Geschichte
Vor Gründung der Steinzeugfabrik Cremer und Breuer im Jahr 1906 betrieb Jakob Cremer seit 1898 zusammen mit seinem Bruder Johann an diesem Standort eine Dampfziegelfabrik - die „Frechener Dampfziegelei J. Cremer & Cie“. Mangels Erfolg aufgrund qualitativ hochwertiger Konkurrenz vom Niederrhein stellte Jacob Cremer 1905 einen Bauantrag, um die Dampfziegelfabrik für die Produktion von Steinzeugröhren umbauen zu dürfen. Mit der verschwägerten Familie Breuer wurde ein Gesellschaftervertrag 1906 geschlossen und das Werk firmierte von nun an unter dem Namen „Cremer und Breuer“. Das Unternehmen wuchs unter der Leitung Jakob Cremers beständig; unter der Leitung von Dr. Gottfried Cremer ab 1940 erlangte das Werk schließlich Weltruhm aufgrund seiner technischen Innovationen in der Herstellung von Steinzeugprodukten und damit gleichzeitig einhergehender Verbesserungen der Arbeitsbedingungen für die Belegschaft. Die Einführung und Patentierung des Tunnelofens 1951 schließlich bedeutete den endgültigen Übergang von der manuellen Einzelanfertigung auf die industrielle Produktion. Dieser Schritt hatten weltweite Bedeutung für die Steinzeugröhrenproduktion. Bis in die 1980er Jahre galt Cremer und Breuer als „größte(s) und modernste(s) Steinezugröhren Werk der Welt“ (Kölnische Rundschau vom 28.06.1986, ebenso Kölner Stadtanzeiger vom 28./29.06.1986).
Der ursprünglich parallel zur Bahnstrecke Köln-Frechen ausgerichtete rechteckige Riegel des Ursprungsbaus (1898) wurde in mehreren Ausbauphasen zunächst verlängert (bis zu 100 Meter) und anschließend um zwei Flügel im Westen und Osten erweitert, sodass ein gewaltiger dreiflügeliger Fabrikbau entstand. Per Bauantrag vom 2. April 1928 beantragt J. Cremer, die lange Nordfront mit einer Schaufassade zu versehen (Gutachten zum Denkmalwert der Tonröhrenfabrik Cremer & Breuer, zitiert Stadtarchiv Frechen, Akte 1385/01-16) Laut Baubeschreibung des Hermann Balkhausen vom 26. März 1927 (Stadtarchiv Frechen, Akte 1385 fol 03) sollte der bestehende Holzvorbau gegen einen massiven Vorbau mit einer Klinkersteinfassade ersetzt werden.
Vielen der älteren Bewohnerinnen und Bewohner Frechens ist die monumentale, rund 100 Meter lange Schaufassade von 1929 (Jahr der Fertigstellung) mit dem 1956 angefügten eindrucksvollen Wandbild „Jonas und der Wal“ des Künstlers Kurt Derckum noch in Erinnerung. Sie wurde am 11. August 1988 in die Denkmalliste der Stadt Frechen aufgenommen. Ebenfalls prägend war der sogenannte „Mexiko-Bau“ mit seiner markanten Fassade aus grün-blauen KerAion-Platten mit Motiven in Anlehnung an mittel- und südamerikanische Hochkulturen des 14.-16. Jahrhunderts (Sonnensymbole, konzentrische Kreise). Die Errichtung dieser Tonaufbereitungsanlage erfolgte 1969/70 zeitgleich mit der Fußball-Weltmeisterschaft in Mexiko. Um diese Großplatten, deren Entwicklung ebenfalls auf Dr. Gottfried Cremer zurückgeht, als ideales Gestaltungsmittel für Fassaden zu präsentieren, versah man sie mit den damals als modern geltenden Farben und Motiven (siehe gelistete Zeitungsartikel Juli/August 2005).
