Fafnir-Werke Aachen

Aachener Stahlwarenfabrik vormals Carl Schwanemeyer, Fafnir-Werke A.-G., Fafnirwerke Aktiengesellschaft

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Aachen
Kreis(e): Städteregion Aachen
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 47′ 15,87″ N: 6° 07′ 0,94″ O 50,78774°N: 6,11693°O
Koordinate UTM 32.296.791,43 m: 5.630.184,28 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.508.289,44 m: 5.628.040,20 m
  • Historische Postkarte mit einer Ansicht der Aachener Fafnir-Werke (um 1920). Aus der Sammlung Heinrich Gandelheid, "Alte Aachener Bilder" (1989).

    Historische Postkarte mit einer Ansicht der Aachener Fafnir-Werke (um 1920). Aus der Sammlung Heinrich Gandelheid, "Alte Aachener Bilder" (1989).

    Copyright-Hinweis:
    unbekannt / gemeinfrei via Wikimedia Commons
    Fotograf/Urheber:
    unbekannt
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Das 1902 eingeführte Markenzeichen der Aachener Fafnir-Werke, die ab 1904 bis zum Konkurs im Jahr 1926 Motoren  und Automobile produzierte.

    Das 1902 eingeführte Markenzeichen der Aachener Fafnir-Werke, die ab 1904 bis zum Konkurs im Jahr 1926 Motoren und Automobile produzierte.

    Copyright-Hinweis:
    unbekannt / gemeinfrei via Wikimedia Commons
    Fotograf/Urheber:
    unbekannt
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Historisches Werbeblatt der Aachener "Fafnir-Werke A.-G." von 1912 mit der Abbildung von vier Automobiltypen bzw. sechs Fafnir-Modellen (aus der Sammlung Axel Mauruszat).

    Historisches Werbeblatt der Aachener "Fafnir-Werke A.-G." von 1912 mit der Abbildung von vier Automobiltypen bzw. sechs Fafnir-Modellen (aus der Sammlung Axel Mauruszat).

    Copyright-Hinweis:
    unbekannt / gemeinfrei via Wikimedia Commons
    Fotograf/Urheber:
    unbekannt
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Das Firmenlogo "FAFNIR / ASA" der Aachener "Fafnir-Werke A.-G." mit der Darstellung des legendären Drachens aus der Nibelungensage; Ausschnitt von einem historischen Werbeblatt von 1912 (aus der Sammlung Axel Mauruszat).

    Das Firmenlogo "FAFNIR / ASA" der Aachener "Fafnir-Werke A.-G." mit der Darstellung des legendären Drachens aus der Nibelungensage; Ausschnitt von einem historischen Werbeblatt von 1912 (aus der Sammlung Axel Mauruszat).

    Copyright-Hinweis:
    unbekannt / gemeinfrei via Wikimedia Commons
    Fotograf/Urheber:
    unbekannt
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
Die Fafnir-Werke fertigten zunächst ab 1894 als Aachener Stahlwarenfabrik Nähmaschinennadeln und Fahrradspeichen, bevor man ab 1904 bis zum Konkurs im Jahr 1926 auch Motoren für Motorräder und Automobile sowie nach dem Baukastenprinzip auch vollständige Automobile herstellte - zeitweise auch unter der Marke Aachener.

Von Nähmaschinennadeln und Fahrradspeichen zu Motoren
Die Fafnir-Automobilproduktion ab 1904
Motorsportliche Aktivitäten
Konkurs und Ende 1925
Objektgeometrie
Quelle, Internet, Literatur

