Ortschaft Gimmersdorf

Ortsteil der Großgemeinde Wachtberg

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Landeskunde
Gemeinde(n): Wachtberg
Kreis(e): Rhein-Sieg-Kreis
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 38′ 10,47″ N: 7° 08′ 37,28″ O 50,63624°N: 7,14369°O
Koordinate UTM 32.368.732,11 m: 5.611.019,00 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.580.953,16 m: 5.611.805,12 m
  • Ausschnitt aus der "Karte der politischen und administrativen Eintheilung der der heutigen preussischen Rheinprovinz für das Jahr 1789" (Geschichtlicher Atlas der Rheinprovinz, 1894).

    Ausschnitt aus der "Karte der politischen und administrativen Eintheilung der der heutigen preussischen Rheinprovinz für das Jahr 1789" (Geschichtlicher Atlas der Rheinprovinz, 1894).

    Copyright-Hinweis:
    Fabricius, Wilhelm / gemeinfrei
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Die Ortschaft Gimmersdorf liegt im nordöstlichen Teil der Großgemeinde Wachtberg nordwestlich von Oberbachem und Kürrighoven. Die Siedlungsflächen dieser Dörfer sind nur durch die Landstraße L 123 getrennt (die Oberbachemer Dreikönigenstraße). Von den 13 Ortsteilen der Gemeinde Wachtberg ist Gimmersdorf der bevölkerungsmäßig viertkleinste und flächenmäßig drittkleinste Ort (Hausmanns 2011, S. 204).

Ortsgeschichte, Ortsname
Der Ort wurde im Jahr 970 das erste Mal urkundlich erwähnt, als der Kölner Erzbischof Gero (~900-976, amtierte ab 969) zum 2. Januar dem Damenstift Gerresheim (heute Düsseldorf) ein Grundstück bei Oberbachem mit Namen Ingermarestorp schenkte (Töpner 2006, S. 79 und Groten u.a. 2006).
Womöglich geht diese Bezeichnung auf eine adelige Dame namens Gerhilde / Gerhilda zurück, die im 9. Jahrhundert als Gerhilde Matrona im benachbarten Oberbachem eine Holzkirche errichten ließ. Nachfahren der Gerhilde lassen sich bis 1268 in Gimmersdorf verfolgen. Als wahrscheinlicher gilt es jedoch, dass der Name im Sinne von „Dorf des Germar“ auf einen Siedler der fränkischen Gründerzeit zurückgeht (de.wikpedia.org). Der Ortsname wandelte sich nachfolgend über Germersthor, Germarestorp bzw. Germerstorp (1123) über Germanestorp (1163) und Girmirstorp (1331) zum heutigen Namen Gimmersdorf.
Der Ort gehörte zum Kranz der sogenannten Oberbachemer Ausbausiedlungen. Die St. Josephus-Kapelle gehörte zwar zur Pfarre Oberbachen, jedoch war zeitweise die Seelsorge zwischen Oberbachen als Taufort und Berkum als Begräbnisort geteilt (Groten u.a. 2006).

Gimmersdorf gehörte vom Mittelalter an bis bis zum Beginn der Franzosenzeit (1794-1814/15) zu Kurköln.
In den Erläuterungen zu der Karte der politischen und administrativen Eintheilung der heutigen preussischen Rheinprovinz für das Jahr 1789 im Geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz wird „Gimmersdorf (Bonn-Land)“ als Teil der Unterherrschaft „Burggrafschaft Drachenfels“ im „Amt Godesburg-Mehlem“ des Kölner Erzstifts angeführt. Für Gimmersdorf werden hier eine Gemarkungsgröße von 262 Hektar und 19 Häuser laut Zählung von 1670 genannt, zuständige Pfarrei war Oberbachem (vgl. Fabricius 1898, S. 61, Nr. 101). Die Herrschaft Drachenfels („Drachenfelser Ländchen“) ist zu Anfang des 15. Jahrhunderts durch den Erwerb von Gudenau durch die Burggrafen von Drachenfels entstanden (Janssen 2008, S. 38, Nr. 225).

