Geschichte
Der Kannenbäcker Simon Lövenich (Göbels 1971, S. 390) gründete im Jahr 1867 zusammen mit dem Wirt und Tongrubenbesitzer Johann Geusgen sowie dem Kaufmann Joseph Hürtgen das Unternehmen S. Loevenich & Comp. an der Hauptstraße 17-19. Alle drei Teilhaber waren zu gleichen Anteilen beteiligt. Das Werk gehörte zur ersten Gründungswelle von Steinzeugfabriken in Frechen, als Frechener Töpfer bei niedriger Auftragslage in den 1860er Jahren dem Beispiel des Kölner Kaufmannes Eduard Sticker folgten und mit der Produktion von Steinzeugröhren begannen (Dörner 1953, S. 69ff).
Die Urkatasterkarte Frechen aus dem Jahr 1869 zeigt drei Gebäude (Wohn- und „Büro“-Gebäude) an der Hauptstraße (17-19), hinter denen sich die Fabrikationsbauten erstreckten. Laut einem Plan zu einer Bauanfrage vom 08.11.1871 sollten zwei neue unterirdische „Steingutöfen“ errichtet werden (Stadtarchiv Frechen 189/185).
1875 zählte das Unternehmen 14 Mitarbeiter (Dörner 1953, S. 70) und stand damit „an der Spitze der Frechener Röhrenbetriebe“. Bis 1900 stieg die Beschäftigtenzahl auf 45 Mitarbeiter an (Stadtarchiv Frechen 191/153).
Neben Steinzeugröhren wurden auch Mosaik-Fußbodenplatten aus Cement sowie Viehkrippen und Tröge aus Cement mit einer Steinzeugbekleidung produziert (Stadtarchiv Frechen 2002, S. 71f). Simon Lövenich gründete 1895 eine zweite Steinzeugröhrenfabrik an der Josefstraße. Als er am 15.12.1896 verstarb, übernahm sein Sohn Andreas Lövenich das jüngere Werk an der Josefstraße.
„Inzwischen hatte Johann Geusgens Tochter (Maria Magdalena) und deren Ehemann, Gottfried Hendrickx, der auch Mitbesitzer von Loevenich & Hendrickx war, die Mehrheit an S. Loevenich & Co. erlangt. Nacherbe wurde 1915 deren Sohn Josef, der die Führung des Unternehmens Jakob Cremer anvertraute. 1919 erfolgte dann die vertragliche Übernahme durch Cremer & Breuer“ (Stadtarchiv Frechen 2002, S. 72).
Ein Jahr später (1920) wurde das Werk stillgelegt (Stadtarchiv Frechen 192/3, 4). Auch Loevenich & Hendricks firmierten aufgrund verwandtschaftlicher Beziehungen seit 1922 unter dem Namen Cremer und Breuer (Buir & Lentz 1997, S. 22).
„Die Gesellschaft (S. Loevenich) selbst blieb noch über viele Jahrzehnte bestehen und bündelte die Einzelanteile der Familien Cremer und Breuer an den Unternehmen der Cremer-Gruppe bis zur Umwandlung in eine Aktiengesellschaft“ (Stadtarchiv Frechen 2002, S. 72). Bis heute existiert in Frechen eine S. Loevenich Immobilien AG, die auch Immobilienbesitz der Cremer-Gruppe verwaltete (s-loevenich.de).
Aufgrund des gut florierenden Exportgeschäftes der Firma Cremer und Breuer standen Überlegungen an, die Produktion in der stillgelegten Fabrik S. Loevenich wiederaufzunehmen. Der damalige Bürgermeister Frechens gab in einem Anschreiben an den Landrat (14.03.1938, Stadtarchiv Frechen 2180/25) zu bedenken, dass die Reaktivierung der ältesten Fabrik in Innenstadtlage zu Belästigung der umliegenden Wohnlagen führen würde. Stattdessen erbat er die Genehmigung, das Werk S. Loevenich auf das ausreichend große Gelände der Firma Cremer und Breuer gegen Pachtzahlung zu verlegen und die alten Fabrikbauten für eine neue Wohnbebauung abzureißen.