Von Nähmaschinennadeln und Fahrradspeichen zu Motoren
In der noch jungen Automobilbauindustrie in Deutschland existierten um die Wende zum 20. Jahrhundert bereits mehr als hundert verschiedene Unternehmen - viele der vorwiegend kleinen und mittelständischen Firmen verschwanden allerdings ebenso schnell wieder vom Markt, wie sie entstanden waren.
Mindestens sieben davon hatten ihren Sitz in Aachen: Mit den Werken von Büssing, Cudell, Fafnir, Goosens, Lochner & Co., Mannesmann-Mulag, Scheibler und Talbot wies die Stadt seinerzeit eine der höchsten Dichten von Automobilfabriken in Deutschland auf.
Die Fafnir-Werke waren darunter „das erfolgreichste, auch international bekannte Unternehmen, das sich in Aachen mit der Produktion von Motoren und Automobilen beschäftigte. ... Zwar reichten die Stückzahlen nie an jene von Daimler, Benz, Opel, Stoewer und andere renommierte Marken heran, doch gehörten die sehr fortschrittlichen und leistungsfähigen Wagen- und Motorenkonstruktionen in mancher Hinsicht zu den modernsten auf dem deutschen Markt.“ (Käding in Droste u. Käding 2000 bzw. www.histech.org)

Begründet wurde das Unternehmen 1894 als Tochtergesellschaft der Nadelfabrik Carl Schwanemeyer im westfälischen Iserlohn, die zunächst mit der Produktion von Nähmaschinennadeln begann und dann mit dem Aufstieg des Fahrrads zum Massenverkehrsmittel auf die Produktion von Fahrradspeichen umstieg.
Im Jahr 1897 erfolgte der Umzug der Aachener Niederlassung aus der Roonstraße in der Innenstadt in ein größeres Werk im damals neuen Industriegebiet Aachen-Nord an der Jülicher Straße in Richtung Haaren. 1898 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft Aachener Stahlwarenfabrik AG vormals Carl Schwanemeyer umgewandelt, zwischen 1902 und 1911 firmierte man ohne Zusatz als Aachener Stahlwarenfabrik AG.

Als der Fahrradmarkt allmählich seine Sättigung erreicht hatte, wurde die Produktion auf Einbaumotoren für Motorräder und Automobile umgestellt. Unter anderem die Köln-Zollstocker Fahrzeug-Produktion der Ernst Heinrich Geist Elektrizitäts AG nutzte ab um 1900 Benzinmotoren aus Aachen für seine damaligen Hybrid-„Dynamobile“ (Mikloweit 2002, S. 73).
Im Jahr 1902 wurde für die neuen Produkte der auf den legendären Drachen aus der Nibelungensage zurückgehende Markenname „Fafnir“ eingeführt. Zwei Jahre später folgte das charakteristische Logo mit dem Drachen, der von einem Zahnrad umkränzt über dem Schriftzug „FAFNIR“ die Buchstaben „ASA“ (= Aachener Stahlwarenfabrik AG) umschlingt.
nach oben

Die Fafnir-Automobilproduktion ab 1904
Ebenfalls 1904 begann die Herstellung von Fafnir-Automobilen, zunächst mit der Produktion von „Omnimobil“-Bausätzen. In der frühen Zeit des Automobilbaus waren solche Baukastenprinzipe durchaus üblich: Die typischen Komponenten eines Kraftfahrzeugs wie Fahrgestell, Antrieb und Karosserieaufbau stammten dabei meist aus verschiedenen Fertigungen und wurden von den Herstellern je nach Kundenwunsch in den verschiedensten Varianten ergänzt und zusammengestellt.
Ab 1908 wurden bei der Fafnir-Werke A.-G. schließlich auch vollständige Automobile hergestellt, die zunächst als „Aachener“ vermarktet wurden. Fafnir stellte überwiegend sogenannte „Herrenfahrzeuge“ her, also Automobile für selbst fahrende Kunden, die keinen eigenen Chauffeur beschäftigten:
„Die Varianten entsprachen dem Zeitgeist des Wilhelminismus. So wurden die offenen Typen von sportlichen 'Herrenfahrern' bevorzugt, während die großen Limousinen von einem Chauffeur gelenkt wurden, mit dem die Herrschaften im geschlossenen Fond durch ein Sprachrohr kommunizierten.“ (www.histech.org)

