Steinzeugfabrik Franz Hensmann AG (ab 1880)

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Frechen
Kreis(e): Rhein-Erft-Kreis
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 56′ 13,22″ N: 6° 47′ 0,45″ O 50,93701°N: 6,78346°O
Koordinate UTM 32.344.263,57 m: 5.645.159,27 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.555.114,57 m: 5.644.931,10 m
Von der Steinzeugfabrik Franz Hensmann AG, die einst den östlichen Ortseingang von Königsdorf zwischen Aachener Straße und Bahntrasse mit einer Fabrikantenvilla und den anschließenden Fabrikbauten prägte, sind nur noch wenige Reste erhalten.

Geschichte und Beschreibung
Erhaltene Reste
Quellen, Literatur

Geschichte und Beschreibung
Bereits vor seiner Unternehmertätigkeit als Steinzeugfabrikant führte Hensmann ein Sanitärfachgeschäft im Kölner Seidenmachergäßchen 2 (gegründet 1843), wo er auch englische Tonröhren verkaufte (Dörner 1953, S. 71).
Um 1873 gründete er laut Schliski & Funken (1984, S. 11) eine Tonröhrenfabrik zur Eigenproduktion in der Alte Straße 105 in Frechen mit neun Arbeitern und einer im Jahr 1878 konzessionierten Dampfmaschine (Dörner 1953, S. 71). Jedoch um 1880/1881 (Dörner 1953, S. 71) war die Nähe zu den Frechener Tonvorkommen nicht mehr so ausschlaggebend. Stattdessen baute er in Großkönigsdorf direkt am Ortseingang, zwischen Aachener Straße und der Bahnlinie die „Thon- und Steingutröhren-Fabrik“ Franz Hensmann. Diese Grundstücke neben der 1839-1841 realisierten Bahnlinie Köln-Düren-Aachen hatte die Familie Hensmann wohl bereits 1842/1843 gekauft (Stadtarchiv Frechen 2002, S. 52; Stelkens 2011, S. 427). Zwischen 1880 und 1890 wurde auch eine Fabrikantenvilla „Villa Hensmann“ mit der Adresse Aachener Straße 531 und Park in direkter Nachbarschaft errichtet, die Franz Hensmann mit seiner Frau Lilly, geb. Heyden, wohl nach ihrer Hochzeit 1887 bezog (Stelkens 2011a, S. 1). Der zur Villa gehörende Gemüsegarten erstreckte sich von der Nordseite der Aachener Straße entlang der Rethelstraße bis zur Bergstraße (Auskunft Klaus Hensmann in Stelkens 2011, S. 417; zudem nachvollziehbar in verschiedenen Kartenblättern der TK 25 Blatt 5006 Frechen).

Die verkehrsgünstig zwischen der Aachener Straße und dem Bahnhof Königsdorf gelegene Fabrik erhielt 1921 ein eigenes Anschlussgleis mit Rampe zur Verladung von Fertigprodukten (Zusammenstellung von Klaus Hensmann vom 29.09.198?). Neben Steinzeugrohren produzierte die Firma zudem Sauerkrautfässer und Stallartikel.
Den Lagerplatz auf der gegenüberliegenden Seite der Aachener Straße konnten „Kippwägelchen“ auf Schmalspurgleisen durch einen Tunnel unter der Straße hindurch erreichen. An den Seiten des Lagerplatzes für Fertigprodukte wurden zudem Wohngebäude mit Betriebswohnungen für betriebswichtige Mitarbeitende errichtet (Stadtarchiv Frechen 2002, S. 53). Das Tonlager mit den langgezogenen Tonschuppen befand sich zwischen den Straßen „Zur Mühle“ und Mühlenweg (Landstraße 183/ kurz L 183).
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Es erfolgten Anbauten und Umbauten an den Fabrikgebäuden in den Jahren 1905, 1935 (Stadtarchiv Frechen 8980/45-46), 1937 (Stadtarchiv Frechen 8981/08, 10, 12) und 1940/41 inkl. der Vergrößerung und Erneuerung von zwei Brennöfen (Stadtarchiv Frechen 8981/40-41,54, 55). Nach und nach prägte die Front des langgezogenen Fabrikgebäudes den östlichen Ortseingang von Königsdorf auf einer Länge von über 150 Metern, hinzu kam die voranstehende Fabrikantenvilla, den Abschluss bildete ein Bürogebäude.
1962 wurde der Bau einer Gas-Regleranlage für den Betrieb mit Gas beantragt und 1963 realisiert (Stadtarchiv Frechen 9112/03, 06, 07, 15). Laut öffentlicher Bekanntmachung vom 28.01.1965 beabsichtigte die Firma Hensmann, die bisher kohlebeheizten Kammeröfen (Nummer 1-7) auf Ferngas umzustellen (Stadtarchiv Frechen 9112/73 und Kölner Stadtanzeiger vom 12.02.1965). 1967 folgten eine Lagerhalle und ein Bürogebäude (Stadtarchiv Frechen 9112/115, 119, 121, 152, 156, 168, 222)

1964 wurde ein neuer Kammerofen gebaut. Insgesamt betrieb die Firma Hensmann nun elf Kammeröfen (Stadtarchiv Frechen 2002, S. 55). Das beengte Gelände zwischen Aachener Straße und Bahnlinie erlaubte keinen Tunnelofenbau zur Umsetzung moderner Produktionsbedingungen, sodass fast ausschließlich Sonderartikel und Stallartikel produziert wurden (Zusammenstellung von Klaus Hensmann vom 29.09.198?; siehe auch Kölner Stadtanzeiger vom 03.06.1998).

