Neben der Bibliotheks-Hauptstelle befindet sich seit 1983 im Bonner Stadtteil Poppelsdorf eine Zweigstelle, die ihren Bücherbestand auf medizinische, naturwissenschaftliche und landwirtschaftliche Fächer fokussiert und zudem eine überregionale „Schwerpunktbibliothek für Landbauwissenschaften“ darstellt (vgl. www.ulb.uni-bonn.de, Profil der zentralen Bibliothek).
Geschichte und Standorte
Die Bedeutung des Neubaus
Der Architektenwettbewerb
Die Architektur Bornemanns und Vagos
Der Architekt Fritz Bornemann
Aktuelle Aufgaben und die Rolle der ULB als Landesbibliothek
Baudenkmal
Geschichte und Standorte
Die auf preußischer Gründung im Jahre 1818 zurückgehende Universitätsbibliothek hatte ihren Sitz zunächst im Ostflügel des kurfürstlichen Schlosses. Der damalige Bestand von über 6.000 Bänden ist verschiedenen Privatbibliotheken sowie der ehemaligen Landesuniversität zu Duisburg zu verdanken, die 1655 von Friedrich-Wilhelm dem Großen Kurfürst für seine rheinisch-westfälischen Gebiete gegründet wurde und nach der Gründung der Rheinischen Friedrichs-Wilhelm-Universität Bonn aufgelöst wurde. Mit der Amtszeit des ersten Oberbibliothekars Friedrich Gottlieb Welcker (1819-1854) vergrößerte sich der Bestand auf 115.000 Bände. Dieser wurde in den 1940er Jahren bis auf 600.000 Bände erweitert. Am 18. Oktober 1944 wurden während eines gravierenden Bombenangriffs auf die Stadt Bonn unter anderem große Teile der kurfürstlichen Residenz und somit auch rund 200.000 Bände der innerhalb des Universitätshauptgebäudes liegenden Bibliothek zerstört.
In der Nachkriegszeit versuchte man mithilfe von provisorischen Einrichtungen zunächst in der Landwirtschaftlichen Fakultät in Poppelsdorf das bibliothekarische Treiben der Universität wieder aufzunehmen. Später zog die Universitätsbibliothek in das ehemalige Bankgebäude Schaaffhausen gegenüber dem Hauptgebäude sowie in die frühere Kasse am Arkadenhof der Universität ein, wobei somit Verwaltungs- und Nutzungsräume getrennt voneinander lagen. 1960 wurde schließlich unter der Leitung Viktor Burrs (1951-1968) der lang ersehnte Neubau an der Adenauerallee bezogen (vgl. de.wikipedia.org, Universitäts- und Landesbibliothek Bonn).
Die Bedeutung des Neubaus
Die Universitäts- und Landesbibliothek zählt neben der Beethovenhalle (1959), der Oper (erbaut 1965) oder dem Juridicum (1967) zu den wichtigsten Neubauten der Fünfziger und Sechziger Jahre und trug wesentlich zu der Etablierung Bonns als damalige provisorische Bundeshauptstadt bei, was sich nicht minder in einer Anzahl an hochrangigen Besuchen aus aller Welt ausdrückte (de Gaulle 1962, Kennedy 1963, Queen Elizabeth II. 1965, vgl. Groten u.a. 2006).
Nachdem die kurfürstliche Residenz und die darin enthaltene Universitätsbibliothek 1944 zerstört wurden, sollte diese langfristig separat in einem eigenen Gebäude untergebracht werden, da kein Gebäude der Stadt Bonn den Raum für die Verwaltung und Bestände der Universitätsbibliothek bieten konnte. Hierfür wurde im November 1954 ein Wettbewerb für die internationale Architektenschaft ausgeschrieben (vgl. folgender Absatz).
Aufgrund der politischen Bedeutung, die der damaligen Bundesstadt Bonn unter anderem durch die Pariser Verträge zukam, stiegen auch die Erwartungen an eine neue Bibliothek der Universität. So sollte auch der zukünftige Neubau neben den zahlreichen Regierungsbauten eine repräsentative Funktion erfüllen und sich an der Adenauerallee in die prominente Rheinuferbebauung angliedern.
Das Grundstück an der Adenauerallee war insofern zielführend, da stets eine gewisse Nähe zum Hauptgebäude der Universität gewährleistet war. Lediglich der Hofgarten und die damalige Coblenzer Straße (seit 1967 Adenauerallee) trennen bis heute beide Institutionen voneinander.