Im Jahr 1988 fusionierte Cremer & Breuer mit der Wolf-Gruppe und produzierte nun unter dem Namen „Vereinigte Steinzeugwerke“. 1992 übernahm die Unternehmensgruppe zusätzlich die Bad Schmiedeberger Steinzeugwerke in Sachsen-Anhalt, welche ausgebaut und modernisiert wurden und ab 1994 die Produktion aufnahmen (Frechener StadtBlatt vom 15.03.1994).
Schließung und Folgenutzung
Zunehmende Absatzschwierigkeiten und unzureichende Auslastung der drei Unternehmen führten schlussendlich zur Schließung des Werkes Cremer und Breuer im Jahr 1998.
Bei der Frage um die Folgenutzung des Geländes und angesichts der Erhaltung denkmalgeschützter Bausubstanz im Rahmen der Nachnutzung zerstritten sich der Eigentümer (Deutsche Steinzeug) und die Stadt Frechen. Die Unstimmigkeiten mündeten in einen Rechtstreit, der schließlich mit einem Vergleich beigelegt wurde - auf Kosten der Bausubstanz: Die monumentale Schaufassade, der Mexiko-Bau sowie die Tunnelöfen 3 und 5 (bis auf ein 15 Meter langes Teilstück) wurden abgerissen. Der Denkmalschutz für das zunächst noch erhaltene 15 Meter lange Teilstück des Ofens wurde 2018 nach vollkommener Verwahrlosung aufgehoben (Rheinische Anzeigenblätter) und dieses ebenfalls entfernt.
Heute stehen auf dem ca. 145.000 Quadratmeter großen Gelände ein Gewerbepark sowie Verbrauchermärkte. Die monumentale und stadtbildprägende Wirkung der einstigen Steinzeugfabrik am Ortseingang Frechens ist in ihrer Gesamtheit nicht mehr erfahrbar.
(Nicole Schmitz, LVR-Abteilung Kulturlandschaftspflege, 2023)
Quellen
- Kölnische Rundschau vom 28.06.1986: Jubiläum bei Cremer & Breuer (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Cremer & Breuer, Stadtarchiv Frechen).
- Kölner Stadtanzeiger vom 28./29.06.1986: In der ganzen Welt bekannt (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Cremer & Breuer, Stadtarchiv Frechen).
- Frechener StadtBlatt vom 15.03.1994: Tief in die Röhre geguckt. (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Cremer & Breuer, Stadtarchiv Frechen).
- Kölnische Rundschau vom 15.07.2005: In luftiger Höhe alte Kacheln gesichert. (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Cremer & Breuer, Stadtarchiv Frechen).
- Frechener Sonntagspost vom 23.07.2005: Frechener Erfindung bleibt der Nachwelt erhalten (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Cremer & Breuer, Stadtarchiv Frechen).
- Frechener Wochenende 27.07.2005: 100 Mexiko-Platten sind gerettet worden (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Cremer & Breuer, Stadtarchiv Frechen).
- Kölner Stadtanzeiger vom 11.08.2005: Keramikplatten sichergestellt. (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Cremer & Breuer, Stadtarchiv Frechen).
- Rhein-Erft-Rundschau vom 12.05.2012: Endlich ausreichend Platz. Museumspädagogischen Pavillon am Keramion eingeweiht. (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner historisches Steinzeug, Stadtarchiv Frechen).
- Gutachten zum Denkmalwert der Tonröhrenfabrik Cremer & Breuer, zitiert Stadtarchiv Frechen, Akte 1385/01-16 (Archiv Industriedenkmalpflege des LVR-Amtes für Denkmalpflege im Rheinland).
- Stadtarchiv Frechen, Akte 1385/10, 14 (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Cremer & Breuer, Stadtarchiv Frechen).
- Stadtarchiv Frechen, Akte 1385/03 (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Cremer & Breuer, Stadtarchiv Frechen).
Internet
www.rheinische-anzeigenblaetter.de: Denkmalschutz aufgehoben (Artikel vom 11.12.2018; abgerufen am 12.10.2023)