In den Jahren bis 1925 entwickelte sich das Unternehmen zu einem zwar kleinen, aber anspruchsvollen Automobilproduzenten mit fortschrittlichen und leistungsfähigen Konstruktionen, die zu den modernsten auf dem deutschen Markt gehörten. Die Fafnir-Produkte galten als preiswert und von hoher Qualität. Bemerkenswerte fortschrittliche Merkmale der Fahrzeuge waren z.B., dass sich der Hebel der Gangschaltung im Fahrzeuginneren befand oder dass die hinteren Federn unter die Achse verlegt wurden.
1913 beschäftige das Werk rund 700 bis 800 Arbeiter, von denen etwa die Hälfte unmittelbar mit der Automobilproduktion beschäftigt war. „Doch nahm ihr Anteil an diesem immer bedeutenderen Geschäftszweig ständig zu.“ (ebd.)
Eine erneute Umfirmierung erfolgte 1919 zur Fafnirwerke AG (Aachener Stahlwarenfabrik). Die 1898 gegründete Aachener Rheinische Nadelfabrik AG, die heutige Rhein-Nadel Automation GmbH, beteiligte sich als Aktionärin und übernahm unter anderem die Speichen- und Nippelproduktion für die Fahrzeuge.

Nach dem Ersten Weltkrieg war der deutsche Automobilbau fast zum Erliegen gekommen. Die wirtschaftliche Schwächung Deutschlands infolge der Bestimmungen des Versailler Vertrags und die allgemein schwierigen Verhältnisse bedeuteten das Ende für viele Automobil-Firmen. Obgleich zunächst die hohen Reparationszahlungen einen Anstieg der Nachfrage verhinderten, „profitierte das Unternehmen dann aber von der Nachkriegsinflation. Die rund zweijährige Scheinblüte verhinderte aber auch eine rechtzeitige Anpassung an modernere Produktionstechniken und Modelle.“ (www.histech.org)
Fafnir konnte sich zunächst erholen und produzierte ab 1920 wieder Fahrzeuge, darunter den Typ 471 und den seit 1914 und noch bis 1927 gebauten Typ 472, der lange Zeit als das technische Aushängeschild der Fafnir-Werke galt. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden für Fafnir-Fahrzeuge auch in Einzelanfertigung gebaute Karosserien der Firma Karl Deutsch Karosseriebau aus Köln-Braunsfeld bezogen.
nach oben

Die 1919/20er Ausgabe des Handbuchs der deutschen Aktiengesellschaften führt das Werk wie folgt (Bd. 1, S. 1156 f.):

Fafnirwerke, Act.-Ges. (Aachener Stahlwaarenfabrik) in Aachen.
Gegründet: 23./3. 1898 mit Wirk. ab 24./12. 1897. Bis 25./6. 1902 Firma Aachener Stahlwarenfabrik „vorm. Carl Schwanemeyer“; dann bis 28./I. 1911 Aachener Stahlwaarenfabrik; dann bis 1919 mit dem Zusatz Fafnir-Werke. Übernahme der Firma Carl Schwanemeyer für M. 978 844. Gründer s. Jahrg. 1899/1900.
Zweck: Herstellung von Motoren, Automobilen, Masch., Maschinenteilen, Metall- u. Stahlwaren aller Art. 1900 Aufnahme der Fabrikation von Kleinmotoren für flüssige Brennstoffe u. Gas, Motoren für Boote u. Wagen, Motorfahrzeugen. Im Jahre 1908 wurde die Herstell. von Chassis u. kompletten Motorwagen aufgenommen. Grundbesitz jetzt 15 Morgen. ...
Direktion: Dipl.-Ing. Carl Springsfeld. Prokuristen: E. Jacoby, M. Winter, A. Wilsdorf, Wilh. Uren.