Am Abend des 10.07.1963 explodierte ein Gas-Luftgemisch in einem der Kammeröfen bei dessen Zündung, sodass dieser zerstört und ein Arbeiter verletzt wurde (Neue Rhein Zeitung vom 12.07.1963; Kölner Stadtanzeiger vom 12.07.1963).
Großbrände ereigneten sich im Juni 1964 im ältesten Fabrikteil (Kölner Stadtanzeiger vom 21./22.06.1964), am 20.08.1964 (Feuerwehr der Stadt Frechen 2000, S. 92) und am 17.02.1972 (Kölner Stadtanzeiger vom 18.02.1972 und Kölnische Rundschau vom 18.02.1972): Etwa elf Tage zuvor (05./06.02.1972) hatte der Kölner Stadtanzeiger über die geplante Schließung zum 31.03.1972 berichtet. Als Ursache für die Schließung wurden die zunehmenden Absatzschwierigkeiten der bei Hensmann in der Hauptsache produzierten Stallartikel für die Landwirtschaft (Schalen, Futterkrippen) aufgeführt. Die Mitarbeiterschaft konnte von den anderen Frechener Steinzeugwerken aufgenommen oder in Pension geschickt werden.
Laut Zeitungsberichten war ein Kurzschluss der Brandauslöser, der große Teile der Fabrik zerstörte und einen Schaden in Höhe von 500.000 - 1.000.000 DM (Deutsche Mark) verursachte (Kölner Stadtanzeiger vom 19./20.02.1972 und Kölnische Rundschau vom 19.02.1972).

Die vom Brand beschädigten Gebäude wurden abgerissen (Stadtarchiv Frechen 8980/63, 69-71, 77, 78) und die restliche Anlage zur Verwendung als Lagerhallen umgebaut (Stadtarchiv Frechen 8977/19, -21, 25-29); auch fanden hier Trödelmärkte statt. 1997 kaufte ALDI das Gelände, um hier einen Supermarkt zu errichten. 1998 erfolgte schließlich der Abbruch der restlichen Fabrikhallen (Kölner Stadtanzeiger vom 03.06.1998).

1970 nutzte der Bildhauer Wido Buller eine der Fabrikhallen als Atelier (Kölner Stadtanzeiger vom 18.02.1970).
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Erhaltene Reste
Von den Fabrikationsgebäuden selber ist heute nichts mehr vorhanden. Die zugehörige Fabrikantenvilla Hensmann wurde im Juni/Juli 2008 abgerissen, um Platz für einen weiteren Supermarkt zu schaffen. Der ehemalige, mittels Unterführung mit dem Werk verbundene Lagerplatz auf der anderen Seite der Aachener Straße dient heute als Parkplatz. Der Tunnel wurde zugeschüttet und die Betriebswohnungen in den 1980er Jahren abgerissen (Stelkens 2009, S. 138). Die ehemalige westliche Werkszufahrt unterhalb des Verwaltungsgebäudes ist anhand des erhaltenen Bürgersteigverlaufes und des Kopfsteinpflasters noch ablesbar.
Erhalten sind ein Verwaltungsgebäude mit Keramikrelief, ein Mitarbeiterwohnhaus in der Rethelstraße sowie in der Brauweiler Straße. Die anderen Wohngebäude (u.a. für den Betriebsleiter und andere Mitarbeitende) auf dem ehemaligen Lagerplatz wurden in den 1980er Jahren abgerissen (Stelkens 2011b, S. 417).