Der Architektenwettbewerb
Zum Architektenwettbewerb wurden 11 Teilnehmer eingeladen, die vorrangig aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz stammten. Richard Döcker (Stuttgart), Otto Dreyer (Luzern), Johannes Krahn (Frankfurt am Main), Wilhelm Riphan (Köln), Karl Schneider (Wuppertal), Carl-Heinz Schwennicke (Berlin) und Pierre Vago gehörten zu den teilnehmenden Architekten. Da jedoch Riphan und Döcker ihre Teilnahme absagten, wurden an ihrer Stelle zusätzlich noch Helmut Hentrich und Hubert Petschnigg (beide Düsseldorf) eingeladen. Der Diplom-Ingenieur Fritz Bornemann wurde erst nach eigener Nachfrage zum ausgeschriebenen Wettbewerb für den Neubau der Universitätsbibliothek zugelassen. Ein 15-köpfiges Preisgericht, bestehend aus Vertretern der Landes-, Kreis- und Stadtverwaltung, Bibliotheksfachkräften und künstlerisch geschulten Köpfen, kürte Hentrich und Petschnigg zu den Drittplatzierten, während sich Bornemann und Vago gemeinsam als Gewinner den zweiten Platz teilten (ein erster Preis wurde nicht vergeben).
Bornemanns Entwurf und Vagos beratende und konzipierende Funktion sollten die zwei grundlegenden Komponenten für die Konstruktion des Neubaus bilden, wobei die Marmorskulptur „Wolkenschale“ an der Straßenfront zur gleichen Zeit den Händen Jean Arps entsprang und nun die vorgelagerte Rasenfläche schmückt. Am 6. März 1957 wurden die Ausschachtungsarbeiten begonnen, um den Plänen für das neue Gebäude der Universitätsbibliothek nachzugehen.
Die Architektur Bornemanns und Vagos
Basierend auf dem Ausführungsentwurf entstand schließlich ein dreigeschossiges unterirdisches Magazin, das sich unter einem eingeschossigen Flachbau befindet. Ein zum Rhein hin ausgerichteter Innenhof sowie der zweigeschossige Verwaltungsteil, der parallel zur Adenauerallee verläuft, bilden zwei Merkmale des in der Mitte des 20. Jahrhundert entstandenen Neubaus. Einerseits bestimmt die Zusammensetzung kubischer Bauformen die charakteristischen Eigenschaften der Universitätsbibliothek als Gebäude der 1960er Jahre. Andererseits tragen zu diesem Wiedererkennungswert auch die Betonung einer flächigen Fassadengestaltung (verstärkt durch große Fensterfronten, die – insbesondere zum Innenhof und zum Rhein hin – besonders viel Lichtzufluss und Transparenz zulassen) und ein kleinteiliges an der Außenfassade angebrauchtes silbergraues Mosaik wesentlich bei.
Dadurch, dass die ULB in ihrem Umfang besonders weit zum Rhein rückt, liegt vor dem Gebäude an der Adenauerallee eine weite Rasenfläche frei, die eine optische Verbindung zum in der Nähe liegenden Hofgarten bildet. Ferner wird die Fassade als Fluchtpunkt der gesamten begrünten Fläche hervorgehoben, die sich zudem durch eine Reihe von Säulen, die dem Erdgeschoss vorgesetzt sind und das erste Geschoss und somit den Verwaltungsteil tragen, gegliedert. Die aus Sichtbeton bestehenden Säulen, welche sich von den dunkel mit Steinplatten kassettierten Wänden hervorheben, tragen nicht minder zu einem gewissen Grad an Repräsentanz der Universitätsbibliothek an der Adenauerallee bei. Im Gegensatz zu der massiven Fassadengestaltung des Eingangsbereichs zeigt sich die Rheinfront als komplett verglaste Außenfassade, die durch dünne Metallstreben dekorativ gegliedert ist und von einerseits von außen einen breiten Blick in den Lesesaal gewährt, während von innen her ein Rheinpanorama vom Siebengebirge bis zur Kennedybrücke zu betrachten ist.
Auch die Innenräume der Universitätsbibliothek verzichten größtenteils auf raumtrennende Zwischenwände. Dies wird besonders im Lesesaal zum Ausdruck gebracht, bei dem es sich um einen weiten Raum handelt, der sich über die komplette Breite der Fensterfassade erstreckt und den Innenhof komplett einschließt. Auch den Lesesaal gliedern statt raumteilenden Zwischenwänden lediglich regelmäßig verteilte Betonsäulen.
Die große Entfernung zwischen Bonn, Berlin und Paris als jeweilige Wohnorte Bornemanns und Vagos war nicht unbedingt förderlich für eine ausgeprägte Zusammenarbeit der beiden Architekten. Vielmehr hatte die Einbeziehung französischer Akteure in das Projekt eines Neubaus für die Universitätsbibliothek politische Beweggründe während der Adenauer-Ära, als dass man sich vor dem Hintergrund eines Kalten Krieges betont einer westlichen Politik und insbesondere Frankreich hinwenden wollte (Engelberg-Dockal 2003). Obwohl die Inneneinrichtung noch nicht fertig gestellt wurde, nahm der Bibliotheksbetrieb am 17. Oktober 1960 in dem Neubau offiziell seinen Fortgang.