Unter der französischen Verwaltung zählte der Ort ab dem Jahr 1800 zur Mairie Villip (ab 1816 preußische Bürgermeisterei).
Im Zuge der kommunalen Neugliederung des Landes Nordrhein-Westfalen durch das „Bonn-Gesetz“ wurde die bis dahin eigenständige Gemeinde Gimmersdorf zum 1. August 1969 mit einer seinerzeitigen Fläche von ca. 262 Hektar in die zum gleichen Datum neu entstandene Gemeinde Wachtberg eingemeindet.
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Gimmersdorf auf historischen Karten, Objektgeometrie
Die historischen Karten der Topographischen Aufnahme der Rheinlande (1801-1828, Tranchotkarte) lassen für Gimmersdorf die typische Form eines Straßendorfes erkennen. Die Karte zeigt, dass die zu bewirtschaftenden Flächen der Höfe und Einzelhäuser „nach hinten raus“ rechtwinklig zu den Straßenachsen angelegt waren.
Die Verkehrsachsen, an denen sich die Ortschaft entwickelt hat, sind die heutige K 14, die Ließemer Straße, die damals südlich von Ließem (in der Karte „Liestem“) in Richtung des Bonner Stadtgebiet führte. Außerdem entwickelte sich das Straßendorf am heutigen Kommunalweg, der in östlicher Richtung nach Oberbachem führt. Ein großer Teil der seinerzeitigen Siedlung befand sich im Bereich der heutigen Straßen Kommunalweg und Überdorf in Richtung Kürrighoven (in der Karte „Kurrighoven“). Ferner entwickelten sich Gimmersdorfer Siedlungsflächen am heutigen Berkumer Weg. An der Kreuzung der vier Hauptstraßen befinden sich heute noch das alte Gerichtsgebäude und die St.Josef-Kapelle an einer scharfen Rechtskurve.
Die nur wenig jüngeren Karten der zwischen 1836 und 1850 erarbeiteten Preußischen Uraufnahme wie auch die der Preußische Neuaufnahme (1891-1912) zeigen, dass sich die Siedlungsflächen im 19. Jahrhundert nur schwach ausgedehnt hatten. Erst die topographischen Karten TK 1936-1945 lassen ein weiteres Wachstum des Orts erkennen. Die hier eingezeichnete Objektgeometrie stellt die erkennbar besiedelte Fläche von rund 7,6 Hektar in der Neuaufnahme dar.

Grimmersdorf / Grimmersdorfer Hof
Im Gebiet der Gemeinde Wachtberg zeigt die Tranchotkarte am Arzdorfer Bach zwischen Adendorf und Gudenau eine Kleinsiedlung Grimmersdorf (mit „r“), die später dann als Grimmersdorfer Hof auf der Uraufnahme und Grimmersdorferhof auf der Neuaufnahme und der TK 1936-1945 erscheint. Nachrichten darüber, ob dieser heute noch bestehende Hof ebenfalls auf die eingangs genannte Gerhilde / Gerhilda bzw. Germar zurückgeht oder welche Beziehung möglicherweise zu Gimmersdorf bestand, liegen nicht vor. Hinweise dazu sind willkommen!
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Ortsbild und -entwicklung
Das älteste Haus in Gimmersdorf stammt aus dem Jahre 1611, was Schnitzereien verraten.

Das alte Gerichtsgebäude wurde 1659 erbaut und war neben dem Adendorfer Hochgericht und dem Villiper Hochgericht das Einzige in Bereich Wachtberg (Töpner 2006, S. 80). Grund für den Bau des Gerichtshauses waren Auseinandersetzungen zwischen dem Grafen von Gudenau und dem Grafen von Drachenfels. Das Gimmersdorfer Gericht war auch als Gimmersdorfer Dingstuhl bekannt und beherbergte außer dem Gerichtssaal auch ein Gefängnis im Untergeschoss. Heute ist das Gebäude ein verputzter Fachwerkständerbau, in dem alte Ketten und Eisenringe im Keller an die damalige Zeit erinnern. Der oberste Gerichtsherr wohnte im Schöffenhaus gegenüber. Bis das Gericht während der Franzosenzeit 1804 durch das neue Zivilprozessbuch (Code civil / Code Napoléon) aufgehoben wurde, hatte es zu Zeiten des Dreissigjährigen Krieges viel mit Hexen, Henkern und Kapitalverbrechen zu tun (Töpner 2006, S. 81).

