Ehemalige Korbweidenwirtschaft im Kreis Heinsberg

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    Korbweidenanbau in Hilfarth (2019)

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„Jedermann sollte die Korbmacher achten,
wertvolle Werke zustande sie brachten
nützlicher aber auch kunstvoller Art.
Freude am Schaffen mit Kunstsinn gepaart
Ist allzeit unserem Handwerk zu eigen,
das kann ein Blick in den Wirkungskreis zeigen.
Vielseitig ist unser Arbeitsfeld,
wir sind verbreitet in aller Welt.
Seht euch nur an, was die Flechtkünstler treiben:

Korbmacher sind wir und wollen es bleiben!

(aus „Die Arbeit des Korbmachers“ von Gustav Weiß, zitiert nach Abels u.a. 2018, S. 168)

Es ist besonders der letzte Vers, bei dem der Hilfarther Lambert Hensen trotz seiner beruflichen Liebe zum Korbmacherhandwerk einen inneren Zwiespalt empfindet. Denn als er 1958 anlässlich seiner Gesellenlossprechung der Bitte nachkommt, das Gedicht aufzusagen, plante er bereits seine berufliche Neuorientierung.

Korbweidenwirtschaft
Seit dem Spätmittelalter ist die Nutzung von wild in den Wäldern wachsenden Weiden für die Korbherstellung bekannt.
Der durch die Bodenstruktur des Feuchtgebietes zwischen den Flüssen Rur und Wurm begünstigte Korbweidenanbau hatte die dort angesiedelte Bevölkerung und auch die Kulturlandschaft lange Zeit maßgeblich geprägt.
Seit seiner ersten Erwähnung im Jahr 1530 war das Handwerk der Wannmacherei und später der Korbmacherei von Generation zu Generation weitergegeben worden. Die Korbmacherei war in Hilfarth und Brachelen bereits im 17. und 18. Jahrhundert ein häufiger Beruf – im 19. Jahrhundert entstand eine regelrechte Korbweidenwirtschaft. Zwar wird in der sogenannten Kappenordnung von 1550 schon das Pflanzen von Weiden im Kapbusch erwähnt, eine planmäßige Anpflanzung setzte jedoch erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein.
So wurden 1880 auf einer Fläche von ca. 700 Hektar Korbweidenkulturen angebaut, die von etwa 950 Korbflechtern verarbeitet wurden. Zur Blütezeit des Handwerks um 1900 fanden gar 1.600 Korbmacher ein einträgliches Auskommen und selbst 1955 gab es noch ca. 200 Korbmacher allein in Hilfarth.

Wie die dafür benötigten Korbweiden angebaut und geerntet wurden, zeigt auch ein Film des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte über die Korbmacher in der Rurniederung, in dem der Korbweidenanbau mit ehemaligen Korbmachern authentisch nachgestellt wurde (youtube.com).

Niedergang
Als Lambert Hensen das eingangs zitierte Gedicht aufsagte, war der Niedergang der Korbmacherei jedoch bereits eingeläutet.
Zunächst führten billige, zum Teil minderwertige, Korbwaren aus Osteuropa, dann Ersatzprodukte aus Kunststoff und zuletzt auch noch Krankheiten der Korbweiden dazu, dass immer weniger Korbmacher durch ihren erlernten Beruf über die Runden kamen und so verblieben im Jahr 1969 vielleicht noch ein Dutzend in Hilfarth.
Nachdem diese eigenständige Kulturform des Korbweidenanbaus seit dem 18. Jahrhundert eine Standortkontinuität aufwies und ehemalige Korbweidenanbauflächen noch bis in das Jahr 2000 nachgewiesen werden konnten, findet man Korbweidenkulturen im Kreis Heinsberg heute nur noch auf wenigen Quadratmetern im Korbmachermuseum Hilfarth (s. verwandte Objekte).

(Alica Kann, Abteilung Digitales Kulturerbe LVR, 2020)

Internet
youtube.com: Die Korbmacher in der Rurniederung. Korbweidenanbau. LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, 1974 (abgerufen 08.01.2020)

Literatur

Abels, Hermann (Hrsg.) Korbmacher-Museum Hilfarth (Hrsg.) (2018)
Hilfarth an der Rur. Ein Ort und seine Menschen: Berichte, Dokumente, Geschichten, Lieder, Fotos und Anekdoten. Hückelhoven (3. Auflage).
Reiners, Herbert (1961)
Agrarstruktur und Korbweidenwirtschaft in der Rur-Wurm-Niederung. (Forschungen zur Deutschen Landeskunde, Band 129.) Bad Godesberg.

Ehemalige Korbweidenwirtschaft im Kreis Heinsberg

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„Ehemalige Korbweidenwirtschaft im Kreis Heinsberg”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/SWB-305421 (Abgerufen: 20. April 2024)
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