Infolge des wirtschaftlichen Aufschwungs wurde der Fafnir-Produktionsstandort vergrößert, so dass das Betriebsgelände im Jahr 1922 schließlich eine Fläche von rund 3 Hektar (30.000 Quadratmeter) umfasste, auf dem die einzelnen Gebäude des Werks entsprechend der Abfolge der Fabrikation geordnet lagen:
„Über den einzelnen Werkstätten ragte ein stolzer, 1913 vollendeter fünfstöckiger Hochbau in Stahlbetonbauweise mit einer angegliederten Werkzeugmaschinenhalle. Auf rund 10000 lichtdurchfluteten Quadratmetern konzentrierte sich hier die Automobil- und Motorenfabrikation der Fafnirwerke. Durch seitlich installierte Aufzüge mit bis zu 5000 kg Tragfähigkeit konnten Motoren, Wagenteile und komplette Fahrzeuge den einzelnen Abteilungen zur Weiterverarbeitung zugeführt werden. … Das Verwaltungsgebäude, ein stattlicher dreistöckiger Bürobau aus der Zeit um 1900, und die Fabrikhalle werden noch heute zu unterschiedlichen industriellen Zwecken genutzt.“ (www.histech.org)
nach oben

Motorsportliche Aktivitäten
In seiner Blütezeit betrieb Fafnir nach dem seinerzeit üblichen Motto „Win on sunday, sell on monday“ auch einen kostenintensiven Automobil-Rennstall mit bis zu sieben Rennfahrzeugen. Fafnir warb seinerzeit vor allem mit der „Schnelligkeit“ und der „höchst erreichbaren Betriebssicherheit“ seiner Fahrzeuge, so dass es eine Ehrensache und Selbstverständlichkeit war, bei den populären Rennveranstaltungen präsent zu sein.

Der zunächst als Radsportler bekannt gewordene Ingenieur Gustav Heinrich Wilhelm Uren (1873-1937) war 1907 vom Köln-Sülzer Priamus-Automobilwerk als Oberingenieur zu Fafnir gewechselt (Mikloweit 2002, S. 62-69), wo er auch geschäftliche Prokura besaß. Als Werksfahrer für die Aachener gewann er auf einem Fafnir-Rennwagen eines der am 24. und 25. September 1921 ausgetragenen Eröffnungsrennen der Berliner Automobil-Verkehrs- und Übungsstraße (AVUS).
Ebendort gelang es zwei Fafnir-Wagen 1922 bei den „außerordentlich scharfen Zerreißproben ... ohne jede Betriebsstörung in allgemein auffallender gleichmäßiger Fahrt mit einigen Sekunden Zeitunterschied mit in Front das Rennen zu beenden“, während die Teilnahme im folgenden Jahr für den Fafnir-Rennstall zum Fiasko geriet: „Die Wagen hatten die 700 Kilometer von Aachen nach Berlin noch selbst zurückgelegt (!) und erreichten ihr Ziel zum Teil defekt oder heiß gefahren, ungenügend gewartet und zu spät, um noch angemessen trainieren zu können. Rückblickend mag die Episode als liebenswürdiger Fehlschlag aus der Steinzeit des Rennsports belächelt werden, doch stellte sie auch damals schon das Prestige des ganzen Werks in Frage und kostete außerdem sehr viel Geld.“ (zitiert nach www.histech.org)

Der aus Remagen stammende Autorennfahrer Rudolf Caracciola (1901-1959) war zeitweise als volontierender Verkäufer bei Fafnir tätig und begann hier seine Rennfahrerkarriere, nachdem er in der Einfahrabteilung des Unternehmens schnell auf sich aufmerksam gemacht hatte. Der vor dem Zweiten Weltkrieg als dreifacher Grand-Prix-Europameister (1935, 1937 und 1938) erfolgreichste Fahrer in Europa gewann in seinen frühen Jahren 1922 das Autorennen „Rund um Köln“ und belegte beim AVUS-Rennen im gleichen Jahr einen respektablen vierten Platz auf einem Fafnir-Rennwagen, bevor er 1923 er als Rennfahrer zu Mercedes wechselte.

