulptur entsteht eine Korrespondenz zwischen den Keilen. Druck, Gegendruck und Reibung sind Voraussetzungen für den Gesamtzusammenhalt. Wird einer der Keile entfernt, verliert mindestens ein anderer den Halt. Das Gefüge wird zerstört …“
Auf der Oberseite des Mahnmals befindet sich die Inschrift: Totgeschlagen – Totgeschwiegen / Den schwulen und lesbischen Opfern des Nationalsozialismus
Ferner erläutert der Text auf einer Metallplakette auf der Seite zum Rhein hin: Eingeweiht am 24.06.1995, Patenschaft Zauberflöten-Chor schwuler Männer, gestiftet von der ÖTV Köln
Die Patenschaft hat der schwule Männerchor „Zauberflöten“ übertragen bekommen, dem das Mahnmal „besonders am Herzen liegt“ (www.zauberfloeten.de). Gleichwohl befindet befindet sich der „Rosa Winkel“ leider nicht immer im besten Pflegezustand. Es wäre wünschenswert, wenn dort öfters mal jemand vorbeischaut und die Würde des Mahnmals sicherstellt.
(Uli Kievernagel, Köln, 2019)
Internet www.koeln-lotse.de: Das Mahnmal für die schwulen und lesbischen Opfer des Nationalsozialismus in Köln (Uli, der Köln-Lotse vom 13.07.2019, abgerufen 23.07.2019) www.rosa-winkel-mahnmal.de (abgerufen 23.07.2019) de.wikipedia.org: Mahnmal für die schwulen und lesbischen Opfer des Nationalsozialismus in Köln (abgerufen 23.07.2019) www.colognepride.de: Cologne Pride, Kölner Lesben- und Schwulentag e.V. (abgerufen 23.07.2019) www.zauberfloeten.de: Der Chor (abgerufen 23.07.2019)
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Empfohlene Zitierweise
„Mahnmal für die schwulen und lesbischen Opfer des Nationalsozialismus”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-296873 (Abgerufen: 6. Dezember 2024)
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