(Nicole Schmitz, LVR-Abteilung Kulturlandschaftspflege, 2023)
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Quellen
  • Fußbroich, Helmut (2015): Der Königsdorfer Rossebändiger. In: Königsdörfchen. Informationsblatt der Dorfgemeinschaft St. Magdalena 1948 Kleinkönigsdorf e. V., Ausgabe 40, Oktober 2015. (online hier abrufbar; abgerufen am 15.12.2023).
  • Stelkens, Paul (2011a): Thon- und Steinzeugröhrenfabrik Franz Hensmann. In: Königsdörfchen, Informationsblatt der Dorfgemeinschaft St. Magdalena 1948 Kleinkönigsdorf e. V., Ausgabe 32, Oktober 2011. (online hier abrufbar; abgerufen am 24.01.2023) .
  • Kölner Stadtanzeiger vom 12.07.1963: Die Lunte zündete - aber es wurde eine Explosion. (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Hensmann, Stadtarchiv Frechen).
  • Neue Rhein Zeitung vom 12.07.1963: Brennofen explodierte. (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Hensmann, Stadtarchiv Frechen).
  • Kölner Stadtanzeiger vom 21./22.06.1964: Elektriker entdeckt Brand in der Fabrik. (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Hensmann, Stadtarchiv Frechen).
  • Kölner Stadtanzeiger vom 12.02.1965: Nicht mehr soviel Rauch. (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Hensmann, Stadtarchiv Frechen).
  • Kölner Stadtanzeiger vom 18.02.1970: Fabrikhalle - ein Atelier. (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Hensmann, Stadtarchiv Frechen).
  • Kölner Stadtanzeiger vom 05./06.02.1972: Auch Hensmann stellt die Produktion ein. (von Helmut Weingarten). (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Hensmann, Stadtarchiv Frechen).
  • Kölner Stadtanzeiger vom 18.02.1972: Steinzeugfabrik brannte nieder. (von Eugenie Bott). (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Hensmann, Stadtarchiv Frechen).
  • Kölnische Rundschau vom 18.02.1972: Großfeuer äscherte Steinzugfabrik ein. (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Hensmann, Stadtarchiv Frechen).
  • Kölner Stadtanzeiger vom 19./20.02.1972: Die Spur weist auf ein defektes Kabel (von W. Kreitz und H. Weingarten. (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Hensmann, Stadtarchiv Frechen).
  • Kölnische Rundschau vom 19.02.1972: Kurzschluß Ursache des Großbrandes (von Eberhard Schenke). (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Hensmann, Stadtarchiv Frechen).
  • Kölner Stadtanzeiger vom 03.06.1998: „Kappestöpfe“ und Tröge gingen bis in den Orient. (von Helmut Weingarten). (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Hensmann, Stadtarchiv Frechen).
  • Zusammenstellung von Klaus Hensmann vom 29.09.198? (Kopie in Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Hensmann, Stadtarchiv Frechen).
  • Stadtarchiv Frechen 8980/45-46 (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Hensmann, Stadtarchiv Frechen).
  • Stadtarchiv Frechen 8981/08, 10, 12 (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Hensmann, Stadtarchiv Frechen).
  • Stadtarchiv Frechen 8981/40-41,54, 55 (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Hensmann, Stadtarchiv Frechen).
  • Stadtarchiv Frechen 9112/03, 06, 07, 15 (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Hensmann, Stadtarchiv Frechen).
  • Stadtarchiv Frechen 9112/73 (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Hensmann, Stadtarchiv Frechen).
  • Stadtarchiv Frechen 9112/115, 119, 121, 152, 156, 168, 222 (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Hensmann, Stadtarchiv Frechen).
  • Stadtarchiv Frechen 8980/63, 69-71, 77, 78 (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Hensmann, Stadtarchiv Frechen).
  • Stadtarchiv Frechen 8977/19, -21, 25-29 (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Hensmann, Stadtarchiv Frechen).
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Literatur

Dörner, Karlheinz (1953)
Die Entwicklung der Steinzeugindustrie im Raume Frechen bei Köln. Köln.
Feuerwehr der Stadt Frechen (Hrsg.) (2000)
100 Jahre Feuerwehr Frechen: 1900-2000. Frechen.
Madsack, Werner (2011)
Steinzeugherstellung in Königsdorf. (Pulheimer Beiträge zur Geschichte. 34. Sonderveröffentlichung.) S. 382-401. Pulheim.
Plück, Christian; Mayerhofer, Bernd; Madsack, Werner; Schumacher, Reinhard / Stadtarchiv Frechen (Hrsg.) (2002)
150 Jahre Frechener Steinzeugindustrie. Frechen.
Schliski, Heinz; Funken, Heinrich (1984)
Die deutsche Steinzeugindustrie. Urkunden, Dokumente und Quellen zur Geschichte ihrer Organisationsformen und Zusammenschlüsse. Köln.
Stelkens, Paul (2011)
Die Hensmann-Villa in Großkönigsdorf. (Pulheimer Beiträge zur Geschichte. 34. Sonderveröffentlichung.) S. 402-481. Pulheim.
Stelkens, Paul / Verein für Geschichte e.V. Pulheim (Hrsg.) (2009)
Die Hensmann-Villa in Großkönigsdorf. Ein Plädoyer für den Denkmalschutz, zugleich ein Beitrag zur Baugeschichte Königsdorfs im Umfeld seines 170-jährigen Bahnhofs. (Pulheimer Beiträge zur Geschichte 34.) S. 122-200. Pulheim.

Steinzeugfabrik Franz Hensmann AG (ab 1880)

Schlagwörter
Ort
50226 Frechen - Königsdorf
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten, Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, Archivauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn 1880, Ende nach 1972

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Nicole Schmitz (2023): „Steinzeugfabrik Franz Hensmann AG (ab 1880)”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-355861 (Abgerufen: 30. April 2025)
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