Ferner ist einem Brief der Firma S. Loevenich an den Reichswirtschaftsminister (Stadtarchiv Frechen 2180/21) vom 28.03.1938 Folgendes zu entnehmen: „Die Gemeindeverwaltung ersucht uns, solches zu unterlassen, die Fabrik abzureißen und die Öfen zu verlegen und zwar in einem fertigstehenden Bau der Firma Cremer & Breuer, anstoßend an die Fabrikgebäude dieser Firma. Grundstück und Gebäude würde die Firma Cremer & Breuer uns verpachten. Wir erwähnen, daß der fertigstehende Bau der Firma Cremer & Breuer zur Aufnahme eines Gaskammerofens für Schamottebrand bestimmt war. Infolge neuer Erfahrungen, die auf den keramischen Betrieben der Hermann Göring A.G. gesammelt wurden, wird ein Schachtofen, der außerhalb des Gebäudes aufzustellen ist, bedeutend billigere Produktionskosten verursachen, wodurch der Fabrikbau für unsere Öfen benutzt werden kann. An dem am 30. September 1937 um 10 Jahre verlängerten Syndikat ist unsere Firma in gleicher Weise beteiligt, wie bisher. Mit der Syndikatsverlängerung ist ein Umbauverbot verbunden, wir bedürfen daher zu unserem Vorhaben der im Verbot vorgesehenen Ausnahmegenehmigung. Wir erklären hierzu ausdrücklich, daß wir in den neuen Fabrikraum dieselbe Quadratmeterzahl an Ofenfläche verlegen werden, die wir bisher hatten. Ferner erklären wir, daß wir weder jetzt noch für die Folge eine größere Syndikatsbeteiligung auf Grund von Ofenfläche verlangen werden, vielmehr uns verpflichten, die in dem alten Fabrikbau bestehenden Öfen abzureißen bzw. zu verlegen. Wir erlauben uns ergebenst, nach Vorstehendem um Verlegung unserer Ofenanlage zu bitten“.
Die Ausnahmebewilligung vom Errichtungsverbot für Anlagen zur Herstellung von Waren aus glasiertem Ton und Steinzeug wurde seitens des Reichswirtschaftsministeriums am 06.04.1938 erteilt (Stadtarchiv Frechen 2180/20).
Auf diese Weise wurden die Ofenfläche des Werkes S. Loevenich 1938 in den sogenannten „Simon-Lövenich-Bau“ des Werkes Cremer und Breuer verlagert, wo im Oktober und November 1938 drei neue Öfen mit einer Ofenfläche von 262 Quadratmetern errichtet wurden. Die Öfen des Werkes S. Loevenich wurden daraufhin gemäß Genehmigungsauflage abgebrochen (Stadtarchiv Frechen 2180/18, 20, 21, 22, 23, 24, 25).
Beschreibung
Das Produktionsgelände der Steinzeugfabrik S. Loevenich erstreckte sich von der Hauptstraße hinter den Wohngebäuden bis zur Alte Straße. Auch das große Eckgrundstück Alte Straße / Bartmannstraße gehörte dazu; hier befand sich das Fertigwarenlager (Stadtarchiv Frechen 2002, S. 71). 1890 durfte das Werk einen Dampfkessel für die Röhrenpressen aufstellen (Stadtarchiv Frechen 189/309).
Bis zur Schließung wurde insgesamt mit fünf Brennöfen mit einer Ofenfläche von 271 Quadratmetern produziert, deren Abgase über zwei Kamine abgeleitet wurden (Stadtarchiv Frechen 2180/18),
Es sind keine oberirdischen Spuren von dem Werk erhalten. Das ehemalige Werksgelände wurde nach Betriebseinstellung nicht mit einer Wohnbebauung versehen, sondern nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Tonwarenfabrik Kuckertz bebaut; zudem diente es als Parkfläche mit Garagen und Werkstattgebäuden. Das Gelände gehört der Wolf-Gruppe, die hier entlang der Hauptstraße Geschäftshäuser errichten ließ und diese Gebäude als Verwaltungssitz auch selbst nutzt.
Im Jahr 2023 begann der Abriss der alten Tonwarenfabrik und der anderen Gebäude auf dem Areal. Geplant ist die Errichtung eines Wohngebietes ‚Wolf´sche Höfe`. Im Zuge archäologischer Ausgrabungen im Vorfeld der Baumaßnahmen wurden untertägige Reste der Fabrikanlage S. Loevenich freigelegt.
(Nicole Schmitz, LVR-Abteilung Kulturlandschaftspflege, 2024)
Quellen
Stadtarchiv Frechen, Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner S. Lövenich:
- 189/185 (Privatarchiv, handschriftl. Ergänzung),
- 189/309,
- 191/153,
- 192/3, 4 (Quellenhinweis Schließung des Werkes S. Lövenich im Literatur- und Quellenverzeichnis),
- 2180/18, 20, 21, 22, 23, 24, 25.
Internet
s-loevenich.de: Über uns (abgerufen 18.01.2024)