Nord-Süd-Kohlenbahn

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Bedburg, Bergheim (Nordrhein-Westfalen), Frechen, Grevenbroich, Hürth, Rommerskirchen
Kreis(e): Rhein-Erft-Kreis, Rhein-Kreis Neuss
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 57′ 14,44″ N: 6° 42′ 43,99″ O 50,95401°N: 6,71222°O
Koordinate UTM 32.339.317,46 m: 5.647.202,72 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.550.088,87 m: 5.646.771,98 m
  • Trasse der Nord-Süd-Kohlenbahn bei Frechen (2014)

    Trasse der Nord-Süd-Kohlenbahn bei Frechen (2014)

    Fotograf/Urheber:
    Schmitz, Nicole
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    Bild
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Die Nord-Süd-Kohlenbahn
Die Nord-Süd-Kohlenbahn verbindet den Tagebau Garzweiler im Nordrevier mit dem Kraftwerk Goldenberg in Hürth, den Brikettfabriken Berrenrath und Frechen (Wachtberg), der Hauptwerkstatt Grefrath, der Brikettfabrik Fortuna-Nord in Niederaußem sowie den Kraftwerken Niederaußem, Grevenbroich-Neurath und -Frimmersdorf.
Der Bau der Nord-Süd-Kohlenbahn war erforderlich geworden, nachdem durch die Nordwanderung der Tagebaue in den 1950er Jahren die Entfernung zwischen den Kraftwerken , Brikettfabriken und aktiven Tagebauen immer größer geworden war. Zunächst lagen die Kraftwerke in unmittelbarer Nähe zu den Tagebauen, nach Schließung der Gruben blieben die Kraftwerke und Brikettfabriken jedoch an ihren Standorten bestehen, während die Gruben „nach Norden wanderten“. Denn durch die hohen Investitionskosten ist eine Verlegung der Veredelungsstandorte parallel zur Nordwanderung der Tagebaue bis heute unwirtschaftlich. Dies betraf zuerst das Kraftwerk Goldenberg, das durch die Schließung der Gruben im Raum Brühl und Hürth in eine abseitige Lage geriet. Seit den 1980 und 1990er Jahren sind auch die in den 1960er und 1970er Jahren entstandenen Kraftwerke Niederaußem und Neurath/Frimmersdorf ohne Gruben in ihrer Umgebung (Schließung der Tagebaue Bergheim, Fortuna-Garsdorf) und schon wieder weit entfernt vom noch aktiven Tagebau, der jetzt in Garzweiler bei Grevenbroich und Erkelenz liegt.

