Denkmalbereich Kalkar-Hanselaer Zwei Kilometer östlich von Kalkar über einer alten, trocken gefallenen Rheinschleife liegt der Kirchort Hanselaer. Der Rhein, 4 Kilometer nordöstlich, hat das Land durch seinen wechselnden Lauf weitflächig geprägt und hat mit verlassenen Flussarmen eine leicht modellierte Landschaft geschaffen. Hanselaer wird um 1170 erstmals urkundlich erwähnt. Der Kern des Ortes, der Kirchenbau, dem St. Antonius Abt, Abbas, geweiht, war vermutlich im Ursprung Eigenkirche des Kölner Stifts Maria im Kapitol, dem zu Beginn des 13. Jahrhunderts in Hanselaer ein Hof mit Kapelle unterstand. 1351 wird das Kirchspiel Hanselaer genannt, 1441 mit der Stadtpfarre St. Nicolai in Kalkar vereinigt. Im 14. und 15. Jahrhundert erfolgte der Umbau der romanischen Kapelle; aus dieser Zeit datiert die reiche Ausstattung in Form von drei spätgotischen Schnitzaltären, in Ausführung und Qualität vergleichbar mit dem Inventar von St. Nicolai. Hanselaer war auch Gerichtsstätte des Stiftshofes von Maria im Kapitol und damit Sitz eines der wenigen Hofgerichte im Herzogtum Kleve, in denen noch im späteren Mittelalter die Hochgerichtsbarkeit ausgeübt wurde. Über die Geschichte der folgenden Jahrhunderte ist kaum Schriftliches überliefert, jedoch bewahrte der Ort über Jahrhunderte den Gesamteindruck eines im Inneren homogenen und im Bezug zum umgebenden Wirtschaftsland nahezu ungestörten Dorfes. Hanselaer hat sich, - durch Kartenwerk belegbar seit 300 Jahren -, in Gestalt und Struktur nur unwesentlich verändert. Seit der kommunalen Neuordnung der 1970er Jahre gehört der Ort verwaltungsorganisatorisch zur Stadt Kalkar, kirchlich nach wie vor zur Pfarre St. Nicolai.
Hanselaer hatte als Kirch- und Gerichtsort sehr früh für die unmittelbare Umgebung bündelnde Funktionen übernommen. Diese siedlungsgeschichtliche besondere Stellung drückt sich in der baulichen Ausformung des Ortes bis heute aus: Den Mittelpunkt des kleinen Kirchorts beherrscht der unverputzte Backsteinkirchenbau, in der heutigen Gestalt im wesentlichen aus dem 14./ 15. Jahrhundert. Er wird umgeben vom Kirchhof, an dessen Südostecke das ehemalige Küsterhaus und Pastorat liegt. Im weiteren Umkreis, halbkreisförmig im Westen, Norden und Osten, liegen 8 Hofstellen, westlich, leicht abgerückt, drei weitere. Die aufgehende Substanz aller Höfe wird überwiegend ins 18. und 19. Jahrhunderts datiert, wobei ihre Gründungen vermutlich wesentlich älter sind. Während das Küsterhaus/ Pastorat als schlichte Kate ausgebildet ist, als eingeschossiger Backsteinbau mit tief gezogenem, an Ost- und Südseite abgeschlepptem Krüppelwalmdach, setzen sich die Hofstellen meist aus mehreren Baukörpern zusammen: Der dominante Baukörper ist das Wohn-Stallhaus in der für den Niederrhein typischen Ausprägung über T-förmigem Grundriss mit ein- oder zweigeschossigem Wohnteil und einem im rechten Winkel daran anschließenden Stallteil mit großflächigen, den Wind abweisenden Dachflächen. Um den anschließenden Wirtschaftshof gruppieren sich meist weitere zum Teil im Volumen und in der Gestaltung nachgeordnete Nebenbauten wie Scheune und Schuppen. Die Dächer sind in Sattel- oder Krüppelwalmform ausgebildet und als geschlossene Flächen mit Pfannen gedeckt. An den Wohnhäusern liegen Gemüse-, Kräuter- und Blumengärten, an die Gärten schließen Obstwiesen, die in Weiden und schließlich in die Felder übergehen. Der Ort entsteht als ein Ganzes in der Zuordnung von baulichen Anlagen, Freiflächen und Bewuchs, durch die Einbindung in den umgebenden Landschaftsraum und durch die optisch erlebbaren Gesamteindrücke.
Das dörfliche Gefüge wird geformt aus den Hofstellen, aus der Lage der einzelnen Objekte zueinander, aus der Bauweise, den Proportionen von Baukörpern und Architekturelementen, den Dachformen, Dachneigungen, Trauf- und Firsthöhen, Firstrichtungen, Materialien, aus der Staffelung der Volumina entsprechend der Gebäudebedeutung in der Reihenfolge Kirche, Höfe, Wohnhäuser und Nebengebäude und aus der Zuordnung und Einfriedung der Freiflächen: der Hofflächen, der von Hecken eingefassten Gärten, der Obstwiesen, Wiesen, des Weidelands und der Felder.
Das geeignete Instrument zum Schutz dieses historischen Ensembles ist eine Denkmalbereichssatzung gemäß Denkmalschutzgesetz NW. Schutzelemente einer solchen Satzung sind der Ortsgrundriss, die aufgehende Bausubstanz insgesamt, die Freiflächen, der Bewuchs, Blickbezüge innerhalb des Ortes und die Ortssilhouette.
Seit April 2012 ist die Denkmalbereichssatzung rechtskräftig.
(Elke Janßen-Schnabel, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2016)
Der Denkmalbereich Hanselaer in Kalkar war KuLaDig-Objekt des Monats im September 2012.
Literatur
Clemen, Paul (Hrsg.) (1892)
Die Kunstdenkmäler des Kreises Kleve. (Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Band 1.4.) S. 42-43, Düsseldorf.
Hilger, Hans Peter (1973)
Hanselaer bei Kalkar (Sonderheft). Annexkirche von St. Nikolai in Kalkar. (Rheinische Kunststätten, Heft 158.) Neuss (2. Auflage).
Hilger, Hans Peter (1964)
Die Denkmäler des Rheinlandes. Kreis Kleve 1: Altkalkar - Huisberden. In: Wesenberg, Rudolf u. Verbeek, Albert (Hrsg.): Die Denkmäler des Rheinlandes, S. 81-86, Düsseldorf.
Janßen-Schnabel, Elke (2010)
Kalkar Hanselaer - ein Denkmalbereich. In: Kalender für das Klever Land 51, 2011, S. 30-39. S.30-39, Kleve.
Janßen-Schnabel, Elke / Landeskonservator Rheinland (Hrsg.) (2011)
Kalkar Hanselaer. Exemplarische Festlegung eines Denkmalbereichs. (Jahrbuch der Rheinischen Denkmalpflege, Band 42.) S. 269-275. S.268-275, Worms.
Pufke, Andrea (Hrsg.) (2016)
Denkmalbereiche im Rheinland. (Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege 83.) S. 178-180, Petersberg.
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