Die Sankt-Josef-Kapelle direkt neben dem Gerichtsgebäude wurde laut Inschrift über der Eingangstür 1713 erbaut. Die Kapelle ist aus Trachytbruchstein erbaut, das Mauerwerk wird heute durch einen weiß-grauen Putz überdeckt. Sie gehört zu der Oberbachemer Dreikönigspfarrei und hat eine besonders malerische Innenausstattung (Töpner 2006, S. 82).

Die Kapelle und das alte Gericht bilden den zentralen Teil des historischen Ortskerns. Eine im August 2019 fertiggestellte Ortsumgehung Gimmersdorf hatte eine deutliche Verkehrsberuhigung des zuvor durch Durchgangsverkehr belasteten Dorfkerns zur Folge. Im Anschluss wurden nach dem Umsetzungsplan eines Dorfinnenentwicklungskonzepts der Dorfplatz und der gegenüberliegende Dorfsaal umgestaltet.
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Die Bevölkerungszahl entwickelte sich von 519 Einwohner*innen 1970 auf einen Stand von 854 zum 31. Juli 2018. Relativ große Neubaugebiete, die ab 1966 in südlicher Ausdehnung in der Nähe des Kommunalwegs sowie ab 1972 in östlicher Richtung an der Ließemer Straße entstanden sind, trugen dazu bei, dass sich die Ortschaft gleichmäßig nach außen ausgedehnt hat (Hausmanns 2011, S. 205). Die jüngsten Siedlungen mit etwa 50 neuen Häusern befinden sich in nordöstlicher (Am Steinernen Kreuz) und in südwestlicher Ausdehnung (Weststraße und Auf dem Berg). Die Gimmersdorf umgebenden älteren Hofanlagen wurden in den vergangenen Jahrzehnten zum größten Teil als Wohngebäude umgestaltet. Ehemalige Geschäfte und die Poststelle im Ort schlossen schon vor vielen Jahren.
Die Einwohner*innen des kleinen Wachtberger Dorfes sind sehr aktiv und pflegen alte Traditionen, wie beispielsweise den Martinszug, den Seniorenkaffee und den Gimmersdorfer Rosenmontagszug (Hausmanns 2011).

(Clarissa Pönisch, Universität Koblenz-Landau, 2018 / Ergänzungen: Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2025)

Internet
gimmersdorf-aktiv.de: Heimat - und Bürgerverein Gimmersdorf Aktiv (abgerufen 09.07.2025)
de.wikipedia.org: Gimmersdorf (abgerufen 09.07.2025)
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Literatur

Fabricius, Wilhelm (1898)
Erläuterungen zum geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz. (2 Bände, Nachdruck 1965). Bonn.
Groten, Manfred; Johanek, Peter; Reininghaus, Wilfried; Wensky, Margret / Landschaftsverband Rheinland; Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Hrsg.) (2006)
Handbuch der Historischen Stätten Nordrhein-Westfalen. (3. völlig neu bearbeitete Auflage). (HbHistSt NRW, Kröners Taschenausgabe, Band 273.) S. 1035-1036, Stuttgart.
Hausmanns, Barbara / Gemeinde Wachtberg (Hrsg.) (2011)
Wachtberg - aus dreizehn Dörfern wird eine Gemeinde. Ein Blick auf vier Jahrzehnte kommunale Entwicklung seit 1969. Wachtberg.
Janssen, Wilhelm (2008)
Die Entwicklung des Territoriums Kurköln. Rheinisches Erzstift. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, V. 14-15.) Köln.
Töpner, Walter (2006)
Wunderbares Wachtberg. Anleitungen zum Verlieben in das Drachenfelser Ländchen. Trier.

Ortschaft Gimmersdorf

Schlagwörter
Ort
53343 Wachtberg - Gimmersdorf
Fachsicht(en)
Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Schriften, Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn vor 970

Empfohlene Zitierweise

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Empfohlene Zitierweise
„Ortschaft Gimmersdorf”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-282390 (Abgerufen: 3. November 2025)
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