Vor allem auf der Fafnir-„Hausstrecke“ des bedeutendsten westdeutschen Rennens der 1920er-Jahre, dem Eifelrennen rund um das 30 Kilometer entfernte Nideggen erlangte man achtbare vordere Plätze. Klassensiege auf Fafnir errangen hier 1924 der Aachener Hans Jacobs in der zweithöchsten Rennwagenklasse bis 2.000 Kubikzentimeter Hubraum nach 8:08.23 Stunden über 12 Runden (= 396 Kilometer) sowie 1925 Herbert Utermöhle bei den Sportwagen bis 8 Steuer-PS nach 10 Runden (= 330 km) in 4:56.36 Stunden (Behrndt u.a. 2009, S. 242-243).
nach oben

Konkurs und Ende 1925
Bei Fafnir wurde mit einem teuren Maschinenpark, aufwendigen Prüfstationen und Testabteilungen ganz bewusst auf handwerkliche Präzision und Qualität gesetzt: „Mit viel Liebe zum Detail wurde ‚gebastelt', ‚ausprobiert' und ‚von Hand gefertigt', bis ‚die Teile paßten und gut aussahen'.“ Trotz der anerkannten Qualität der Fahrzeuge galt Fafnir jedoch keineswegs als Nobelmarke, für die jeder Preis verlangt werden konnte - und selbst leitende Angestellte fuhren Mercedes (www.histech.org).

Dass sich im Automobilbau bereits seit Jahren die Produktionsverfahren einschneidend verändert hatten, wurde bei Fafnir mit einer Konzentration auf traditionelle, aber inzwischen längst veraltete Fertigungsprozesse regelrecht verschlafen. So war dem „Handwerksbetrieb“ Fafnir auch die Umstellung auf die industrielle Fließbandfertigung nicht gelungen. Produzierte man 1922 in Aachen lediglich 50 bis 70 Personenwagen im Monat, stieg die Zahl bis 1925 zwar auf den internen Produktionsrekord von 120 Autos, die von etwa 300 bis 400 Monteuren hergestellt wurden, doch fertigten gleichzeitig etwa die Opelwerke nach Einführung des Fließbands 1924 bereits die 30-fache Stückzahl und die Konzernunternehmen Henry Fords eilten durch konsequente Fließbandfertigung auch im Kölner Ford-Werk von Rekord zu Rekord.
Und selbst wenn der Luxusartikel Automobil noch längst kein Massenverkehrsmittel war, hemmten bei Fafnir nicht nur überkommene Produktionsmethoden und ein ungenügender Blick auf die deutsche und ausländische Konkurrenz die Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch eine verfehlte Modellpolitik mit zu vielen und zu großen Fahrzeugtypen: „Als der Oberingenieur Rau dem Werksdirektor Springsfeld das Konzept eines preiswerten Kleinwagens, ähnlich dem später so erfolgreichen Opel Laubfrosch, unterbreitete, lehnte dieser empört ab.“ (www.histech.org)

In der 1925er Ausgabe des Handbuchs der deutschen Aktiengesellschaften wurde Fafnir mit den folgenden Daten geführt (Bd. 1, S. 603 f.):

Fafnirwerke, Act.-Ges. (Aachener Stahlwaarenfabrik) in Aachen.
... Zweck: Herstellung von Motoren, Automobilen, Masch., Maschinenteilen, Metall- u. Stahlwaren aller Art; ausserdem serienweise Herstell. von Automobilen für Personen u. Warenbeförderung, stationären Motoren, insbes. auch Ölmotoren, sowie Arbeitsmasch. verschied. Art. Die Betriebskraft wird erzeugt durch eine Dampfmasch. von 180 PS u. mehrere Ölmotoren von insges. etwa 250 PS. Es sind etwa 500 Werkzeugmasch. im Betriebe. Die Ges. beschäftigt z. Zt. 2-300 Arb., techn. u. kaufm. Angestellte. Der Grundbesitz der Ges. ist in Aachen an der Jülicher Strasse gelegen, umfasst 37 770 qm, wovon 11 048 qm bebaut sind u. ist an das Aachener Kleinbahnnetz angeschlossen. 1923 wurde ein physikalisches u. chemisches Laboratorium u. eine Härterei gebaut. Das Werk wurde an das Kraftstromnetz der Stadt Aachen angeschlossen.