Der Architekt Fritz Bornemann
Fritz Bornemann (1912-2007), der über 16 Jahre Vorsitzender des Bundes Deutscher Architekten war, verschaffte sich Zeit seines Lebens als Architekt der Nachkriegsmoderne mit durchgehend regionaler Bedeutung in seiner Heimatstadt Berlin durch die Funktionalität seiner Bauten Ansehen und einen gewissen Bekanntheitsgrad.
Die rechtwinklige Anordnung kubischer Bauformen und die in Raster angelegten Außenfassaden charakterisieren insbesondere seine als Repräsentationsbauten angelegte moderne Theaterarchitektur. Nichtsdestotrotz warfen ihm Kritiker eine kalte und strenge Umsetzung von Waschbeton vor. Der Architekturstil Bornemanns erinnert unter anderem an die von den Architekten Le Corbusier und Pierre Jeanneret entworfene Villa Savoye in Poissy. Dies lag unter anderem auch an den durch Le Corbusier eingeführten Leitlinien für Modernes Bauen, die Bornemann anwendete.
Ein durch den Architekten Le Corbusier in die Moderne eingeführtes gestalterisches Motiv verwendete Bornemann für viele seiner Bauten – so auch bei der ULB: das große, kubische Bauelemente des oberen Stockwerks erhält durch die Aufständerung und das Überkragen eine widersprüchliche Leichtigkeit und lässt es trotz der Masse „leicht und schwebend“ erscheinen (vgl. de.wikipedia.org, Fritz Bornemann).
Aktuelle Aufgaben und die Rolle der ULB als Landesbibliothek
Die Hauptstelle wie auch die Zweigstelle sind als Magazinbibliotheken konzipierte Ausleih- und Archivbibliotheken. Das heißt, dass die Bestände teils öffentlich, teils aber auch nicht zugänglich sind. Die Bestände sind nach dem Einstellungsdatum sortiert und weisen somit keinen disziplinarischen (fachlichen) Zusammenhang in ihrer Aufstellung vor.
Die Universitäts- und Landesbibliothek (ULB) sieht es als ihre Aufgabe, einen umfassenden Informations- und Literaturzugang für universitäre Angehörige zu gewährleisten. Somit werden Studium, Lehre und Forschung durch ein „konventionelles Literaturangebot“, das auf über 2 Millionen Bände zurückgreift, sowie „lizenzierte elektronische Informationsressourcen“ unterstützt. Durch „bibliographische Erschließung, Rechercheportal und Förderung der Informationskompetenz“ versucht die ULB den vorgesetzten Zielen Folge zu leisten (vgl. www.ulb.uni-bonn.de, zentrale Bibliothek).
Neben ihrer Funktion als Universitätsbibliothek ist die ULB zugleich auch Landesbibliothek für das südliche Rheinland. Bonn zeichnet sich somit neben Düsseldorf und Münster als dritter Standort einer Universitäts- und Landesbibliothek in Nordrhein-Westfalen (NRW) aus. Die wesentliche Funktion der Landesbibliothek in Bonn lässt sich neben der fokussierten „Überlieferung landeskundlicher Literatur [sowie] Dokumentation von aktuell erscheinende[n] Schriften über die Geschichte, Kultur und Gesellschaft“ des Bundeslandes NRW auf drei Kernaufgaben eingrenzen:
- „die innerhalb des Regierungsbezirks Köln erscheinenden Publikationen möglichst vollständig zu sammeln,
- aktuelles Schrifttum über die Region zusammenzutragen und
- für den Erhalt und die Bereitstellung historischer Schriften und Dokumente aus dem Rheinland zu sorgen“ (vgl. www.ulb.uni-bonn.de, Profil der Landesbibliothek).
Baudenkmal
Die Universitäts- und Landesbibliothek Bonn ist ein eingetragenes Baudenkmal der kreisfreien Stadt Bonn (Nummer A 3596, vgl. www.bonn.de). Der Denkmalwert wurde jedoch erst festgelegt, als schon Veränderungen am Bau vorgenommen waren (z.B. die Sanierungsarbeiten von 1999 bis 2000).
(Franziska Ostfeld, Geographisches Institut der Universität Bonn, 2017)
Internet
www.ulb.uni-bonn.de: Profil der zentralen Bibliothek (abgerufen 25.07.2017)
www.ulb.uni-bonn.de: Profil der Landesbibliothek (abgerufen 25.07.2017)
de.wikipedia.org: Universitäts- und Landesbibliothek Bonn (abgerufen 25.07.2017)
de.wikipedia.org: Fritz Bornemann (Architekt) (abgerufen 25.07.2017)
www.bonn.de: Denkmalpflege der Stadt Bonn, Denkmalliste (abgerufen 25.07.2017)
www.archinform.net: Fritz Bornemann (Architekt) (abgerufen 25.07.2017)