Die „Mehlsäcke“ – das Deutzer Kürassieregiment
Nach dem Ende der preußischen Herrschaft 1918 wurde die im Rahmen des Ausbaus Kölns zur Garnisonsstadt 1820 fertig gestellte ehemalige Kaserne des Kürassieregiment Graf Geßler (Rheinisches) Nr. 8 am Deutzer Rheinufer 1927/28 zum Rheinischen Museum umgebaut. Dieses wurde später im Zweiten Weltkrieg zerstört. Die nach ihrem Brustpanzer, dem Kürass, benannten Kürassiere – eine Truppe der schweren Reiterei – unterstand der 15. Division des VIII. preußischen Armee-Korps. In Köln wurden die Kürassiere wegen ihrer weißen Uniformen auch despektierlich Mählsäck („Mehlsäcke“) genannt.
Der „Lanzenreiter“ – das Kürassier-Denkmal
Aus Sorge um die Erinnerung an ihr zwischen 1815 und 1819 aufgestelltes und traditionsreiches Regiment konnten ehemalige Mitglieder des Regiments durch Sammlungen die erforderliche Summe aufbringen, um ab 1928 das Reiterstandbild eines Kürassiers als monumentales Denkmal errichten zu lassen. Mit der Gestaltung des 6½ Meter hohen Sockels wurde der Architekt und Kölner Stadtbaudirektor von 1925-1930 Adolf Abel (1882-1968) beauftragt. Als ausführender Bildhauer der bis zur Lanzenspitze etwa 6 Meter hohen Bronzeskulptur wirkte Paul Wynand (1879-1956), der durch seine Arbeiten als maßgeblicher Repräsentant der heroisch-monumentalen Stilrichtung der Zeit des Nationalsozialismus gilt.
Obgleich hier im Gegensatz zu den etwa 20 Jahre früher entstandenen, nur wenige hundert Meter weiter nördlich stehenden Reiterstandbildern an der Hohenzollernbrücke „kein Herrscher oder Feldherr, sondern ein unbekannter Soldat“ als überlebensgroßes Standbild installiert wurde, schloss das Kürassier-Denkmal dennoch deutlich „an die Pathosformeln des kaiserzeitlichen Denkmalkults“ der insbesondere in militärischen Kreisen häufig ungeliebten Weimarer Republik an.
Bei der Enthüllungsfeier 1930, die in Anwesenheit des damaligen Oberbürgermeisters Konrad Adenauer (1876-1967, Kölner Oberbürgermeister 1917-1933, Bundeskanzler 1949-1963) stattfand, wurde das Ziel propagiert, die „ganze Kraft in den Dienst des Vaterlandes zu stellen, damit es aus Schmach und Unfreiheit wieder erstehe zu Ehre, Macht und Herrlichkeit“ (Zitate nach Benner 2004).
Die Inschrift auf dem Sockel des Denkmals lautet:
DEN GEFALLENEN / KÜRASSIER-REGIMENT / GRAF GESSLER / RHEINISCHES NR. 8 /
UND KRIEGSFORMATION / TRADITIONSTRUPPENTEILE / 2. ESK. 7 (PREUSS. REITER RGT) /
PANZER ABTEILUNG 65 / PANZER-REGIMENT 11
UND KRIEGSFORMATION / TRADITIONSTRUPPENTEILE / 2. ESK. 7 (PREUSS. REITER RGT) /
PANZER ABTEILUNG 65 / PANZER-REGIMENT 11
Sanierung 2015-2018
Im Zuge der Neugestaltung des Deutzer Rheinufers als „Rheinboulevard“ im Rahmen der regionalen Strukturfördermaßnahme Regionale 2010 wurden Schäden am Denkmal festgestellt. Aufgrund der umfassenden Bauarbeiten am Rheinufer zwischen Deutzer Brücke und Hohenzollernbrücke wurde diese Gelegenheit genutzt, um das Reiterdenkmal zu sanieren. Zu diesem Zweck wurde es Anfang November 2015 vorübergehend abgebaut.
„Bei der Abtragung des Mauerwerks und der Freilegung des unteren Teils des Denkmalsockels offenbarten sich an dessen inneren Betonkern starke Schäden und Risse, die in dieser massiven Form nicht vorhersehbar waren und die Standsicherheit gefährden.“ (koeln-deutz.de)
Nach drei Jahren der Restaurierung durch den Kunstschmiedebetrieb Hoppen in Dattenberg (Landkreis Neuwied) wurde der komplett überholte Kürassier-Soldat am 8. November 2018 in zwei Teilen per Tieflader nach Deutz transportiert. Dort wurde er vor Ort wieder zusammengesetzt und per Kran wieder auf dem inzwischen ebenfalls restaurierten Sockel aufgestellt (www1.wdr.de, mit der Fehlinformation „Vor fünf Jahren [sic!] musste es seinen angestammten Platz verlassen“).
Baudenkmal
Das „Kürassier-Denkmal“ in Köln-Deutz wurde zum 1. Juli 1980 unter der Bezeichnung „Kleindenkmal (Kriegerdenkmal)“ mit der laufenden Nr. 74 in die Kölner Denkmalliste eingetragen (vgl. stadt-koeln.de).
(Franz-Josef Knöchel, LVR-Redaktion KuLaDig, 2012/2018)
Internet
www.stadt-koeln.de: Suche in der Denkmalliste (abgerufen 31.01.2018, Inhalt nicht mehr verfügbar 18.01.2024)
www.stadt-koeln.de: Interaktive Denkmalkarte Köln (abgerufen 18.01.2024)
www.koeln-deutz.de: Preußisches Kürassier-Denkmal in Deutz wird saniert (03.11.2015, abgerufen 05.02.2018)
www1.wdr.de: Reiterstandbild zurück ans Rheinufer in Köln-Deutz (abgerufen 09.11.2018)
de.wikipedia.org: Kürassier-Regiment „Graf Gessler“ (Rheinisches) Nr. 8 (abgerufen 25.04.2012)
de.wikipedia.org: Adolf Abel (abgerufen 25.04.2012)
de.wikipedia.org: Paul Wynand (abgerufen 25.04.2012)