Die Kapitaldecke wird auf 1.925.00 Reichsmark beziffert, und als „Direktion: Dipl.-Ing. Carl Springsfeld“.
nach oben

Als 1925 auf Druck der USA die hohen Importzölle für ausländische Automobile aufgehoben wurden, überschwemmten billige US-Massenfahrzeuge den deutschen Markt. Bei Fafnir glaubte man noch, das Unternehmen durch massive Preissenkungen am Leben erhalten zu können und verkaufte schließlich sogar Fahrzeuge deutlich unter den Herstellungskosten. Letztlich aber konnten die Gläubiger nicht mehr bedient werden, so dass Banken die Geschäftsaufsicht übernahmen. Auf dem Höhepunkt der deutschen Automobilkrise zum Ende des Jahres 1925 meldete auch Fafnir mit Verbindlichkeiten von 1,8 Millionen Reichsmark Konkurs an.
„Ein zweites wirtschaftliches Standbein, wie die Nadel- und Zubehörproduktion, hätte das Werk unter Umständen noch retten können, doch waren diese Geschäftszweige inzwischen vollständig aufgegeben worden. … Als sich im folgenden Jahr die allgemeine Nachfrage wieder langsam erholte und manche Konkurrenten für 1927 schon wieder ‚nennenswerte Neueinstellungen von Arbeitern und Angestellten' erwarteten, befand sich das Unternehmen bereits in der Liquidation.“ (www.histech.org)

Mit den ansonsten gleichen Daten wie vorab angeführt erscheint Fafnir dann im Handbuch der AGs 1926 (Bd. 1, S. 354 f.), nunmehr allerdings bereits mit dem Zusatz „(In Liqu.[idation]“ und dem vormaligen Direktor in neuer Rolle „Liquidator: Dipl.-Ing. Carl Springsfeld“. Zum Stand des Konkurses findet sich dort die Angabe: „Die Ges. befand sich seit 2./10. 1925 unter Geschäftsaufsicht; die G.-V. v. 28./1. 1926 … beschloss die Liquidation.“
Das gleiche Bild ebenso für 1927 (Bd. 1, S. 470 f.), nun mit einem „Liquidator: Dir. Dr. Heinrich Hempelmann, Eschweiler-Aue“ und den Hinweisen „Das Geschäftsaufsichtsverfahren wurde am 31./1. 1926 beendigt. Um ein Wiederaufleben der noch nicht befriedigten Forderungen nach Ablauf des Zahlungsaufschubs zu verhindern, wurde zunächst ein aussergerichtlicher Vergleich mit den Gläubigern angestrebt.“, sowie, dass „im Wege des Zwangsvergleichs den Gläubigern eine insgesamt 40 %ige Zahlung auf ihre Forder. zugesichert wurde. Von diesen 40 % sind insgesamt bereits 16 1/2 % an die nicht bevorrechtigten Gläubiger ausgezahlt worden.“

Im Jahr 1928 führt das Handbuch der Aktiengesellschaften die Fafnir AG dann bereits nicht mehr.
nach oben