Die Nord-Süd-Kohlenbahn ist eine etwa 31 Kilometer lange, doppelgleisige Transportbahn im Rheinischen Braunkohlenrevier, die seit den 1950er Jahren die Versorgung der Brikettfabriken und Kraftwerke im Mittelrevier mit Braunkohlen aus den nördlich gelegenen Großtagebauen sichert. Gleichzeitig erfolgt über sie der Transport von Abraum zur Verfüllung ausgekohlter Tagebaue und in der Vergangenhiet zur Aufschüttung von Halden. Der Zugverkehr auf der von der Roddergrube AG initiierten und heute noch von der RWE Power AG betriebenen Bahnstrecke wird hauptsächlich vom Zentralstellwerk Auenheim (Niederaußem) aus gesichert und gesteuert (Buschmann et al. 2008, S. 702). Bereits seit den 1880er Jahren waren Schmalspurbahnen mit 600 mm und 900 mm Spurweite ein wichtiges Betriebsmittel im rheinischen Braunkohlenbergbau, zunächst im Abraumbetrieb, nach dem Ersten Weltkrieg verstärkt auch beim Rohkohletransport. Die Leistungssteigerungen bei den Baggern und Absetzern erforderten eine Erhöhung der Transportkapazitäten mit größeren Waggons und stärkeren Lokomotiven, so dass - zuerst bei Tagebau-Neuaufschlüssen im mitteldeutschen Braunkohlerevier - der Übergang zu dem bei Fernbahnen üblichen Normalspurbetrieb mit 1.435 mm Spurweite erfolgte. Im rheinischen Revier wurde dieser „Großraumbetrieb“ zu Beginn der 1950er Jahre eingeführt. Gemeinsam mit den beiden großen Bergbaugesellschaften des Mittel- und Nordreviers, der Rheinischen AG für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation (RAG) und der Niederrheinischen Braunkohlen-Werke AG (NBW), wurden die Streckenführung, der zu beschaffende Lokomotiv- und Wagenpark sowie die Stromversorgung der Bahn festgelegt. Seit April 1954 wurde die Bahn abschnittsweise in Betrieb genommen, bis im August 1957 die gesamte 31 km lange, mit zwei Normalspurgleisen ausgerüstete Strecke vom Kraftwerk Frimmersdorf im Norden bis zum südlichen Endpunkt in der Nähe des Goldenberg-Werks befahren werden konnte. Auf der von Frimmersdorf in Richtung Süden bis zum Endpunkt nahe beim Goldenberg-Werk verlaufenden Strecke, vorbei an den Orten Vanikum (Rommerskirchen), Rath (Bedburg), Auenheim, Niederaußem und Oberaußem (Bergheim) sowie Benzelrath (Frechen) und Berrenrath (Hürth), lagen knapp 30 Abzweige zu Tagebaubetrieben, Brikettfabriken, Kraftwerken, Abraumhalden und kippen sowie zur Hauptwerkstatt in Grefrath. Auf insgesamt 38 Brückenbauwerken in Stahlbeton- oder Spannbeton-Bauweise überquerte die Strecke Straßen, Wege und Flussläufe. Das spektakulärste Bauwerk war die von Ulrich Finsterwalder entworfene und von der Dyckerhoff & Widmann AG errichtete Horremer Brücke zur Überquerung der Bundesbahn-Strecke Köln - Aachen und der Bundesstraße 55, damals die mit 100 m längste Eisenbahn-Spannbetonbrücke der Welt.

Als denkmalwürdige Bestandteile dieser leistungsfähigen „Kohlensammelschiene“ wurden die Horremer Brücke (1953/54, Architekt Ulrich Finsterwalder), die mit einer Spannweite von 86,6 Metern und einer Gesamtlänge von 170 Metern in ihrer Erbauungszeit als die „weitestgespannte Spannbetonbrücke der Welt“ (Buschmann et al. 2008, S. 703) galt sowie der Bahnhof Goldenberg mit erhaltenem Grabenbunker Gotteshülfe und Brechergebäude (1951-52 und Umbauten) eingestuft. Die einstigen Stellwerke wurden im Laufe der Jahre beseitigt und durch moderne, ferngesteuerte Anlagen ersetzt (Buschmann et al. 2008, S. 702ff).

Kulturhistorische Bedeutung
Die Nord-Süd-Kohlenbahn ist eine Grubenanschlussbahn mit sehr hoher wirtschaftlicher und technikgeschichtlicher Bedeutung für das Rheinische Braunkohlenrevier. Im internationalen Maßstab wird sie als wichtiger technologischer Entwicklungsschritt für das Eisenbahnwesen der 1950er Jahre gewertet.

Hinweis
Das Objekt „Nord-Süd-Kohlenbahn“ ist wertgebendes Merkmal des historischen Kulturlandschaftsbereiches Nord-Süd-Kohlenbahn (Kulturlandschaftsbereich Regionalplan Köln 069).

(Nicole Schmitz, Martina Gelhar, LVR-Fachbereich Regionale Kulturarbeit/Abteilung Landschaftliche Kulturpflege, 2016)

Literatur

Buschmann, Walter; Gilson, Norbert; Rinn, Barbara / Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen in Verbindung mit dem Landschaftsverband Rheinland (Hrsg.) (2008)
Braunkohlenbergbau im Rheinland. (Die Bau- und Kunstdenkmäler von Nordrhein-Westfalen 1, Rheinland.) Worms.

Nord-Süd-Kohlenbahn

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Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
Keine Angabe
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn 1950 bis 1960

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Schmitz, Gelhar, 2016: „Nord-Süd-Kohlenbahn”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-105210-20141008-7 (Abgerufen: 25. April 2024)
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