Firmen- und Werksstandorte, Objektgeometrie
Der Fafnir-Firmensitz und Produktionsstandort befand sich seit dem Umzug aus der Aachener Roonstraße 1897 an der damaligen Jülicher Straße 236. Das Areal umfasst heute in ungefähr den knapp 4,8 Hektar einnehmenden Bereich der Nummern 322 bis 344.
Leider lassen die zu den Fafnir-Aktivitäten vor Ort zeitlich passenden historischen Karten der Preußischen Neuaufnahme (1891-1912) im dortigen Areal „Am Wisch“ / „Wischer-M.[ühle]“ die damalige Ausdehnung der Fafnir-Werke nicht eindeutig erkennen; gleiches gilt auch für die späteren topographischen Karten TK 1936-1945 (vgl. Kartenansichten). Der das Werk querende von der Wurm abgezweigte (Mühlen-) Bach ist sowohl in der Preußischen Neuaufnahme wie auch im Vordergrund einer historischen Aufnahme des Werks von um 1920 gut auszumachen (vgl. Abb.).
Aachener Stadtpläne von um 1912 bzw. 1922 zeigen das hier zwischen „Mühlenteich“ und „Wurmbach“ liegende Werk - wenn auch leider unbenannt - gegenüber der in die Jülicher Straße mündenden damaligen Liebig Straße und Lukas Straße (landkartenarchiv.de).
Zur Präzisierung der Lage und Objektgeometrie dienliche Hinweise sind willkommen!

(Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2025)

Quelle
Historische Zeitungen im Zeitungsportal zeit.punktNRW, online unter zeitpunkt.nrw (abgerufen im März/April 2025, verschiedene regionale Zeitungen in den entsprechenden Jahrgängen)

Internet
www.histech.org: Fafnirwerke - Aachener Stahlwarenfabrik (Text Michael Käding, abgerufen 08.04.2025)
motopedia-online.info: Die Fahrzeugenzyklopädie im Internet, Fafnir (abgerufen 08.04.2025)
landkartenarchiv.de: Stadtplan von Aachen 1:13.000 - Aus dem Städteatlas von 1912/13 mit Reklame und Register, ca. 1912 (abgerufen 14.04.2025)
landkartenarchiv.de: Stadtplan Aachen 1:13.000, Juli 1922 (abgerufen 14.04.2025)
Stadtplan von Köln 1:10.100 - Aus dem Städteatlas von 1912/13 mit Reklame und Register, Mai 1912 (abgerufen 14.04.2025)
de.wikipedia.org: Fafnir-Werke (abgerufen 08.04.2025)
de.wikipedia.org: Rhein-Nadel Automation (abgerufen 08.04.2025)
pm20.zbw.eu: Fafnir-Werke AG (1894-1926) im Pressearchiv 20. Jahrhundert / Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv (abgerufen 08.04.2025)
nach oben

Literatur

Behrndt, Michael; Födisch, Jörg Thomas (2009)
ADAC Eifelrennen. Die Geschichte der traditionsreichsten Motorsportveranstaltung Deutschlands seit 1922. Königswinter.
Droste, Peter Johannes; Käding, Michael (Hrsg.) (2000)
Made in Aachen. Beiträge zur regionalen Technik- Wirtschafts- und Sozialgeschichte. S. 17-25, Aachen. Online verfügbar: www.histech.org, Made in Aachen, abgerufen am 08.04.2025
Mikloweit, Immo (2002)
125 Jahre Automobiles aus Köln. Autos, Motorräder & Flugzeuge. Köln (1. Auflage).
(1897)
Handbuch der deutschen Aktiengesellschaften. Ein Hand- und Nachschlagebuch für Bankiers, Kaufleute. Industrielle, Kapitalisten etc.. (zeitweise auch: Das Spezial-Archiv der Deutschen Wirtschaft, verschiedene Verlage ab Ausgabe 1896/97 bei A. Schumann's Verlag, Leipzig, erschienen 1897-1998). Leipzig u.a.. Online verfügbar: digi.bib.uni-mannheim.de, 1896/97-1949, abgerufen am 20.01.2025

Fafnir-Werke Aachen

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Jülicher Straße
Ort
52070 Aachen
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Auswertung historischer Karten, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger
Historischer Zeitraum
Beginn 1894 bis 1904, Ende 1925 bis 1927

Empfohlene Zitierweise

Urheberrechtlicher Hinweis
Der hier präsentierte Inhalt steht unter der freien Lizenz CC BY 4.0 (Namensnennung). Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Empfohlene Zitierweise
„Fafnir-Werke Aachen”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-356164 (Abgerufen: 5. Mai 2025)
Seitenanfang